Neue Zürcher Zeitung - 03.08.2019

(Barry) #1

Samstag, 3. August 2019 SPORT43


Kein Zauberer , aber mit klarem Plan


Vor zwei Jahren hat Frédér ic Vasseur begonnen, den Sauber-Rennstall umzubauen – eine Zwischenbilanz


ELMAR BRÜMMER, MOGYOROD


Dass das grosse, weisse Motorhome am
Eingang zumFahrerlager am Hungaro-
ring besonders geschmückt ist,hatnichts
damit zu tun, dassFrédéricVasseur vor
zweiJahren an dieser Stelle den ers-
ten Auftritt alsTeamchef der Hinwiler
Mannschaft hatte. Das Formel-1-Team
feiert den Schweizer Nationalfeiertag,
womit auch gleichdie Frage beantwor-
tet ist,wie es um die Identität desRenn-
stalls steht,der zum Saisonstart von Sau-
ber zu AlfaRomeo Racing mutierte.
Der Start in die zweite Saisonhälfte
beginnt mit einemRekurs gegen dieAb-
erkennungvon zehn Punkten im Grand
Prix von Deutschland vom vergange-
nen Sonntag in Hockenheimwegen
einer nicht korrekt programmierten
Kupplung. Die Verhandlung findet am
24.September statt.
Das Missgeschick verfälscht die Be-
wertung der bisherigen ÄraVasseur,
denn sonst wäre Alfa auf dem Sprung
zu Platz sechs – und nichtVorletzter. So
sind es74 Punkte in 42Rennen, aber er-
reicht hat derFranzose deutlich mehr,
vor allem einen generellenAufwärts-
trend. Eine Zwischenbilanz in vier Be-
reichen.


„Teamführung:Die schwedischen Be-
sitzer der Sauber-Dachgesellschaften
hatten vor zweiJahren den ehemaligen
Renault-TeamchefVasseur verpflichtet.
Er trat die Nachfolge von Monisha Kal-
tenborn an und sollte auf einer siche-
ren finanziellenBasis eineneue Pers-
pektive für denRennstall finden. Sau-
ber lagdamals in derKonstrukteurs-
wertung an letzter Stelle. Vasseur sagte
zum Einstieg, er seikein Zauberer.Aber
er zeigte schnell, dass er einen klaren
Plan verfolgt undkonsequent handelt.
Beim ersten öffentlichenAuftritt da-
mals in Ungarn gab er dieKündigung
des für 2018 abgeschlossenen Motoren-
vertrags mit Honda bekannt.Dem folgte
die Fortsetzung des Leasingabkommens
mit Ferrari und eine noch engere An-
bindung an den italienischenKonzern.
Diese mündete schliesslich ins neue
Modellals Alfa-Rennfiliale.
Vasseur baut imTagesgeschäft vor
allem auf Beat Zehnder, just seit einem
Vierteljahrhundert in derPosition des
Teammanagers. Zehnder ist nicht nur als
Experte gefragt, sondern auch als Iden-
tifik ationsfigur für das Gros der Schwei-
zer Mitarbeiter. Die Loyalität und Qua-
lität der Belegschaft waren fürVasseur
ein entscheidender Grund, denJob des


sportlichen Sanierers anzutreten. Er
hatte versprochen, alles dafür zu tun,
um Sauber wieder nach oben zu füh-
ren. Das hebt bis heute die Stimmung
und auch die Moral. Der 51Jahre alte
Renn-Enthusiast ist auch jemand, der
zwar stoisch Zielsetzungen verfolgen
kann,diese aber lieber früher erfüllt.Bei
Halbzeit des Drei-Jahre-Plans ist dieser
Trend erkennbar, der Punktevergleich
zum selben Zeitpunkt 2018 fällt deut-
lich aus.Grundsätzlich fehltesnur noch
etwas an derKonstanz.

„Technik: Die Rückkehr desTech-
nischen Direktors SimoneResta nach
Maranellokommt angesichts der Nöte
im Ferrari-Werksteam nicht über-
raschend.Der Italiener hat inHinwil nur
ein knappesJahr verbracht, zu wenig,
um die grossen Akzente zu setzen. Im
Tausch mitResta kommt nach derFor-
mel-1-Sommerpause der ItalienerAles-
sandro Cinelli, der dieAerodynamik-
abteilung anstelle des zumTechnischen
Direktor befördertenJan Monchaux
leiten wird. Deutsche und französische

Ingenieuregeben massgeblich denTakt
an in derRennfabrik, die engenVerbin-
dungen zuFerrari sind eine tragfähige
Basis.Alfa kann sich so stärker um sich
statt um die Sorgen des Motorenpart-
ners kümmern, wie es bei Honda wohl
der Fall gewesen wäre. Resultat:Inder
durchschnittlichen Qualifikationszeit ist
man derzeit nur fünf Prozent langsamer
als die Besten.

„Fahrer:Kim iRäikkönensRückkehr
hat für die gewünschten Impulse ge-
sorgt.DasTeam hatFans hinzugewon-
nen,der 39Jahre alte finnischeRoutinier
ist auch als Punktelieferant eineBank.
In derWildbachstrasse in Hinwil schätzt
er die Unaufgeregtheit, diese entspricht
seinemWesen. An seinemKönnen be-
stehenkeine Zweifel. Bei Antonio Gio-
vinazzi, dem 25Jahre alten Zögling aus
der Ferrari-Akademie, lässt sich hin-
gegen noch nicht abschätzen, wie nach
der Akklimatisierung die Entwicklung
verlaufen wird.DieAusbildungs-Koope-
ration mitFerrari hatte sich schon bei
GiovinazzisVorgänger Charles Leclerc

bewährt, der nach Maranello zurück-
gekehrt ist.

„Zukunft:Auch in einem schnellen
Sport wie derFormel 1 verändert sich
die Infrastruktur nicht über Nacht.Sinn-
volle Erweiterungen und zusätzliches
Personal sind nicht nur eineFrage des
Geldes, das Ganze muss sich auch erge-
ben. Alfasetzt weiter auf die von Sau-
ber bekannte Effizienz, entscheidend
für den angestrebten Sprung ins vor-
dere Mittelfeld werden die technischen
Rahmenbedingungen ab demJahr 2020
sein, wenn eine Budget-Obergrenze die
Teams einander näher bringen soll.Das
laufendeRennjahr wäre dann als erfolg-
reich zu werten, wenn im enger gewor-
denenMittelfeld am Ende mindestens
ein siebenter Platz stünde. Zum zwölf-
ten WM-Lauf am Sonntag hat sich Alfa
Romeoins Stammbuch geschrieben,
weiterhin auf die eigeneFähigkeit zur
Verbesserung zu setzen – schnell und
entschlossen. «Das positive Momentum
fortsetzen»bleibt für den StrategenFré-
déricVasseur das erklärte Ziel.

DerTeamchefFrédéricVasseurerfüllt seine Zielsetzungen lieber früherals später. MARK SUTTON / IMAGO

Auf den Protest folgt eine Transferof fensive


Der FC Arsenal bricht mit der Verpflichtung vonNicolas Pépé einen Klubrekord – Granit Xhakawird wohl Captain


HANSPETER KÜNZLER, LONDON


Noch vor zweiWochen hingen düstere
Gewitterwolken über dem Emirates-
Stadion.Vierzehn Fangruppierungen
hatten ihre Differenzen untereinander
für einmal vergessen, um einen offenen
Briefan die Klubfü hrung desFC Arse-
nal zu schicken. Sie protestierten da-
gegen, dass der amerikanische Besitzer
Stan Kroenke den Klub bloss als Inves-
titionsobjekt erachte. In seinem ers-
ten Jahr in London spielte Arsenal im
Champions-League-Final gegen den FC
Barcelona. Seither habe man nur noch
Rückschritte gemacht, hiess es vonsei-
ten der Anhänger. Die Personalpolitik
sei undurchsichtig und verwirrend.Vor
und hinter denKulissen brauchees drin-
gend frische Impulse. Nun hat Kroenke
den Unzufriedenen denWind aus den
Segeln genommen.
Am Donnerstag wurde bekannt,dass
Arsenal für 72 Millionen Pfund den
Ivoirer NicolasPépé verpflichtet hat.
Der 24-jä hrige Flügelstürmer unter-
schrieb einenFünfjahresvertrag, der ihm
wöchentlich140000 Pfundeinträgt. In
der vergangenen Saison war er mass-
geblich am Erfolg des Ligue-1-Klubs


Lille beteiligt,der die Meisterschaft hin-
ter PSG auf Platz zwei beendete, nach-
dem er imVorjahr knapp dem Abstieg
entgangen war. Dabei verbuchtePépé
vom rechten Flügel aus 22Tore und 11
Assists. Besser war nurKylian Mbappé.
Mit dieserVerpflichtung hat Arse-
nal den klubeigenen Transferrekord
um satte16 Millionen Pfund überboten.
Für den gabonesischen Stürmer Pierre-
EmerickAubameyang hatte man letz-
tes Jahr 56 Millionen Pfund an Borus-
sia Dortmund überwiesen. Damit ist
Pépé hinterPaul Pogba (89 Millionen),
Harry Maguire (80 Millionen),Romelu
Lukaku undVirgil van Dijk (je 75 Mil-
lionen) der fünftteuerste Spieler in der
Premier League.
Auch Napoli hatte intensiv umPé-
pés Dienste gebuhlt. Die Italiener hät-
ten ihm Champions-League-Fussball
bietenkönnen,Arsenal dagegen hat
sich mit dem enttäuschenden 5.Rang
in der Meisterschaft nur für die Europa
League qualifiziert. Dennoch entschied
er sich für die darbenden Gunners.Als
ihn derRufaus London erreicht habe,
seienihm all dieFranzosenim Verein in
den Sinngekommen und einer wie der
Weltmeister Mesut Özil: «Es ist eine

Ehre, mit solchen Spielern auftreten zu
dürfen.»
Mit dem EngagementPépés ist der
spanische Trainer Unai Emery sei-
nem erklärten Ziel, mit den Gunners
eine ähnliche Spielanlage aufzuziehen,
wie esJürgen Klopp bei Liverpool ge-
schafft hat, einen wichtigen Schritt nä-
her gekommen. Mit AlexandreLaca-
zette ,Aubameyang undPépé verfügt
er nun über eine Angriffsfront, die zu-
mindest auf demPapier demTrio Mané/
Salah/Firmino durchaus ebenbürtig ist.
Dies umso mehr, als man zuletzt auch
einen einjährigen Leihvertrag mitReal
Madrid für den hochtalentierten Mittel-
feldspielerDani Ceballos abgeschlossen
hatte .An der Seite des Schweizers Gra-
ni t Xhaka – der in den nächstenTagen
vermutlich zum Captain ernannt wird –

und dem Uruguayer LucasTorreira soll
der auch defensiv starke Spieler neue
Akzente im Übergang vonVerteidigung
auf Angriff setzen. DieVerpflichtung
wirft dieFrage auf, wo es in der neuen
Formation noch Platz hat für Özil und
Henrich Mchitarjan. Das Kader ist im
Sommer einer Abmagerungskur unter-
zogen worden, 14 Spieler hat man be-
reits gehen lassen. Ohne die extremen
Stimmungsschwankungen von Özil wäre
EmerysJob bestimmt einfacher.
Diekonzentrierte Verstärkung in
der Offensivekommt indes eher über-
raschend, denn eigentlich besteht die
grössteBaustelle in derVerteidigung.
Hier hat sich der deutscheWeltmeis-
ter Shkodran Mustafi eher schlecht als
recht eingelebt, derweil sich der Klas-
senbeste, LaurentKoscielny, nach neun
Jahren mit der Klubführung überworfen
hat und sich weigerte, an derVorberei-
tungs-Tour in den USA teilzunehmen.
DerVersuch,Celtic Glasgow den Links-
verteidigerKieranTierney abzuluchsen,
ist nach wochenlangem Seilziehen bis-
her erfolglos geblieben. Ein Plus ist der
deutscheTorhüter Bernd Leno.Erhat
sich als würdiger Nachfolger vonPetr
Cech erwiesen.

NicolasPépé
REUTERS Fussballer

Rückkehr


zum Herzensklub


AlterndeFussballstars
zieht es nach Südamerika:
Der TitelhamstererDani Alves
wechselt wieFilipe Luís nach
Brasilien,Daniele DeRossi
spielt bald in Argentinien.

ANDREASBABST

Der SãoPaulo FC kündigte es mit
ei nemVideo an, darinlief ein alter
Fernseher, im Hintergrund hörte man
eine Stimme:Es sei dieRückkehr zu sei-
nem Herzensklub. Die Stimme gehört
Dani Alves, der Brasilianer spielt wie-
der in seiner Heimat.Das Video von
São Paulo über den Zuzug vonDani
Al ves wurde innert weniger Stunden
1,5 Millionen Mal angeschaut.Alves ist
unter den aktivenFussballspielern der-
jenige mit den meistenTiteln:43 hat der
36-Jä hrige gewonnen,darunter drei Mal
die Champions League. Zuletzt holte er
mit dem Nationalteam die Copa Amé-
rica, dort wurde er als bester Spieler
ausgezeichnet.
Alves wechselte als19-Jähriger von
Brasilien nach Sevilla, später spielte er
für Barcelona,Juventus undParis Saint-
Germain.Jüngst hatte er mit einem
Instagram-Post fürAufmerksamkeit ge-
sorgt: «Ich suche einenJob, wohin soll
ich meinen Lebenslauf schicken? Lass
mich wissen, wenn du Zeit hast,ihn zu le-
sen!», schriebAlves vor gut einerWoche.
Alves ist nicht der einzige alternde
Star, den es diesen Sommer nach
Südamerika zieht. ImJuli wechselte
Daniele DeRossi nach Buenos Aires
zu den BocaJuniors. Der Hype, der in
Argentinien um DeRossi entsteht, ist
erstaunlich. Er ist bereits 36Jahre alt,
2006 warer Weltmeister mit Italien, er
hat seine Karriere bei derAS Roma
verbracht, war Liebling derFans und
Idol fast wieFrancescoTotti. In Rom
erhielt erkeinen neuenVertrag mehr.
In Argentinien wird De Rossi nun
empfangen wie ein Heilsbringer.Das
hat mit dem Klub zu tun, zu dem er
wechselt: Boca ist einVerein aus dem
Hafenviertel, einrauer Arbeiterklub.
De Rossi sieht zumindest aus wie ein
rauer Arbeiter: mit demBart, denTat-
toos, dem ernsten Blick.
Das Niveau der argentinischen Liga
ist bescheiden,dieTalente wechseln früh
nach Europa.Wer woanders mehr Geld
verdienen kann,verlässt die Liga.Wech-
selt ein internationaler Star nach Bue-
nosAires, ist es immer auch ein bisschen
Selbstvergewisserungder Argentinier:
Wirsind noch jemand. LetzteWoche
unterschriebFilipe Luís bei Flamengo
Rio deJaneiro, seinVertrag mitAtlético
Madrid war ausgelaufen. Bei Flamengo
zu spielen,sei ein Kindheitstraum gewe-
sen, sagte der33-jährige Brasilianer,er
sei schon immerFan des Klubs gewesen.
Auf Instagram postete er ein Kinderfoto
von sich im Flamengo-Trikot.Luís sagte,
er habe lukrative Angebote aus China
gehabt – und sie alle abgelehnt, um für
Flamengo zu spielen.

Sport amFernsehen

Samstag
SRF 122.00Sport aktuell.

SRF 214.55Formel 1. GP Ungarn. Qualifying.

TC Sport Zoom13.20Fussball. Supercup. PSG -
Rennes.19.00Leichtathletik. Meeting in Bern.

ARD10.00Die Finals 2019 –Wochenende
Deutsche Meisterschaften.

ZDF20.15Fussball. Supercup. Dortmund -
Bayern München.22.40Das aktuelle Sportstudio.

Sonntag
SRF 212.05Motorrad. Strassen-WM. GP
Ts chechien. Moto2.13.15Nordwestschweizer
Schwingfest (Aufz.).13.40GPTs chechien.
MotoGP.15.00Formel 1. GP Ungarn.15.40
Fussball. Xamax - St. Gallen.18.00Super League
Goal.18.30Sportpanorama.

SRF Info14.40Mountainbike. Frauen.Weltcup
Val di Sole (Aufz.).15.40Formel 1. GP Ungarn.
17.00Nordwestschweizer Schwingfest.17.30
Mountainbike. Männer.Val di Sole (Aufz.).

ZDF10.20Die Finals 2019 –Wochenende
Deutsche Meisterschaften.
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