kündigen, damit auch Betroffene
von Pöbeleien zu Wort kommen
können. Ich würde mir außerdem
wünschen, dass einer der Bade-
meister von seinen Erfahrungen
erzählen würde. Was ich von ih-
nen über das Verhalten mancher
Badegäste gehört habe, hat mich
erschreckt. Einige haben mir ge-
sagt, dass sie die Beleidigungen,
Beschimpfungen und Bedrohun-
gen psychisch belasten. Es ist
wichtig, dass das auch mal zur
Sprache kommt.
Eine Aussprache ist sicher
wichtig, aber wünschen sich
Betroffene von der Politik nicht
eher handfeste Lösungen?
Absolut! Wir haben überhaupt
nicht die Absicht, andere Maß-
nahmen zu vernachlässigen. Das
Wichtigste ist, dass vor allem Fa-
milien, Frauen, Ältere und ande-
re unbesorgt und angstfrei ins
Schwimmbad gehen können. Na-
türlich hat das, was in den letzten
Wochen dort passiert ist, vor al-
lem eine ordnungspolitische Di-
mension. Es ist aber auch ein in-
tegrationspolitisches Thema. Ge-
nau darüber wollen wir sprechen.
Vielleicht finden wir am Ende
des Abends noch weitere Ansät-
ze, die man dann in Kooperation
mit der Stadt umsetzen kann.
Aber noch mal: Es geht nicht da-
rum, nur zu reden und andere
Maßnahmen außen vor zu lassen.
In der aktuellen Debatte ist vor
allem von jungen, islamisch so-
zialisierten Migranten die Re-
de. Wie sollen diese denn mit
einer solchen Veranstaltung er-
reicht werden?
Natürlich müssen wir auch über
WWWerte wie Gleichberechtigungerte wie Gleichberechtigung
sprechen und über den richtigen
Umgang mit gesellschaftlichen
Freiheiten. Integration bedeutet,
sich an Regeln zu halten. Das gilt
auch für ein Freibad. Bei einer
solchen öffentlichen Veranstal-
tung ist es in der Tat schwierig,
gerade diejenigen zu erreichen,
die Probleme machen – in diesem
Fall die „Pöbler“, gleich welcher
Herkunft. Aber wir nehmen diese
Herausforderung an. Es wäre
doch gut, wenn wir durch unsere
Teilnehmer wie den Düsseldorfer
Streetworker auch die betreffen-
den Jungs in der Migranten-Com-
munity erreichen. Wenn ein paar
Mentoren, Vorbilder und Mei-
nungsführer aus den Communi-
tttys zu uns kommen und ihnenys zu uns kommen und ihnen
hinterher sagen, dass sie sich zu
benehmen haben, müssen diese
vielleicht gar nicht selbst anwe-
send sein. Wenn einer aus ihren
Reihen ihnen die Leviten liest, hat
das eine ganz andere Wirkung, als
wenn das ein Politiker tut.
Das würde belegen, dass die Be-
treffenden keinen Respekt vor
biografiedeutschen Autoritäten
haben, sondern nur vor den „ei-
genen Leuten“ ...
Das gilt aber nicht nur für Men-
schen mit Migrationsgeschichte.
Mir wurde berichtet, dass auch au-
tochthone deutsche Gäste die Ba-
demeister bedroht und beschimpft
haben. Mir kommt eines in der Be-
richterstattung etwas zu kurz: Bei
dem ersten Streit im Rheinbad war
das Opfer ein türkischer Vater,
dessen Familie von ein paar Jungs
belästigt wurde. Migranten waren
also nicht nur Täter – sondern
aaauch Opfer. Ich habe übrigens re-uch Opfer. Ich habe übrigens re-
cherchiert, ob es so etwas in der
VVVergangenheit auch schon gab. Einergangenheit auch schon gab. Ein
Bericht aus dem Jahr 1956 hat sich
schon mit Randalen in Freibädern
beschäftigt. Und dann einer aus
dem Jahr 1996, wo der Bürgermeis-
ter einer kleinen Stadt in Sachsen-
Anhalt den örtlichen Karateklub
angeheuert hat, um auf öffentli-
chen Plätzen, auch in Freibädern,
S
erap Güler steht vor ei-
ner schwierigen Aufga-
be. Die Staatssekretärin
für Integration soll den
gesellschaftlichen Frieden wie-
derherstellen – dieser geriet zu-
letzt durch die Krawalle im Düs-
seldorfer Rheinbad ins Wanken.
Ende August laden die CDU-Poli-
tikerin und Integrationsminister
Joachim Stamp (FDP) daher zu
einem offenen Dialog in das
Schwimmbad.
VON MARTIN NIEWENDICK
WELT: Frau Güler, was möchten
Sie mit dem „Wertedialog“ im
Rheinbad erreichen?
SERAP GÜLER: Unsere Ge-
sprächsreihe ist eine Art
Townhall-Meeting, zu dem wir
alle Bürger einladen, um mit uns
darüber zu sprechen, welche
Werte uns heute wichtig sind und
wo wir als Gesellschaft zusam-
men hinwollen. Wir möchten
miteinander reden und nicht
übereinander. Zusätzlich laden
wir auch Kommunalpolitiker und
Mitarbeiter des kommunalen In-
tegrationszentrums ein. Jeder,
der mit uns über die Themen Mi-
gration und Integration reden
möchte, hat dort die Möglichkeit
dazu. Jede Frage darf – und soll –
gestellt werden.
Wer wird daran teilnehmen?
Neben hoffentlich vielen Bür-
gern werden der NRW-Integrati-
onsminister Joachim Stamp und
ich teilnehmen. Darüber hinaus
möchten wir einen sehr engagier-
ten Streetworker aus Düsseldorf
einbinden, der in der marokkani-
schen und arabischen Gemeinde
aktiv ist. Er leistet seit Jahren
sehr gute Arbeit in der Stadt und
kennt die Community bestens.
Wir hoffen, dass er auch viele sei-
ner „Schützlinge“ mit zu unserer
Veranstaltung bringt. Das kom-
munale Integrationszentrum
Düsseldorf wird auch dabei sein.
Und wir haben die Betreiber des
Freibades gebeten, den „Werte-
dialog“ bei ihren Gästen anzu-
POLITIK DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,8.AUGUST2019 SEITE 4
BRANDENBURG
Volksinitiative gegen
Hohenzollern
Im Streit über Eigentums-
ansprüche der Hohenzollern
gegen den Staat will Branden-
burgs Regierungspartei Die
Linke eine Volksinitiative star-
ten. Ziel sei, „kein Eigentum
des Volkes an die Hohenzollern
zu verschenken“, teilte der
Landesverband Brandenburg
mit. Die Verhandlungen über
die Ansprüche der Nachfahren
des letzten deutschen Kaisers
unter anderem gegen das Land
Brandenburg bewegten auch
viele Menschen im Land. Die
VVVolksinitiative soll am Don-olksinitiative soll am Don-
nerstag in Potsdam vorgestellt
werden. Wenn innerhalb eines
Jahres mindestens 20.000 gül-
tige Unterschriften zusammen-
kommen, muss sich der Land-
tag mit dem Thema befassen.
Die Hohenzollern fordern vom
Land Brandenburg unter ande-
rem 1,2 Millionen Euro Ent-
schädigung für Enteignungen.
Der Rechtsstreit, der durch
VVVerhandlungen unterbrochenerhandlungen unterbrochen
war, beschäftigt wieder die
Gerichte. Die Hohenzollern
wwwurden nach dem Zweitenurden nach dem Zweiten
WWWeltkrieg in der sowjetischeneltkrieg in der sowjetischen
Besatzungszone, der späteren
DDR, enteignet. Eine Entschä-
digung dafür steht Betroffenen
nach Rechtslage nicht zu, wenn
sie dem nationalsozialistischen
System „erheblich Vorschub“
geleistet haben.
BUNDESWEHR
Flugstopp für
Tiger-Hubschrauber
Die Bundeswehr hat einen
vorläufigen Flugstopp für alle
ihre Hubschrauber des Typs
Tiger verhängt. Zuvor habe es
eine Information vonseiten der
Industrie gegeben, „dass be-
stimmte Bolzen, die im Kampf-
hubschrauber Tiger verbaut
sind, einen Mangel aufweisen
könnten“, teilte das Komman-
do Heer mit. Vor neuen Flügen
sollten die Maschinen „gründ-
lich überprüft und, falls not-
wendig, Bolzen ausgetauscht“
werden. Von der durch den
General Flugbetrieb Heer an-
geordneten Flugpause betrof-
fen sind demnach die Kampf-
hubschrauber Tiger im Kampf-
hubschrauberregiment 36 in
Fritzlar und im Deutsch-Fran-
zösischen Heeresfliegeraus-
bildungszentrum in Le Luc.
Laut einem Bericht des „Spie-
gels“ handelt es sich bei dem
defekten Bauteil um einen
Verbindungsbolzen innerhalb
der Rotorsteuerung. Der Her-
steller Eurocopter habe darauf
hingewiesen, dass manche
dieser Bauteile aus Titanium
eine Wasserstoffversprödung
aufweisen könnten.
KOMPAKT
A
m Freitag wird sich die
SPD ihrer Wurzeln erin-
nern. Am Abend des 7. Au-
gggust 1869 wurde im „Goldenenust 1869 wurde im „Goldenen
Löwen“ in Eisenach unter der
Führung von August Bebel und
Wilhelm Liebknecht der Grün-
dungskongress der Sozialdemo-
kratischen Arbeiterpartei (SDAP)
eröffnet, auf dem das erste ausge-
reifte Parteiprogramm der deut-
schen Sozialdemokratie beschlos-
sen werden sollte.
VON THORSTEN JUNGHOLT
1 50 Jahre später laden die Au-
gggust-Bebel-Gesellschaft und dieust-Bebel-Gesellschaft und die
Friedrich-Ebert-Stiftung in den
Gasthof, der mittlerweile eine
Gedenkstätte ist, um „an das his-
torische Ereignis zu erinnern und
üüüber aktuelle Bezüge zu diskutie-ber aktuelle Bezüge zu diskutie-
ren“. Welche Bezüge aber könn-
ten das sein, was lässt sich heute
noch von Bebel und Liebknecht
lernen? Dietmar Nietan, der SPD-
Geschichtsbeauftragte, weist da-
rauf hin, dass die SDAP „auf einen
dezentralen Parteiaufbau“ ge-
setzt und „die politische Willens-
bildung von unten nach oben“ or-
ganisiert habe. Mit diesen Prinzi-
pien seien „bisherige paternalisti-
sche Politikansätze“ überwunden
worden.
Mit ein bisschen Wohlwollen
lässt sich das von der aktuellen
Parteiführung ins Werk gesetzte
VVVerfahren zur Suche nach einemerfahren zur Suche nach einem
neuen Vorsitzenden in diesem
Sinne interpretieren. Während
den Bundesparteitagen bislang in
der Regel ein in den SPD-Füh-
rungsgremien vorab ausgehandel-
ter Kandidat vorgesetzt wurde,
sollen diesmal die über 400.
SPD-Mitglieder über den neuen
Chef abstimmen – dem Parteitag
soll also von unten empfohlen
werden, wen er zu wählen hat.
Uwe Jun, Politikwissenschaft-
ler an der Universität Trier, hatte
anfangs Sympathie für dieses Pro-
zedere. Er hielt positive Effekte
auf die „innerparteiliche Vitali-
tät“ für möglich. Außerdem sah er
die Chance, dass im Kontext einer
Kandidatenschau, in der sich die
Bewerber um das „schönste Amt
neben Papst“ (Franz Müntefe-
ring) der Basis präsentieren und
miteinander diskutieren, „die nö-
tigen inhaltlichen Klärungspro-
zesse der SPD tatsächlich einmal
vorgenommen“ werden könnten.
Mittlerweile aber ist Jun skep-
tisch – vor allem aus zwei Grün-
den. Zum einen nennt er Karl
Lauterbach. Als der Bundestags-
aaabgeordnete seine gemeinsamebgeordnete seine gemeinsame
Kandidatur mit der Kollegin Nina
Scheer vorstellte, warb er mit
dem Versprechen, aus der Koaliti-
on mit der Union auszusteigen.
„Das gehört nicht in einen inner-
parteilichen Wettbewerb“, sagt
Jun. „Der Ausstieg aus der GroKo
kann am Ende eines Prozesses
stehen, aber nicht als Werbemit-
tel am Anfang.“
Der zweite Kritikpunkt des Po-
litikwissenschaftlers sind Dauer
und Komplexität des Verfahrens.
Anfang Juni war Andrea Nahles
als Vorsitzende zurückgetreten,
erst Anfang Dezember wird der
Parteitag einen Nachfolger wäh-
In der SPD wachsen die Zweifel an der Chefsuche
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