Die Zeit - 25.07.2019

(WallPaper) #1

  1. Juli 2019 DIE ZEIT No 31


reiche Freunde, trotzdem ist er ständig klamm.
Frau oder Kinder muss er allerdings zu keiner Zeit
ernähren, wahrscheinlich war Humboldt schwul.
Als er 1805 Kammerherr am preußischen Hof
wird, hat er immerhin ein festes Einkommen. Er
wird jetzt fürs Beraten und Netzwerken – er nutzt
seinen Einfluss, um Kunst und Wissenschaft zu
fördern – gut bezahlt, aber auch fürs unterhalten.
Von seiner Reise hat er tausend Geschichten im
Gepäck. Er stellt sicher, dass die nun alle hören –
ob sie wollen oder nicht. Meistens wollen sie.
in Berlin bleibt er trotzdem nicht lange, rasch holt
er sich die Erlaubnis, nach Paris zurückzukehren.
Zwar ist er loyal gegenüber dem König, doch er hat
liberale ideale.
Mitunter war er auch ein Feigling, das glaubt
ursula Klein vom Max-Planck-institut für Wissen-
schaftsgeschichte: »Nach seiner großen Reise war
er pleite, er brauchte Geld vom Hof. Deshalb war
er mit Kritik immer sehr vorsichtig.« Klein hat vor
allem den frühen Humboldt studiert. Sie ärgert
sich, wenn er auf ein Podest gehoben wird. »immer
wird von seinem Kampf gegen die Sklaverei ge-
sprochen«, sagt sie, »aber von Kampf kann gar
keine Rede sein. Allenfalls hat er die Sklaverei
moderat kritisiert.« An anderer Stelle jedoch sei
Humboldt kein Weichei gewesen. »Er ist hohe
persönliche Risiken eingegangen, auch sozial,
denn viele seiner ideen waren völlig unkonventio-
nell. Er war ziemlich pfiffig.«
Eigentlich will Humboldt gleich wieder los – am
liebsten nach indien, noch mehr landschaften sehen,
noch mehr Berge ersteigen, noch mehr Sprachen
studieren, alles miteinander vergleichen. Doch es
gelingt ihm nicht, er bekommt keine Erlaubnis. Die
Briten wollen diesen scharfzüngigen liberalen Denker
nicht in ihrem kolonialen Reich. 1829 darf er immer-
hin auf Einladung des Zaren durch Russland fahren.
im Berliner Naturkundemuseum sind heute
Hunderte Proben versammelt, die Humboldt von
seinen Reisen mitbrachte. Die meisten sind Ge-
steinsbröckchen, viele tragen noch Etiketten mit
der drängenden Handschrift. Auch ein zerrupfter
Vogel wird hier aufbewahrt: Jakob, ein grauer
Vasa-Papagei, sichtlich mitgenommen von den
Jahrhunderten, der Bauch kahl. Fast 30 Jahre lebte
dieser Papagei bei dem Forscher.
Humboldt war das Zentralgestirn seines Netz-
werkes, das sich über ganz Europa und darüber
hinaus erstreckte. Er fragte, bat und erteilte Aufträge.
ihm stand ein riesiger Fundus an literatur offen, auch
weil er acht Sprachen beherrschte. Später fasste er
gern zusammen, was er durch andere gelernt hatte.
Er war ein begnadeter Kompilierer, sein Genie

steckte in der Synthese. War das integre Wissen-
schaft? Darüber wird heute gestritten. Klar ist: Selbst
ein genialer Kopf wie Humboldt hätte niemals allein
ein so gewaltiges Werk hinterlassen können. Hum-
boldt war kein Solitär, sondern ein besonders hoher
Gipfel in einem Bergmassiv.
in seinem Schaffen war Humboldt ein Chaot, das
sah er selbst so: »unordnung im Schreiben ist ein
Erbfehler, den ich immer bereue, um ihn von neuem
zu begehen.« Keines seiner publizistischen Groß-
projekte brachte er zu Ende, alles blieb nach ein paar
Tausend Seiten unvollendet. Darüber ärgerte er sich
am Ende seines lebens am meisten. Aber hätte es
anders kommen können? Einer wie Humboldt, der
nie innehielt, mit ein paar Stunden Schlaf auskam
und alles mit allem zusammendachte, der immer
unterwegs war – wie und wo sollte der ankommen?
Ganz zuletzt kam er dann immerhin zurück –
an jenen Ort, von dem er einst geflohen war. Sein
Grab liegt bei »Schloss langweil«, im Park des
landhauses seiner Eltern, im Norden Berlins:
ein verwitterter rechteckiger Stein unter anderen.
in roter Schrift: »Alexander von Humboldt geb
d 14. September 1769, gest d 6. Mai 1859«. Auf
der Rückseite ein Bibelvers, auf dem Grab selbst
rankt Efeu lustlos herum.
Was der Tote da unten geschaffen hat, über-
dauert seine irdische Existenz. Bis heute wird er
geehrt – Flüsse, Pflanzen, Tiere, Schulen, Straßen
und Meeresströmungen tragen seinen Namen:
Humboldt. ihm hätte das gefallen. Doch wichti-
ger wäre ihm gewesen, dass die nach ihm sich
daran erinnern, wofür er gekämpft hat: die Natur
als lebendiges Ganzes wahrzunehmen und ihren
Zauber wertzuschätzen, maßvoll mit der umwelt
umzugehen, zu fragen und zu messen, um zum
Kern vorzudringen. und – vielleicht das Wichtigste


  • in der Vielfalt die Einheit zu erkennen und nicht
    zu vergessen: Alles hängt mit allem zusammen.


http://www.zeit.de/audio

28 WISSEN


BiOGRAFiE »Alexander von Humboldt«
von Andreas Daum. Kompakter, gut
verständlicher und fundierter Einblick

Auf Humboldts Spuren durch Berlin –
FÜHRuNG, nächster Termin:


  1. September. https://bit.ly/32yuKh4


Rüdiger Schaper: »Der Preuße und die
neuen Welten«. Humboldts ViTA aus
Perspektive der letzten lebensjahrzehnte

BESuCH von Schloss Tegel mit Park,
geöffnet immer montags, Führungen um
10.00, 11.00, 15.00 und 16.00 uhr

Mehr Hinweise zu lektüre-Klassikern und
Neuerscheinungen über Alexander von
Humboldt finden Sie auf Seite 30

unsere Quellen


Welche Pflanzen wachsen
wo – und warum gerade dort?
Diese Frage reizte Humboldt
besonders. Er begründete
eine neue Disziplin, die
Pflanzengeografie. Das Bild
des Naturforschers vor
Palmen entstand nachträglich
um 1830 – da war er schon
ein älterer Herr und seit
26 Jahren wieder in der Heimat

inseln des Wissen in einem Meer aus unwissen«,
sagt Schwarz.
Humboldts Handschrift ist für ungeübte
kaum zu entziffern. ihm fiel es schwer, in der
Zeile zu bleiben, er kritzelte Notizen an den
Rand, in diversen Sprachen. Manches von dem,
was Schwarz aus dem Schrank holt, ist nur hin-
geschmiert, voller Abkürzungen, ohne Datie-
rung. Dann wieder eng beschriebene Briefbögen,
die weit nach rechts lehnende Schrift drängt bis
an den Rand des Papiers. Er nahm sich Zeit,
wenn er eine Veröffentlichung im Sinn hatte.
Hier lässt sich auch verfolgen, wie Humboldt
dachte: Er schrieb Notizen auf ein Blatt und
legte es ab. Dorthin kehrte er zurück, wenn er
einen neuen Gedanken fasste oder jemand er-
gänzende Daten lieferte. Er klebte dann andere
Blätter an, erweiterte, strich, notierte, fügte hin-
zu. Er schrieb nicht einfach linear, er dachte in
Verknüpfungen, mehrdimensional. im laufe
seiner Arbeit wuchs ein Dokument in unter-
schiedlichste Richtungen, durch die Zeiten und
Orte, durch Verweise und Evolutionsstufen von
ideen. Auch durch seine Korrespondenz mit
aller Welt. Er schuf sich sein eigenes internet.
Humboldts ganze Person war vielschichtig.
Wer ihn als Naturforscher begreift, vergisst, dass
er sich auch für fremde Kulturen interessierte,
für Sprachen und für Archäologie. Also Ge-
lehrter? Er verhandelte in offizieller Mis sion für
den preußischen Staat. War er Abenteurer? Seine
Reisen waren tatsächlich aufregend, vor allem
aber dienten sie der präzisen Wissenschaft, nicht
dem Kick. und Preuße? Er liebte Paris stets
mehr als das provinzielle Berlin, und in Südame-
rika verehrte man ihn als Helden und »zweiten
Entdecker« des Kontinents.
Bis heute ist Humboldt gegenwärtig in Süd-
amerika. Nicht nur dass hier überall Schulen und
Straßen nach ihm benannt sind (siehe »Stimmt’s?«
Seite 30). Wer Menschen in Ecuador oder Kolum-
bien erzählt, dass er Humboldts Spuren folge,
bekommt ein lächeln und einen Klaps auf die
Schulter: »Sí, el Barón Humboldt!« Noch immer
zieht man hier Selbstvertrauen aus dem Bild, das
Humboldt vom Kontinent erschuf. Er war mit
Simón Bolívar befreundet, der die Befreiung von
den spanischen Kolonialisten vorantrieb.
Denn stets setzt er sich für die Gleichbehand-
lung von Menschen ein, obwohl er selbst der Ober-
schicht angehörte. Alexander wird 1769 in eine
reiche Familie geboren. Hauslehrer unterrichten
ihn und seinen Bruder Wilhelm. Später muss er in
Frankfurt (Oder) studieren (langweilig) und in
Göttingen (ähnlich öde). Der uni kann er wenig
abgewinnen: zu viel Geschwafel, zu wenig Tatkraft.
Dann steigt er in den preußischen Staatsdienst ein,
hat Freiheiten, fasst etwas Mut. Er ist zuständig für
den Bergbau, die damalige Hightech-industrie,
und er interessiert sich für die Bergarbeiter, die die
Rohstoffe aus der Tiefe schürfen müssen. Für sie
gründet er eine Schule, die er vom eigenen Ver-
mögen bezahlt. Die lehrmaterialien schreibt er
selbst. Humboldt ist gesegnet mit unfassbarer
Energie, immer geht er an die Grenzen, vor allem
an die eigenen. Er erfindet eine Atemmaske für die
Kumpel und eine Grubenlampe, die auch dann
brennt, wenn nur noch wenig Sauerstoff in der
luft ist. Beim Ausprobieren wird er ohnmächtig.
Halb tot wird er aus dem Stollen gezogen. Als er
aufwacht, sieht er die lampe noch immer brennen.
Er freut sich. Experiment geglückt.
Mensch und Natur, Humboldt interessierte
sich vor allem für den Zusammenhang. ihm

fällt auf, in welchem Ausmaß die holzhungrige
Bergbauindustrie damals schon ganze Wälder
verschlingt. Die idee der Nachhaltigkeit, die zu
Anfang des 18. Jahrhunderts zum ersten Mal
formuliert worden war, leuchtet Humboldt ein.
Dass der Mensch das Recht hat, in die Natur
einzugreifen, daran hegt er jedoch keinen
Zweifel. Bis ins hohe Alter macht er lobbyarbeit
für einen Kanal zwischen Atlantik und Pazifik.
Er meint, dass der freie Verkehr von Waren auch
den geistigen Austausch fördert. Zeit seines
lebens glaubt er an den Fortschritt, war darin ein
Kind seiner Zeit – auch daran sollte denken, wer
ihn heute als umweltschützer hochleben lässt.
Humboldt macht rasant Karriere, wird Assessor,
Bergbaumeister, dann Oberbergbaumeister, doch
sein Drang nach Welt und Weite bleibt ungestillt


  • bis er endlich das Vermögen seiner Mutter erbt.


A


m 5. Juni 1799 legt ein Schiff
im spanischen la Coruña ab,
mit an Bord: Alexander von
Humboldt und der Botani-
ker Aimé Bonpland, den er in
Paris kennengelernt hat. Sie
wollen Pflanzen, Tiere und
Fossilien sammeln, doch Zweck der Reise ist es
vor allem, das Zusammenwirken der Naturkräfte
zu erforschen. »Auf den Einfluß der unbelebten
Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzen-
welt, auf diese Harmonie sollen stets meine
Augen gerichtet sein«, schreibt Humboldt.
Durch das heutige Venezuela und durch Kuba,
durch Kolumbien, Ecuador, Peru bis nach Mexiko
wird ihn seine Reise führen, und zuletzt in die
uSA. Vor allem in den Bergen zeigt sich, was
Humboldt unter Wissenschaft versteht: Begreifen
und Durchdringen im doppelten Wortsinn. im
heutigen Ecuador scheitert er nur knapp bei der
Besteigung des Chimborazo, der damals als höchs-
ter Berg der Welt galt. Andrea Wulf hat diese
Szene in ihrer Biografie meisterlich beschrieben:
Humboldt in antiquierter, völlig ungeeigneter
Kleidung, den getreuen Bon pland im Schlepptau.
Die einheimischen Führer, welche die Herren aus
Europa weiter unten noch verlachten, haben auf-
gegeben. Humboldt hingegen lässt sich weder vom
Schwindel noch von zerfetzten Stiefeln oder dem
Fehlen von Handschuhen aufhalten. Höher als er
und Bonpland war nie zuvor ein Mensch geklettert,
noch Jahrzehnte später werden die beiden den
Weltrekord halten. Alle paar Hundert Meter
machen sie Pause, um luftdruck, Himmelsbläue
oder Temperatur zu messen.
Überhaupt, das Messen: für Humboldt der
essenzielle Weg, die Welt zu erfahren. Der Dichter
Friedrich Schiller spottet über seinen »schneiden-
den Verstand«, der alles in Einzelteile zerlege und
doch dem Wesen der Dinge niemals nahekomme.
Doch damit verkennt er Alexander. Nie geht es
diesem ums einzelne Ergebnis. Erst aus Tausenden
Punkten entsteht eine linie, aus linien ergibt sich
das Bild. Für Humboldt ist der »Totaleindruck«
das höchste Ziel. um den zu erreichen, braucht es
aber auch Ästhetik und ein Gespür für den Zauber
der Natur (siehe auch das interview mit der Tief-
seeforscherin Antje Boetius auf Seite 29). Den
Widerspruch zwischen einem empfindsamen Zu-
gang zu Naturphänomenen und der systematischen
Empirie konnte Humboldt nie ganz auflösen. Zeit
seines lebens arbeitete er sich daran ab, die beiden
Pole seines Denkens zu versöhnen.
und genau das war für ihn der wahre Kern von
Bildung: nicht das Anhäufen von Wissen, sondern
dessen Verknüpfung, das Denken in Zusammen-
hängen. Müsste man Humboldt auf eine Formel

bringen, hieße die: »Alles ist Wechselwirkung.«
So schrieb er es in seinem Reisetagebuch.
Daran erinnerte Bundespräsident Frank-
Walter Steinmeier, als er im Februar einen Teil
der Humboldt-Route bereiste. Die Tour war
nicht bloß Politik-PR, der Bundespräsident hat
sich tatsächlich mit Humboldt beschäftigt. Als
er in Ecuadors Hauptstadt Quito auftrat, sprach
er von der liebe, die nötig sei, um die Natur zu
schützen. Er sagte: »Die umwelt endet nicht an
landesgrenzen«, und die Folgen der umweltzer-
störung bedrohten »unsere Existenz«. Damit
meinte er alle Bewohner des Planeten.
Die ganz großen Zusammenhänge, sie
versuchte Humboldt in der landschaft der
Hochanden zu beschreiben, anhand eines der
Vulkane, denen er so verfallen war. Sein »Natur-
gemälde«, 1807 veröffentlicht, skizziert diesen
Anspruch (siehe infografik Seite 32). Es zeigt
einen stilisierten Schnitt durch den Chimbo-
razo und die Anden. Alles an diesem Bild ist
Wechselwirkung: Der Nachbarvulkan des
Chimborazo speit Feuer – die Erde ist dyna-
misch, Pflanzen, die doch feste Wurzeln haben,
wachsen in Abhängigkeit vom Klima – sie
wandern, und der Mensch verändert das Sys-
tem durch landwirtschaft. Selbst die Begeg-
nungen mit Sklaven trägt Humboldt in die Ta-
bellen am Rand ein. und die Höhe, in der er
seine Gipfelbesteigung abbrechen musste.
Mensch, Pflanzen, Erde, Klima, er selbst: Nichts
ist jemals statisch, erst recht nicht Humboldt.
Man muss ihn sich als vielseitiges Phäno-
men vorstellen: in Paris lernt er Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit kennen, doch in
Preußen herrscht weiterhin ein Monarch, und
Humboldt ist Teil des königlichen Hofes. in
Südamerika ist er ein komischer Vogel, klug,
charmant und redegewandt, umgeben vom
stetig wachsenden Ruhm, ausgestattet mit der
königlichen Forschungserlaubnis, die Autorität
des Monarchen im Rücken. Doch bei seinen
Expeditionen, etwa wenn er monatelang auf
dem Orinoko paddelt oder das Hochland der
Anden erkundet, ist er auf die Hilfe der ur-
einwohner angewiesen. Er fragt sie aus, doku-
mentiert ihre Überlebensstrategien, hat keiner-
lei Berührungsängste. Es gibt damals wenige,
die so frei mit den unterschiedlichsten Schich-

ten und Völkern Kontakt pflegen. Gleichzeitig
aber profitiert der Forscher vom kolonialen
unterdrückungssystem und ist manchmal mit
einer Hemdsärmeligkeit unterwegs, die vor
Ort nicht gut ankommt. Als ihm seine Führer
in einer Höhle am Orinoko eine alte Grab-
stätte zeigen, packt Humboldt einfach ein paar
Skelette und Schädel ein und kümmert sich
wenig um den Protest der Einheimischen.
Wenn heute dank des Humboldt-Forums die
koloniale Vergangenheit Deutschlands in den
Fokus rückt – es geht etwa um die berühmten
Benin-Bronzen, deren Rückgabe nach Nigeria
diskutiert wird –, ist dieser Konflikt plötzlich
mit aller Schärfe wieder da.

H


umboldt wusste, wie
wichtig Werbung ist:
»Zum schriftstellerischen
Handwerk gehört läu-
ten«, stellte er fest. und
er, der stets Anerkennung
sucht, läutete viel und
laut. Später ließ er sich malen, gern vor tropi-
scher Kulisse, und in Berlin hielt er noch später
seine öffentliche Kosmos-Vorlesung, die rappel-
voll war. Zeit seines lebens wollte er sein Wissen
unter die leute bringen und teilen, damit auch
normale Bürger sich weiterbilden: »ideen
können nur nützen, wenn sie in vielen Köpfen
lebendig werden«, das waren seine Worte.
Heute wirkt sein Verhalten wie eine dringende
Mahnung an alle Forscherinnen und Forscher,
sich doch bitte einzumischen, das Primat der
Vernunft in Politik und Gesellschaft zu tragen.
Man kann sich nicht vorstellen, dass Hum-
boldt heute schweigen würde.
Als er 1804 aus Südamerika nach Paris
heimkehrt, liegt ihm die Stadt zu Füßen – fast
die ganze. Napoleon soll böse gewesen sein,
dass es da einen gab, dessen Ruhm den seinen
noch überstieg. Humboldt geht trotzdem zu
Napoleons Krönung – und beschwert sich
darüber, dass er so viel Geld für repräsentative
Kleidung ausgeben muss. Sein Erbe ist nach
der Reise zusammengeschmolzen, sein lebens-
stil aufwendig. Diener, Kutschen, Korrespon-
denzen und die dauernden Veröffentlichungen
kosten einen Haufen Geld. Er ist berühmt, hat

TITELTHEMA


Hu mboldt s Welt Fortsetzung von S. 27

Abb. [M]: Kupferstiche nach Aquarellen von Pierre Jean François Turpin (Fotos: Staatsbibliothek zu Berlin/bpk, 3); V. Raineri (Foto: Bridgeman Images, m. o.); William Home Lizars nach einem Gemälde von Friedrich Weitsch (Foto: Science Photo Library/akg, m)

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