Neue Zürcher Zeitung - 02.03.2020

(avery) #1

16 PANORAMA Montag, 2. März 2020


ZAHLENRÄTSEL NR. 51

SPIELREGELN «GEBIETSSUMME»:Die
Ziffern 1 bis 7 sind soeinzutragen, dass sie
in je der Zeile und jeder Spalte ein mal vor-
kommen. Die kleinen Zahlen inden umran-
deten Gebieten geben die Summe im
jeweiligen Gebiet an. Innerhalb eines Ge-
biets können Ziffern mehrfach vorkommen.

Auflösung:
Zahlenrätsel Nr. 50

Eine TV-Serie überwindet Grenzen


In einer Romantikkomödie kommen sich eine Südkoreanerin und ein Nordkoreaner näher – auf Umwegen über die Schweiz


HOONAM SEELMANN


Auf der Liste der Orte, die sich für
eine romantische Liebesgeschichte
eignen, dürfte Nordkorea nach allge-
meiner Auffassung keinen Spitzen-
platz einnehmen.In Südkorea verfolgte
man jedoch vor kurzem gebannt eine
Romanze, die sich in Nordkorea zu-
getragen hat. Zwarkeine reale, son-
dern eine fiktive inForm einer süd-
kore anischenFernsehserie, aber den-
noch sorgte die ersteRomantikkomödie
über die schwer bewachte Grenze hin-
weg für vielAufregung und zahlreiche
Diskussionen.Dass überhaupt eine sol-
che Geschichte dieWohnzimmer errei-
chenkonnte, sagt viel über denWandel
der südkoreanischen Gesellschaft aus.
Jenseits des Unterhaltungswertes liegt
vielleicht darin die eigentliche Bedeu-
tung dieser Serie. Man nimmt Nord-
kore a anders wahr als früher: nüchter-
ner undrealistischer.
Der Titel der16-teiligen Serie lau-
tet «CrashLanding onYou» – und die
Schweiz ist mit dabei. Die Altstadt von
Zürich sieht man, ebenso dieschöne
Alpenkulisse in Grindelwald First,
traumhafte Bilder vom Brienzersee und
die Panoramabrücke in Sigriswil. Hier
begegnen sich die beiden Protagonis-
ten zum ersten Mal flüchtig und gehen
wieder auseinander, um Jahre später in
No rdkorea erneut zusammenzutreffen.
So viel Schicksalhaftigkeit verträgt nur
eine romantische Liebesgeschichte.


Vertrautunddoch fremd


Die Serie ist die erste, die Nord und Süd
über die Liebe verbindet. Die Suche
der Macher nach einer exotischen Um-
gebung mag eine wichtigeRolle gespielt
und zur Entdeckung des Nordens als
Schauplatz geführt haben. Denn Nord-
kore a ist Südkorea nah und doch unend-
lich fern; zugleich vertraut und unend-
lich fremd scheinen die Menschen des
kommunistischenLandes. Nur wenige
kennen es aus eigener Erfahrung. Die
Drehbuchautoren haben vieleWeltteile
be reits nach Bühnentauglichkeit abge-
sucht. Die Sprachbarriere erwies sich
stets als grosses Hindernis. Nordkorea
stellt sich in dieser Hinsicht als ideal
da r, denn es gibt eine fremdeKulisse
ab, ohne dass es zuVerständigungspro-
blemen käme.
Es gibt bereits ein knappesDutzend
Filme in Südkorea,die dasThema «Nord



  • Süd» behandeln. Sie sind meistThril-
    ler und werden von Männern domi-
    niert.Fraue n, wenn sie denn vorkom-
    men,dienen meist der emotionalenAuf-
    lockerung. In diesenFilmenwimmeltes
    nur so von Spionen, Geheimdiensten,
    Atomwaffen,Falschgeld undkonspira-
    tiven Aktionen, diereichlich mitVerfol-


gungsszenen und wildenSchiessereien
garniert sind. Man erfährt kaum etwas
vom Leben der Menschen im Norden.
Die Filme können durchauskomplex
und thematisch vielfältig sein, aber man
weiss, welche Seite die gute ist. Allen
Werken ist ein emotionaler Grundton
unterlegt, der signalisiert, dass man zu-
sammengehört.Da die Teilung unüber-
windlich ist, gab es nie ein Happy End.
Der Film «Typhoon» benennt offen das
Grunddilemma: Zwei Männer stehen
sich gegenüber, und siekönnen weder
Feinde nochFreunde sein. EinKurzfilm
wagte 2018 als einziger eine zaghafte
Liebesgeschichte zu erzählen, welche
die Industrie in der Sonderwirtschafts-
zone von Kaesong zum Hintergrund
hat. Hier war lange einereale Begeg-
nung zwischen Menschen aus Nord und
Süd möglich.
Die Zeit schienreif zu sein, eine
unterhaltsame Romantikkomödie zu
erzählen. Die Starbesetzung – Hyun
Bin und SonYe Jin bilden einTraum-
paar – hebt denSympathiewert derProt-
agonisten. Eine Südkoreanerin mit dem
NamenYun Seri, die unehelicheToch-
ter eines mächtigen Chaebols und selber
ein e erfolgreiche Chefin einer Mode-
und Kosmetikfirma, gerät durch eine
plötzliche Böe beimParagliding nach
Nordkorea.Sie fälltvom Baum und lan-

det buchstäblich auf dem nordkoreani-
schen Offizier RiJeong Hyuk, der auf
Patrouille ist. Er hat alle Eigenschaften
einesromantischen Helden: gross, gut-
aussehend, gebildet und beschützend.
Das Grenzgebiet ist voller Minen, so wie
es ihre Liebe auch sein wird. Ri, der in
der Schweiz Klavier studiert hat,stammt
aus einerFamilie, die zu den wichtigsten
Nordkoreas gehört. Die Elite aus dem
Süden trifft die aus dem Norden.

Realistische Darstellung


So weit also das Setting. Die bekannte
DrehbuchautorinPark Ji Un deutet
subtil an,dass Korea einLand ist, denn
der NameYun hat seinen Ursprung im
Norden, während umgekehrt der Name
Ri des Nordkore aners aus dem Süden
stammt.Yun versucht nun,zurück in den
Süden zu gelangen,was sich als schwierig
erweist.Verstecken geht auch schlecht,
da sie mit ihrer Art zu sprechen und
ihremVerhalten überall auffällt. Sollte
sie entdeckt werden,bedeutet dies nicht
nur für sie eine Gefahr, sondern für alle
Beteiligten und deren Familien. Allein
schon das Zusammensein der beiden ist
illegal – im Norden wie im Süden. Die
Liebekommt schleichend, wäh rend die
beiden allerlei Gefahren durchleben.
Was wäre eineromantische Liebe ohne

Heimlichkeit und Hindernisse, die je un-
überwindlicher, desto besser sind? Ist
der Schauplatz Nordkorea, gibt es sol-
che ohne Ende.
Die Serie lebt von derrealistischen
Darstellung des Alltagslebens im Nor-
den.Da in Südkorea mehr als 30 000
Nordkoreaner leben, weiss man inzwi-
schenrecht gut über die nordkoreani-
sche Gesellschaft Bescheid. Die grossen
Unterschiede, die in der Sprache und
den Lebensumständen bestehen,führen
zu ständiger Situationskomik. Mithilfe
der Protagonistin, die völlig ahnungs-
los im Norden gelandet ist und in alles
eingeführt werden muss, lernen die Zu-
schauer, wie das Leben im Norden ist
und alles funktioniert beziehungsweise
nicht funktioniert. Südkorea wird stets
als «unteres Dorf» bezeichnet, des-
sen Produkte die Nordkoreaner jedoch
gern heimlich kaufen.Die Schilderung
des Nordens ist wenig schmeichelhaft,
zugleich aber wird einfühlsamgezeigt,
wie die Menschen dort ihren Alltag le-
ben und sich gegenseitig helfen.Es men-
schelt also.
Der Strom fällt ständig aus, so dass
manKerzen bereithalten muss, und
Kühlschränke dienen auch mal als
Kleiderschränke. In Dörfern werden
Lebensmittel in Erdgruben gelagert.
Korruptionist überall, und bettelnde

Kinder sind zu sehen. Soldaten schauen
heimlich südkoreanischeFernsehserien.
Illegale Grabräuber treiben ihr Un-
wesen,undreicheAusländer verstecken
sich in Nordkorea gegen Bezahlung vor
Strafverfolgung. Züge bleiben plötzlich
irgendwostehen, und zwar stunden-
oder sogar tagelang.

KeinKlischee wirdausgelassen


Als besonders verstörend erlebt man
die systematische Überwachung: Es
wird abgehört, und Häuser werden
durchsucht. Die Serie macht deutlich,
dass Nordkorea ein totalitäresSystem
ist. Sie zeigt aber auch, dass dort Men-
schen leben, die sich um Kinder sorgen,
nach Glück,Freundschaft und Liebesu-
chen. Nach vielen Irrungen undWir-
rungen schafft es Ri nach einem Monat,
Yun an die Grenze zu bringen.Rüh-
rend ist der Abschied. Kurz tritt er über
die Grenze, um sie zu küssen, und sagt:
«Einen Schritt kann ich ja tun.» Sie kann
aber, im Süden angekommen, nicht sa-
gen, wo sie war.
Der Schauplatz verlagert sich dann
nach Seoul, da der nordkoreanische
Gegenspieler von Ri durch einenTun-

nel in den Südenkommt,umYun zu ent-
führen. Ri und seine fünfFreunde lan-
den ebenso in Seoul. Ihre Begegnung
mit dem Kapitalismus und der Glitzer-
welt des Südens wird mit vielWitz und
Humor dargestellt. Es wird gekonnt
mit Klischees auf beiden Seiten ge-
spielt.Verhaftet vom südkoreanischen
Geheimdienst, werden sie schliesslich
gegen im Norden inhaftierte südkorea-
nische Spione ausgetauscht.
Ein Happy End gibt es dennoch,
und zwar in der Schweiz. DreiJahre
nach dem Abschiedkommt Ri als Pia-
nist in die Schweiz, wohinYun, die
eine Stiftung zurFörderung der klassi-
schenMusik gegründet hat, jedesJahr
reist, um auf ihn zu warten. Eine gran-
dioseAlpenkulisse beglaubigt das melo-
dramatischeWiedersehen – die Schweiz
ist das Märchenland,in d em die Liebe
im geteiltenKorea ein versöhnendes
Ende findet.

Die Filmstars HyunBin und SonYe Jin begegnen sich in «Crash Landing onYou» in den Alpen. PD

Polizistin bei Kontrolle


lebensbedrohlich verletzt


19-Jähriger Autolenker wird verhaftet


vö.· Bei einerFahrzeugkontrolle ist eine
Polizistin amFreitagabendin Zürich
lebensbedrohlich verletzt worden. Um
etwa 23 Uhr wollten sie und einKollege
beim Strichplatz am Depotweg in Alt-
stetten einen Personenwagen und des-
senInsassenkontrollieren.Diebeidenzi-
vilgekleidetenPolizistenwiesensichaus
undfordertendenFahrzeuglenkerauf,in
dievorgeseheneKontrollstellezufahren,
wie die Staatsanwaltschaft I für schwere
Gewaltkriminalität und die Stadtpolizei
Zürich am Samstag mitteilten.

Mehrere Metermitgeschleift


Gemäss Communiqué befolgte der un-
bekannteMann zunächst dieAnweisung
und rollte in RichtungKontrollstelle.
Plötzlich fuhr er ein paar Meter rück-
wärts. Dann beschleunigte er seinFahr-

zeug, um zu flüchten. Dabei fuhr er die
Polizistin an und schleifte sie mehrere
Meter mit. Die 38-jährige Detektivin
wurde dabei lebensbedrohlich verletzt
und musste im Spital notoperiert wer-
den. Der Lenker desPersonenwagens
flüchtete via Aargauerstrasse in unbe-
kannte Richtung, wie diePolizei wei-
ter mitteilte.

Fahrzeugsichergestellt


Die Polizei suchte nach Zeugen und
konnte das beteiligteFahrzeug schliess-
lich am Samstag sicherstellen. Der mut-
massliche Täter wurde nocham sel-
ben Tag verhaftet, wie die Kantonspoli-
zei Zürich mitteilte. Demnach handelt
es sich bei demVerdächtigen um einen
19-jährigen Schweizer, der im Kanton
Zürich wohnt.

Die Unterschiede,
die in der Sprache und
den Lebensumständen
bestehen, führen
zu ständiger
Situationskomik.

SCHLAGLICHT


Boris Johnson wird Vater
und will Pa rtneri n heiraten

(dpa)· Der britische Premierminister
BorisJohnson und seinePartnerin Car-
rie Symonds haben sich verlobt.Gemein-
sam erwarten sie Nachwuchs. Das teilte
das Paar am Samstag mit.«Der Premier-
minister undFrau Symonds freuen sich
sehr, ihre Verlobung bekanntzugeben
und dass sie imFrühsommer einBaby
erwarten», zitierten mehrereZeitun-
gen einen Sprecher desPaares. Der 55
Jahre alteJohnson ist zweimal geschie-
den und wohnt seit derRegierungsüber-
nahme imJuli mit der 31-jährigen ehe-
maligen Medienberaterin derKonserva-
tivenPartei im Amtssitz in der Londo-
ner Downing Street.

EPA / REUTERS

Mehr


Kannibalismus


unter Eisbären


(dpa)· RussischeForscher beobachten
mehrFälle von Kannibalismus unter
Eisbären. Es sei in den vergangenen
Jahren häufiger vorgekommen, dass die
Tiere Artgenossen jagen und fressen
würden.Wie Ilja Mordwinzew vom Se-
werzow-Institut für Umwelt- und Evo-
lutionsprobleme derRussischen Aka-
demie derWissenschaften inMoskau
sagte, ist unklar, ob das nur mit dem
Klimawandel zusammenhängt.«In man-
chenJahreszeiten mangelt es an Nah-
rung. Da greifen dann grosse Männchen
Weibchen mitJungen an.»
Normalerweise jagen dieBären auf
dem MeereisRobben.Weil das Nord-
polarmeerimmerlängereisfreiist,gehen
sie anLand aufFuttersuche. In den ver-
gangenenMonatengabeswiederholtBe-
richte, dass sich Eisbären menschlichen
Siedlungengenäherthaben.NachMord-
winzewsEinschätzungstellensiesichauf
die steigendenTemperaturen ein.
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