Frankfurter Allgemeine Zeitung - 03.03.2020

(Michael S) #1

SEITE 4·DIENSTAG, 3.MÄRZ2020·NR.53 Politik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


KriegserklärungFinnlands


ZurVermeidung„eventuellerMiss-
verständnisse“stellt diefinnischeRe-
gierung in einer Erklärung offiziell
fest,dasszwischen dem Land und
Deutschland seit dem 15. September
1944Kriegszustand he rrsche. ZurBe-
gründung heißt es, Helsinki habe
Deutschland am 2. September 1944
aufgefordert, alle seine Soldaten aus
Finnland abzuziehen.Zu diesemZeit-
punktwarFinnland aus dem Krieg
ausgeschiedenund schaffteesa uf die-
sem Weg, eine Besetzung durch alli-
ierte Truppen abzuwenden. Diedeut-
schen Einheiten zogen sichzwarin
RichtungNorden insweiterhin be-
setzt eNorwegenzurück. Das ging
aber nicht so friedlichund problem-
los ab, wie dieFinnensichdas vorge-
stellt hatten. DieRegierung in Helsin-
ki erhebt nun schwereVorwü rfein
Richtung Deutschland.Unterande-
remhätten die Einheiten derWehr-
machtvorihremRückzug Eisenbah-
nen, Straßen und BrückeninFinn-
land zerstörtund finnische Soldaten
in Kämpfe verwickelt.Dieses Verhal-
tensei der Grund für den Kriegszu-
stand, der nun seit September herr-
sche.


Anleihe für Prag


Kanada schließt mit der tschechoslo-
wakischen Exilregierung einAbkom-
men. OttawagewährtPrag eine An-
leihe über 15 Millionen PfundSter-
ling für den AnkaufkanadischerWa-
ren. Damit soll die tschechoslowaki-
sche Volkswirtschaftwiederaufge-
richtetwerden.Zu diesemZeitpunkt,
1945, wardie Tschechoslowakei
nochnicht in einer Lagewie wenige
Jahrespäter .Dadie Anti-Hitler-Ko-
alition nochhielt, konntesichdie Re-
gierung Geld auchinwestlichen Län-
dernborgen. Als einigeJahrenach
Kriegsende der amerikanische Mar-
shall-Plan anlief, signalisierte die Re-
gierung in Prag zunächstauchInter-
esse anUnterstützung aus diesem
Prog ramm. Die Sowjetunion sorgte
aber dafür,dassPrag einen entspre-
chenden Antrag bald wieder zurück-
zog.


Slawenkongress in Sofia


Das am 18.Februargegründete „pan-
slawischeKomitee“veranstaltet ei-
nen ersten Kongress.Anwesend sind
Vertreteraus allen slawischgepräg-
tenLändern. Das meldetzumindest
die jugoslawischeZeitung „Borba“.
Der Ostblockist zu diesemZeitpunkt
zwar nochZukunftsmusik.Ein Ereig-
nis diesesKongresseerinnertaller-
dings schon 1945 sehr an ihn: Die De-
legiertenschicken„Begrüßungstele-
gramme“, und zwar sowohl an Stalin
als auchanden jugoslawischenParti-
sanenführer undkommendenStaats-
chef Josip BrozTito. pes.


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F


ür dengefährlichen Anstieg der
emotionalenFiebe rkurve in Sa-
chen Covid-19 sind nicht nur
Verschwörungstheoretiker ,son-
dernnicht unwesentlichauchwissen-
schaftliche Quellenverantwortlich, wie
die Berichteüber vermeintliche Zweitin-
fektionen mit dem neuen Coronavirus
zeigen.Kann sichein Patient,der gene-
sen ist, ein zweites odergardrittes Mal
anstecken –und damit auchals Virus-
überträger wieder unterwegs sein?Was
das bedeuten würde für denweiteren
Verlauf derPandemie, lässt sichleicht er-
messen. Das ohnehinschon hochin-
fektiöseViruskämemöglicherweise in
Schüben wieder,mindestens in zwei
Schüben also bei einer einmaligenRein-
fektion. Das neue Sars-CoV-2-Viruswür-
de damit allerdings aucheine uralteEr-
fahrung der Medizin und Immunologie
ad absurdum führen:Werinfiziertwar
und genesen ist, solltedemnach genü-
gend Antikörpergebildethaben, um zu-
mindesteine gewisseZeit langvoreiner
weiteren Infektiongeschützt zu sein.
Fahrtaufgenommen hattedie Wieder-
ansteckungsthese unter demStichwort
Reinfektion schonvorWochen. Damals
kursiertenGerüchteumReinfektionen
in China. Japanische Mediziner berichte-
tenvon einer Covid-19-Patientin. Die
Frau wurde ab Ende Januar im Kranken-
haus mit milden Symptomen behandelt
undschließlicheine Wochespäter alsge-
heilt entlassen, obwohl sie immer noch
hustete.Ein Virustestfiel am 6.Februar
negativ aus. EineWochespäterwarsie
nacheigenen Angaben symptomfrei.
Zwei Wochen später ging sie wiederzum
Arzt, weil sie Hals- und Brustschmerzen
hatte, und wurde abermals positiv auf
Sars-CoV-2getestet und erkrankteauch
schwer.Nun is tandiesemWochenende
im Journal der amerikanischen Medizi-
nervereinigung Jama eineStudie chinesi-
scherForscher des Zhongnan-Kranken-
hauses derUniversitätWuhan veröffent-

licht worden, die in diegleicheKerbe
schlägt wie der japanische Bericht:Vier
geneseneCovid-19-Patientenwarenden
angelegten Kriterien zufolgeals genesen
einzustufen. DiePatienten führtendie
Quarantäne auf Anweisung fünfTage zu
Hausefort;fünf bis 13Tage nachder
Feststellung der Genesungwarenneuer-
liche, mindestens zweimal hintereinan-
der ausgeführte Testspositiv.
Die Patienten wurden zwar nicht
schwer krank,drei hatten milde bis mo-
derat eSymptome, einerwarsogar sym-
ptomfrei trotz desVire nnachweises. Das
Ergebnis, das immerhin die Begutach-
tung durch wissenschaftlicheKollegen
überstanden hatte,verunsicherte gleich-
wohl viele. Dass einigesogenannteneu-
rotropeVirengenerell –auchCoronavi-
ren–als Auslöservorallem vonLungen-
leidentatsächlichauchdie Fähigkeit be-
sitzen, dieZellwandvonNervenzellen
zu durchdringen und möglicherweise
auchEntzündungenimGehirnauszulö-
sen, lässt sichdabei kaum bestreiten. Es
istseit vielen Jahren bekannt.Dochdass
die neuen Coronavirentatsächlichauf
diesemWege einen„zweitenFrühling“
erleben,sichmassiv vermehrenund Aus-
löser einen zweiten Lungenkrankheit

sein können,ist offenbar nochnie beob-
acht et worden.
Gleiches gilt, nachwissenschaftlichen
Maßstäben für die sogenanntenReinfek-
tionsbefunde aus China und Japan. In
der Regelgilt, dasseine überstandene In-
fektion zur Immunität führt; dieser Im-
munschutz hält bei vielen Krankheiten
viele Jahrean. Warumalso solltedas bei
dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 an-
derssein? Das fragtetwader Virologe
Florian Krammer,Immunologeander
Icahn School of Medicine am Mount-Si-
nai-Krankenhaus inNewYork: „Genese-
ne Patienten habenvermutlich, zumin-
destfür Monate –möglicherweise auch
Jahre–,eine Immunität, dievorReinfek-
tionen schützt.Das zwar nicht lebens-
lang, wie bei manchen anderenViren,
aber dochfür einigeZeit.Esgibt schon
einigeReports, die Antikörperantwor-
tengegen Sars-CoV-2 beschreiben und
wir wissen das auchvon Sars-CoV-1.“
Auch die Infektiologin Isabella Eckerle
sieht keinen Grund,warumdas hier an-
derssein soll: „Mangeht da vonaus,
wenn jemand die Erkrankung überstan-
den hat, dasssichAntikörpergebildetha-
ben und sichdas Virusnicht weiter im
Körper vermehrt. Es is tdaher pragma-

tischund sinnvoller,dassman bei der Be-
urteilung desPatienten nachden klini-
schen Symptomengeht.“
Die Virologinspricht damit auf die so-
genannten PCR-Tests an, dievonden chi-
nesischenForschernzum Nachweis des
Virusmaterials benutztwurden. Diese Co-
rona-Testssind zwarextrem empfindlich,
aber sieweisen nurVirus-Genmaterial
nachund sagen nichts aus über dasVor-
handensein odergardie Zahl infektiöser
„aktiver“Viren. Der Leiter des Coronavi-
rus-KonsiliarlaborsinBerlin, Christian
Dros ten, is tregelrechtverärgertüber die
Veröffentlichung der chinesischenFor-
scher :„Ichhabe dasganze Jama-Paper
durchgelesen und bin überhauptnicht
vondem Befund überzeugt.Das Einzige,
washier maßgeblichist,ist der PCR-
Nachweis. Derkann aber nachder er sten
Symptomwochebei Patienten schwan-
ken: mal positiv, mal negativ,während
die Lungeimmer nochvollerViru sist,
und zwar unabhängigvonden Sympto-
men. Dieganze wissenschaftlicheGrund-
lagedieses Papersist porös.“ Er bleibt da-
bei: „Sobald PCR-Tests für einigeTagene-
gativ sind und derPatient sicherholt hat,
gibt es nachheutigemWissen vermutlich
kein Ansteckungsrisikomehr.“

Krisensitzung:Kommissionschefinvonder Leyen mit denKommissarinnen fürVerkehr und Inneres,ValeanundJohansson Fotodpa

Der Ausbruc hdes neuartigen Coronavi-
rusinDeutschland hat nicht nur dazu
geführt, dassetliche BürgersichinApo-
theken mit Desinfektionsmitteln und
Atemschutzmasken eindecken, so dass
diesekaum nochzubekommen sind.
Auch Krankenhäuser berichten zuneh-
mendvonProblemen beimNach schub.
So sind selbstander Universitätsklinik
Bonn Schutzmasken und Desinfektions-
mittel knappgeworden, wie Hendrik
Streeck, Direktor des Instituts fürViro-
logie, dieserZeitung berichtet.
Darüber hinaus bereiten dieverbrei-
tete nLabortestsauf das Coronavirus
den Medizinernmancherorts Schwierig-
keiten. Denn dieZahl derTestsist in
jüngsterZeit sostarkgestiegen–allein
in Bonn seien am Sonntag 500Patien-
tenauf Coronagetestet worden –, dass
die Industrie mit der Produktion offen-
bar nicht immer hinterherkommt.„Ein
Problem sind die Abstrichröhrchen“,
sagt Streeck. Um einenPatienten auf
Corona zutesten, musseine Probe im
Rachen gemachtwerden, dazu sollten
spezielleTeilemit einerborstigen Ober-
fläche verwendetwerden. „Die sind bei
uns bereits knappgeworden und der-
zeit nicht zu bestellen“, sagtStreeck.
Mediziner müsstendann auf einfache
Wattestäbchen zurückgreifen. Das
macht denTest zwar nicht unmöglich,
aber etwa saufwendiger.
Vorallem aber gibt es derzeit offen-
bar Lieferschwierigkeiten bei dem La-
bortest der Berliner Charité, der als Ers-

terseiner Artauf den Marktkamund
der vonetlichen Kliniken benutzt wird.
Der Test hat mehrereBausteine, die
meistenwerdenvondem BerlinerUn-
ternehmen TIB Molbiol hergestellt.De-
renGeschäftsführer OlfertLandt sagte,
man habe bislang 30 000Testsherge-
stellt.Bei den Bausteinen, die in Berlin
produziertwürden, gebe es keine
Knappheit.Darüberhinaus istfür den
Test aber ein spezielles Enzym nötig,
das vonmehrerenUnternehmenherge-
stellt wird. Bei derZulassung desTests
wurde ein Enzym einesgroßenPharma-
herstellersverwendet, nachInformatio-
nen dieserZeitung gibt es bei diesem
Enzym Lieferschwierigkeiten. Es müs-
se geprüftwerden, ob der Corona-Test
auchdann nochzuverlässig sei,wenn
das Enzym eines anderen Herstellers
verwendetwerde, sagt Alexander Dalp-
ke,Direktor des Instituts für Medizini-
sche Mikrobiologie und Hygiene der
Universitätsklinik Dresden. Das bedeu-
te aber nicht, dassdie Kliniken deshalb
keine Testsmehr machenkönnten. „Es
gibt auchnochandereHersteller“, sagt
Dalpke.Um ganz sicherzugehen, haben
die Kliniken in Bonn und Dresden ange-
kündigt, nun denTest eines Hamburger
Herstellerszuverwenden.
Wieviele Menschen in Deutschland
bereits auf Corona getestet wurden,
wirdnicht zentral erhoben. DemRo-
bert-Koch-Institut werden nur jeneFäl-
le gemeldet, in denen einPatient posi-
tiv auf dasVirusgetestetwurde.

mwe. BERLIN.Bundesgesundheitsmi-
nisterJens Spahn (CDU) hat sichdage-
genausgesprochen, die Grenzenwegen
des Coronavirus zu schließen. Esgehe
darum, dieAusbreitung desViruszu
verlangsamen und einzudämmen, sagte
Spahn inBerlin. Dannkönne die Gesell-
schaf tangemessener auf die Epidemie
reagieren.Um dieses Ziel zu erreichen,
müsse an manchenStellen „der Alltag
ein Stück eingeschränkt“werden. Doch
sehe er bisherkeinen Grund, Grenzen
dichtzumachen,Unternehmengenerell
zu schließen oder jegliche Großveran-
staltungen abzusagen. Bei solchenVer-
anstaltungen müssten stetsdie Umst än-
de b erücksichtigtwerden, etwa der Teil-
nehmerkreis oder dieRäumlichkeiten.
Eine internationaleKonferenz sei an-
ders zu bewerten als ein regionalesTref-
fen. Auchgegeneine Einstellung aller
Direktflügevon Chinawandtesichder
Minister.
Die Epidemie mache klar,dassEuro-
pa dieAbhängigkeitvonChina in der
Arzneimittelproduktion überprüfen
müsse, sagteSpahn. So würden manche
Wirkstoffe in Europagarnicht mehr
hergestellt, so dassdie entsprechenden
Medikamente in Deutschland undande-
reneuropäischen Ländernknappwer-
den könnten. Erwolle eine Diskussion
darüber anstoßen, ob bestimmte St offe
nicht wieder in Europa produziertwer-
densollten.Das gelte„nicht nur fürMe-
dikamente“.

Der Leiter des Robert-Koch-Insti-
tuts, LotharWieler,sagte, bis Montag-
morgenseien 150Fälle in zehn Bundes-
ländernregistriertworden, davon86in
Nord rhein-Westfalen. Bei140 Fällen
sei geklärtworden, wie die Ansteckung
erfolgt sei. Die Risikoeinschätzung für
das Virussei von„gering bis mäßig“ auf
„mäßig“ erhöhtworden. Die Lagemüs-
se tägl ichneu be wertet werden.
Der ersteFall eines InfizierteninBer-
lin wurde zufällig entdeckt.Ein 22 Jah-
re alter Mann hattesichwegen einerge-
plantenReise am SamstagimZentrum
für Reise- undTropenmedizin impfen
lassen. Als er am Sonntagmorgen Fie-
ber bekam, wurde er in dieNotfallauf-
nahmegebracht.Der Verdacht auf Hirn-
hautentzündung bestätigtesichnicht.
Auch ein Test auf Influenzafiel negativ
aus, so dassernachHause geschickt
wurde. DerTest auf das Coronavirus,
der parallel mit dem Influenza-Testge-
macht wird, zeigteamSonntagabend
ein positives Ergebnis, so dassder
Mann abermals in ein Krankenhausge-
bracht wurde.Fürseine Ansteckung
gebe es eine „leise Spur“ nachNord-
rhein-Westf alen, sagteCharité-Direk-
torUlric hFreiauf einer Pressekonfe-
renz mit Gesundheitssenatorin Dilek
Kalayci(SPD).Mittlerweile wurden 60
Personen ermittelt, die in jüngsterZeit
mit dem Mann inKontaktstanden. Im
Virc how-Klinikum wirdan diesem
Dienstageine Anlaufstelle fürTestsauf
das Coronavirus eröffnet.

1945


pwe. TOKIO. Die christliche SekteShin-
chonji spielt eine entscheidendeRolle für
die rasanteAusbreitungdes VirusinSüd-
korea, das mit mehr als 4300 Infizierten
und 26TotennachChina am schwersten
vonder Epidemie betroffenist. Eine 61
JahrealteSektenanhängerin, Patientin
Nummer 31, hat nachVermutungen der
Behörden dasVirusinder Shinchonji-Ge-
meinde in derStadt Daegu im Südosten
des Landesbei religiösenVeranstaltun-
genverbreitet.Shinchonji, auf Deutsch
„Neuer Himmel, neue Erde“, hatVerbin-
dungen nachChina. Noch im Januar hat-
tenMitglieder der Sektedie chinesische
Stadt Wuhan besucht, die als Epizentrum
der Virus-Epidemie gilt.Fast60Prozent
aller nachgewiesenen Infektionsfälle in
Südkoreawerden mit der SekteinVerbin-
dung gebracht.
Als Reaktion auf eine Anzeigeder
„Shinchonji-Kirchevon Jesus“ wegen
grob fahrlässiger Tötung entschuldigte
sichder Sektengründer,Lee Man-hee, für
die Rolle seiner Organisation bei derAus-
breitungdes Coronavirus. Imgrauen An-
zug und mit Schutzmaskekniete Lee vor
dem Friedenspalastder Sekteöstlichvon
Seoul niederund verbeugtesichvor Jour-
nalistenund Demonstranten.„Der Him-
mel mögeuns helfen“, sagteder 88 Jahre
alteLee, dervonseinen Anhängernals
ein Messiasverehrtwird. „Eswarnicht
unsereAbsicht, aber es wurden viele infi-
ziert. Ichentschuldigemichbei den Men-
schen.“ Die Metropolregierung der Haupt-
stadt Seoul hattedie Führer vonShin-
chonji zuvorwegenMordes und derVer-
letzungvonSeuchenbestimmungen ange-
zeigt.Die StaatsanwaltschaftamBezirks-
gerichtSeoul nahm am Montag die Er-
mittlungen auf. DieRegierung istdabei,
mehr als 200000 Mitglieder derOrganisa-
tion im Land auf dasViruszutesten. Die
Anklagegegen Shinchonji und ihre Leiter
stützt sichdarauf, dasssie Virentests aus-
gewichen seien und den Behördenfal-
sche Angabengegeben habe. Dabeigeht
es darum, ob die Sekteden Behörden
eine vollständigeMitgliederliste vorge-
legt hat.

elo. BERLIN.Das Präsidium der Mittel-
stands- undWirtschaftsunion der CDU/
CSU (MIT) unterstützt den CDU-Politi-
kerFriedric hMerzinseinem Bestreben,
Vorsitzender der CDU inNach folgeder
scheidenden Vorsitzenden Annegret
Kramp-Karrenbauer zuwerden. Im Präsi-
dium sitzen 13stimmberechtigteMitglie-
der.Der Beschlussdes MIT-Präsidiums,
Merzinder Konkur renz mit dem nord-
rhein-westfälischen Ministerpräsidenten
Armin Laschetund dem Vorsitzenden
des AuswärtigenAusschusses im Bundes-
tag, NorbertRöttgen, zu unterstützen,
wurde an den Vorstand weiter geleitet,
dem neben den 13 Präsidiumsmitgliede rn
weiter e34Mitgliederangehören. DieVor-
standsmitglieder wurden gebeten, dem
Beschlussbis Dienstagmittag imUmlauf-
verfahren zuzustimmen.
In einer Mitteilung der MIT heißt es:
„Friedric hMerzist genau der Richtige,
um die dringend notwendigeNeuausrich-
tung in derCDU voranzutreiben.“ Mit sei-
nen ordnungspolitischen Grundüberzeu-
gungen, mit seinem überzeugtenKurs zu
Fragen der inneren Sicherheit, Migration
und Integration, seinem außenpoliti-
schen Horizont und seiner klaren Spra-
chesei Merzder aus Sicht der MIT am bes-
tengeeigneteKandidat.
Die MIT gibt auf ihrer Internetseite an,
mit 25 000 Mitgliedernder größtepartei-
politischeWirtschaftsverband in Deutsch-
land zu sein. Der neueVorsitzende wird
auf einemSonderparteitag am 25. April
in Berlingewählt.Jeder Delegierte istfrei
in seiner Entscheidung,gleichwohl istdie
–wenig überraschende–Festlegung der
MIT auf Merzeine wichtigeUnter stüt-
zung für diesen.Die Führung des mitAb-
stand größten CDU-Landesverbandes,
des nordrhein-westfälischen, hattesich
mit großer Mehrheit für Laschetausge-
sprochen. DerVerbandstellt fast ein Drit-
telder Delegierten.

Kann man sichzweiMal anstecken?


Testemich, werkann


Ein verbreit eter Corona-Labortest wirdknapp –


dochesgibt Alternativen/Von Kim BjörnBecker


lock. DRESDEN.Aufdas Privatauto
des AfD-Bundessprechers Tino Chru-
palla istinder Nach tzum Montag
mutmaßlichein Brandanschlagver-
übt worden. Chrupalla habe nochver-
sucht, das sichauf seinem Grund-
stückinGablenzan de rNeißebefind-
li chebrennendeAutozulöschen und
habe dabei eineRauchvergiftung er-
litten, teiltedie AfD-Fraktion im
Sächsischen Landtag mit.Politiker
vielerParteien, darunter auchSach-
sens Ministerpräsident Michael
Kretschmer (CDU),verurteilten die
Gewalt.Sie sei nicht zurechtfertigen,
auchwenn die AfD zuletzt „inWor-
tenund Reden“ selbstzueiner Eskala-
tion beigetragen habe. Chrupalla hat-
te sichnachdem mutmaßlichrechts-
extremen Terroranschlag in Hanau
für eineverbale Mäßigung seinerPar-
teieingesetzt.(Kommentar Seite10.)


Spahn will Grenzenoffenhalten


Gesundheitsminister mahnt maßvolle Schrittean,


um das Coronavirus einzudämmen


Mittelstandsunion


unterstützt Merz


Ineiner Studiewird


vonCorona-Patienten


berichtet, die abermals


erkrankten. Kann das


Viruswiede rkommen?


Fachleutehabenda


einigeZweifel.


VonJoachim Müller-Jung


DIE LETZTEN
KRIEGSWOCHEN


  1. MÄRZ


ChrupallasAuto


in Brandgesetzt?


Sekte

angezeigt

Anführer entschuldigt sich

fürAusbreitungdesVirus

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