der „Modernisierung der Artille-
rie“. Er weiß genau, warum er
dies so betont.
Vor allem aber kann Kim mit
den Raketenwerfern auch den
Flugplatz von Geongju erreichen.
Auf ihm stationiert Südkorea sei-
ne neueste Errungenschaft, den
amerikanischen Tarnkappen-
Jagdbomber F-35.
Dieses Flugzeug macht Kim
besonderen Kummer. Schon jetzt
ist es für seine Luftabwehr ein
harter Brocken. Aber die F-
steht erst am Anfang ihrer Mög-
lichkeiten. Die USA entwickeln
für die Maschine eine weitrei-
chende Luft-Boden-Rakete, die
womöglich auch in Südkoreas
Hände gelangen könnte. Diese
Rakete wird unter anderem da-
rauf optimiert, feindliche Lang-
streckenraketen während der
Startphase aus der Luft zerstö-
ren zu können - also auch nord-
koreanische Raketen.
Aber auch, wenn eine F-35 ge-
rade keine solche Waffe mit sich
führt, soll der Pilot handeln kön-
nen. Die USA streben an, die F-
zu einem von vielen Elementen
einer vollständig vernetzten
Kriegführung zu machen. Ein Pi-
lot, der aus seiner Flughöhe ei-
nen Raketenstart bemerkt, soll
selbständig die Abwehrrakete ei-
nes „Aegis“-Luftabwehrkreuzers
starten können, der zum Beispiel
westlich Japans patrouilliert und
dessen Radar das Geschoss noch
nicht erfasst hat. Ein derartiges
vernetztes System würde Kims
Raketenrüstung schwer zuset-
zen. Gemeinsame Manöver der
USA mit Südkorea könnten diese
Mittel und Fähigkeiten erpro-
ben. Kim will das unbedingt ver-
hindern.
Wenn Kim aber glaubt, auf Es-
kalationskontrolle verzichten zu
müssen, dann hat er mit der
KN-23 nun eine Waffe, die ihrer-
seits Amerika Angst macht, auch
wenn Trump sie überspielt. Die
Rakete kann mit einer Flughöhe
von nur 35 Kilometern 450 Kilo-
meter weit fliegen und bei einer
Flughöhe von 50 Kilometer sogar
mehr als 600 Kilometer. Normal
wären Flughöhen von 100 Kilo-
metern und mehr. Die niedrigen
Flugbahnen bedeuten: Kims Ra-
keten fliegen unter dem Erfas-
sungsradius der amerikanischen
Thaad-Raketenabwehr hindurch.
Sie sind für das Thaad-Radar un-
sichtbar, genauso wie der neue
Raketenwerfer.
Und nicht nur das. Die Flug-
bahn des Tests vom Montag ver-
lief nicht in gerader Linie, son-
dern mit mehreren Schwenks.
Kim ließ die Raketen sogar direkt
über Pjöngjang hinwegfliegen,
einfach um Trump zu zeigen, wie
groß das Vertrauen in die Zuver-
lässigkeit der Waffe ist. Über
dem Ziel drehte die Rakete dann
plötzlich ab und stürzte sich steil
hinab auf ihren geplanten Auf-
schlagspunkt. Für eine Raketen-
abwehr ist eine solche unvorher-
sehbare Flugbahn ein beträchtli-
ches Hindernis.
Die KN-23 sieht der russischen
„Iskander“-Rakete sehr ähnlich,
die ebenfalls lenkbar ist. Hat
Wladimir Putin Kim die Techno-
logie gegeben, um Amerika zu är-
gern? Hat er zumindest zugelas-
sen, dass jemand die Technik an
Kim weitergab? Haben Nordko-
reas Hacker, die man nie unter-
schätzen sollte, die Unterlagen
aus Russlands Fabrik abgesaugt?
Oder waren Kims Ingenieure im-
stande, eine solche Technik sel-
ber zu entwickeln?
Das wäre ein weiterer Anreiz
für Trump, mit Kim zu verhan-
deln. Dieser hat die Tür zu Ver-
handlungen einen Spalt offenge-
lassen. Das Außenministerium
konstatierte in seiner Mitteilung
vom Montag, Gespräche würden
für die Dauer des amerikanisch-
südkoreanischen Manövers aus-
gesetzt, aber danach werde man
vielleicht sehen. Kim seinerseits
brachte zum Raketentest vom
Montag zwar die beiden Politbü-
romitglieder mit, die für Wirt-
schaft und Konsumgüterindus-
trie zuständig sind. Die Botschaft
war: Wir konzentrieren uns
gleichzeitig auf die Wirtschaft
und auf die Rüstung. Zwei andere
Politbüromitglieder aber blieben
zuhause. Es waren Trumps Ver-
handlungspartner, Außenminis-
ter Ri Yong-ho und ZK-Sekretär
Kim Yong-chol.
Mal schauen, ob Kim sich nun
zu Trumps Plänen äußert, nach
dem Ende des INF-Vertrages
Mittelstreckenraketen in Ost-
asien zu stationieren – „zum
Schutz der Verbündeten Südko-
rea und Japan“, wie Sicherheits-
berater John Bolton am Dienstag
sagte. Mal schauen, ob Kim zu
Boltons ausdrücklicher Feststel-
lung schweigt, dieser Schutz sei
wegen Chinas Raketenrüstung
nötig (und nicht etwa wegen
Kim). Mal schauen, ob Kim nun
weitere, vielleicht größere Rake-
ten testen lässt, oder ob er sogar
ein weiteres Wunderwerk nord-
koreanischer Rüstungsingenieu-
re vorstellt. Zum Beispiel einen
neuen Abfangjäger gegen die
F-35, der Russlands Stealth-Flug-
zeugen überaus ähnlich sieht.
DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DONNERSTAG,8.AUGUST2019 POLITIK 7
E
in mutmaßlicher Draht-
zieher des „Ibiza-Videos“
hat in der Vergangenheit
nach eigenen Angaben eng mit
staatlichen Behörden zusam-
mengearbeitet. Der österrei-
chische Sicherheitsfachmann
Julian H. erklärte in einer eides-
stattlichen Versicherung, die
WELT vorliegt, dass er ein paar
Jahre vor der Entstehung des Vi-
deos für eine Behörde eine Ope-
ration durchgeführt habe. Als er
dabei mit dem Gesetz in Kon-
flikt gekommen sei, habe ihn die
Behörde nicht schützen können.
Genauere Angaben zu dem Auf-
traggeber machte er nicht.
Eine Anfrage an das österrei-
chische Bundesministerium für
Inneres wurde vom Sprecher
des dortigen Bundeskriminal-
amtes beantwortet: Man werde
nichts dazu sagen, ob H. an Ope-
rationen beteiligt gewesen sei.
Die Staatsanwaltschaft erklärte,
man werde die laufenden Er-
mittlungen zum Video nicht
kommentieren.
Damit stellt sich erneut die
Frage, ob Nachrichtendienste
oder andere Behörden in die so-
genannte Ibiza-Affäre verwi-
ckelt sein könnten, die ein poli-
tisches Erdbeben auslöste und
schließlich zum Ende der öster-
reichischen Regierung führte.
Noch immer ist nicht genau ge-
klärt, welche Personen mit wel-
chen Motivendie Falle aufstell-
ten, in die schließlich unter an-
deren der damalige FPÖ-Chef
Heinz-Christian Strache tappte.
Gestützt wird die Angabe von
Julian H. unter anderem durch
eine Aussage seines ehemaligen
Geschäftspartners Sascha
WWWandl. Dieser hatte im Mai imandl. Dieser hatte im Mai im
Gespräch mit WELT erklärt, dass
H. in der Vergangenheit mit Be-
hörden zusammengearbeitet ha-
be. Für eine Verbindung zu staat-
lichen Stellen spricht zudem eine
Angabe auf der Internetseite der
Sicherheitsfirma von H.: Dort ist
die Rede von Kooperationen mit
„internationalen staatlichen
Strafverfolgungsbehörden“.
Unter anderen Bundestags-
präsident Wolfgang Schäuble
(CDU) hatte laut einem „Stern“-
Bericht nach Auftauchen des Vi-
deos erklärt, die Aktion rieche
nach „irgendwas wie einem Ge-
heimdienst“. Der ehemalige Prä-
sident des Bundesnachrichten-
dienstes (BND), August Han-
ning, hatte gegenüber n-tv er-
klärt, Strache sei „entweder von
einem Nachrichtendienst oder
mit nachrichtendienstlichen
Mitteln in einer sehr aufwendi-
gen Operation eine Falle gestellt
worden“. Belege dafür legten die
beiden aber nicht vor.
Gerhard Schindler, der bis
2016 den BND leitete, äußerte
hingegen Bedenken. Bei hinrei-
chender Beschränktheit einer
Zielperson bedürfe es keiner
aufwendigen nachrichtendienst-
lichen Operation, sagte Schind-
ler im Mai zur „Bild“-Zeitung.
Im Jahr 2017 hatte sich der da-
malige FPÖ-Chef auf der Mittel-
meerinsel mit einer vermeintli-
chen Oligarchennichte getroffen
und unter anderem über mögli-
cherweise illegale Parteispenden
gesprochen. Ein Video davon ge-
langte zur „Süddeutschen Zei-
tung“ und zum „Spiegel“. Nach
der Veröffentlichung im Mai
2019 musste Strache als Vize-
kanzler und Parteivorsitzender
zurücktreten. In der Folge zer-
brach die rechtskonservative
Regierung von Bundeskanzler
Sebastian Kurz (ÖVP).
Der Sicherheitsfachmann Ju-
lian H. und sein Anwalt antwor-
teten auf eine Anfrage nicht. Es
gibt zudem Zweifel an seiner
Glaubwürdigkeit. Nach Infor-
mationen von WELT hat H. in
seiner eidesstattlichen Versiche-
rung mehrere falsche Angaben
gemacht. Seine Ausführungen
widersprechen amtlichen Doku-
menten. Die Abgabe einer fal-
schen eidesstattlichen Versiche-
rung ist strafbar.
Recherchen von WELT AM
SONNTAG hatten ergeben, dass
er die entscheidende Person
war, die das Vertrauen zu Stra-
che und dem ebenfalls auf Ibiza
anwesenden FPÖ-Politiker Jo-
hannes Gudenus aufgebaut hat-
te. Die Identität der vermeintli-
chen Oligarchennichte ist noch
immer unbekannt. Ein weiterer
mutmaßlicher Drahtzieher, der
Wiener Anwalt M., hatte kurz
nach Bekanntwerden des Videos
über seinen Anwalt erklärt: „Es
handelte sich um ein zivilgesell-
schaftlich motiviertes Projekt,
bei dem investigativ-journalisti-
sche Wege beschritten wurden.“
Dabei habe sich eine „Eigendy-
namik“ entwickelt. Von strafba-
rem Verhalten könne keine Rede
sein. Diese Argumentation ist je-
doch zweifelhaft. Anwalt M.
wird vorgeworfen, schon vor der
Erstellung des „Ibiza-Videos“
kompromittierendes Material
über Strache – Fotos und Chat-
verläufe – angeboten zu haben.
Waren Behörden am
„Ibiza-Video“ beteiligt?
Mutmaßlicher Drahtzieher behauptet, früher
für staatliche Stellen gearbeitet zu haben
,,
Operation,
die ich für
eine Behörde
durchgeführt
habe
Julian H.,Sicherheitsexperte
AFP
/ KCNA VIA KNS (2)
KKKim Jong-un undim Jong-un und
seine Gefolgschaft
verfolgen einen Rake-
tenstart an einem
unbekannten Ort in
Nordkorea
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