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28.07.1928.07.1928.07.19/1/1/1/1/Pol8/Pol8 JFORBRIC 5% 25% 50% 75% 95%
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9
28.07.19 28. JULI 2019WSBE-HP
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2 8.JULI2019 WELT AM SONNTAG NR.30 * POLITIK 9
Zu: „Wer bitte ist hier totalitär?“vom 21. Juli
D
ankwart Guratzsch kommt das Verdienst zu, einem immer mehr um
sich greifenden Hochmut bestimmter bundesdeutscher Architekten
in Sachen Bauästhetik entschieden entgegenzutreten. Es geht hier
keineswegs um die ganze Architektenzunft, sondern um einige Protagonisten,
die in der Nachfolge der Städtebau-Charta von Athen aus dem Jahre 1933
jeglichen Rückgriff auf frühere Baustile und vor allem die Restaurierung oder
den Nachbau untergegangener Altstädte als völlige Fehlentwicklung in der
Moderne diffamieren. Nach diesen Vertretern einer angeblich avantgardis-
tischen Ästhetik darf nur völlig Neues im Raum der Architektur entstehen,
jede Historisierung sei ein Frevel am Auftrag der Architektur, ständig In-
novationen zu schaffen. Wie vom Autor prägnant formuliert: Verdächtig ist
alles, was identitätsstiftend wirkt. Sigurd Schmidt, Bad Homburg
LESERBRIEFE
Hochmut der Architekten
Apollo-Fieber
Zu: „Die ultimative Reise“
vom 21. Juli
Auch ich habe damals als Elfjähriger
im Westfernsehen diese Bilder gese-
hen und nicht wieder vergessen. Für
mich ist mit der Mondlandung auch
ein Name und ein Begriff verbunden,
den ich in all den Artikeln zum 50.
Jahrestag vermisse: Günter Siefarth,
der live aus dem Apollo-Sonderstudio
berichtete.
Bernhard Staffa, WELT-Community
Danke, Herr Aust, für diesen per-
sönlichen Bericht. Er hat mich sehr
berührt. Ich saß auch vor dem Fernse-
her. Ich war 17. Nebenbei war es ein
wunderbarer Sommer. Im Radio lief
„In the year 2525“.
Christine Bast, WELT-Community
Grüne Lunge
Zu: „Die Frontlinie der Klimakrise“
vom 21. Juli
Danke für den Artikel über die unter
der Regierung von Präsident Bolsona-
ro gebilligte Abholzung des Regen-
waldes in Brasilien. Wir regen uns in
Deutschland über schlechte CO 2 -
Werte auf einigen Stadtstraßen in
unseren Großstädten auf, und im
Gebiet Amazonien wird der Regen-
wald gerodet und den dort lebenden
Völkern und der Tierwelt die Lebens-
grundlage entzogen. Die Entwicklung
in Amazonien wird Auswirkungen
auch bei uns in Europa haben. Ich
habe nicht den Eindruck, dass sich die
internationalen Organisationen in-
tensiv bemühen (und da seien auch
die UN angesprochen), hier Einhalt zu
gebieten. Auch Papst Franziskus hat
die besorgniserregende ökologische
Entwicklung in der Amazonas-Region
erkannt. Im Oktober findet in Rom
eine Amazonien-Sondersynode statt.
Ein Arbeitspunkt im Vorbereitungs-
dokument beschäftigt sich mit der
Abholzung des Regenwaldes und der
Ausbeutung durch Bergbau. Wenn das
so ungehemmt weitergeht, ist der als
„grüne Lunge der Welt“ bezeichnete
Regenwald auf immer vernichtet, mit
allen daraus resultierenden Folgen.
Paul-Hermann Mackes, Viersen
Deals sind normal
Zu: „Es lebe das Hinterzimmer“
vom 21. Juli
Toller Artikel, Herr Schuster, danke!
Spricht mir aus dem Herzen und
greift alle meine Gedanken auf, die ich
seit EU-Wahl, Spitzenkandidaten-
modell, AKK, Merkel, Barley, AfD et
cetera auch habe. Besonders teile ich
Ihren Gedankengang, dass eine laut-
starke Minderheit jede missliebige
politische Nachricht dafür nutzt,
nicht nur den europäischen Gedan-
ken, sondern gleich auch das west-
liche Werte- und Regierungssystem
infrage zu stellen.
Karin-Gabriele Volz-Powa,
WELT-Community
Verfassungsrechtlich gesehen hat der
Autor natürlich recht, aber durch die
Aufstellung und den Wahlkampf der
Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl
wurde dem Wähler suggeriert, er hät-
te direkten Einfluss auf die Wahl des
Kommissionspräsidenten, was tat-
sächlich nicht der Fall ist. Deshalb die
große Enttäuschung danach und die
Vorwürfe der „Mauschelei im Hinter-
zimmer“. Vielleicht fühlt sich sogar
der eine oder andere Spitzenkandidat
etwas verheizt. Demokratiefördernd
war dieses Verfahren jedenfalls nicht.
Erika Heinrich, WELT-Community
VVVermutlich stehe ich hier ziemlichermutlich stehe ich hier ziemlich
allein mit dieser Meinung da, aber ich
mag Hinterzimmerdeals. Politik, gera-
de auch in einer Demokratie, läuft nun
mal so, ohne sie wird jeder Prozess
langsamer. Letztlich ist es immer eine
gewagte Entscheidung einer Person
oder ein Hinterzimmerdeal, der die
Geschichte voranbringt. Entscheidend
muss sein, dass die Deals zum Wohl
des Staates und seiner Bürger sind.
Jason Jell, WELT-Community
Sehr schöner und tiefgründiger Ar-
tikel! Und ja, um die Fehler unserer
Zeit zu sehen, muss man sich einfach
mit Weimar beschäftigen. Geheime
Absprachen gibt es überall, bei der
Arbeit, in der Politik, in der Wirt-
schaft, aber auch zu Hause in der
Clique. Dies allein ist nichts Böses. In
der Politik wird es dann böse, wenn
die Auftragsherrschaft vergessen wird.
Man muss in der Demokratie alle
ernst nehmen. Derzeit hat man das
Gefühl, dass die Politik den Draht
zum Volk verloren hat.
Bernd Kasten, WELT-Community
Gegen vertrauliche Gespräche ist
nichts einzuwenden. Ganz Europa
aber wählen zu lassen und während
dieser Zeit schon gegen die Spitzen-
kandidaten zu stänkern, ist ganz
schlechter Stil und Verachtung des
Ergebnisses. Manfred Weber hat al-
lerdings auch Fehler gemacht.
Bruni Mühlegg, WELT-Community
Müllpolizei
Zu: „Die Vermüllung der Städte ist
typisch deutsch“vom 21. Juli
„Tiefenpsychologisch betrachtet, ist
das Gefühl für Hege und Pflege erkal-
tet“, schallt es aus der WAMS.
Stimmt! Wie vermutlich jede Menge
anderer gesellschaftlich relevanter
Verantwortungsgefühle auch. Aber
ebenso ist der Respekt vor Obrig-
keiten immer noch vorhanden, und
den könnte man doch nutzen. Dazu
eine Anekdote aus meinem Leben in
Berlin. Eine Stadt, die jede Menge
mehr Hege und Pflege brauchen könn-
te. Volkspark Friedrichshain: Halb-
wüchsige machen sich Spaß mit Müll
und werfen selbigen fröhlich um sich.
Ich zücke mein Handy und rufe zu
den Klamaukbrüdern rüber: „Ich ruf
jetzt gleich die Müllpolizei, wenn ihr
nicht sofort aufräumt!“ Hat geklappt.
Also, her mit der Müllpolizei!
Karin Dix, Berlin
Der Kommentar trifft den Nagel auf
den Kopf. Diese Vermüllung ist schon
in kleinen Städten beziehungsweise
auf dem Lande festzustellen. Da wird
einfach nach dem Besuch mit dem
Auto in einem Fast-Food-Restaurant
alles schnell entsorgt. Wenn es im
Auto verzehrt ist, wird die Verpa-
ckung aus dem geöffneten Fenster
geworfen: auf die Straße bzw. an den
Rand oder auf die Verkehrsinsel. Soll
es der „Staat“ doch wegmachen oder
die Rentner, die einmal im Jahr ehren-
amtlich die Straßengräben säubern.
Öffentliche Sportanlagen, Spielplätze
vermüllen zunehmend, ein Bouleplatz
ist übersät mit Glasscherben, Kippen,
Tempotaschentüchern, gebrauchten
Präservativen. Auf einem Bundesliga-
Rasen wird sich niemand erlauben,
eine Kippe auf den Boden zu werfen.
Zusätzlich lässt man seinem Hund
freien Lauf. Wenn man schön allein
ist, werden alle Benimmregeln über
Bord geworfen. H. Herding, per E-Mail
Aufkleber helfen
Zu: „Sendung unerwünscht“
vom 21. Juli
Ich habe mich schon immer über
diesen Werbeabfall geärgert. Und als
wäre das nicht genug, steckte dieser
Werbeabfall noch mal in der wöchent-
lichen regionalen Sonntagszeitung.
Resultat: drei Aufkleber mit „Werbung
verboten“. Ich tippe mal darauf, dass
die meisten Leute das gleich in der
Tonne entsorgen. Umweltverschmut-
zung höchster Güte.
Andreas Dasting, WELT-Community
Warum ein Gerichtsurteil abwarten?
Wenn viele frustrierte Empfänger der
unerwünschten Postwerbung ihr
Exemplar mit dem Vermerk „An-
nahme verweigert, zurück an Ab-
sender“ in den nächsten Briefkasten
werfen, müsste die Deutsche Post
reagieren. Der Begriff „Massenwurf-
sendung“ bekäme eine neue Bedeu-
tung. Michael Maas, Münster
AAAuf Plastikfolie kann man getrostuf Plastikfolie kann man getrost
verzichten: schmaler Papierstreifen
um die Zeitungen und gut. Oder ein-
fffach die größte Beilage verwenden,ach die größte Beilage verwenden,
um die restlichen Zeitungen ein-
zulegen. Einfacher geht es doch
nicht, oder?
Dieter Bodenstein, WELT-Community
Not lehrt Beten
Zu: „Verlorene Seelen“
vom 21. Juli
Dass in einem von christlicher Kultur
geprägten Land immer mehr Mit-
glieder der Kirche fernbleiben, ist eine
traurige, wenn nicht besorgniserregen-
de Nachricht, vor allem der Kinder
wegen. Nach meinen langjährigen
Erfahrungen mit Grundschülern im
katholischen Religionsunterricht haben
Kinder in der Regel ein originäres
Bedürfnis nach Religion, Glauben und
Kirche. Dies gibt ihnen Halt, Orientie-
rung und Sicherheit in einer ihnen
zunehmend komplizierter erscheinen-
den Welt. Zu den Hauptgründen für
die Abkehr von der Kirche zählen si-
cherlich fehlende Vorbilder und Tradi-
tionen in der Familie, Gleichgültigkeit
und Bequemlichkeit, Kirchensteuern,
Lust auf Events statt Konzentration
aaauf Stille und Besinnung im Gottes-uf Stille und Besinnung im Gottes-
dienst, Wohlstand und nicht zuletzt
aaauch das Verhalten der Geistlichen.uch das Verhalten der Geistlichen.
WWWenn es ihnen wieder gelingt, mehrenn es ihnen wieder gelingt, mehr
Seelsorger als Verwaltungsmenschen
zu sein, auf die Menschen zuzugehen,
sie in Freud und Leid zu begleiten und
sie erfahren zu lassen, dass Religion,
Glaube und Kirche das Leben berei-
chern und nicht einengen, wird so
mancher den Weg zur Kirche wieder-
fffinden. Oder bedarf es erst wiederinden. Oder bedarf es erst wieder
schlechter Zeiten, muss erst wieder
Not Beten lehren? Besser nicht!
Gabriele Gottbrath, Gladbeck
Überfrachtet
Zu: „Mein Kind muss hier rein“
vom 21. Juli
Um was es wirklich geht, wurde in
dem Beitrag leider nicht wiederge-
geben: um das Kindeswohl. Mag sein,
dass die eine oder andere Grundschul-
empfehlung den Übertritt aufs Gym-
nasium unberechtigt verwehrt und
Spätentwickler im geforderten Noten-
durchschnitt nicht erkannt werden.
Aber dann braucht ein solches Kind
einfach noch Zeit, die rechtlich vor-
gehende Eltern ihm nicht nehmen
sollten. Auf der anderen Seite werden
Kinder in Schulwege geklagt, bei de-
nen sie den Elternansprüchen nicht
nachkommen können. Ein endlos
qualvolles Coachen von Klasse zu
Klasse ist ihr programmiertes Schick-
sal. Ist den heutigen Eltern eigentlich
klar, mit welcher Zukunftsangst sie
ihre Kinder überfrachten?
Martina Reichard, Senden
Leserbriefegeben die Meinung unserer Leser wieder, nicht die der Redaktion. Wir freuen uns über jede Zuschrift, müssen uns aber das Recht der
Kürzung vorbehalten. Aufgrund der sehr großen Zahl von Leserbriefen, die bei uns eingehen, sind wir nicht in der Lage, jede einzelne Zuschrift zu
beantworten. Schreiben Sie uns unter: [email protected]
D
er Machtwechsel in
London hin zu Bo-
ris Johnson hat für
einen Moment die
schwere Krise zwi-
schen Großbritan-
nien und dem Iran
überdeckt. Doch noch immer befindet
sich der unter britischer Flagge fahren-
de Tanker „Stena Impero“, den Teheran
in einem Akt der Piraterie in der Straße
von Hormus gekapert hatte, in den Hän-
den der iranischen Revolutionsgarden.
Vor knapp einer Woche hatte der dama-
lige britische Außenminister Jeremy
Hunt nach Konsultationen mit den
Partnern eine europäische Marinemissi-
on im Golf vorgeschlagen, um solch ira-
nisches Abenteurertum in Zukunft zu
unterbinden. Die Franzosen haben
schon signalisiert, sich daran beteiligen
zu wollen, wenn auch nicht mit zusätzli-
chen Schiffen. Aus Brüssel heißt es,
auch einige kleinere europäische Natio-
nen wollten mitmachen. Zurzeit warte
man jedoch, dass die Briten ihre Vor-
schläge konkretisieren und sich neu or-
ganisieren. Schließlich hat der neue bri-
tische Premier das halbe Kabinett und
auch den Außen- und Verteidigungsmi-
nister ausgetauscht.
Der Personalwechsel in London än-
dert nichts daran, dass die Briten und
der Rest Europas grundsätzlich diesel-
ben Interessen in der Sache verfolgen.
Man will künftig die für die Weltwirt-
schaft so wichtige Schifffahrtstraße am
Golf vor iranischen Übergriffen schüt-
zen. In Deutschland hat die anvisierte
Marinemission derweil zu einem erneu-
ten Konflikt innerhalb der Koalition ge-
führt. Während etwa der Vorsitzende
des Auswärtigen Ausschusses, Norbert
Röttgen (CDU), für eine deutsche Betei-
ligung plädierte, beharrte die SPD in
Person ihres designierten neuen Frakti-
onsvorsitzenden Rolf Mützenich auf
Totalverweigerung in dieser sicher-
heitspolitischen Frage.
„Freie Seewege sind Grundpfeiler der
internationalen Ordnung und zugleich
ein Kerninteresse Deutschlands –
Grundlage unseres Wohlstandes, der
stark vom Export abhängt“, so hatte
Norbert Röttgen auf Twitter für eine
deutsche Beteiligung plädiert. Mütze-
nich hingegen zweifelte an, ob es richtig
sei, „einen militärischen Fußabdruck in
einer Region zu hinterlassen, in der
neue Kriege drohen“. Ein deutlicher
Verweis auf den Konflikt zwischen Iran
und Donald Trumps Amerika, den Müt-
zenich dann auch gleich noch als „Ras-
sisten im Weißen Haus“ beschimpfte.
Dabei handelt es sich wohl eher um
ein Ablenkungsmanöver. Schließlich hat-
ten die Briten eine europäische Mission
eigens vorgeschlagen, um sich eben nicht
der amerikanischen Golf-Koalition anzu-
schließen, die Washington seit einigen
WWWochen zu schmieden versucht. Nichtochen zu schmieden versucht. Nicht
nur in dieser Frage tickt London weiter
europäisch und will sich nicht mit
Trumps Politik des „maximalen Drucks“
gegen Teheran gemeinmachen. Die Bri-
ten versuchen auch am Nuklear-Abkom-
men mit den Iranern festzuhalten und
wollen sich nicht von Washington in ei-
nen größeren Konflikt mit dem Iran trei-
ben lassen. Die von London vorgeschla-
gene Marinemission soll nur den Cha-
rakter einer gemeinsamen Aufklärungs-
mission haben. Teilnehmende Nationen
könnten dann individuell entscheiden,
ob sie Schiffen unter der Flagge ihres
Landes Geleitschutz gewähren wollen.
Tatsächlich gibt es viel, was für eine
solche Mission spricht. Da ist einmal
das Interesse Europas und gerade der
Exportnation Deutschland an sicheren
Schiffsrouten. Gleichzeitig würde es
auch die europäische Außen- und Si-
cherheitspolitik stärken, wenn die Eu-
ropäer etwa unter britischer und fran-
zösischer Führung ihre eigene Marine-
mission auf die Beine stellten und da-
durch nicht zum bloßen Anhängsel ei-
ner amerikanischen Operation würden.
Zudem wäre es keine von der EU-Kom-
mission geleitete Mission, sondern eine
koordinierte Zusammenarbeit williger
europäischer Partner – ein Modell also
für sicherheitspolitische Zusammenar-
beit in der Post-Brexit-Zeit.
„Ein nicht unerwünschter Nebenef-
fekt könnte darin liegen, es dem neuen
britischen Premier schwerer zu ma-
chen, die EU als nichtsnutzig zu verteu-
feln. Es ist ja jetzt schon evident, dass
die Royal Navy allein den Schutz briti-
scher Schiffe im Golf nicht stemmen
kann“, sagt Wolfgang Ischinger, Leiter
der Münchner Sicherheitskonferenz,
WELT AM SONNTAG.
Die Vorteile einer solchen europäi-
schen Mission sieht man auch im Aus-
wärtigen Amt. Trotzdem hält sich die
Bundesregierung mit Zusagen zurück,
nicht zuletzt aus Rücksichtnahme auf
den neu erwachten Pazifismus der Sozi-
aldemokraten und dem ohnehin fragilen
Zustand der großen Koalition. Deutsch-
land befindet sich also sicherheitspoli-
tisch wie so oft in den vergangenen Mo-
naten und Jahren in einer Situation der
Lähmung. Einerseits will man mitreden
und beschwört die Einigkeit der EU3 –
Großbritannien, Frankreich und
Deutschland –, die einst das Atomab-
kommen mit dem Iran mitverhandelt
haben. Andererseits kann man im Kon-
zert der Mächtigen wie so häufig nicht
mitspielen, weil Berlin im entscheiden-
den Moment nicht entschlossen oder
handlungsfähig ist, wenn es darum geht,
auch militärisches Gewicht auf die
Waagschale zu werfen.
Experten wie Ischinger kritisieren
diese sicherheitspolitische Selbstver-
zwergung und mahnen dazu, die beiden
großen Herausforderungen im Umgang
mit dem Iran anzunehmen: „Zum einen,
ob und wie das Nuklearabkommen mit
Teheran (JCPOA) noch zu retten ist.
Zum anderen, wie eine Eskalation des
,Tankerkriegs‘ in der Straße von Hor-
mus verhindert und maritime Handels-
wege nachhaltig geschützt werden kön-
nen.“ Der frühere Botschafter in den
USA erinnert außerdem an die Verletz-
lichkeit der deutschen Volkswirtschaft
gegenüber geopolitischen Verwerfun-
gen. Kaum ein Land hänge von der Frei-
heit der internationalen Schifffahrt so
stark ab wie der Exportweltmeister
Deutschland. „Deshalb darf Deutsch-
land auch nicht von der Reservebank
aus zuschauen, wenn jetzt eine mariti-
me EU-Schutz-Mission am Golf disku-
tiert wird. Im Gegenteil, Berlin sollte
sich aktiv und umfassend beteiligen.“ Er
fordert Berlin auf, Flagge zu zeigen, und
schlägt eine gemeinsame diplomatische
Initiative gegenüber Teheran zusam-
men mit Paris und London vor. Nur
durch eine „Doppelstrategie“ könnten
nach Meinung Ischingers einerseits das
Atom-Abkommen gerettet und anderer-
seits eine Eskalation im Golf durch mi-
litärische Präsenz abgewendet werden.
Was einer der angesehensten deut-
schen Außenpolitiker da formuliert, ist
ambitioniert für ein Deutschland, das
sicherheitspolitisch immer weniger
handlungsfähig erscheint. In Berlin be-
eilt man sich hingegen zu betonen, man
werde „zivilen und diplomatischen“
Beistand für die Mission leisten. Dazu
könnte etwa die Organisation einer
Konferenz gehören, die alle Golfanrai-
ner an einen Tisch bringen soll. Große
Palaver zu organisieren ist ja so etwas
wie die Rückfalloption der deutschen
Diplomatie. Die harte militärische Si-
cherheitsarbeit überlässt Deutschland
hingegen lieber anderen.
Der Konflikt mit dem Iran eröffnet Brüssel die Möglichkeit, gemeinsam mit
den Briten für europäische Interessen einzutreten. Doch wieder einmal
bremst Berlin
Der britische Öltanker
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