National Geographic Germany - 03.2020

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Jason Bittel schreibt für natgeo.com. Dies ist sein
erster Beitrag für das Magazin. Das Buch „Honig-
bienen – Geheimnisvolle Waldbewohner“ von Ingo
Arndt und Jürgen Tautz erscheint Anfang März.

Im Lauf eines halben Jahres machte Arndt mehr als


60 000 Bilder und schuf damit ein Porträt wilder


Honigbienen, wie man es noch nie gesehen hatte.


Lack aufbringen können, die sogenannte Pro­
polis. „Propolis ist ein Sekret, das Baumknospen
im Frühjahr ausscheiden“, sagt Tautz. „Sie ist
sehr klebrig, aber Bienen sammeln sie, weil sie
pilz­ und bakterienhemmend wirkt. Sie gehört
zur Apotheke des Waldes.“
Andere Situationen fotografierte Arndt das
allererste Mal; unter anderem hielt er im Bild
fest, wie eine Honigbiene im Flug ihre Phero­
mondrüse öffnete. Bienenforscher Seeley hofft,
dass solche intimen Fotos den Menschen die
Augen für die meist verborgene Schönheit auch
der wilden Bienen öffnen.
„Wir haben uns völlig an den Gedanken
gewöhnt, dass Bienen immer in eckigen wei­
ßen Kisten wohnen“, sagt Seeley. „Bei den
Imkern ist das tatsächlich so. Aber so leb­
ten sie nicht in den Millionen von Jahren, in
denen sie auf sich allein gestellt waren.“ j
Aus dem Englischen von Dr. Sebastian Vogel

die Luftströmung und damit die Verdunstung


zu verstärken. Sank die Außentemperatur, hiel­


ten sich die Bienen gegenseitig an den Beinen


fest und bildeten auf der Oberfläche der Waben


eine lebende Decke. Experte Tautz vergleicht


das Gebilde mit einem Schlafsack, dessen


Gewebe sich zur Temperaturanpassung lockern


oder verfestigen kann.


In einigen Fällen konnten Arndt und Tautz

Verhaltensweisen erklären, die Imkern lange


ein Rätsel gewesen waren. Warum zum Beispiel


knabbern die Insekten am Holz ihrer Nistkäs­


ten, obwohl dies keinen erkennbaren Effekt


hat? Im Baum aber ergibt das Verhalten Sinn.


„Sie kratzen von der Innenfläche der Höhle alle


losen Krümel ab“, sagt Tautz. Damit beseitigen


sie nicht nur potenzielle Krankheitserreger wie


Pilze, sondern stellen auch eine glatte Oberflä­


che her, auf der andere Bienen dann eine Art


Bei der Arbeit am Nest verhaken sich die
Bienen häufig mit den Beinen zu lebenden Ketten.
Das ist besonders wichtig beim Wabenbau. Die
Temperatur muss mindestens 35 Grad betragen,
damit das Wachs weich und formbar bleibt.

BIENENGEHEIMNISSE 79
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