Süddeutsche Zeitung - 20.02.2020

(Sean Pound) #1
Für Winterfreunde kündigen Schneeglöck-
chen den Anfang vom Ende an. Insofern
darf nun im Allgäu offiziell davon gespro-
chen werden, dass der Frühling nicht nur
vor der Tür steht, sondern beharrlich an-
klopfend um Einlass bittet. Denn auch die
ersten Zugvögel sind schon zurück: Stare
und Kiebitze sind laut Landesbund für Vo-
gelschutz bereits auf dem Weg zu ihren
Brutstätten und hierzulande häufig in gro-
ßen Schwärmen zu sehen. Auch Amseln lie-
ßen sich dieser Tage beim Sammeln von
Moos beobachten, mutmaßlich für den
Nestbau. Dann kann es eigentlich nicht
mehr lange dauern, bis das dem Schnee-
glöckchen ähnliche Maiglöckchen hervor-
sprießt – und endgültig das Ende vom En-
de markiert. maxi

Boten des


Frühlings


von franziska langhammer

Frauenneuharting–Von einem Dorf im
Landkreis Ebersberg aus will Andreas Wie-
ser als den Weltmarkt in Angriff nehmen.
Er hat das Start-up Byprotex mitgegrün-
det, das Anfang Februar online gegangen
ist; ein Unternehmen mit vier Gründern,
drei IT-Experten und großen Zielen. Eine
ganze Branche soll in ihrem Grundgerüst
umgekrempelt werden: der Handel mit tie-
rischen Nebenprodukten.
Wieser hat Grafiken und Statistiken aus-
gedruckt und auf dem runden Holztisch
bei sich daheim in Frauenneuharting ver-
teilt, er spricht schnell und verwendet viele
englische Business-Begriffe. Wieser, pro-
movierter Betriebswirtschaftler, war nach
eigenen Angaben mehr als zwei Jahrzehn-
te bei großen Firmen wie der Commerz-
bank, der Allianz oder Siemens tätig, als Fi-
nanzexperte und im Projektmanagement,
aber interessiert habe ihn vor allem immer
eines: Prozessoptimierung. Das sei ihm
auch bei seinem letzten Arbeitgeber aufge-
fallen, erzählt er: „Da gab es unglaubliches
Optimierungs-Potenzial.“ Damals war er
kaufmännischer Leiter bei einem großen
Makler, der sich auf den Weiterverkauf tie-
rischer Nebenprodukte spezialisiert hat.


Dieser Makler kauft Produkte von so ge-
nannten Renderern, das sind Firmen, die
beispielsweise Speiseabfälle aus der Le-
bensmittelproduktion wie Knochen und
Blut mittels Hitze und chemischer Prozes-
se zu Fetten und Mehlen aufbereiten. Die-
se Produkte verkauft der Makler dann wei-
ter, zum Beispiel an die Oleochemie, an die
Hersteller von Biodiesel oder von Fischfut-
ter. Ein riesiger Markt: Allein in Deutsch-
land, so belegen Zahlen der Servicegesell-
schaft Tierische Nebenprodukte (STN), ver-
arbeiteten 35 Unternehmen im Jahr 2018
etwas mehr als drei Millionen Tonnen tieri-
sche Nebenprodukte.
Aber auch ein bislang recht altmodisch
geführter Markt, wie Andreas Wieser be-
richtet. „Angebot und Nachfrage werden
in dieser Branche komplett ohne Preis-
transparenz zusammengeführt“, sagt er.
„Die Preisfindung läuft per Fax, per Tele-
fon, per Email.“ Niemand habe Einblick,
nur der Makler. Die STN konstatiert: „Eine
Börse beziehungsweise einen globalen
Marktplatz für tierische Produkte, Neben-
produkte und Erzeugnissen daraus gibt es
nicht.“ Auch das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
hat keine Einsicht in den Handel mit tieri-
schen Nebenprodukten, wie es auf SZ-
Nachfrage heißt: „Darüber, wie diese Pro-


dukte gehandelt werden, wie diese Märkte
strukturiert sind und ob und in welchem
Umfang der Handel digitalisiert ist, hat das
BMEL keine Erkenntnisse.“
Teilweise erführen anbietende und
nachfragende Firmen nicht rechtzeitig
voneinander, sagt Wieser, sodass viele Ge-
schäfte mangels Unkenntnis gar nicht erst
zustande kämen und wertvolle Rohstoffe
einfach vernichtet würden.
Von dieser Undurchsichtigkeit profi-
tiert vor allem der Makler, die Stelle zwi-
schen Angebot und Nachfrage. Zwischen
fünf und 40 Prozent der Gewinnmargen
würde dieser pro Geschäft einstreichen,
sagt Wieser. Bisher störe das niemanden.
Wieser nennt es das „Made-im-Speck-Pro-
blem“, denn auch die beteiligten Firmen
lebten ganz gut damit, die ganze Vertriebs-
sparte an einen Händler zu übergeben.
Byprotex soll das nun ändern. „Wir ha-
ben zwei große Ziele“, sagt Andreas Wieser.
„Wir wollen den Markt digital und transpa-
rent machen, und wir wollen die Nebenpro-
dukte noch besser vermarkten.“ Käufer
und Verkäufer sollen auf einer Internet-
Plattform direkt zusammen gebracht wer-
den, ähnlich wie bei Ebay. Dadurch sollen
unter anderem auch fairere Preise für den
Endverbraucher entstehen. Statt überbor-
dender Beteiligungen verlangt Byprotex
1,5 Prozent Provision pro durchgeführter
Transaktion.
Zudem will das Start-up alle mit dem
Handel zusammenhängenden Dienstleis-
tungen auf einer Plattform vereinen, etwa
die Zertifikatsprüfung teilnehmender Kun-
den oder die Logistik; das heißt, die Ver-
knüpfung mit Speditionen, die eine Zulas-
sung haben, die Ware wie eine Art Gefahr-
gut transportieren zu dürfen. Der Erfolg
des jungen Unternehmens steht und fällt
mit einer hohen Anzahl von Teilnehmern,
daher steht neben der Suche nach Investo-
ren momentan vor allem eines auf der To-
Do-Liste von Wieser und seinen drei Mit-
gründern: Akquise. „In der Branche ist der
persönliche Kontakt sehr wichtig“, sagt
Wieser ein. „Wenn die Makler eine starke
persönliche Beziehung zu den Firmen ha-
ben, werden wir da auch nicht reinkom-
men.“ Trotzdem setze er auf einen Plus-
punkt, den seine Plattform aufweisen
kann: Der Kunde spart sich einfach Zeit.

Wieser und seine Kollegen, die er auf di-
versen Gründerforen kennengelernt hat,
haben ehrgeizige Ziele: Nach dem europäi-
schen Markt wollen sie zeitnah auch die an-
deren Kontinente erschließen. Tatsächlich
ist dies gar nicht anders möglich, denn die
Branche ist weltweit verflochten. „Die Wa-
re geht von Kambodscha nach Südafrika,
von Polen in die Türkei“, sagt Wieser. „Nur
sehr wenige Geschäfte finden wirklich nur
innerhalb von Deutschland statt.“ Auch ei-
ne weitere Nische, die Milchindustrie mit
ihren Nebenprodukten, soll mittelfristig
mit eingebunden werden.
Rückhalt hat Wieser sich aus Wirtschaft
und Politik geholt. So wertet etwa der CSU-
Bundesabgeordnete Andreas Lenz das Un-
ternehmen positiv: „Ich glaube, dieses
Start-up kann dazu beitragen, Ressourcen
effizienter zu nutzen.“
Der erste Großkunde ist bereits an Bord,
ein Abfallverwerter aus der Nähe von Er-
ding. „Wir haben die Seed-Phase hinter
uns gelassen und sind mit dem Minimum
Viable Product live gegangen“, sagt Wieser.
Übersetzt heißt das: Byprotex ist seit Kur-
zem online, Waren werden bereits angebo-
ten. Mit dem ersten Geschäft, das über die
Plattform abgewickelt wird, sagt man in
der Start-up-Szene, hat die Firma den
Markteintritt geschafft.

Memmingen– Grundschulen sind ein
beliebter Ort für Wahllokale, ein Besuch
hat deshalb auch oft etwas von einer Rei-
se ins Land der Zwerge. Vieles ist zu
klein, die Wahlkabine, der Tisch, der
Stuhl der Zweitklässler. Alles andere ist
zu groß, man selbst, der Wahlzettel und
irgendwie auch die Aufgabe, vor der
man da steht. Denn die vor allem in gro-
ßen Städten meist überdimensionierten
Wahlzettel aufzufalten und geschützt
vor fremden Blicken auszufüllen, ist ei-
ne Herausforderung. Und dann lauern
auch noch Fehlerquellen wie früher
nicht einmal im Matheunterricht: kumu-
lieren, panaschieren, Kreuzchen hier
und Kreuzchen da. Zum Glück hat sich
die Stadt Memmingen für den 15. März
nun Abhilfe einfallen lassen und auf ih-
rer Homepage einen virtuellen Wahlzet-
tel für die Stadtratswahl freigeschaltet.
40 Stimmen sind in Memmingen zu
vergeben. Damit der Wahlzettel nicht un-
gültig wird, darf der Wähler – übrigens
auch von außerhalb – nun auf dem Pro-
bestimmzettel im Internet sein Stimm-
verhalten trainieren. „So kann man mit
der Verteilung der Stimmen experimen-
tieren, ohne bei den vielen Möglichkei-
ten der neun Listen und 287 Kandidatin-

nen und Kandidaten den Überblick zu
verlieren“, sagt der örtliche Wahlleiter Di-
no Deriu. Bis zu drei Stimmen darf jeder
Wähler auf einen Kandidaten einer belie-
bigen Liste häufeln, das nennt man Ku-
mulieren. Die Stimmen dürfen auch auf
Listen unterschiedlicher Parteien pana-
schiert, also durchgemischt werden.
Wer eine Liste ankreuzt, also eigentlich
alle seine Stimmen einer Partei gibt, darf
trotzdem noch Politiker auf anderen Par-
teilisten ankreuzen, wieder mit bis zu
drei Stimmen. In diesem Fall zählen die
Wahlhelfer zunächst die Kreuzchen für
die einzelnen Bewerber. Was an Stim-
men übrig bleibt, entfällt dann auf die Be-
werber der angekreuzten Liste, in der
dort aufgeführten Reihenfolge von oben
nach unten.
Das virtuelle System ist erbarmungs-
los: Gültige Stimmen erscheinen in grü-
ner Farbe, wenn man einem Kandidaten
zu viele Stimmen gibt oder etwa insge-
samt mehr als 40 Stimmen verteilt, ver-
färben sich die Zählmarken rot. So wirkt
die Aufgabe, formgemäß zu wählen,
plötzlich gar nicht mehr so riesig. Müss-
ten also nur noch der Wahlzettel kleiner
und das Grundschulmobiliar größer wer-
den. florian fuchs

Speiseabfälle werden verkauft,


daraus entstehen zum Beispiel


Biodiesel und Fischfutter


Wählen, übungsweise


Memmingen schaltet einen virtuellen Stimmzettel frei


Online-Marktplatz


für Schweineknochen


Mit seinem Start-up will Andreas Wieser den weltweiten
Handel mit tierischen Nebenprodukten umkrempeln

Andreas Wieser will von Frauenneu-
harting aus in den Handel mit Speise-
abfällen einsteigen. FOTO: CHRISTIAN ENDT


„Die Ware geht von Kambodscha
nach Südafrika, von Polen
in die Türkei.“

FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAND/DPA

DEFGH Nr. 42, Donnerstag, 20. Februar 2020 (^) BAYERN – R15
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