Geo Epoche - 08.2019

(lu) #1

1683 -1717 J Preußischer Kolonialismus


KEIN REICH, VIER FLECKEN

Atlantischer Ozean
0 300km

._G,_E-OEo=P=O=CHE�--K-art""'e • deutsche Stützpunkte • niederländische Forts


NEBEN GROSSFRIEDRICHSBURG errichten die Preußen drei weitere
kleine Stützpunkte, kontrollieren um 1700 einen rund 50 Kilo­
meter langen Landstreifen - ein winziges Kolonialgebiet im Einfluss­
bereich anderer Europäer, die ganze Küstenabschnitte nach den
Waren benennen, die sie dort vor allem eintauschen

nun insgesamt fast 900 Menschen auf
der 35 Meter langen Fregatte.
Dicht an dicht waren die Gefange­
nen paarweise aneinandergekettet in das
Kanonendeck gepfercht, wo sie sich
kaum bewegen konnten. Schon in den
ersten Ta gen an Bord brachen Krank­
heiten aus, und zehn Menschen starben,
noch ehe das Schiff die afrikanische
Küste verlassen hatte.
Auf dem offenen Atlantik ver­
schlimmerte sich das Martyrium der
Ve rsklavten: Bei Sturm litten sie an See­
krankheit, bei Flaute wehte kein Luft­
zug unter Deck. Die ungewohnte Kost
aus gepökeltem Schweine-und Rind­
fleisch von minderer �alität, aus Erb­
sen, Bohnen und Graupen verschärfte
ihre Lage zusätzlich. Die Leichen der
Dutzenden To ten warf die Besatzung
einfach über Bord. Haie fo lgten den
Sklavenschiffe n.
Nach mehr als drei Monaten er­
reichte die Fregatte am 11. Juli 1693 den
Hafen der Jungferninsel St. Thomas. Sie
gehörte zum Kolonialbesitz Dänemarks.


Benjamin Raule hatte eigens einen Ve r­
trag mit der dänischen Handelsgesell­
schaft geschlossen, um seiner Kompanie
in der Karibik einen Umschlagplatz für
den Menschenhandel zu sichern - die
direkte Einfuhr nach Amerika versuch­
ten die großen Seemächte zu verhindern.
Die Brandenburger mussten den
Dänen dafür Zoll auf jeden ein-und
ausgeführten Sklaven sowie auf expor­
tierte Waren zahlen.
659 Gefangene, so der Schiffsarzt,
hatten die Überfahrt überlebt. Auf
St. Thomas verkaufte sie der Agent der
Brandenburger Kompanie an Plantagen­
besitzer oder Zwischenhändler.
Die Besatzung reinigte das Schiff
und lud Zucker, Kakao, Baumwolle,
Tierhäute, Robbenfelle und Korallen
unter Deck. Am 29. August 1693 legte
die "Friedrich Wilhelm zu Pferde" Rich­
tung Emden ab.
Zwei Monate später stoppten fran­
zösische Kriegsschiffe die Fregatte vor
Spanien (Brandenburg und Habsburg
lagen seit 1688 im Krieg mit Frankreich).

70 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700


Die Franzosen holten die wertvolle
Fracht von Bord und zwangen die Be­
satzung, das Schiff zu verlassen.
Dann setzten sie den Dreimaster in
Brand, er versank in den Fluten. Es war
seine erste Fahrt im DreieckshandeL
70 000 Taler hatte er gekostet.
So stand ein hoher Verlust in den
Büchern der Kompanie - auch wenn ihr
der Sklavenhandel bei anderen Fahrten
einen Gewinn von zum Te il mehr als 100
Prozent einbrachte.

Doch
gisch-

Brandenburg­
Preußen Abnehmer für die eingehandel­
ten Rohwaren: Die meisten Kolonial­
güter verkauften die Agenten der BAAC
daher über Emden in die Niederlande.
Überdies ließ sich allein durch den
Sklavenhandel auf Dauer kein ausrei­
chend hoher Gewinn erwirtschaften, um
Großfriedrichsburg und die anderen
Stützpunkte zu unterhalten. Rentabel
wurde der Dreieckshandel erst durch
eigene Plantagen in Amerika. Die aber
besaß Brandenburg nicht.
Um den ständigen Geldmangel der
Kompanie zu lindern, entsandten deren
Vo rsitzende sogar Bergleute nach Groß­
friedrichsburg, die im fe rnen Afrika
nach Gold schürfen sollten.
In der Nähe der Festung trieben sie
einen Schacht ins Erdreich. Doch die
Untersuchung der Bodenproben ergab,
dass der Aufwand für den Abbau zu
hoch wäre.
In Berlin fiel Benjamin Raule nun
immer mehr in Ungnade. Sein Gönner
Friedrich Wilhelm war bereits 1688
gestorben. Und dessen Sohn Friedrich,
der Nachfolger des Großen Kurfürsten,
betrieb das Kolonialabenteuer nur noch
eher halbherzig.
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