Süddeutsche Zeitung - 30.07.2019

(C. Jardin) #1
:

E


igentlichweißjeder,dassLate-Night-
HostswieHaraldSchmidtoderJan
Böhmermannnurdeshalbsolustig
seinkönnen,weilsieimHintergrundein
ganzesTeamanAutorenhaben,diefürsie
dieGagsschreiben.Dochmeistbleibendie-
seWitze-AutorennurimHintergrund.An-
dersistesbeiRalfKabelka.Der54-Jährige
hatnichtnurfüralleGroßengeschrieben.
Erwarauchimmerwiederselbervorder
Kamerazusehen.EtwaalsfiktiverCDU-
PolitikerUdoBrömmeindenEinspielfil-
mender„HaraldSchmidtShow“.Oderfür
OliverWelkes„Heute-Show“,fürdieerden
BernerSVP-PolitikerErichHessvorführte.
NachderSommerpausewechseltKabelka
vonBöhmermanns„NeoMagazinRoyale“,
daservonAnfanganmitgeprägthat,zu-
rückzur„Heute-Show“.Esistalsoander
ZeitfüreinGesprächüberdenWandeldes
Fernsehhumors.

SZ:SiehabenfürsovieleLate-Night-For-
mateundComedy-Programmegeschrie-
ben.Siesind...
RalfKabelka:...derDoyendesBillig-
humors!

...eineprägendeFigurdesFernsehhu-
mors.SiehabenschonfürHarald
Schmidtgearbeitet,alsernochPolenwit-
zemachte.
DaswarindenNeunzigerjahren.Dagabes
dasstarkeBedürfnis,Grenzenneuauszulo-
ten.Dazugehörteauch,zotigzuseinund
sichvommoralischenundzeigefingerhaf-
tenKabarettabzugrenzen–entweder
albernenGagakramzumachenodermit
bestimmtenKonventionenundTabuszu
brechen,sprichPolenwitzezumachen.
AusdieserZeitgibtesdenberühmtenAus-
spruchvonWigaldBoningaufdieFrage,
wasihmpeinlichsei,dasagteersinnge-
mäß:dasKabarettvonDieterHildebrandt.
BoninghatsichspätervondiesemAus-
spruchdistanziert.Aberichglaube,so
dachtendamalsviele.

HaraldSchmidtmeintekürzlich,erhät-
teseineShownachheutigenMaßstäben
derPoliticalCorrectnessbereitsnachei-
nerWochewiedereinstellenmüssen.
Undichkönntemichbeömmeln,dasser
jetztvondenrechtenEierköpfendafürge-
feiertwird!DiepolitischeKorrektheitals
KampfbegriffderRechtenkanntenwirin
denNeunzigerjahrennochnicht.Aberes
gabauchdamalsgewisseTabus.Wirha-
benesdanntrotzdemgemacht–imBe-
wusstseinoderderHoffnung,dieLeute
würdenverstehen,dassesnichtausder
rechtspopulistischenodergarrechtsextre-
menEckekommt,wennwireinenPolen-
witzmachen.

WashatSiesosichergemacht,dassdie
Witzenichtfalschverstandenwerden?
WirwarenderAnsicht,manhättejetztso
langedarübergeredet,woderFeindsteht,
wasgutundböseist,dassalleBescheidwis-
sen.DeshalbkonntenwirmitdenGrenzen
spielen,Ausländerfeindlichkeitundxeno-

phobeKlischeesvorführen,indemmansie
aussprichtundübertriebenklarbenennt.
Dasistetwas,washeutenichtmehrginge.
WirlebenineinerZeit,inderdieRechte
starkistundernstmeint,worüberwir
damalsunsereWitzemachten.

EsgabbeiHaraldSchmidtauchNum-
mern,indenenFrauenzugeschrieben
wurde,sieseienLuderoderSchlampen.
Derzünftigere,etwasversautereHumor,
dermitsolchenKlischeesspielt,wirkt
heute–auchnach#MeToo–wahnsinnig
altbacken,wieeinmuffigerAltherrenwitz.
GeradebeiBöhmermannhörtmanheute
nochdaseineoderandereMalrelativdeut-
lichvonunsererKolleginGiuliaBecker,
dasseijetztwiedertypischsoeineolleMän-
nerkiste.WirMännergelobenaberBesse-
rung.Immerwieder.

BeiHaraldSchmidtwurdedielesbische
TV-ModeratorinBettinaBöttingermal
miteinemToilettensitzverglichen.
WirhattenvierBildergezeigt,darunterei-
neFlascheEierlikör,eineAusgabevonAli-
ceSchwarzersEmma,eineKlobrilleund
BettinaBöttinger.Undwirfragten,wasdie
vierSujetsgemeinsamhaben.

KeinMannwürdesiefreiwilliganpa-
cken,wardieAntwort.
AuchdasgehörtezuunseremSpiel,wasda-
malsalsBefreiungempfundenwurde,weil
gleichzeitigimmerklarwar,wieesge-
meintist.

AberdannkamBettinaBöttingerindie
„HaraldSchmidtShow“...
...undsagte:„Ichfindedaskomplettschei-
ße.“DaswarTeildesLernprozesses.Klar,
esgabdamalsReaktionenvonHarald-
Schmidt-Fans,diesagten,„dasiehstdu
malwieder,diekannkeinenSpaßverste-
hen“.Aberesgabauchandere,diesagten,
„siehateinenPunkt“.DieBöttinger-Num-
meristeinsehrgutesBeispieldafür,was
damalsgingundgemachtwurde–und
heutenichtmehrvorstellbarist.

BeiHaraldSchmidtschriebennurMän-
nerdieWitze.

EinmalwurdeeineAutorineingeladen,die
wardanndabeiindenKonferenzen,und
wennjemandwiedereinenzotigeren
Scherzmachte,gucktemanetwasverstoh-
lenrüber,wiedieKollegindamitumgeht.
DaswarenersteputzigeVersuche,sichzu
öffnen.AberimGrundewardaseineMän-
nerrunde,diemitderSituationnochnicht
sorichtigumgehenkonnte.

Auch20JahrespäteristdieComedyvon
Männerngeprägt.
EsisttatsächlichnocheinweiterWeg,bis
esindenRedaktionenderFernseh-Come-
dyparitätischzu-undhergeht.Aberso-

wohlbeiBöhmermannalsauchbeider
„Heute-Show“vonOliverWelkehatsichin
SachenGleichberechtigungetwasgetan.
Wenndassoweitergeht,habenwirbaldei-
neHammer-Frauenquote.

IndenletztenJahrengibteseinestarke
RepolitisierungundMoralisierungder
Satiresendungen.Warum?
Ichglaube,esgibtbeimPublikumeinBe-
dürfnisnachVerortung.Auchbedingt
durchdieneuenMedien.DieZuschauersa-
gen:„WirverlangennachEinordnung.“
DiesesAngebotmachenseiteinigenJah-
rendiewindigenGestaltenvonComedy
undSatire.

DieZuschauerwollendas?
DieLeutefindenesgut,wennwirihnensa-
gen,woderFeindsteht,worübermanjetzt
malredensollteoderwaseinvollkomme-
nerScheißist.DasisteineHaltung,diegab
esinderFormbeiHaraldSchmidtnicht.

HaraldSchmidtgaltalsZyniker.
Daswarüberhauptnichtunpolitischge-
meint,abermansolltesichmitnichtsund
niemandemgemeinmachen.Heutzutage
sinddieComedy-Hostseherdazubereit,
sichzupositionieren.DaszeigtauchderEr-
folgvonJohnOliverundTrevorNoahvon
der„DailyShow“indenUSA.OdervonSte-
phenColbert,dersichregelrechtauf
Trumpeingeschossenhat.DieseBereit-
schaft,sichzupositionieren,gibtesauch
beiOliverWelke,abernochvielstärkerbei
JanBöhmermann.

BöhmermannistaucheinKindderneu-
enMedien.
ErbewegtsichindieserWeltwieeinFisch
imWasser.AufTwitterundCo.gehörtes
einfachdazu,sichzupositionieren.Und
dassetztBöhmermannimFernsehenfort.

AuchSieführenmanchmalPolitikervor.
Stimmt,ichspielejagernemaldasArsch-
loch.

Wiebitte?
Ja,amschlimmstenfindeich,wennesku-
scheligwird.Alsowennmanfürdie„Heute-
Show“unterwegsistundeineneinerder
deutschenFDP-Vorsitzendengrüßt.Wenn
essoklebrigwird.Ichzweifledannimmer
anmeinemBeruf.Aberinzwischenkennt
mandiePolitiker,dieaufeinenzugerannt
kommen,sonachdemMotto:„Dawerde
ichsoköstlichveräppelt,dasträgtdazu
bei,dassichsympathischrüberkomme.“
DennselbstverständlichwissendiePoliti-
ker,waswirfüreinSpielmitihnentreiben
wollen.

Politikerversuchen,Siezuinstrumenta-
lisieren,alsWasserträgerzunutzen?
Ja.AlsichindenneunzigerJahrenalsfal-
scherCDU-PolitikerUdoBrömmefürdie
„HaraldSchmidtShow“unterwegswar
undaufechtenCDU-Veranstaltungen
Wahlkampfmachte,konntenwirdieLeute
nocheineZeitlangindieIrreführen.Heu-
te,imYoutube-Zeitalter,istdasfastun-
möglich.Alsichfürdie„Heute-Show“auf
einemCDU-Parteitagauftretenwollte,
hieltesderdamaligeParteisekretärPeter
Tauberfürtotallustig,unsererShoweinen
eigenenPressecountereinzurichten,wo
wirunsereAkkreditierungabzuholenhat-
ten.SelbstverständlichhatTauberdas
auchgleichaufTwittergepostet.

Istdochlustig,wenneinPolitikermal
denSpießumdreht!
Naja,dasisthalteinedergroßenGefahren
desErfolgs:dassessoeineeinverständige
Angelegenheitwird.Dasisteineungute
Entwicklung,damussmangegensteuern,
dennmeineErfahrungist,dassdiebesten
Filmejenesind,indeneneszumStreit
kommt,dieLeuteempörtsindundeseine
gewisseAggressiongibt.

SiehabenmalineinemClownskostüm
eineKundgebungderAfDzueinemKar-
nevalsumzugerklärt.
DaswareinesteileNummer.Ichhatte
nichtimTraumdarangedacht,dassichda
schonbaldvoneinemMobumgebensein
würde,dermichanschrie:„Lügenpresse!“
Ichwurdeauchtätlichangegriffen.Dashat-
teichinderFormvorhernochnichterlebt.
DaswarzueinerZeit,alssichdieAfDgera-
deradikalveränderte.Ichwarvorherbe-
reitsaufAfD-Parteitagen,zurZeitvon
FraukePetryundBerndLucke.

HeuteistdieAfDeineanderePartei?
Ja.DamalssahmaninderAfDnochdiePar-
teiderTweedjackentragendenBesserwis-
ser,alsoüberwiegendältereHerrschaften,
diedenEuroablehnten.AberaufderDe-
mo,dieichalsClownbesuchte,waren
plötzlichRechtsextrememitSS-Runenam
Hals.Journalistenkollegenkanntendiebe-
reitsvonNPD-Kundgebungen.Dasah
man,wieweitnachrechtsdieAfDbereits
gerücktwar.UnddiesenRechtsruckhabe
ichdannquasikörperlicherlebt.

EinerderAfD-Demonstrantenbe-
schwertesichdamals,dassersichnicht
ernstgenommenfühlte.ArbeitenSie
nichtdenFalschenzu,wennSiemitIh-
renAktionendenHassnochschüren?

EsistnatürlichimmereineGratwan-
derung.HaraldSchmidthateinmalden
schönenSatzgesagt,dasseseineFrageder
Gehaltsklasseist,obmanaufjemanden
eintretensoll.Sprich:Jemanden,deram
Bodenliegtunddersichnichtwehren
kann,führtmannichtvor.Imkonkreten
FallwareseinUnternehmer,dersichauf
derAfD-Demoübermichbeschwerte.Und
wirdrehenjanichtmitversteckterKame-
ra:Wennjemandaufmichzukommtund
eineklarepolitischeMeinunghat,dieer
mirinsMikrofondiktierenwill,undwir
haltendasfürskurril,dannfindeicheslegi-
tim,daszuzeigen.

HabenSienieZweifel,zuweitzugehen?
IchsehedieGefahr.AberalsAußenrepor-
terbinichJägerundSammler,daschieße
ichauchmalübersZielhinaus,dasräume
ichselbstkritischein.Aberdafürhabenwir
dannauchdieRedaktionen,dieentschei-
den,obwiretwassendenkönnen.Zudem
gibtesetwadenZDF-Fernsehrat,dernach
BeschwerdenübermeinenAfD-Beitragbe-
findenmussteundihnokayfand.EinNach-
spielhattemeinAuftrittimClownskostüm
trotzdem:Einer,dermichschubste,war
KandidatfürdenBerlinerStadtratund
wurdemitHinweisaufmeinenBeitrag

nichtgewählt.Esgabalsodochnocheinen
kleinenErfolg.

VieleSatire-Formateversuchensichan
unmittelbarpolitischerWirkung.
Ichfindeesimmerambesten,wennetwas
einfachpassiertundmanesgarnichtdar-
aufanlegt.SowardasauchbeiBöhmer-
mannsSchmähgedichtüberErdoğan.Es
warnichtunserZiel,mitdiesemGedichtei-
neStaatskrisezwischenDeutschlandund
derTürkeiherbeizuführen.Soetwaszupla-
nen,istgarnichtmöglich.Andersverhält
essichbeidemVaroufake.

AlsBöhmermannerklärenmusste,der
StinkefingerdesgriechischenFinanzmi-
nistersYanisVaroufakisseieinFake.
Natürlicherhofftmansich,dassdieKonfu-
sionanhält,wasnunFakeist–undwas
nicht.DochdieMöglichkeitenderSatire
sindimmersehrbegrenzt.

TaugtSatirealsNews-Ersatz,weilsie
besserinformiertalsdietraditionellen
Medien?

SatirekanndieherkömmlichenInformati-
onssendungenaufkeinenFallersetzen.Un-
seridealeZuschaueristeiner,dersichver-
nünftiginformiert.Sprich:Zeitungenliest,
dieokayenFernsehnachrichtenoderMaga-
zineschaut.AuchindenNetzwerkengibt
esguteSachen.Wirsindalsodaraufange-
wiesen,dassdieZuschauerschoneinWis-
senmitbringen.FernsehenistArbeit,vor
allemfürdieZuschauer!Wirsehenaberan
denAbrufzahlendereinzelnenBeiträge,
dasssichZuschauerfürThemenwieetwa
dieSteuerkarusselleinteressieren.

DasistjetztnichtunbedingteinThema,
dasjüngereZuschauersonstimNetzzu
faszinierenscheint.
UnsereErfahrungenzeigenaber,dassesof-
fensichtlichgeradebeijüngerenZuschau-
erneinBedürfnisgibt,sichübersolche
ThemenGedankenzumachen.DieCome-
dyistdannwiederZucker,derdenharten
InfostofffürdieZuschauerbekömmlicher
macht.OderwieeinZugangzueinemThe-
mamöglichist.Dasklingtjetztso,alswä-
renwirvonderBundeszentralefürpoliti-
scheBildungbeauftragt,dieLeutezube-
lehren.Aberesisthaltso,wirkommenaus
derWeltdesJournalismus:JanBöhmer-
mannhateinejournalistischeVorbildung,
ichauch–wievieleandereAutorenvon
Satiresendungen.DassmanBockhat,sich
vermehrtuminhaltlicheThemenzuküm-
mern,istvielleichtaucheineReaktionauf
dieNeunzigerjahre,alsmanrelativbillige
Comedy-Sachenmachte.

InzwischenwirdBöhmermannfastalles
zugetraut,selbstdasserdasStrache-Vi-
deoinAuftraggab,dasdieösterreichi-
scheRegierungzuFallgebrachthat.
DashatJanBöhmermannsichwirklich
harterarbeitet,etwadurchdieVaroufake-
Geschichte.Böhmermannwurdezuletzt
auchnochdurchdendamaligenösterrei-
chischenVizekanzlerHeinz-ChristianStra-
chegeadelt,derinseinerRücktrittsrede
vorversammelterPressesagte,ermöchte
wissen,welcheRolleHerrBöhmermannin
derAffäregespielthat.DahatStracheinsi-
nuiert,wirhättenmitderSacheetwaszu
tun,wasnichtderFallwar.Oderdoch?Uns
hatesselbstverständlichSpaßgemacht,
mitdieserErwartungzuspielenundden
VerdachtinderSchwebezuhalten.

BöhmermannkanntedasStrache-Video
vorderPublikation,wieerinseinerDan-
kesredebeimösterreichischenFernseh-
preisdeutlichmachte.
Ja,ichfindeesabergut,dassesschließlich
dieSüddeutscheZeitungundderSpiegel
waren,diedasVideoveröffentlichten.Da
hatmandannauchgesehen,wasalles
dazugehört,umeinsolchesVideounddie
dazugehörigeGeschichteseriöszuwup-
pen,alsozuüberprüfen,oballeswasser-
dichtist.

AproposSeriosität:Kürzlichhabeich
aufInstagramgesehen,wieSiebeieiner
KonferenzvonJanBöhmermannauf
denTischgestiegensindundsich...
...einKondomüberdenFußgezogenha-
ben.AlsHaushaltstippgegenSchweißfü-
ße,damitmandieSockenlängertragen
kann!DasistnatürlichabsoluterGaga-
Quatsch,aberdannauchwiedereinTeil
meinerPersönlichkeit,vielleichteindunk-
lerer,dasweißichnicht.Aberdeswegen
habeichdenBerufdesComedy-Autorsja
auchgewähltunddenKarrierewegeines
seriösenJournalistenverlassen.

SiewarenfastzehnJahreRedakteurbei
„Fazit“,einerhochwertigenKultursen-
dungdesDeutschlandradios.
DashatauchwahnsinnigvielSpaßge-
macht.Aberbereitsinder„Fazit“-Zeitha-
beichfürHaraldSchmidtGagsgeschrie-
ben,eigentlich,seitesseineShowgab.
Schondawarklar,dasszweiHerzeninmei-
nerBrustschlugen.SoDoktor-Jekyll-und
Mister-Hyde-mäßig:Tagsüberhabeich
demKulturjournalismusgefröntundin
derNachtdasdunkleComedy-Handwerk
betrieben.DasistwohlmeinNaturell:Inei-
nerWochebeschäftigeichmichfürBöh-
mermannmitdenSteuerkarussellen,in
dernächstenmachtesSpaß,sicheinKon-
domüberdenFußzuziehen.Nuraufderei-
nenoderanderenSpurunterwegszusein,
istnichtgutfürmeinenSeelenhaushalt.
IchhabedasgroßeGlück,dassichmeinen
beidenNeigungenfreienLauflassenkann
unddafürauchnochgutGeldbekomme.
UndsolangemeineKollegennichtsagen,
„OhGott,istdaspeinlich,gehnachHau-
se!“,unddas,wasichtue,sogarerwünscht
ist,bleibtallesgut.

„Heutzutagesinddie
Comedy-Hostseherdazu

bereit,sichzupositionieren.“


„Schmidtsagte:‚EsisteineFrage


derGehaltsklasse,obman


aufjemandeneintretensoll.‘“


„ComedyistwieZucker,


derdenhartenInfostoff


bekömmlichermacht.“


Ach,diearmeLindaMcCartney.Alssie
nochlebteundalsdauerbelächelte
HintergrundmusikerininderBand
ihresMannesmitspielte,kursierteder
MitschnitteinesKonzerts,beidemein
gemeinerTontechnikernurihreGe-
sangsspuraufgenommenhatte:ein
ton-undziellosesGepiepe,dasmitden
SongsvonPaulMcCartneybestenfalls
amRandezutunhatte.DassPaulMc-
CartneyseineFrausosehrliebte,dass
ersieauchaufderBühneständigan
seinerSeitewissenwollte,konnten
seineFansniesorechtverstehen,Texte
undGesprächeüberLindaMcCartney
warenreineHäme-Festspiele.
starbsiemitgerademalMitte50.Ein
halbesJahrspätergedachtePaulMc-
CartneyseinerFrauaufdiefürihndenk-
barstimmigsteWeise:Erveröffentlich-
teeinposthumesAlbummit16Liedern,
diesieüberdieJahreaufgenommen
hatte,meistensmitseinerUnterstüt-
zung.UndleideristkeinsderLiederauf
„WidePrairie“besondersgut,gemein-
samquakenundquäkensichLindaund
PauldurchbanaleRefrains,schunkli-
gesCountry-GeplunkerundKlassiker
ausihrerJugend(„MisterSandman“,
„PoisonIvy“).Aberauchwennmansich
dasallesnichtgutmehrmalsanhören
kann,soistdiesesAlbum,auchinder
neuaufgelegten„DeluxeEdition“,doch
eines:eineigenwilligesSymbolgroßer
LiebeüberdenTod
hinaus.Wersosehr
liebt,dasserauch
imGequakeseines
Lebensmenschen
nurWertvolles
hört,derliebtwirk-
lich.

EineWiederentdeckungwert:„
JacksonHighway“,dasAlbum,dasCher
vorgenau50Jahrenveröffentlichte.Es
erscheintjetztineiner„50thAnniversa-
ryEdition“.Damals,1969,ginggerade
nichtvielbeiCherilynSarkisian,sie
hattezwarmitihremMannSonnyBono
MillionenvonPlattenverkauftund
auchsoloHitsgehabt,aberEndeder
60er-Jahrewusstesienichtrecht,wie
dernächsteSchrittaussehensollte.Sie
tat,wasvieleindieserSituationtun:Sie
nahmeinAlbummitCoverversionen
auf.LauterSongs,dieheutealsKlassi-
kergelten,damalsaberbrandneuwa-
ren,darunterOtisReddingszweiJahre
altes„(Sittin’On)TheDockoftheBay“,
„IWalkonGuildedSplinters“,dasDr.
JohneinJahrzuvoraufseinemDebütal-
bumgesungenhatte,undgleichdrei
SongsvonBobDylan,diedergerade
erstauf„NashvilleSkyline“veröffent-
lichthatte.Damalsalsosehraktuell,
sehrgutinderZeit.DieKritikerfeierten
dasAlbum,dieKäuferbliebenaus.
Pech.Dafüristesverblüffendgutgeal-
tert.DieabgehangenenSoul-Grooves
legensichvielbesserunterChersdunk-
lesTimbrealsalldasBreitwandpop-
undDance-Geböl-
ler,mitdemsiedie
80er-und90er-Jah-
replattmachte.
UndihreStimme
kamnochganz
ohneComputerver-
fremdungaus.

NocheineNeuauflage:BrianEnosAm-
bient-Album„Apollo:Atmospheres&
Soundtracks“erscheintnach36Jahren
nochmalineineraufpoliertenund
erweitertenVersion.Entstandenistes,
weilEnodieMusikfüreinenDokumen-
tarfilmüberdasApollo-Mondpro-
grammproduzierte.DerFilmfunktio-
niertedannnichtsorichtig,wurde
mehrmalsumgeschnitten,aberEno
konntedasegalsein,erwarohnehin
schonzudemübergegangen,wasim-
merwiedergernals„Filmmusikohne
Film“beschriebenwird.Sphärische
Akkorde,Synthesizerflächen,maldüste-
rer,mallichtreicher.DasProbleman
EnosAmbient-Alben–wieamgesam-
tenGenre–istnatürlichdasewige
Kennste-eine-kennste-alle.„Apollo“
hebtsichvonderMasseimmerhinda-
durchab,dassDanielLanois(mitdem
EnospäterU2produzierte)hierundda
einbisschengefälligeCountry-Gitarre
spielt.Aberganzehrlich,guttutdasder
Musiknicht,dieErgebnisseklingenwie
etwas,wasDavidGilmourbeiPink
Floyddiskrethätte
vomBandlöschen
lassen.Dannlieber
gleich„Musicfor
Airports“oder„Mu-
sicforFilms“,die
wirklichguten
Eno-Alben.

ZuletztnocheinBest-of:ZZTopfeiern
ihr50-jährigesBestehenundhaben
gerade„Goin’50“veröffentlicht.Nicht
eineinzigesneuesLieddabei,allesalte
Kamellen,abereinguterEinstiegfür
Menschen,diewissenwollen,wasdie
dreiTexanerjenseitsihrergroßenHits
sogemachthaben.IhreKlassikeraus
den80er-Jahrenlaufenbisheutetäg-
lichimVerkehrsmeldungsradio.Dabei
hatdasTrioindenJahrzehntendavor
unddanachdieweitausspannendere
Musikaufgenommen:erstzehnJahre
langeinmaligklapprigenBlues/Pop/
FunkmitvielMutzumExperiment,
spätereineneigenwilligenBlues-Rock,
deresschafft,soverschiedeneWelten
wieTomWaitsund
AC/DCzuverbin-
den.Klingtinsei-
nenbestenMomen-
tenwieVoodoo-Par-
tysineinerAuto-
werkstatt.Groß!


DerAutor,Komikerund
JournalistRalfKabelka,
Jahrgang1964,
wurdebekanntdurch
seineRolleals
„Dr.UdoBrömme“inder
„HaraldSchmidtShow“
undals„Lügenclown“auf
einerAfD-Demonstration.
FOTO:IMAGO

„Sagen,woderFeindsteht“


RalfKabelkaschreibtschonlangeGagsfürdieGroßenderLateNight:Schmidt,Böhmermann,


Welke.Nichtalleswürdeernocheinmalsomachen.EinGesprächüberdieGrenzendesTV-Humors


10 HF2 (^) FEUILLETON Dienstag,30.Juli2019,Nr.174 DEFGH
SternstundeoderTiefpunktderTV-Unterhaltung1996:HaraldSchmidthatBettinaBöttingerzuGast,dieerzuvormiteinerKlobrilleverglichenhatte. FOTO:DPA
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