Süddeutsche Zeitung - 31.07.2019

(Darren Dugan) #1

Franz Joseph Freisleder, geboren 1956, ist
seit 1997Ärztlicher Direktor am Münchner
Heckscher-Klinikum für Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie. Er hat in Strafverfahren
zahlreiche Angeklagte psychiatrisch begut-
achtet, auch Erwachsene.


Herr Freisleder, nach dem Frankfurter
Verbrechen gibt es viele Erklärungsver-
suche. Der Kriminologe Christian Pfeiffer
vermutet einen Racheakt des aus Eritrea
stammenden Tatverdächtigen. Können
Sie mit dieser Hypothese etwas anfangen:
Ein 40-jähriger Mann stößt eine unbe-
teiligte Mutter und ihr Kind vor einen
Zug, um den Anschlag eines Deutschen
auf einen Landsmann zu rächen?
Franz Joseph Freisleder: Das kann sein,
kann vor allem aber auch nicht sein. Ich
wäre da sehr viel vorsichtiger und möchte
mich auf gar keinen Fall an Fernanalysen
versuchen. Wir kennen bislang die Motive
nicht, die Beweggründe nicht, die Ge-
schichte dieses mutmaßlichen Täters
nicht, auch nicht, ob er die Opfer rein zufäl-
lig ausgewählt hat. Als psychiatrischer Gut-
achter in Strafprozessen habe ich eines ge-
lernt: Die Suche nach der Wahrheit ist oft
sehr mühsam, sie zieht sich über Monate


hin, bis am Ende der Hauptverhandlung
vielleicht Gewissheit besteht, was einen
Menschen zu seinem Verbrechen brachte.
Trotzdem gibt es wilde Vermutungen.
Das bleibt heutzutage leider nicht aus. Die
Rechten kommen mit ihren Deutungs-
mustern und zeigen mit den Fingern auf
Ausländer; andere würden gern verschwei-
gen, dass der Tatverdächtige Migrant ist.
Die üblichen politischen Denkschablonen
helfen jetzt aber nicht weiter. Die Frankfur-
ter Tat muss sehr gründlich ermittelt, der
Mann sorgfältig begutachtet werden, die
Justiz die Wahrheit darüber suchen, was in
seinem Kopf vorging. Das ist das Prinzip
unseres Rechtsstaats, glücklicherweise.

Oft heißt es ja: Wer ein solch abscheuli-
ches Verbrechen begeht, der müsse krank
im Kopf sein.
Ja, das sind spontane Reaktionen, um sich
das Unbegreifliche erklären zu wollen.
Aber es stimmt nicht. Entgegen der öffent-
lichen Wahrnehmung sind solche Taten ja
sehr selten. Aber wenn sie vorkommen, ist
nicht einfach eine Krankheit schuld oder
die Gesellschaft oder die Migrationspoli-
tik. Die meisten Verbrechen werden nicht
von psychisch Kranken begangen. Und die

meisten psychisch Kranken begehen keine
Verbrechen. Sie sind deswegen auch nicht
von vornherein gefährlich.

EinTäter kann sich ehernicht darauf beru-
fen, er habe nicht gewusst, was er tat?
Die große Mehrheit der Gewalttäter ist
schuldfähig. Viele mögen durchaus starke
psychische Auffälligkeiten zeigen, etwa
durch wiederholtes dissoziales Verhalten,
hätten aber trotzdem entscheiden können,
ob sie jemanden angreifen oder nicht. Bei
den Münchner U-Bahn-Schlägern gab es
eine lange dissoziale Vorgeschichte, und
dennoch hat sie das Gericht für schuld-
fähig erkannt und zu hohen Strafen verur-
teilt, weil sie aus nichtigem Anlass beinahe
einen alten Herrn umgebracht hätten.

Aber solche Auffälligkeiten können die
Schuldfähigkeit beeinträchtigen.
Natürlich, aber das ist psychiatrisch sorg-
fältig nachzuweisen. Man kann niemals
sagen: Weil das Verbrechen so schlimm ist,
muss der Täter seelisch krank sein, oder irr
oder verrückt, wie die Leute dann sagen.
Täter mit psychischen Auffälligkeiten ha-
ben oftmals auch Drogen genommen, die
Kombination ist gefährlich; aber Drogen

scheinen in Frankfurt ja nicht im Spiel ge-
wesen zu sein. Theoretisch denkbar wären
natürlich eine Psychose oder eine schwere
Persönlichkeitsstörung des Täters.

Warum ist das Entsetzen in diesem Fall so
besonders groß?
Weil uns, natürlich, das Schicksal eines
nichts ahnenden Kindes besonders be-
rührt. Weil die Menschen denken: Das
hätte mein Kind sein können, das da liegt.

Weil uns Verbrechen besonders aufrütteln,
die jeden treffen könnten und zu jeder
Stunde – eben weil der Täter nicht spät auf
einem einsamen Weg handelte, sondern
dies in aller Öffentlichkeit geschah.

Islamistische Terroristen wählen belebte
Orte ja bewusst aus, um Angst zu verbrei-

ten, wie beim Anschlag auf den Weih-
nachtsmarkt 2016 in Berlin.
Weil sie Panik verbreiten wollen, ja. Ob wir
hier mit so etwas zu tun haben, wissen wir
aber ebenfalls noch nicht. Ich warne
ausdrücklich vor vorschnellen oder poli-
tisch motivierten Rückschlüssen, was zu
dem Frankfurter Verbrechen geführt
haben mag. Alles ist möglich.

Sie haben Dutzende Menschen begutach-
tet, die schwerer, oft grausigster Verbre-
chen beschuldigt wurden. Gibt es für Sie
auch eine Kategorie wie das Böse?
Ich würde es anders und nüchterner sagen.
Es gibt jedenfalls Tötungsdelikte, die be-
sonders sinnlos erscheinen und die der
Täter nur deshalb begangen hat, weil er ein
brutaler Mensch ist, weil er, wie man
früher gesagt hätte, Mordlust verspürte.
Denken wir an den Münchner Westpark-
mörder, der 1993 einen zufällig vorbeijog-
genden Familienvater erstach. Aber man
muss wirklich jeden Fall einzeln betrach-
ten. Je mehr Menschen ich im Lauf der Zeit
begutachtet habe, desto öfter erkenne ich
die Weisheit des alten Satzes: „Ich weiß,
dass ich nichts weiß.“
interview: joachim käppner

von constanze von bullion
und susannehöll

A


m Frankfurter Hauptbahnhof fah-
ren die Züge wieder regelmäßig, Nor-
malität aber ist längst nicht einge-
kehrt. Am Zugang zu Gleis sieben liegen
Blumen, Grablichter, Kuscheltiere. Fahr-
gäste gehen mit gesenktem Kopf vorbei.
Am Abend versammeln sich Hunderte zu
einer Andacht auf dem Bahnhofsvorplatz.
Dass ein Mann einen achtjährigen Jungen
und dessen Mutter am Montag vor einen
einfahrenden Zug stieß, wühlt die Men-
schen auf, weit über Frankfurt hinaus. Was
bewegt einen Mann, arglose, ihm unbe-
kannte Reisende auf ein Gleis zu stoßen?
Auf die Frage können die Ermittler auch
gut 24 Stunden nach der Tat noch keine
umfassende Antwort geben.
Denn der Verdächtige Habte A., ein ge-
bürtiger Eritreer, schweigt nach Angaben
der Staatsanwaltschaft zu seinem Motiv.
Doch es werden immer mehr Details über
sein Leben bekannt. A. kam nach offiziel-
len Angaben 2006 als Asylbewerber in die
Schweiz, erhielt 2011 Asyl mit einem siche-
ren Aufenthaltsstatus und lebte im Kanton
Zürich. Er ist verheiratet und selbst Vater
von drei Kindern. Der 40-Jährige war laut
den Ermittlern zur Tatzeit nicht betrunken
und stand auch nicht unter dem Einfluss
von Drogen. Überhaupt scheint der Be-
schuldigte über lange Zeit das Gegenteil ei-
nes auffälligen Menschen gewesen zu sein.
Die Mutter und ihren getöteten Sohn, die
aus dem Hochtaunuskreis bei Frankfurt


kamen, kannte er offenbar nicht. So wie
die 78 Jahre alte Dame, die er ebenfalls auf
das Gleis stoßen wollte, erfolglos. Die Frau
stürzte auf den Bahnsteig, kam mit einem
Schock und einer Schulterverletzung da-
von. Die Mutter des Achtjährigen schaffte
es, sich aus dem Gleisbett zu rollen. Der
Junge aber starb noch am Tatort.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat
Haftbefehl gegen den Mann beantragt, we-
gen Mordes und zweifachen Mordver-
suchs. Seine psychische Gesundheit wird
im Laufe des Verfahrens mit Sicherheit un-
tersucht werden. Laut der deutschen Bun-
despolizei, die in Kontakt mit Behörden
der Schweiz steht, galt Habte A. lange Zeit
als gut integriert. „Er ist einer festen Arbeit
nachgegangen“, sagte Dieter Romann, Prä-
sident der Bundespolizei, der am Dienstag
zusammen mit Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) und dem Chef des
Bundeskriminalamts, Holger Münch, in
Berlin vor die Presse trat. Habte A. galt bei
seinem Arbeitgeber, den Verkehrsbetrie-
ben Zürich, als vorbildlicher Mitarbeiter.
In einer Publikation der Förderorganisati-
on SAH Zürich wird er als Beispiel gelunge-
ner Integration dargestellt, er habe „viel
Geduld und Durchhaltewillen“ gezeigt.
Vergangene Woche endete dieses unauf-
fällige Leben. Am Donnerstag bedrohte er

laut den Ermittlern in Zürich eine Nachba-
rin mit einem Messer, sperrte sie, seine
Frau und seine Kinder im Alter von einem,
drei und vier Jahren in der Wohnung ein.
Seither war er verschwunden. Bei einer
Hausdurchsuchung entdeckten die Beam-
ten Unterlagen, wonach der Mann wegen
psychischer Probleme in Behandlung war.
Hinweise auf eine Radikalisierung oder ei-
nen ideologischen Hintergrund fanden sie
nicht. Zuvor war der Mann nur wegen ei-
nes Verkehrsdelikts aufgefallen. Die Öf-
fentlichkeit wurde über die Attacke nicht
informiert, auch nicht darüber, dass er ge-
fährlich sein könnte. A. hatte bis 2019 gear-
beitet, seither war er krankgeschrieben we-
gen seiner psychischen Probleme.
Er wurde zur Fahndung ausgeschrie-
ben, dennoch reiste A. – offenbar ganz le-
gal – nach Deutschland ein. Die Schweizer
Behörden hätten die deutschen Kollegen
nicht über die Fahndung informiert, sein
Name sei in keiner europäischen Daten-
bank registriert, hieß es am Dienstag im
Bundesinnenministerium in Berlin. Zu
asylrechtlichen Verstößen in Deutschland
sei es nicht gekommen, „sodass ich jetzt
aufenthaltsrechtlich keinen Änderungsbe-
darf sehe“, sagte Seehofer.
Bevor es zu einer Anklageerhebung ge-
gen Habte A. kommt, müssen nun etliche
Fragen beantwortet werden. Warum reiste
der 40-Jährige vor einigen Tagen von Ba-
sel aus nach Frankfurt? Handelte er im
Wahn? Ist er womöglich ein Nachahmungs-
täter, der sich andere Bahnsteigschubser
zum Vorbild nahm? Oder hat die Tat etwas

mit dem Anschlag auf einen anderen Eritre-
er im südhessischen Wächtersbach zu tun?
Ein Deutscher, offenbar getrieben von Ras-
sismus, hatte dort kürzlich aus dem Auto
auf einen Eritreer geschossen und ihn
schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter tö-
tete sich anschließend selbst. Nadja Nie-
sen, die Sprecherin der Frankfurter Staats-
anwaltschaft, sagte, für einen Zusammen-
hang zwischen den beiden Taten gebe es
bislang keine Hinweise. Habte A. kommt
nun in Untersuchungshaft, dies entschied
das Amtsgericht Frankfurt.

In Berlin wurde unterdessen deutlich,
wie schwierig es für die Sicherheitsbehör-
den ist, solchen Verbrechen künftig besser
vorzubeugen. Bundesinnenminister See-
hofer sprach von einer „Werteerosion“ in
Deutschland, die er bekämpfen wolle. In
den vergangenen Wochen habe es eine gan-
ze Reihe von Straftaten gegeben, die von
der Belagerung einer Polizeistation durch
bayerische Schüler bis hin zu dem offen-
bar rechtsextremistisch motivierten Über-
griff in Hessen gereicht hätten. Der Fall am
Frankfurter Hauptbahnhof treffe die Ge-
sellschaft „tief ins Herz“, obwohl die Krimi-
nalität insgesamt abnehme. Nötig seien ne-
ben Spitzengesprächen mit der Bahn und
dem Bundesverkehrsminister womöglich
auch Umbauten an den Bahnsteigen.

Diskutiert werden beispielsweise neue
Sicherungssysteme für Bahnsteige, ähn-
lich wie in manchen asiatischen Staaten.
Dort ist die Bahnsteigkante baulich vom
Gleisbett getrennt, mit einer Barriere oder
elektrischen Türen, die sich erst nach Ein-
fahrt des Zuges öffnen. Die Deutsche Bahn
hat bereits abgelehnt: zu teuer. Seehofer
zeigte sich verärgert über diese Reaktion.
Es müsse „vorurteilsfrei“ über bauliche
Neuerungen nachgedacht werden, sagt er.
Auch eine verstärkte Videoüberwa-
chung war Thema. Schon in früheren Jah-
ren, etwa 2016 in Berlin, hatten Kameras
Ermittlern wichtige Hinweise auf einen so-
genannten U-Bahn-Schubser gegeben. Da-
mals stieß ein 28-Jähriger eine Studentin
mit voller Wucht eine Treppe hinunter. Sie
brach sich den Arm und trug eine Platzwun-
de am Kopf davon. Die Aufnahmen wur-
den veröffentlicht, der Täter stellte sich
daraufhin der Polizei.
Die Straftat selbst verhindern aller-
dings können auch solche Kameras nicht.
Dennoch halte er verstärkte Videoüberwa-
chung für sinnvoll, zusammen mit weite-
rer Personalverstärkung bei der Polizei,
sagte Seehofer. „Das Zusammenspiel zwi-
schen Personal und technischen Möglich-
keiten – das ist es, was die Sicherheit für
die Bevölkerung erhöht.“

„Die große Mehrheit der Gewalttäter ist schuldfähig“


Abscheuliche Verbrechen wie in Frankfurt lassen sich nicht einfach durch eine Krankheit erklären, sagt der Psychiater Franz Joseph Freisleder


„Es gibt jedenfalls
Tötungsdelikte,
diebesonders
sinnlos erscheinen.“

Spur nach Zürich


Der Mordverdächtige galt als vorbildlich integriert, vergangene Woche aber soll er in der Schweiz eine erste Gewalttat
begangen haben. Dann verschwand er nach Deutschland. In Berlin debattiert man die Folgen für die öffentliche Sicherheit

Mehrmals stand sie nachts allein vor einer
Haustür und wusste, die Welt der Men-
schen drinnen würde in wenigen Sekun-
den aus allen Fugen geraten: „Wenn die An-
gehörigen dann Details wissen wollen und
du denen das dann schonend beibringen
musst, dir das Bild vom Tatort mit all sei-
ner Grausamkeit noch frisch im Gedächt-
nis ist, das ist hart.“ Die hessische Kripobe-
amtin – deren Geschichte auf einer Fachta-
gung der Friedrich-Ebert-Stiftung erzählt
wurde – schaffte es irgendwann nicht
mehr, Angehörige zu informieren, dass ein
Familienmitglied Opfer eines Verbrechens
geworden sei. Sie suchte eine psychosoma-
tische Klinik auf. Und erzählte den Kolle-
gen, sie fahre in den Urlaub, aus Furcht vor
„Macho-Kommentaren“.
Die Psychologie spricht in solchen Fäl-
len von sekundärer Traumatisierung. Sie
kann Menschen widerfahren, die zwar
nicht selbst Opfer von Gewalt oder Un-
glücksfällen wurden, aber diese miterleb-
ten oder mit ihnen befasst waren, wie Ret-
tungs- und Einsatzkräfte. Die Bilder von
Ereignissen wie dem furchtbaren Gewalt-
verbrechen am Frankfurter Hauptbahn-
hof werden sie wohl nie vergessen; die
Frage ist nur, wie sie mit diesen Bildern wei-
terleben können. Was dort geschah, sagt
Regina Steil, Leiterin der Trauma-Ambu-
lanz an der Goethe-Universität Frankfurt,
„gehört in der Kombination zu jenen Ta-
ten, welche die schlimmsten seelischen Fol-
gen haben können: ein brutaler Akt der Ge-
walt, noch dazu an einem Kind“.

Ein Trauma kann zu einer ausgewachse-
nen Posttraumatischen Belastungsstö-
rung (PTBS) führen. Im Fokus der Notfall-
maßnahmen stehen natürlich die Mutter
des Jungen, die ebenfalls auf die Gleise ge-
stoßen wurde und überlebte, und der Lok-
führer, der nicht mehr bremsen konnte. In
solchen Fällen können die Psychologen
noch an Ort und Stelle vor allem „Schutz
bieten und Nähe“. Aber auch Sanitäter, Feu-
erwehrleute, Polizisten am Tatort sind be-
lastet. Opfer und Augenzeugen verfallen
oft in Dauergrübeln, sagt Steil: „Sie quält
die Frage: Hätte ich noch etwas tun, hätte
ich die Tat gar verhindern können?“
Diese Selbstvorwürfe sind seelisch sehr
belastend und betreffen sogar Menschen,
welche die Tat gar nicht miterlebten, etwa
Bekannte oder Familienmitglieder eines
Täters, dessen Verhalten ihnen zuletzt
merkwürdig vorgekommen war, und die
sich dann vorhalten, nicht rechtzeitig et-
was unternommen zu haben. Manche Be-
troffene schätzen Symptome eines Trau-
mas nicht richtig ein: Konzentrations-
schwäche, Schlaflosigkeit, Vermeidung
von Situationen, die schlimme Erinnerun-
gen auslösen. Hier kann eine Psychothera-
pie vieles heilen, zumindest lindern.
„Eines wissen wir sicher“, sagt die Trau-
maexpertin Steil. „Es hilft Betroffenen, dar-
über zu sprechen.“ Zwar findet man zum
Beispiel in Bundeswehr und Polizei noch
immer die Auffassung, harte Männer (und
Frauen) gingen sicher nicht zum „Psycho-
doktor“. Aber diese Alphatier-Haltung ist
auf dem Rückzug. „In den vergangenen
drei Jahrzehnten hat sich sehr viel getan“,
sagt Regina Steil, gerade Berufe, „deren An-
gehörige einem hohen Traumatisierungs-
risiko ausgesetzt sind, bieten inzwischen
vielfältige professionelle Hilfe an“. Ihr drin-
gender Rat: keinen falschen Stolz zeigen
und diese Hilfe nutzen. Was immer auch
die Mediziner und Psychologen leisten, so
Regina Steil, die Betroffenen „werden ein
Leben lang mit den Folgen konfrontiert
bleiben. Wir können ihnen nur dabei hel-
fen.“ joachim käppner

Hören Sie zu diesem Thema
auchden Podcast.
 sz.de/nachrichtenpodcast

2 1MG (^) THEMA DES TAGES Mittwoch,31. Juli 2019, Nr. 175 DEFGH
Die üblichen politischen Denkschablonen
würden jetzt nicht weiterhelfen, sagt
Franz Joseph Freisleder. FOTO: CATHERINA HESS
Wie umgehen mit dem Grauen? Passanten und Reisende haben am Dienstag im Frankfurter Hauptbahnhof einen kleinen Gedenkort geschaffen. FOTO:HEIKE LYDING / IMAGO
Die Hölle
danach
Auch für Überlebende und Helfer
kann die Tat massive Folgen haben
In einer Publikation seiner Firma
wird der Mann als Beispielfall
gelungener Integration erwähnt
Der Fall treffe
die Gesellschaft „tief ins Herz“,
sagt Seehofer
Selbstvorwürfe können seelisch
sehr belasten, auch Menschen,
die gar nicht am Tatort waren
Das Verbrechen im Frankfurter Hauptbahnhof Der Mann,der Mutter und Kind am Montag vor einen ICE gestoßen hat, ist selbst
Vater dreier Kinder. In das Entsetzen über die Tat mischen sich mehr und mehr Fragen nach dem Motiv des Verdächtigen.
Er schweigt – trotzdem haben die Ermittler einiges über ihn herausfinden können. Der Eritreer hatte lange unauffällig in der Schweiz gelebt

Free download pdf