Der Spiegel - 07.03.2020

(Ben Green) #1
Aus dem »Soester Anzeiger«:
»Vorgestellt werden die Rathäuser
mit einem kurzen Video, in dem der
jeweilige Bürgermeister oder die
Bürgermeisterin das Rathaus auftritt.«

Auf einer Lebensmittelverpackung:
»Die karibischen Langustenhälften
werden für Eismann vor
den Bahamas wild gefangen.«

Aus dem »Kieler Express«:
»Karibus, nordamerikanische Rentiere,
wandern jedes Jahr bis zu 1350 Kilo -
meter von ihrem Winterquartier bis zu
ihren Brutstätten – und zurück.«

Aus dem Augsburger Gratismagazin
»Trendy One«: »Allerdings
aromatisieren sich diese Kosten im
Regelfall über die Jahre, da der Boden
weder abgeschliffen noch nach wenigen
Jahren, wie zum Beispiel bei günstigem
Laminat, getauscht werden muss.«

Aus einer Konzertankündigung des
Kultur-Freundeskreises Telgte e. V.:
»Als Intermezzi erklingen Werke von
Bachs Zeitgenossen, Carl Philipp
Emanuel Bach, Domenico Scarlatti,
Benedetto Marcello, Antonio
Vivaldi und Georg Philipp Telekom.«

Zitate


Die Journalistin Mithu Sanyal
zitiert im britischen »Guardian« eine
Nachfrage des SPIEGELan
Friedrich Merz zum Attentat von
Hanau (»Die Neunziger
haben angerufen«, 26. Februar):

Diesmal hat Angela Merkel klargestellt,
dass Hanau ein rassistisches Verbrechen
war. Und ich vertraue ihr, wenn sie sagt,
dass sie alles tun wird, damit sich so etwas
nicht wiederholt. Aber ich vertraue nicht
Friedrich Merz, der ihr Nachfolger wer-
den will an der CDU-Spitze. Sechs Tage
nach Hanau schlug er vor, Terror von
rechts durch die Verfolgung ausländischer
»Clankriminalität« und die Verschärfung
der Grenzkontrollen zu bekämpfen. Als
ein Kollege vom SPIEGELihn fragte, ob
er das wirklich gesagt habe, entgegnete
Merz: »Die Antwort ist Ja.«

Die »Süddeutsche Zeitung«
analysiert Doppelspitzen anhand
eines SPIEGEL-Interviews
mit den Berlinale-Leitern Mariette
Rissenbeek und Carlo Chatrian
(»Kein Sponsor darf Einfluss
auf unser Programm nehmen«,


  1. Februar):


Vielleicht ist im Ideenhimmel, von dem
der antike Philosoph Platon sprach, ein
Engel dazu bestellt, eine traurige Geige
zu spielen, wenn schöne Ideen einen
Knacks bekommen. Falls es diesen Engel
geben sollte, dürfte er ein Begleitstück
zu einem Interview gespielt haben, das
Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek
kürzlich dem SPIEGELgaben. Das Ge-
spräch fand kurz vor Beginn der Berlinale
statt ... – und so priesen sie, wie sich das
seit einiger Zeit gehört, zunächst doppel-
stimmig die Vorzüge einer Doppelspitze.
Trotz der Probleme der Berlinale wie ab-
gesprungene Sponsoren oder ein Festival-
kino, das überraschend schließt, sei genug
Zeit für die Filmauswahl geblieben, sagte
Rissenbeek. Darum habe sich Chatrian ge-
kümmert, sie sei für das Organisatorische
und Geschäftliche zuständig. »Mariette
hielt mir den Rücken frei«, pflichtete
Chatrian seiner großzügigen Partnerin bei.
Das klang nun weniger nach Gleich -
berechtigung ... Die männlich-weibliche
Doppelspitze ist gewissermaßen die große
Koalition der Geschlechter. Anstatt den
Job in Gottes Namen einer Frau zu geben,
setzt man beide Geschlechter in die Ver-
antwortung, auf dass sie alles Weitere un-
ter sich ausmachen ... Die Frau steht dann,
wie Mariette Rissenbeek auf dem roten
Teppich bei der Berlinale, lächelnd dane-
ben, während der Mann Geschichten er-
zählt. Auch eine Art Jobsharing.

138 DER SPIEGEL Nr. 11 / 7. 3. 2020


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