Süddeutsche Zeitung - 31.07.2019

(Darren Dugan) #1
von sebastian fischer

Z


u den vielen Eigenarten des nicht so
typischen Fußballers Martin Hinter-
egger gehört auch die, dass er sich
lange geweigert hat, ein Smartphone anzu-
schaffen. Die in seiner Branche ausgepräg-
te Suche nach schneller öffentlicher Aner-
kennung gefiel ihm nicht. Es ist deshalb
nicht frei von Ironie, dass ein mit dem
Smartphone gefilmtes Video nun das vor-
erst letzte Kapitel einer Geschichte dar-
stellt, die sich um die Frage dreht, was für
ein Typ dieser Fußballer Hinteregger ei-
gentlich ist. Die Antwort wiederum verrät
etwas über seine Branche: über den Fuß-
ball im Jahr 2019 und den Einfluss von
Fußballprofis auf den Transfermarkt, auf
dem sie selbst gehandelt werden.


Am Dienstag haben sich der FC Augs-
burg und Eintracht Frankfurt nach
wochenlangen Verhandlungen über die
Höhe der Ablöse auf einen Wechsel Hinter-
eggers von Augsburg nach Frankfurt geei-
nigt. Die vorangegangenen Kapitel sind
oft erzählt worden. Der 26 Jahre alte Ver-
teidiger gab im Januar ein Interview, in
dem er seinen damaligen FCA-Trainer Ma-
nuel Baum kritisierte. Das war im Grunde
nicht so dramatisch, doch der Verein war
in Unruhe, und Hinteregger bemühte sich
nicht um Deeskalation. Augsburg suspen-
dierte ihn – und verlieh ihn für die Rück-
runde zur Eintracht, wo er stark spielte,


wegen seiner unprätentiösen Art zum Fan-
liebling aufstieg und ursprünglich auch
gleich bleiben wollte, bevor er zunächst
nach Augsburg zurückkehrte. Es gibt
auch aus der Frankfurter Zeit ein Handyvi-
deo: Hinteregger, wie er in einem Kiosk ge-
meinsam mit Fans ein Lied singt, das sie
für ihn geschrieben haben. Das neue Vi-
deo dürfte nun ähnlich berühmt werden.
„Schick das derKronen Zeitungund
sag, du willst 20 000 Euro“, das hört man
einen Mann zum Urheber sagen. Doch die-
ser entschied sich anders, und deshalb
kann man auf Youtube ansehen, was einer-
seits das Privatleben des Fußballers zeigt,
andererseits unprofessionelles Verhalten:
Hinteregger, wie er betrunken über die
Straße torkelt und von seinem nüchter-
nen Mitspieler Kevin Danso gestützt wird.
Die Augsburger Allgemeine berichtete
über die Szenen, die sich offenbar am
Samstag nach einem Mannschaftsabend
des FC Augsburg abspielten, unweit von
Bad Häring, wo der Klub im Trainingsla-
ger war. Tags darauf fehlte Hinteregger
im Training. Am Mittwoch sollte er den
Medizincheck in Frankfurt absolvieren.
„Es ist viel vom Streiken und vom Provo-
zieren die Rede, das ist aber Schwach-
sinn“, hatte Hinteregger im Trainingsla-
ger gesagt, nachdem er auf einem Mann-
schaftsfototermin gefehlt hatte: „Wenn
ich streiken wollen würde“, so erklärte er
weiter, „da bliebe ich wie Caiuby und Ney-
mar zwei Wochen im Urlaub.“ Dass Fuß-
ballprofis ihre Arbeitgeber dazu zwingen,
ihre persönlichen Karrierepläne zu erfül-
len, ist seit den Wechseln der früheren
Dortmunder Pierre-Emerick Aubame-
yang und Ousmane Dembélé ein meist mit
Empörung kommentiertes Thema. In der
Bundesliga war der frühere Augsburger
Caiuby so ein Fall, gerade ist es Neymar
von Paris St.-Germain. Und Hinteregger?
Er hat nicht gestreikt, aber er hat sich
so verhalten, dass wenig Zweifel daran
blieben, dass er in Augsburg nicht mehr
spielen wollte. Und so ist er auf seine ganz
persönliche Art und Weise zum Beispiel ei-
ner Branche geworden, für die er ur-
sprünglich kein Beispiel sein wollte.

Sao Paulo– Im Ermittlungsverfahren ge-
gen den brasilianischen Weltklasse-Fuß-
baller Neymar, 27, nach einer angeblichen
Vergewaltigung in Paris hat die zuständige
Polizeibehörde in Sao Paulo den Fall abge-
schlossen – ohne hinreichenden Tatver-
dacht. „Ich habe entschieden, aus Mangel
an Beweisen keine Empfehlung für eine An-
klage-Erhebung auszusprechen“, sagte die
leitende Ermittlerin Juliana Bussacos dem
News-Portal UOL. Endgültig entlastet ist
Neymar damit noch nicht, dennoch darf er
hoffen, nicht angeklagt zu werden. Die Ent-
scheidung darüber liegt nun bei einer Son-
dergruppe der Staatsanwaltschaft.
Ein Neymar-Sprecher wollte die jüngs-
ten Entwicklungen nicht kommentieren.
Der Fußballer hatte die Vorwürfe stets be-
stritten und von einvernehmlichem Sex ge-
sprochen. Die Anwälte der Klägerin Najila
Trindade, die mit Neymar ein Treffen am



  1. Mai in einem Luxushotel der französi-
    schen Hauptstadt ausgemacht hatte, glau-
    ben hingegen weiter an die Einleitung ei-
    nes Strafverfahrens gegen Neymar, der


noch bei Paris Saint-Germain unter Ver-
trag steht, den Verein aber verlassen möch-
te und mit einer Rückkehr zum FC Barcelo-
na liebäugeln soll. Das angebliche Opfer
hatte die Nacht in Teilen sowie ein weiteres
Treffen mit Neymar am Tag danach auf ih-
rem Handy aufgezeichnet, das Telefon sei
aber auf mysteriöse Weise aus ihrer Woh-
nung verschwunden, so die Anwälte. Das
in Brasilien lebende Model zeigte den Fuß-
baller nach ihrer Rückkehr Ende Mai in
Brasilien an und bekräftigte ihre Vorwürfe
auch öffentlich im Fernsehen.
Die Polizei von Sao Paulo fand nun keine
ausreichenden Beweise für Trindades Be-
hauptungen. Aus der Krankenakte des Mo-
dels, des Berichts des Gynäkologen und
den Handydaten habe sich keine Grundla-
ge für eine Anklage ergeben. Nach einer An-
zeige von Neymars Vater werde stattdes-
sen geprüft, ob sich die Frau der falschen
Verdächtigung schuldig gemacht hat. Die
Staatsanwaltschaft hat nun 15 Tage Zeit,
um neue Ermittlungen anzuordnen oder
den Fall ad acta zu legen. sid, dpa

FC AUGSBURG

Weggehintereggert


Bielefeld/Hamburg– Der Präsident Oke
Göttlich und der Sportdirektor Andreas
Bornemann hatten die Aufregung rund um
den FC St. Pauli schon vor der Partie bei Ar-
minia Bielefeld einzufangen versucht. Die
Aufregung hatte der Trainer Jos Luhukay
mit seiner Generalschelte für Klub und
Mannschaft einen Tag vor dem ersten
Punktspiel verursacht. Er hatte dem ge-
samten Verein die Professionalität abge-
sprochen. Man solle die „Bequemlichkeit
und Komfortzone in den Müll werfen“, gif-
tete er. Man brauche in allen Mannschafts-
teilen Verstärkung. Bornemann beurteilte
den Appell zumindest öffentlich als „völlig
okay, um wachzurütteln und die Erwar-
tungshaltung zu relativieren“. Göttlich
fand, „diese Ehrlichkeit“ sei wichtig. Wenn
man Verbesserungen anstoßen wolle, „ge-
he das nicht nur mit Nettigkeit“; offene
Worte gehörten dazu.
Wie aber reagierte das Team auf die def-
tigen Aussagen des Coaches, der vielen Pro-
fis unterstellt hatte, sie könnten allenfalls
15 Spiele durchstehen, weil ihre Berufsein-
stellung nicht reiche und sie zu lieb mitein-
ander umgingen? Die Bilanz nach 95 Minu-
ten auf der Bielefelder Alm war ein 1:1 ge-
gen eine starke Arminia. Nicht nur Luhu-
kay urteilte, die durch viele verletzte Spie-
ler geschwächte Mannschaft habe sich „an
der Leistungsgrenze bewegt“. Was indirekt
bedeutet, sie habe eine gute Reaktion auf
seine Abreibung gezeigt.

Also alles gut zwischen Team und Trai-
ner? Diese Einschätzung ist wohl gewagt,
wie die Aussage des Innenverteidigers Mar-
vin Knoll ahnen lässt. Das gehe nicht spur-
los an einem vorbei, tat er kund ob der feh-
lenden Nettigkeit seines Chefs; er liebe die-
se Mannschaft so wie sie sei, sagte Knoll.
Und: „Der Trainer hat eine Meinung, ich ha-
be eine andere.“ Immerhin sei Luhukay

ehrlich, das treffe ja nicht auf alle seine Kol-
legen zu. Außenverteidiger Daniel Buballa
sagte: „Der Trainer ist ein Perfektionist.
Der hätte auch noch etwas auszusetzen ge-
habt, wenn wir 1:0 gewonnen hätten.“ Auf
diese Weise ist Luhukay immerhin schon
mit Borussia Mönchengladbach, Hertha
BSC und dem FC Augsburg in die Bundes-
liga aufgestiegen.
Sportdirektor Bornemann, der mit bis-
lang erst vier Zugängen (drei davon sind
derzeit verletzt) nur mühsam in die Trans-
ferperiode startete, versprach, dass er die

noch rund vier Wochen dauernde Wechsel-
frist nutzen werde, wenn es der Markt her-
gebe. Gleichwohl steht das Verhältnis zwi-
schen ihm und Luhukay nun unter Beob-
achtung. Der Trainer beeilte sich mit der
Botschaft, Bornemann sei von ihm „keinen
Millimeter entfernt“. Ob das Verhältnis
zum Management in vier Wochen noch so
gut ist wie angeblich derzeit?
2016 beim VfB Stuttgart war es nicht so.
Eine deftige Kritik an der Transferpolitik
war der Vorläufer für Luhukays Rücktritt
nach nur 121 Tagen. Damals war er nicht da-
mit einverstanden, dass der VfB-Manager
Jan Schindelmeiser eher Perspektivspieler
verpflichten wollte. An ein solches Szena-
rio habe er diesmal „keine Sekunde“ ge-
dacht, beteuerte Luhukay. Doch seine Vor-
stellung, auch den FC St. Pauli bald in Liga
eins zu führen, hat Luhukay für diese Sai-
son schon aufgegeben. Momentan sei
schon ein neunter Platz wie in der vergan-
genen Saison ein Erfolg, hatte er am Sonn-
tag auch noch wissen lassen.
Dabei hatte in Bielefeld nicht viel zum
Sieg gefehlt. Erst in der 90. Minute köpfel-
te Manuel Prietl einen Eckball von Jona-
than Clauss zum Ausgleich ein. Davor profi-
tierte St. Pauli von einem fabelhaften Kon-
ter in Minute 32 zur 1:0-Führung. Regis-
seur Mats Möller Daehli spielte genau im
richtigen Moment den nach vorn stürmen-
den Christian Joe Conteh an. Der 19-Jähri-
ge umspielte in seinem ersten Zweitliga-

spiel gleich zwei Bielefelder und spitzelte
den Ball ins Netz.
„Da ist ein Traum in Erfüllung gegan-
gen“, schwärmte auch der zuvor so granti-
ge Luhukay von dem Außenspieler, der in
der vergangenen Saison noch in St. Paulis
Regionalliga-Mannschaft spielte.

In der zweiten Halbzeit wurde es dann
knapp für die Hamburger. 20:5 Torschüs-
se und 68 Prozent Ballbesitz standen für
Bielefeld zu Buche. In der 48. Minute prall-
te ein Lattenschuss von Reinhold Yabo
kurz vor der Linie auf. In der 72. Minute
gab Schiedsrichter Dankert einen Elfme-
ter für die Arminia, als Buballa der Ball bei
einem Klärungsversuch an die Hand
sprang. Dankert nahm ihn zurück, als er
sich die Szene auf Vorschlag des Videoassis-
tenten noch mal angeschaut hatte. Erst ha-
be der Ball das Bein berührt, so Dankert,
dann sei er an die Hand gesprungen. Das
sei laut neuer Regel kein Elfmeter mehr.
Die Bielefelder waren trotzdem wütend.
Kapitän Fabian Klos, der das Leder schon
auf den Elfmeterpunkt gelegt hatte, fand
den Pfiff „unbegreiflich“. Marvin Knoll
war’s egal: „Wir haben verteidigt wie die Lö-
wen“, fasste er das Resultat zusammen. Er
wollte es nicht mit der Trainerschelte in
Verbindung setzen. jörg marwedel

von benedikt warmbrunn

München– Dererste Auftritt der neuen
Saison vor eigenem Publikum begann mit
Pfiffen. Der Ball rollte nach mehr als zwei
Monaten wieder in der Münchner Arena,
gleich auch in den Reihen des FC Bayern,
doch jeder Ballkontakt wurde begleitet
von Pfiffen, wie sie in der Arena sonst nur
bei einem 0:2 zur Halbzeit oder einem 0:3
beim Abpfiff zu hören sind. Nun kamen die
Pfiffe nicht vom eigenen Anhang, sondern
von dem des Gegners, von Fenerbahce Is-
tanbul, der zumindest akustisch an die-
sem Abend ein Sympathieplus zu haben
schien. Aber in diesen Wochen der Unge-
wissheit des FC Bayern bleibt als Eindruck:
Es geht gleich wieder unruhig los.

6:1 (5:0) endete am Dienstagabend das
Testspiel gegen Istanbul, und weil die Par-
tie das sogenannte Halbfinale beim soge-
nannten Audi Cup war, darf der FC Bayern
an diesem Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF) das
sogenannte Finale des Vorbereitungstur-
nieres bestreiten. Gegner ist Tottenham
Hotspur, das sein Halbfinale 1:0 gegen Re-
al Madrid gewonnen hatte. Gegen Istanbul
spielte der FC Bayern durchaus flotten Fuß-
ball, doch um Fußball ging es an diesem
Abend nur am Rande, wenige Tage vor
dem ersten Pflichtspiel der Saison, dem Su-
percup am Samstag bei Borussia Dort-
mund. Es ging wie auch schon in den letz-
ten Wochen der vergangenen Saison dar-
um, wie die Stimmung im Klub zurzeit ist.
Und der FC Bayern, der sich am Diens-
tag den eigenen Fans präsentiert hat, ist
weiterhin weit davon entfernt, harmo-
nisch und geschlossen aufzutreten.
Begonnen hatte der Tag mit einer Unru-

he, für die kein Klubmitarbeiter verant-
wortlich war. Nach dem Anschwitzen am
Vormittag hatte ein Mann den Trainings-
platz gestürmt und lautBildTrainer Niko
Kovac an den Füßen gepackt. Die Sicher-
heitskräfte beruhigten die Lage, um 12.15
Uhr wurde die Polizei gerufen und sprach
gegen den Mann einen Platzverweis aus.
Die für das Vereinsklima viel größere
Unruhe verursachte dann kurz vor dem An-
pfiff Karl-Heinz Rummenigge. Der Klub-
boss hat in den vergangenen Monaten kei-
ne Gelegenheit ausgelassen, die Position
des eigenen Trainers zu hinterfragen. Ger-
ne verweigerte er ihm eine Jobgarantie,
gerne erinnerte er auch an das verlorene
Achtelfinale in der Champions League ge-
gen den FC Liverpool. Auf der USA-Reise in
der Monatsmitte hatte Rummenigge sich
dann versöhnlicher gegeben. Zurück in der
Heimat verschärfte er die Tonlage gegen-
über Kovac nun wieder.
Der Trainer hatte dem ZDF am Wochen-
ende gesagt, dass er „sehr zuversichtlich“
sei, dass der Klub Leroy Sané verpflichten
werde, jenen Außenstürmer, um den sich
der FC Bayern seit zwei Monaten bemüht.
„Den möchten wir“, hatte Kovac gesagt.
Und: „Ich gehe davon aus, dass wir ihn be-
kommen können.“ Rummenigge, der zum
Trainingsauftakt an die eigenen Mitarbei-
ter appelliert hatte, sich weniger zu mögli-
chen Transfers zu äußern (um sich dann
selbst fast täglich zuversichtlich zu weite-
ren Transfers zu äußern), sagte zu Kovacs
Zuversicht: „Mir hat die Aussage nicht ge-
fallen. Da mache ich keinen Hehl daraus.“
Er betonte, die Klubführung habe ein gu-
tes Verhältnis zu Ex-Trainer Pep Guardio-
la, der inzwischen bei Manchester City Sa-
né trainiert. Und er erinnerte daran, wie
die Kompetenzen im Klub verteilt sind:
„Der Trainer muss seinen Job machen.“ Ei-
nen Job, der auch nach diesem Dienstag
als nicht sonderlich sicher gelten darf.
Nach dem Abpfiff sagte Kovac auch ange-

messen geknickt: „Ich habe mich bei Pep
entschuldigt, weil ich zu offensiv war. Die
Zukunft wird zeigen, was passiert.“ Er wer-
de sich „diesbezüglich in Zukunft zurück-
halten“.
Noch warten sie in München ja sehn-
süchtig auf einen wuchtigen Zugang für
die Offensive; Kovacs Aussagen standen
auch dafür, wie sehr sie sich im Klub Sané
wünschen. Wie um zu demonstrieren, dass
er weiter neue Spieler fordert, verzichtete
Kovac gegen Fenerbahce in der Startelf auf
Zugänge; Benjamin Pavard und Jann-Fiete
Arp saßen auf der Bank, Lucas Hernández,
der 80-Millionen-Euro-Mann, ist noch
nicht fit. Die Startelf sah stattdessen so
aus, wie auch jene am Samstag gegen Dort-
mund aussehen könnte. Kovac vertraute
dabei auf zwei Spieler, die noch vor weni-
gen Wochen den Verein verlassen wollten:
auf Innenverteidiger Jérôme Boateng und
Mittelfeldspieler Renato Sanches.
Zumindest diese Elf zeigte dann einen
geschlossenen Auftritt, routiniert und ball-

sicher und doch stets zuversichtlich legte
sie sich die Abwehr von Fenerbahce zu-
recht, wobei diese Abwehr sich gelegent-
lich auch selbst auseinandernahm. San-
ches (22.), Leon Goretzka (28.), Kingsley Co-
man (40.) sowie dreimal Thomas Müller
(31., 44., 58.) trafen zum Sieg der Bayern.
Müller war in der 20. Minute ins Spiel ge-
kommen, weil Serge Gnabry angeschlagen
ausgewechselt werden musste; diesen
Wechsel bezeichnete Kovac als „Sicher-
heitsmaßnahme“. Bei allen Toren des Gast-
gebers feierte das Münchner Publikum üb-
rigens angemessen laut. Den Ehrentreffer
für Istanbul erzielte der frühere Bremer
Max Kruse (64.).
Nach einer knappen Stunde wechselte
Kovac dann die ersten Zugänge ein, den
französischen Weltmeister Pavard für die
Abwehr und den Neuseeländer Sarpreet
Singh für den linken Flügel – für die Positi-
on also, auf der so viele im Klub sich Leroy
Sané wünschen, auch wenn sie sich dazu
nicht mehr zuversichtlich äußern dürfen.

München– Esdauerte nicht lange, bis Me-
gan Rapinoe auf ihre Art reagierte. Die Fuß-
ballerin ist in diesem Sommer, in dem sie
mit dem Nationalteam der USA die WM ge-
wann, mit gesellschaftspolitischen Stel-
lungnahmen aufgefallen. Und das Thema,
das US-Fußballpräsident Carlos Cordeiro
in einem am Montag (Ortszeit) veröffent-
lichten Brief ansprach, betraf eine ihrer
Kernangelegenheiten: gleiche Bezahlung.
Rapinoe veröffentlichte auf sozialen Medi-
en ein Kurzvideo, auf dem sie sich im be-
gehbaren Schuhschrank ihrer Partnerin,
der Basketballspielerin Sue Bird, filmt und
mit den Augen rollt. Dazu schrieb sie: „’Sie
bekommen tatsächlich mehr bezahlt’ – der
Sue-Schrank wäre größer, wenn das der
Fall wäre, glaubt mir das.“


Das hatte Cordeiro in seinem Brief ge-
schrieben: Der Fußballverband der USA ha-
be dem Nationalteam der Frauen in den
vergangenen Jahren mehr Geld bezahlt als
dem der Männer – entgegen der Darstel-
lung der US-Nationalspielerinnen. Zwi-
schen 2010 und 2018 hätten diese insge-
samt 34,1 Millionen Dollar (knapp 30 Milli-
onen Euro) an Gehalt und Spielboni erhal-
ten. Den Männern seien in diesem Zeit-
raum 26,4 Millionen Dollar (knapp 24 Milli-
onen Euro) bezahlt worden. In diesen Leis-
tungen seien keine Gelder enthalten, die
nur Frauen zum Beispiel für die Gesund-


heitsversorgung bekommen. Auch führt er
Investitionen des Verbandes in den Profi-
und Nachwuchsfußball der Frauen auf.
Die mit vier olympischen Goldmedail-
len und seit diesem Sommer vier WM-Ti-
teln weitaus erfolgreicheren Frauen wür-
den nicht mehr Umsatz generieren, heißt
es außerdem. Von 2009 bis 2019 hätten die
Nationalspielerinnen in 238 ausgetrage-
nen Partien 101,3 Millionen Dollar einge-
bracht, bei den Männern kamen im selben
Zeitraum 185,7 Millionen Dollar in 191 Spie-
len zusammen. „In den kommenden Wo-
chen werden wir uns auf die Vorbereitung
der Mediation und die Lösung dieser Ange-
legenheit im besten Interesse des National-
teams und des Verbandes vorbereiten“,
schreibt Cordeiro. Er sei ermutigt von den
öffentlichen Kommentaren der Spielerin-
nen, „die ihren Wunsch nach einem koope-
rativen Ansatz zum Ausdruck gebracht ha-
ben. Ich bleibe optimistisch, dass wir Ge-
meinsamkeiten finden können“.
Im März hatten 28 Nationalspielerin-
nen eine Sammelklage wegen „institutio-
nalisierter geschlechtsspezifischer Diskri-
minierung“ eingereicht und eine ungerech-
te Entschädigung im Vergleich zu den Män-
nern angeprangert. Beide Seiten hatten
sich außergerichtlich auf eine Beilegung
der Klage geeinigt. Die Reaktion der Betrof-
fenen auf den Brief klang nun aber nicht
nach Einigung. Molly Levinson, eine Spre-
cherin des Frauen-Nationalteams, nannte
Cordeiros Brief einen „traurigen Versuch,
die überwältigende Flut der Unterstüt-
zung zu unterdrücken“. Die verwendeten
Zahlen seien falsch, der dem Brief anhän-
gende Finanzüberblick sei „keine Klarstel-
lung. Er ist eine List“. Der Verband habe zu-
gegeben, die Frauen nicht gleich zu bezah-
len und „nicht einmal daran zu glauben,
dass die Frauen es verdienen, gleich be-
zahlt zu werden“. Sollte der Verband einer
wahrhaftig gleichen Bezahlung nicht bei
der Mediation zustimmen, sehe man sich
vor dem gesetzlichen Gericht – und dem
der öffentlichen Meinung. anna dreher

Es geht nicht nur mit
Nettigkeit:St. Paulis
Trainer Jos Luhukay
hat seine Profis
schon vor dem ersten
Punktspiel kritisiert.
FOTO: THOMAS STARKE / GETTY

Ein Rüffel zur Begrüßung


Der FC Bayern gewinnt das Testspiel gegen Fenerbahce Istanbul 6:1, kommt aber weiter nicht zur Ruhe:
Klubboss Rummenigge kritisiert Trainer Kovac, weil dieser sich zuversichtlich zu einem Transfer äußert

„Mangel an Beweisen“


Vergewaltigungsvorwurf: Neymar wird wohl nicht angeklagt


Auferstanden aus dem Hausmüll


Beim 1:1 in Bielefeld zeigt St. Pauli eine Reaktion auf die Pauschalkritik von Trainer Luhukay – beendet ist die Debatte nicht


Serge Gnabry muss
nach 20 Minuten angeschlagen
ausgewechselt werden

„Eine List“


US-Fußballerinnen werfen ihrem Verband Zahlenfälschung vor


„Wir haben verteidigt wie
die Löwen“, sagt Marvin Knoll

DEFGH Nr. 175, Mittwoch, 31. Juli 2019 (^) SPORT 1MG 25
Martin Hinteregger. FOTO: SILAS STEIN / DPA
Schlusspunkt: Münchens dreifacher Torschütze Thomas Müller (links) macht mit dem Treffer zum 6:0 das halbe Dutzend Tore voll. FOTO: REVIERFOTO/IMAGO
Sechs Tore und keins von Robert Lewandowski: Münchens Torjäger tat sich am
Dienstagabend schwergegen Istanbuls Abwehr um Mauricio Isla. FOTO: M. HANGST/GETTY
US-Fußballerin Megan Rapinoe. FOTO: AFP

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