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21.02.20 Freitag, 21. Februar 2020DWBE-HP
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DWBE-HP
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21.02.2021.02.2021.02.20/1/1/1/1/Wir2/Wir2 EKOCHNEV 5% 25% 50% 75% 95%
10 WIRTSCHAFT DIE WELT FREITAG,21.FEBRUAR
D
ie rasante Verbreitung
des neuartigen Coronavi-
rus schürt auch in deut-
schen Kitas und Horten
Unsicherheit über den
richtigen Umgang mit möglichen Infek-
tionsgefahren. Viele verunsicherte El-
tern fragen sich, ob und wie ihre Kinder
vor einer möglichen Ansteckung am
besten geschützt werden. Und wie ernst
diese Gefahr nach derzeitigem Stand
überhaupt zu nehmen ist.
VON ANJA ETTEL UND MAREN JENSEN
Eine Umfrage von WELT unter Trä-
gern von Kitas, Krippen, Schulbetreu-
ungen und Horten im Bundesgebiet er-
gab, dass die meisten Einrichtungen die
Entwicklung zwar aufmerksam beob-
achten, in dem Virus aber noch keine
akute Gefahr sehen.
Es seien „keine besonderen Maßnah-
men gegenüber dem Coronavirusbe-
kannt“, heißt es etwa bei der evangeli-
schen Diakonie, einem Träger von rund
9500 Kitas in ganz Deutschland.
Ähnlich äußerten sich das Deutsche
Rote Kreuz sowie die Caritas, die eben-
falls zu den größten Trägern von Kitas
und Betreuungseinrichtungen im Bun-
desgebiet gehören. Beide Institutionen
verweisen auf Anfrage auf entsprechen-
de Verhaltensempfehlungen des Ro-
bert-Koch-Instituts. Dieses empfiehlt
insbesondere mit Blick auf die derzeit
kursierende saisonale Grippe, die soge-
nannte Husten- und Nies-Etikette ein-
zuhalten, also nach Möglichkeit in die
eigene Armbeuge zu husten oder zu nie-
sen, sich häufig die Hände zu waschen
und ein bis zwei Meter Abstand zu Er-
krankten zu halten. Dies schütze auch
vor einer Übertragung des neuartigen
Coronavirus.
Doch es gibt Einrichtungen, die über
die Empfehlungen hinaus Maßnahmen
ergreifen. Schlagzeilen machte bereits
Ende Januar die bayerische Gemeinde
Gauting im Landkreis Starnberg, wo der
Autozulieferer Webasto seinen Sitz hat.
In dem Unternehmen hatten sich meh-
rere Beschäftigte nach dem Besuch ei-
ner erkrankten Kollegin aus China infi-
ziert. Einige Kitas hatten daraufhin Fa-
milien von Webasto-Beschäftigten
kurzzeitig den Zutritt verwehrt. Bun-
desgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) warnte damals vor einer Stigma-
tisierung der Betroffenen. Mittlerweile
sind nach Auskunft der Gemeinde Gau-
ting die Kitas wieder für alle Kinder ge-
öffnet.
Wie weit die Verunsicherung reicht,
zeigt sich aktuell auch am Beispiel der
Stadt Friedrichsdorf im Hochtaunus-
kreis in Hessen. Dort hat die Stadt an-
geordnet, dass Kinder, die kürzlich in
China waren, städtische Horte und Ki-
tas zwei Wochen lang nicht besuchen
dürfen, und zwar unabhängig davon, ob
sie in der besonders betroffenen chine-
sischen Provinz Hubei waren oder
nicht.
Die Stadt geht damit einen Sonder-
weg, denn eine ähnlich geartete Anord-
nung des zuständigen Gesundheitsam-
tes in Bad Homburg gibt es nicht. Das
Amt habe der Stadt „mitgeteilt, dass es
keine Bedenken sieht, gesunde Kinder
in Kitas zu betreuen, die nicht in der be-
troffenen Provinz waren und die keinen
Kontakt zu Erkrankten hatten“, heißt es
dort auf Anfrage von WELT.
„Wir wollen auf Nummer sicher ge-
hen und machen daher mit dieser Ent-
scheidung von unserem Stadtrecht Ge-
brauch“, kommentiert hingegen die
Stadt den Alleingang auf Anfrage. In
dem Taunusstädtchen mit seinen rund
25.000 Einwohnern verweist man auch
darauf, dass der Frankfurter Flughafen
als eines der größten Drehkreuze in Eu-
ropa nur rund 30 Kilometer entfernt
und bisher unklar sei, wie groß die Ge-
fahr einer möglichen Ansteckung durch
unerkannt Infizierte tatsächlich ist. Bis-
her seien drei Familien von der Quaran-
tänemaßnahme betroffen.
Von der ursprünglichen Anordnung,
wonach Familien im Anschluss an die
14-tägige Quarantäne auch noch zwin-
gend ein ärztliches Attest vorlegen soll-
ten, um nachzuweisen, dass ihre Kinder
virusfrei sind, ist die Stadt nach eigenen
Angaben allerdings wieder abgerückt.
Dies habe sich auch wegen der Beden-
ken ortsansässiger Kinderärzte als nicht
praktikabel erwiesen.
Das Gesundheitsamt Bad Homburg
distanziert sich von der Entscheidung:
„Aus medizinischer Sicht bestand zu ei-
ner solchen Maßnahme keinerlei
Grund. Weder für eine sogenannte
„Quarantäne noch für ein sogenanntes
,Gesundheitszeugnis’ zur Wiederzulas-
sung“, heißt es dort. Allerdings hätten
die betreffenden Einrichtungen das
Hausrecht und das Gesundheitsamt so-
mit keine Handhabe.
Anders sehe es aus im Fall einer „tat-
sächlichen biologischen Gefahrenlage“,
bei der das sogenannte Infektions-
schutzgesetz zum Schutz der Allge-
meinheit greife. In solchen Fällen kann
das jeweils zuständige Gesundheitsamt
eine Betreuungseinrichtung wie etwa
eine Kita, eine Krippe oder einen Hort
schließen, besondere Hygienemaßnah-
men anordnen oder auch einzelne Per-
sonen isolieren.
In Hannover, Köln und Hamburg se-
hen die von WELT befragten Kita-Trä-
ger in dem Virus derzeit noch keine gro-
ße Gefahr für ihre städtischen Kinderta-
gesstätten.
Auch in Hamburg sprechen sich so-
wohl die Sozial- als auch die Gesund-
heitsbehörde gegen vorschnelle Verän-
derungen in den Kitas aus. „Alle Ein-
richtungen haben stattdessen noch ein-
mal ein Rundschreiben über Hygiene-
maßnahmen bekommen“, sagt Dennis
Krämer vom Gesundheitsamt Ham-
burg. Falls es doch noch zu einem Ver-
dachtsfall in der Stadt kommen sollte,
würden alle Eltern und Kontaktperso-
nen der Kinder direkt informiert.
Ähnlich sieht es in Köln aus. Besorgte
Eltern könnten sich auf der Internetsei-
te der Stadt über Veränderungen infor-
mieren, sagte eine Sprecherin auf An-
frage. Es werde keinem Kind Hausver-
bot erteilt. In Hessen hat das zuständi-
ge Sozialministerium (HMSI) wegen
der vielfachen Anfragen von Eltern,
Lehrern und Schülern mittlerweile ein
Rundschreiben an die Schulleiter im
Bundesland verfasst und eine Hotline
für besorgte Bürger eingerichtet.
Derzeit sind nach Angaben der ame-
rikanischen Johns-Hopkins-Universität
mehr als 75.200 Personen mit dem Vi-
rus infiziert, davon knapp 74.200 in Chi-
na. In Deutschland gibt es bisher 16 be-
stätigte Fälle. Wie schwer es allerdings
womöglich tatsächlich ist, mit dem Vi-
rus infizierte Personen zu erkennen,
macht eine Studie deutlich, die aktuell
im „New England Journal of Medicine“
von Wissenschaftlern der Universitäts-
klinik Frankfurt veröffentlicht wurde.
Demnach befanden sich unter den ins-
gesamt 126 aus der chinesischen Metro-
pole Wuhanevakuierten Deutschen
zwei Fälle, die anhand der rein klini-
schen Diagnose nicht als Träger des Vi-
rus identifizierbar waren. „Ein symp-
tombasiertes Screening war ineffektiv“,
heißt es dazu in der Studie.
Das Virus
nährt Sorge
um Kitakinder
Der Corona-Erreger schürt auch Ängste bei
Eltern. Die meisten Einrichtungen bewahren
die Ruhe. Aber es gibt Ausnahmen
der Wirtschaft in Einklang bringt, durch
Kapitalbildung den Konsum in der Zu-
kunft zu erhöhen. Vertraut eine Gesell-
schaft in die Zukunft und verzichtet auf
Konsum in der Gegenwart, um mit frei
werdenden Mitteln mehr Kapital zu bil-
den, sinkt der Zins.
Aber er kann ebenso wenig von sich
aus null oder negativ werden, wie die
Zukunft vor der Gegenwart oder mit ihr
gleichzeitig stattfinden kann. Wird er
dennoch durch Zentralplaner dorthin
gedrückt, geht die Möglichkeit verloren,
Investitionen entsprechend ihrer zeitli-
chen Dringlichkeit und Ertragskraft zu
ordnen. Die Finanzrechnung wird un-
möglich, und Projekte werden aus spe-
kulativen oder politischen Gründen un-
ternommen. Verschuldung scheint un-
begrenzt möglich, und Finanzinvesti-
tionen in Form von Aktienrückkäufen
und Unternehmensübernahmen ver-
sprechen einen schnelleren Gewinn mit
weniger Risiko als Realinvestitionen.
Zweitens verliert der Zins seine Fä-
higkeit, einträgliche Unternehmen von
nicht lebensfähigen zu trennen. Wer
ausstehende Schuld zu Nullzinsen
scheinbar grenzenlos refinanzieren
kann, unterliegt nicht mehr der Auslese
im Markt durch Bankrott. „Untote“ Un-
ternehmen tummeln sich dort weiter.
Die Bank für Internationalen Zah-
lungsausgleich hat in einer Studie im
Jahr 2018 den Anteil dieser „Zombie“-
Unternehmen an der Gesamtzahl der
Unternehmen in 14 Industrieländern
auf durchschnittlich rund zwölf Pro-
zent geschätzt. Diese Unternehmen be-
schäftigen weiterhin Mitarbeiter, neh-
men Kredite auf und verkaufen ihre
Produkte am Markt. Aber sie tätigen
kaum noch neue, produktive Investitio-
nen und verhindern den Markteintritt
neuer und dynamischerer Firmen.
Drittens ist mit der Länge des Auf-
schwungs die Wertschätzung von kapi-
talistischer Produktionsweise und Frei-
handel abgeschmolzen. Wie der Wirt-
schaftshistoriker Werner Plumpe tref-
fend analysiert, hat der Kapitalismus
den „Wohlstand für alle“ überhaupt erst
möglich gemacht. In unserer Zeit ge-
nießt der größte Teil der Gesellschaft
einen Lebensstandard, wie ihn früher
nicht einmal Fürsten und Könige kann-
ten. Doch durchläuft die kapitalistische
Produktionsweise einen der Konjunk-
tur entgegengesetzten Zyklus. Boomt
die Wirtschaft, geht das Wissen über
die Gründe des Wohlergehens verloren.
Laut einer Umfrage der US-Kommu-
nikationsagentur Edelmann meinen 56
Prozent, dass der Kapitalismus in seiner
derzeitigen Form mehr „Schaden als
Gutes“ in der Welt anrichtet. Dabei
dürfte nur den wenigsten Befragten be-
wusst gewesen sein, dass der Kapitalis-
mus, über den sie klagen, durch die von
den Zentralbanken ausgelöste Finanzia-
lisierung korrumpiert wurde.
Dank des von den Zentralbanken ge-
spannten finanziellen Sicherungsnetzes
können Marktteilnehmer Gewinnchan-
cen wahrnehmen, ohne die Risiken tra-
gen zu müssen. Die Trennung von un-
ternehmerischer Freiheit und Haftung
ist jedoch Folge von Staatseingriffen
und dem Kapitalismus wesensfremd.
Der Verlust an Orientierung durch
den Zins, der von Zombie-Firmen ver-
breitete Mehltau und die Verdrängung
der kapitalistischen Produktionsweise
durch Planwirtschaft haben den Auf-
schwung ausgezehrt. Alt und kränklich
ist er anfällig für Störungen, wie sie von
der durch das Coronavirusverursach-
ten Krankheit Covid-19 ausgehen. Frü-
her oder später dürfte es auch den Zen-
tralbanken nicht mehr gelingen, das Le-
ben dieses Aufschwungs durch immer
neue Liquiditätsspritzen zu verlängern.
TThomas Mayer ist Gründungsdirek-
tor und Leiter des Flossbach von
Storch Research Institute
Alter doch noch zum Verhängnis wer-
den. Dafür sprechen drei Verwerfungen,
die mit der Zeit tödlich wirken dürften.
Erstens haben die Zentralbankenin
der Sorge um den Aufschwung den Zins
unter die Nulllinie gedrückt. Der Zins
ist jedoch der wichtigste Preis in einer
Wirtschaft, der die Bereitschaft einer
Gesellschaft, auf Konsum in der Gegen-
wart zu verzichten, mit der Fähigkeit
E
ine unter Ökonomen verbreitete
Regel besagt, dass Konjunktur-
aufschwünge nicht an Alters-
schwäche sterben, sondern von Zentral-
banken umgebracht werden. Vor der Er-
mordung durch die Zentralbanken dürf-
te der gegenwärtige Aufschwung sicher
sein. Sie haben ihn als schwächliches
Kind zur Welt gebracht und hätscheln
ihn bis heute. Aber dass sie ihm ein ewi-
ges Leben sichern können, ist sehr un-
wahrscheinlich.
In den USA reicht die Geschichts-
schreibung für die Konjunktur bis 1854
zurück. Im drei Jahrhunderte umspan-
nenden Durchschnitt dauerten die Auf-
schwünge 67 Monate. Der gegenwärtige
Aufschwung, der im Juni 2009 begann,
hält nun schon 129 Monate an und ist
damit der älteste der Geschichtsschrei-
bung. Gleichzeitig ist er aber auch der
schwächste. Mit einem jahresdurch-
schnittlichen Wachstum des US-Brutto-
inlandsproduktes von 2,3 Prozent liegt
er um rund zwei Prozentpunkte unter
dem historischen Durchschnitt.
Weil die Inflation unter den Zielwer-
ten der Zentralbanken wie festgenagelt
erscheint, scheint es keinen Grund für
Zinserhöhungen mehr zu geben. Man
könnte meinen, dieser Aufschwung kön-
ne ewig dauern. Doch könnte ihm sein
KOLUMNE
Der Methusalem
unter den
Aufschwüngen
THOMAS MAYER
Die Coronavirus-Epidemie gefähr-
det nach Einschätzung der EU-
Kommission immer mehr die erhoff-
te Konjunkturerholung in Deutsch-
land. Dies gelte auch für die zuletzt
schwächelnden Volkswirtschaften in
Frankreich und Italien, sagte EU-
Wirtschafts- und -Währungskom-
missar Paolo Gentiloniam Donners-
tag dem italienischen Rundfunk-
sender Radio Capital. Auch die Eu-
ropäische Zentralbank (EZB) zeigt
sich zunehmend besorgt. „Der Aus-
bruch des Coronavirus und seine
möglichen Auswirkungen auf das
weltweite wirtschaftliche Wachs-
tum sorgen für neue Unsicherheit“,
sagte Notenbank-Vize Luis de Guin-
dosin Frankfurt. Das Virus könnte
der EZB einen Grund liefern, die
Zinsen noch weiter zu senken. Der
Zins, zu dem Banken Geld bei der
EZB parken können, liegt aktuell bei
minus 0,5 Prozent. DW
EU und EZB sorgen sich um Corona-Folgen
Das neuartige Coronavirus unter dem Elektronenmikroskop
DPA
W
elches Unternehmen gibt schon
freiwillig beträchtliche Steuer-
vorteile auf? Boeing hofft mit dem über-
raschenden Verzicht auf hohe Steuer-
entlastungen an seinem Hauptstandort
im US-Bundesstaat Washington am En-
de doch Vorteile zu haben. Mit dem
Schachzug soll nämlich verhindert wer-
den, dass die Europäer im Streit vor der
Welthandelsorganisation WTO über
Staatshilfen künftig auch Zölle auf US-
Flugzeuge erheben – so wie die USA auf
importierte Airbus-Modelle. Für die Eu-
ropäer soll sich ihr Kernargument für
Zölle auf Boeing-Flugzeuge in Luft auf-
lösen, so das Kalkül der Amerikaner.
VON GERHARD HEGMANN
Der Boeing-Verzicht, über den unter
anderem die „Seattle-Times“ berichtet,
gehört zum mittlerweile 15-jährigen
transatlantischen Tauziehen und Urtei-
len der WTO über die Praxis illegaler
Flugzeugförderung. In einem Mammut-
verfahren vor der Welthandelsorganisa-
tion rechneten die Kontrahenten vor,
welche Staatsunterstützung illegal ist.
Dazu gehören bislang Boeings Steuer-
vorteile in Washington. Aber auch in
Europa gab es Verfehlungen.
Zunächst herrschte die Befürchtung
vor, die US-Regierung unter US-Präsi-
dent Donald Trump könnte aufgrund
der Verstöße der Europäer die Airbus-
Flugzeuge mit 100 Prozent Strafzoll be-
legen. Dies wäre ein Fiasko für den
Flugzeughersteller gewesen. Tatsäch-
lich wurde Ende 2019 dann zunächst
nur ein Zehn-Prozent-Zoll auf impor-
tierte Flugzeuge aus Europa eingeführt,
sowie 25 Prozent Zoll auf Wein, Käse,
Schweinefleisch, Whisky und Oliven.
Ab März steigen die Zölle auf impor-
tierte Airbus-Flugzeuge auf 15 Prozent.
Obwohl Airbus in seinem US-Werk in
Alabama Modelle der A320-Familie und
künftig auch A220 produziert, kann die-
ser Standort jedoch nicht die komplette
amerikanische Nachfrage decken. Ein
Teil der Airbus-Flugzeuge ist also mit
Strafzoll belegt: für Airbus in den USA
ein klarer Wettbewerbsnachteil.
Die Europäische Union (EU) hat be-
reits Gegenmaßnahmen angekündigt.
Zölle auf Boeing-Flugzeuge würden
wiederum den schwer angeschlagenen
US-Flugzeughersteller empfindlich
treffen. Boeing verkauft anteilsmäßig
mehr Flugzeuge in Europa als umge-
kehrt die Europäer in den USA. Eine
Steuer auf Boeing-Flugzeuge, die nach
Europa eingeführt werden, wäre für Bo-
eing also extrem schädlich. Nach dem
Debakel um das Unglücksmodell
737Max braucht der US-Konzern unbe-
dingt Neuaufträge, um im Wettbewerb
nicht weiter zurückzufallen.
Vor dem Hintergrund der bisher gel-
tenden gegenseitigen Zoll-Drohkulisse
hatte Airbus-Chef Gulliaume Faury
jüngst in Toulouse vorgeschlagen, ge-
meinsam eine Lösung zu finden. Da war
von einem Verzicht von Boeing auf die
Steuervorteile noch keine Rede. Die Eu-
ropäer spekulierten auf eine transatlan-
tische Patt-Situation in der Zoll-Frage.
Nun kommt der Schritt von Boeing, der
die Gefahr von Zöllen auf Modelle des
US-Herstellers beseitigen soll, während
es bei den Airbus-Zöllen wohl bliebe.
Im konkreten Fall will der US-Staat
Washington im Nordwesten der USA
die seit 16 Jahren für Boeing bewilligte
40-Prozent Steuervergünstigungen ab 1.
April aufheben. Sie ersparten dem Kon-
zern über Jahre Milliarden Dollar an
Steuerzahlungen. Im Jahr 2018 soll der
Betrag bei knapp 100 Millionen Dollar
allein in dem Westküstenstaat gelegen
haben und über alle Bundesstaaten bei
230 Millionen Dollar. Die Vergünstigun-
gen wurden von der Welthandelsorgani-
sation als illegale Steuervorteile einge-
stuft und sollten die Produktion des Bo-
eing 787-Modells in der Region sichern.
Angeblich gibt es jedoch eine Klausel,
dass Boeing andere Vorteile erhält, falls
die Steuervergünstigungen wegfällt.
Wenn der US-Bundesstaat Washington
das steuerliche Entgegenkommen ein-
stellt, hätten auch andere, kleinere Un-
ternehmen aus der Luft- und Raum-
fahrtbranche Nachteile. Zu den span-
nenden Fragen gehört, wo Boeing künf-
tig ein neues Modell produziert, wenn
der US-Bundesstaat Washington nicht
mehr mit Steuervorteilen lockt. Der
neue Boeing-Chef David Calhoun hatte
jüngst erklärt, dass der Konzern mit sei-
nen Überlegungen für ein neues Flug-
jüngst erklärt, dass der Konzern mit sei-
nen Überlegungen für ein neues Flug-
jüngst erklärt, dass der Konzern mit sei-
zeug völlig von vorne beginnt. Nun
dürfte im Hintergrund ein Poker um
den Produktionsstandort anlaufen.
Boeing verzichtet
aaauf Steuerrabattuf Steuerrabatt
in den USA
Taktischer Schachzug im
Zollstreit mit Europa
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