Der Spiegel - 07.03.2020

(Ben Green) #1
Geschichte lässt grüßen
Nr. 9/2020 Freiheitskämpfer oder
Egomane – in London steht WikiLeaks-
Gründer Julian Assange vor Gericht

Seit langer Zeit erscheint wieder ein aus-
führlicher Artikel zur Rehabilitation As-
sanges. In den vergangenen Jahren hielten
sich die großen Medien in Sachen Assange
häufig zurück, Solidaritätsbekundungen
waren kaum zu lesen. Der bevorstehende
Prozess, in dessen Folge wohl auch über
die Freiheit der Presse an sich geurteilt
werden wird, hat das Blatt gewendet.
Plötzlich werden die Stimmen zur Unter-
stützung des WikiLeaks-Gründers wieder
lauter. Bleibt zu hoffen, dass diese Appelle
helfen, dass es einen fairen Prozess geben

Offener Austausch
Nr. 9/2020 Warum eine 16-Jährige voll
verschleiert zur Schule gehen will

Wäre es nicht an der Zeit, einmal ordent-
lich zu definieren, was der Begriff »Reli -
gionsfreiheit« überhaupt beinhaltet? Für
meine Begriffe zum Beispiel: am Sonntag
in die Kirche gehen, am Samstag in die
Synagoge und am Freitag in die Moschee.
Heiraten und Beerdigen nach dem jewei -
ligen Ritus. Fasten in der Fastenzeit und
im Ramadan. Und sonst noch vergleich -
bare zentrale Dinge. Aber bestimmt nicht:
offensiv zivilisatorische Selbstverständlich-
keiten zu verletzen wie das Gesicht zu zei-
gen. Mit einem schwammigen Begriff von
Religionsfreiheit kann man sonst alles und
jedes rechtfertigen, sogar Frau und Kinder
zu »züchtigen«.
Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid, Leipzig

Wenn jemand nicht bereit ist, sein Gesicht
zu zeigen, ist das aus meiner Sicht mit den
Werten dieser Gesellschaft nicht vereinbar.
Ein Nikab passt nicht zu einer freiheit -
lichen Gesellschaft, vor allem nicht in die
Schule, wo man einen offenen Austausch –
auch über Kulturen hinweg – pflegen soll-
te. Ein solcher Nikab ist aber das Gegenteil
davon, es ist die klare Absage an unsere
Art zu leben und eine Provokation libera-
ler Muslime. Denn wegen solcher Negativ -
beispiele werden alle über einen Kamm
geschoren. Schade, dass die Mutter und
die Tochter es nicht wertschätzen, in einem
freien Land zu leben.
Stephan Maier, Schwalmstadt (Hessen)

Zur Arbeit statt in Quarantäne


Nr. 10/2020 Weltviruskrise – Wie
wahrscheinlich ist ein Corona-
Crash, und wie gefährlich wird die
Epidemie in Deutschland?


Die Weltwirtschaft gerät in Schnapp -
atmung, Aktienkurse fallen, iPhones wer-
den knapp, Geschäftsreisende müssen bei
ihren Familien bleiben. Zwischenzeitlich
hat unser geschundener Planet Zeit, ein
klein wenig durchzuatmen. In China ging
die Luftverschmutzung in einigen Regio-
nen bereits drastisch zurück. In Tourismus-
zielen, die normalerweise unter der Last
der Besucher beinahe zusammenbrechen,
herrschen plötzlich entspannte Zustände,
die Straßen sind leer. Millionen Flugkilo-
meter, die nicht geflogen wurden, unzäh-
lige Seemeilen der Kreuzfahrtschiffe und
Frachter, die nicht gefahren wurden, sind
ein Segen für das Klima und die gesamte
Umwelt. Dadurch hat Covid-19 in kürzes-
ter Zeit erreicht, wovon Greta nicht zu
träumen gewagt hätte. Das Virus bremst
uns alle kräftig aus. Nutzen wir die Zeit,
uns zu besinnen, was uns wirklich wichtig
ist und uns glücklich macht. Die große Het-
zerei kommt mit Sicherheit schnell zurück.
Klaus Bühler, Senden (NRW)


Mit dem Titel »Weltviruskrise« wird von
Ihnen wie auch von anderen Medien Panik
geschürt. In der Saison 2017/18 starben in
Deutschland mehr als 25 000 Menschen
am Grippevirus.
Uwe Grabenhorst, Hof (Bayern)


Covid-19 ist nicht Ebola, sondern »nur«
eine neue, pandemische, minderschwere
Infektionskrankheit, gegen die es noch kei-
ne Impfung gibt. Daher: bestmögliche Be-
handlung der leicht Erkrankten ambulant
und der schwer Erkrankten stationär. Und
damit der partielle Shutdown des öffent -
lichen Lebens vermieden wird: Wer keine
Symptome hat, geht zur Arbeit statt in
Quarantäne! Also eigentlich (fast) alles wie
in jeder winterlichen Infektwelle, business
as usual. In China beginnt offenbar bereits
das Umdenken.
Dr. med. Georg Schweitzer, Bonn


Gegen Pandemie helfen: Mundschutz ge-
gen Virus. Ohrenschutz gegen Panikmache.
Hirnschutz gegen Dummheit.
Sylvia Dürr, Innsbruck (Österreich)


In Flüchtlingslagern an den EU-Außen-
grenzen herrschen katastrophale Zustän-
de. Was wird passieren, wenn dort das
Coronavirus ausbricht? Schlecht ernährte
Menschen, die auf engem Raum zusam-
menleben, sind besonders anfällig, und bei
ihnen dürfte eine Infektion oft schwer und
auch tödlich verlaufen. Gibt es dafür be-
reits eine Planung? Oder sollen die Lager
abgeriegelt und Masseninfektionen inner-
halb der Lager in Kauf genommen wer-
den? Wird die europäische Öffentlichkeit
bereit sein, die dann zu erwartenden
Schreckensszenarien als neue Normalität
zu akzeptieren?
Dr. Guido Gebauer, Hannover

Schon die Überschrift ist falsch. Vor über
15 Jahren ging Sars um die Welt. Die Welt
hätte vorgewarnt sein müssen! Auch
Sars ging von China aus. Man hätte sich
also vorbereiten können, wollte es aber
wohl nicht. Es müsste korrekt heißen: die
Corona- Erkenntnis!
Matthias Jäger, Minden (NRW)

Der medizinische Standard in Deutschland
ist so hoch wie fast nirgendwo auf der Welt.
In der gesamten Fläche des Landes erlau-
ben Ausstattung und Qualifika tion der Mit-
arbeiter die Aussage, dass wir gut vorbe-
reitet sind. Total anders sieht es mit den
personellen Ressourcen aus. Schon die
saisonale Grippewelle bringt das personell
kaputtgesparte Gesundheitswesen an den
Rand des Kollapses. Bettenschließungen,
nicht nur auf Intensivstationen, sind an
der Tagesordnung. Solange wir weiter in
einem System mit gedeckelten Budgets in
der Privatisierung dieses Bereichs der Da-
seinsfürsorge das Heil suchen, werden wir
auch nicht die Mitarbeiter, vor allem in der
Pflege, anständig bezahlen können und da-
mit auch immer weniger Menschen finden,
die sich für diese Berufe entscheiden.
Dr. med. Wolfgang Eberl, Braunschweig

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»Bei der vom SPIEGEL beschriebenen Fehlorganisation


und den Ärzten, die erst mal nach Papa Staat rufen, können


wir froh sein, dass wir keine Choleraepidemie haben.«


Margot Rybka, Köln (Nordrhein-Westfalen)

DER SPIEGEL Nr. 11 / 7. 3. 2020

KIMIMASA MAYAMA / EPA-EFE / REX
Passantinnen vor Börsentafel in Tokio
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