P.M. Fragen und Antworten - 08.2019

(Nancy Kaufman) #1

PLASTIK-ERSATZ


Wein im Pilzmantel:
Getrocknet hält die Klebe
kraftdes Myzels die Verpackung
in der gewünschten Form

Mit Pilzen zu einem Stoff, der
Plastik ersetzen kann
Wenn sich in der Verpackung eines Pro­
dukts Pilze breitgemacht haben, ist das
kein gutes Zeichen. Es sei denn, die Ver­
packung stammt von den US-Erfindern
Eben Bayer und Gavin Mclntyre. Streng
genommen befinden sich auch in den
Polstermaterialien, die beide mit ihrer
Firma Ecovative entwickeln, keine wu­
chernden Pilze. Sie bestehen vielmehr
aus dem abgetöteten Geflecht, das Pilze
im Boden spinnen. Mit diesem Trick
wollen die Erfinder Styropor und andere
Füllstoffe aus Plastik ablösen.
Die Idee kam Bayer in jungen Jahren,
auf der elterlichen Farm in Vermont.
Ahornsirup wurde dort produziert, und
die Hackschnitzel, die zum Heizen der
Kessel ins Feuer geschaufelt werden
mussten, waren immerwieder verklebt,
zusammengehalten vom Myzel, dem
wurzeiförmigen Geflecht von Pilzen.




Ich dachte: Warum können wir dieses
natürliche Phänomen nicht als biologi­
schen Klebstoff nutzen?<<, sagt Bayer.




8/2019

Gemeinsam mit Studienfreund Gavin
Mclntyre machte er sich an die Arbeit in
der heimischen Küche.
Heute läuft die Herstellung deutlich
professioneller ab: Je nach gewünschter
Eigenschaft des Verpackungsmaterials
dienen Samenschalen der Baumwolle,
Maiskolbenreste oder Überbleibsel von
Hanfpflanzen alsAusgangsmaterial. Die
pflanzlichen Produkte werden keimfrei
gemacht, anschließend kommt etwas
Pilzgeflecht hinzu - aus einer Samm­
lung, die mittlerweile auf 450 Myzel-Sor­
ten angewachsen ist, alle mit leicht un­
terschiedlichen Auswirkungen auf die

Die US-Amerikaner Gavin Mclntyre
{links) und Eben Bayer präsentieren
den ganz natürlichen Kern ihrer
Erfindung: Baumpilze

Eigenschaften des Verpackungsmate­
rials. In einer Wachstumsschale, in der
die Masse noch beliebigformbar ist, ver­
bleibt die jeweilige Mischung vier bis
sechs Tage bei Raumtemperatur-genug
Zeit für das Myzel, einen Teil des Pflan­
zenabfalls abzubauen und den Rest zu
verbinden. Schließlich wird die Struktm
getrocknet, wodurch sie ihre stabile
Form erhält.
Die Herstellung, so die Erfinder, ver­
brauche nur ein Achtel bis ein Fünftel
der Energie, die für vergleichbare Plas­
tikverpackungen benötigt werde. Trotz­
dem soll das Verhältnis von Stärke zu
Gewicht-eine der wichtigsten Kennzah­
Jen eines Verpackungsmaterials-in der
gleichen Größenordnung liegen, genau­
so wie der Preis. Und: Der Stoff ist biolo­
gisch abbaubar.
Der wichtigste Herstellungsschritt
kommt aber ganz zum Schluss: Die Pilz­
übel-reste werden durch Hitze abgetötet.
Anschließend, das versprechen die Er­
finder, sind auch keine Sporen mehr im
Material zu finden, sodass dann nicht
doch Pilze wachsen. (as)

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