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Seite 11

MO., 2. MÄRZ 2020 9


Wirtschaft


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Das Ringen in der Sozialwirtschaft hat einegenerelle Debatte über die 35-Stunden-Woche ausgelöst:Sollen wirweniger arbeiten?
Der internationaleWettbewerb hat die Rahmenbedingungen für dieseFrageverändert. Die Argumente habensich kaumverändert.

deraufbau aber nicht abwürgen,
weshalb sie wenig Druck erzeug-
ten, so Tálos. Der Präsident des
Gewerkschaftsbunds, Johann
Böhm, argumentierte 1955, dass
Lohnerhöhungen wichtiger seien
als Arbeitszeitverkürzungen, „so-
lange der Lebensstandard der
Arbeiter noch so bescheiden ist“.
Und: Eine rasche Absenkung der
Arbeitszeit wurde beim ÖGB als
Gefahr für die Exportindustrie be-
trachtet. Die Gewerkschaft setzte
zunächst bei der Forderung nach
mehr Urlaub an.
In den 1960er-Jahren spitzte
sichderKampfumdie40-Stunden
Woche zu, wobei es schon Ende er
50er-Jahre zu einer Reduktion auf
45 Stunden gekommen war. Aller-
dings ist „Kampf“ das falsche
Wort:DieSozialpartnerrangenum
einen Kompromiss.
Der Ökonom Ewald Walterskir-
chen war damals erste Reihe fuß-
frei dabei, weil er am Wirtschafts-
forschungsinstitut Wifo in jener
Zeit für Arbeitsmarkt zuständig
war. Das Spannungsverhältnis in
den Verhandlungen beschreibt er
heute so: Die Arbeitgeber warn-
ten, ähnlich wie heute im Pflege-
sektor, davor, dass die kürzere
Arbeitszeit zu einem Mangel an
Beschäftigten führen werde.
In Österreich herrschte Ende
der 1960er fast Vollbeschäftigung,
der Einwand schien also nicht un-
berechtigt. Ein weiterer heikler
Punkt: Inflation. Eine 40-Stun-
den-Woche bei vollem Lohnaus-
gleich würde die ohnehin starken
Preissteigerungen anfachen. Des-
halb warnte Wirtschaftskammer-
chef Sallinger vor den Preissteige-
rungen: Die Öffentlichkeit schien
für dieses Argument zugänglich.
Die Furcht vor einem Verlust
der Wettbewerbsfähigkeit spielte
zwar auch eine Rolle in den
Debatten, sagt der pensionierte

W


enn sich die Gewerk-
schaft mit ihrer Forde-
rung nach einer Arbeits-
zeitverkürzung durchsetzt, werde
darunter die „Konkurrenzfähig-
keit der österreichischen Betriebe
leiden“. Die Wirtschaftsleistung,
werde sich deutlich verringern.
Und da in vielen Bereichen eine
Verringerung der Arbeitszeit gar
nicht möglich ist, werden mehr
Überstunden und damit mehr
Überstundenzuschläge für Unter-
nehmer anfallen. Die Folge: Die
Preise werden steigen.
Mit diesen drastischen Worten
warnte Wirtschaftskammerpräsi-
dent Rudolf Sallinger in einer
Rede vor Unternehmern am 9. Ok-
tober 1968 in Wien vor einer gene-
rellen Verkürzung der Arbeitszeit
auf 40 Stunden. Er rechnete sogar
vor, was der 40-Stunden-Tag Ös-
terreich kosten würde: Er prophe-
zeite einen Rückgang der Wirt-
schaftsleistung um 1,5 Prozent.
Zeitungen berichteten damals
intensiv über die Arbeitszeit-
Frage. Die sozialdemokratische
Arbeiter-Zeitung ging mit Sallinger
hart ins Gericht und schrieb von
der „Milchmädchenrechnung“
des Wirtschaftskammerchefs. We-
niger Arbeitszeit bringe mehr
Freizeit, ermögliche mehr Erho-
lung. Und durch zunehmende
Automatisierung sei es ohnehin
geboten, kürzer zu arbeiten, damit
alle Arbeit finden, so die Zeitung.
Gut 50 Jahre später wird in Ös-
terreich wieder intensiv über die
Arbeitszeit diskutiert. Anlass sind
die Streiks von Mitarbeitern der
Sozialwirtschaft für eine 35-Stun-
den-Wochebei vollen Lohnaus-
gleich.Heute, Montag, verhandeln
Arbeitgeber und Gewerkschaften
wieder. In den Diskussionen geht
es aber längst nicht mehr nur um
die Arbeitszeitvon Pflegekräften,
Sozialarbeitern und Nachmittags-

betreuern. Der derzeitige Wirt-
schaftskammerchef Harald Mah-
rer warnte vergangene Woche da-
vor, dass die Forderungeninder
Sozialwirtschaft ein Einfallstor
wären, um eine generelle Arbeits-
zeitverkürzung durchzusetzen.
Der aktuelle Konflikt ist jeden-
falls ein guter Anlass, um sich an-
zusehen, wie um die Arbeitszeit-
verkürzung in Österreich in der
Vergangenheit gerungen wurde,
wer welche Argumente vorbrach-
te und wer Recht behielt.
Die historischen Etappen sind
rasch erzählt: Die staatliche Regu-
lierung der Arbeitszeit begann in
den 1880er-Jahren, als in Fabriken
eine maximale Arbeitszeit von elf
Stunden festgesetzt wurde sowie
Sonn- und Feiertage arbeitsfrei ge-
worden sind. Da der Samstag im
Regelfall ein Arbeitstag blieb, be-
deutete das eine Wochenarbeits-
zeit von 60 Stunden und mehr.
Erst 1919 wurde eine Kernfor-
derung von Gewerkschaften und
Sozialdemokratie, der Acht-Stun-
den-Tag für Gewerbe und Indus-
trie, umgesetzt, was die 48-Stun-
den-Woche brachte. Länger ge-
arbeitet werden dufte in der Land-
wirtschaft.

Angst vor der Revolution
Laut dem Politikwissenschafter
Emmerich Tálos geschah dies
ohne Widerstand der Christlich-
sozialen Partei und der Unter-
nehmensverbände: Die teilweise
linksrevolutionäre Stimmung in
Europa hatte die Unternehmen
überzeugt, dass sozialpolitisch et-
was gemacht werden müsse, so
Tálos. Weitere Arbeitszeitverkür-
zungen lehnten die Unternehmer
allerdingsab. Erst nach dem Zwei-
ten Weltkrieg brach die Debatte
wieder voll los. Die Gewerkschaf-
ten forderten zwar die 40-Stun-
den-Woche. Sie wollten den Wie-

Ökonom Walterskirchen. Doch
keine so zentrale wie heute: Ende
der1960erwardieGlobalisierung
im Frühstadium, von freiem Kapi-
talverkehr war noch keine Rede.
Für Ökonomen war Vollbeschäfti-
gung das zentrale Anliegen, nicht
so wie heute die Standortpolitik.
Die Sozialpartner kamen zuerst
nicht weiter. Im Mai 1969 unter-
zeichneten immerhin fast 890.
Menschen ein SPÖ-Volksbegeh-
ren für die 40-Stunden-Woche,
wodurch der Druck größer wurde.

Deal mit Nebenabsprachen
1969 schließlich erzielten
Arbeitgeber und Arbeitnehmer
einen Kompromiss. Die 40-Stun-
den-Woche wurde in Etappen bis
1975 bei vollen Lohnausgleich
eingeführt. SPÖ und ÖVP gossen
die Einigung in ein Gesetz, nur die
FPÖ stimmte dagegen.
Teil des Deals der Sozialpartner:
Die Gewerkschaften agierten zu-
rückhaltender bei Lohnforderun-
gen. „Dem ÖGB war klar, dass man
seinen Anteil am Produktivitäts-
wachstumnicht zweimal ein-
fordern kann“,sagt Ökonom Wal-
terskirchen. Parallel einigten sich
die Sozialpartner auf größere
Gas arbeiterkontingente, um mehr
Arbeitskräfte ins Land zu holen.
In der Folge analysierte Wal-
terskirchen die Effekte der
Arbeitszeitverkürzung. Ergebnis
seiner Wifo-Studie: Er fand keine
Belege dafür, dass die 40-Stun-

den-Woche das Wachstum ge-
bremst hat. Unternehmerchef Sal-
linger hatte also nicht recht mit
seinen Warnungen. Stattdessen
gab es einen starken Produktivi-
tätszuwachs: Das kompensierte
die geringere Arbeitszeit zu zwei
Dritteln.DerRestwurdedurchhö-
here Beschäftigung wettgemacht –
dank Gastarbeiter.
Lässt sich daraus eine Lehre für
den aktuellen Streit um die 35-
Stunden-Woche ableiten? Pro-
duktivitätszugewinne in der So-
zialwirtschaft sind kaum möglich.
Zusätzliche Beschäftigte ließen
sich aber wohl finden, so Walters-
kirchen, vor allem, wenn die Löh-
ne in der Sozialbranche steigen
würden, was bei Einführung der
35-Stunden-Woche der Fall wäre.
In den 1980er war es mit der ge-
nerellen Forderung nach Arbeits-
zeitreduktion vorbei: Die Sozial-
partner einigten sich, nur noch
branchenspezifisch zu verhan-
deln.IneinigenBranchensankdie
Arbeitszeit auf 38,5 Stunden.
Heute gibt es ein paar Kollektiv-
verträge, etwa in der Elektro- und
Metallindustrie, mit Freizeitop-
tion. Statt einer Lohnerhöhung
kann mehr Freizeit gewählt wer-
den. Wenige Beschäftigte machen
davon Gebrauch: In der männlich
dominiertenElektroindustriesind
es sechs Prozent. Besonders für
viele Männer dürfte eine 40-Stun-
den-Woche noch eine erstrebens-
werte Norm sein.

Wenigerarbeiten? Daswar früher einfacher


András Szigetvari

Stempeluhr bei einem Fabrikseingang in Österreich um 1970: Unternehmer stimmten nach zähen Verhandlungen der 40-Stunden-Woche zu.

Foto: APA
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