Der Spiegel - 07.03.2020

(Ben Green) #1
PAUL LANGROCK

Fotovoltaikanlage auf dem Kanzleramt

EEG-Umlage
Ab 2027
überflüssig?

 Die sogenannte EEG-Um -
lage, mit der Verbraucher den
Ausbau erneuerbarer Ener-
gien mitfinanzieren, könnte
ab 2027 überflüssig sein. Das
geht aus einem Hintergrund-
papier des Bundeswirtschafts-
ministeriums hervor, das zur
Vorbereitung eines Gipfels
mit Kanzlerin Merkel und
den Ministerpräsidenten am


  1. März erstellt wurde. Die
    Umlage wird Verbrauchern
    auf ihre Stromrechnung auf-
    geschlagen. Bisher war keine
    zeitliche Begrenzung vorgese-


hen. Laut Wirtschaftsministe-
rium wird sie jedoch ab 2021
»spürbar sinken«, da die Ein-
nahmen aus einem neu ein -
geführten CO²-Preis im Ver-
kehrs- und Wärmesektor »zu
einem erheblichen Teil« zum
Abbau der Umlage genutzt
werden sollen. In den folgen-
den Jahren soll der CO²-Preis
allmählich steigen, die EEG-
Umlage weiter sinken. Da
zudem immer mehr alte Öko-
stromanlagen aus der Förde-
rung fallen, sei »nach 2026«
der »vollständige Wegfall«
der Umlage denkbar. Momen-
tan liegt sie bei 6,76 Cent
pro Kilowattstunde Strom
und macht gut 20 Prozent des
Endkundenpreises aus. SSU

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Mobilfunk
Anbieter streiten
über 5G-Ausbau

Der Mobilfunkanbieter 1&1
Drillisch hat sich beim politi-
schen Beirat der Bundesnetz-
agentur über Wettbewerber
wie die Deutsche Telekom
beschwert. Das Unternehmen
hat für 1,1 Milliarden Euro
5G-Frequenzen ersteigert.
Vorstandschef Ralph Dommer-
muth macht einen Netzneu-
bau jedoch davon abhängig,
dass seine Kunden über ein
»National Roaming« von ei -
nem der etablierten Netzbe-
treiber weiterversorgt werden,
damit sie an den Grenzen des
Drillisch-Netzes nicht in Funk-
löcher fallen. Die Auktionsre-
geln sahen dafür ein »Verhand-
lungsgebot« vor. Neun Monate
später verlaufen die Gespräche
aus Sicht von Drillisch unbe-
friedigend. Dort fürchtet man,
dass Platzhirsche wie die Tele-
kom die Gespräche verzögern,


um ihren Vorsprung auszu-
bauen – oder sogar darauf
setzen, Drillisch könne die
eigenen Netzpläne frustriert
aufgeben und seine Frequen-
zen weiterverkaufen. Der
Deutschlandchef der Telekom,
Dirk Wössner, erklärt in ei -
nem Schreiben an den Beirat,
»National Roaming« sei »kein
Standardprodukt« und müsse
»vollständig neu konzipiert
werden«. Zudem habe 1&1
Drillisch bis Ende Januar
»keinerlei Signal« gegeben,
dass die Zeit dränge. Der
Wunsch nach einem schnellst-
möglichen Angebot löse bei
ihm daher »Verwunderung«
aus. Man »prüfe, ob wir der
Bitte von 1&1 nachkommen
können«. Drillisch wider-
spricht. Man habe »stets deut-
lich gemacht, einen zügigen
Vertragsschluss anzustreben«,
heißt es dort. »Sollte sich kei-
ne zeitnahe Lösung abzeich-
nen, wird die Bundesnetz-
agentur ihre Schiedsrichterrol-
le ausüben müssen.«GT, ROM

18 %
20

40

32

61

34

FDP 16

CDU/CSU

SPD
Grüne
AfD

Linke

Umfrage Mindestlohn
»Wie würden Sie einen
allgemeinen Mindestlohn
von 12 Euro in der Stunde
in Deutschland bewerten?«

»zu hoch«

»zu niedrig« 34 %
»angemessen« 45 %

Civey-Umfrage für den SPIEGEL
vom 8. Januar bis 3. März;
5036 Befragte

Ergebnisse für »zu niedrig«
nach Wahlabsichten der
Befragten im Bund, in Prozent

Mindestlohn


Selbst FDP-Fans


wollen Anhebung


 Die Deutschen sprechen
sich mehrheitlich für einen
gesetzlichen Mindestlohn von
12 Euro oder mehr aus. Der-
zeit beträgt die gesetz liche
Lohnuntergrenze 9,35 Euro
in der Stunde. In einer reprä-
sentativen Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts
Civey für den SPIEGELhiel-
ten 45 Prozent der Befragten
einen Mindestlohn von
12 Euro, wie ihn SPD, Grüne


und die Linke fordern, für
angemessen. 34 Prozent hal-
ten den Betrag für zu niedrig,
18 Prozent für zu hoch.
Selbst unter den Anhängern
der FDP, die den gesetzlichen
Mindestlohn traditionell
ablehnt, hielten 43 Prozent
der Befragten den Betrag
von 12 Euro für angemessen,
weitere 16 Prozent noch
für zu niedrig. In der Euro -
päischen Union wird derzeit
nur in Luxemburg mit 12,38
Euro pro Stunde ein Mindest-
lohn über 12 Euro gezahlt.
An zweiter Stelle liegt Frank-
reich mit 10,15 Euro. FDI

Hafenwirtschaft
Zweitligist
Hamburg

 Dem Hamburger Hafen
droht nach Ansicht des Logis-
tikexperten Frank Ordemann
der Abstieg in die zweite Liga.
Von einer echten Konkurrenz
zu den sogenannten West -
häfen, vor allem Rotterdam
und Antwerpen, könne
»schon heute keine Rede
mehr sein«. In einer neuen
Studie hat Ordemann, Insti-
tutsleiter an der Ostfalia
Hochschule in Salzgitter, die
Wettbewerbschancen vergli-
chen. Das Ergebnis: Die West-
häfen könnten ihre Vorteile
auf der Route zwischen Asien
und Nordeuropa immer bes-
ser ausspielen. Die Kunden
gewönnen bis zu sechs Tage,
wenn sie ihre Waren in Bel-

gien oder den Niederlanden
verladen würden statt in den
deutschen Seehäfen. Auch
der Containerumschlag sei
dort billiger: In Hamburg kos-
tete er laut Studie im vorigen
Jahr 235 Euro pro Standard-
box, in Antwerpen 190 Euro.
Vor allem aber mache sich
bemerkbar, dass die Schiffe
immer größer würden und
es für sie schwieriger werde,
Hamburg zu erreichen. Daran
ändert nach Ansicht von
Ordemann die Elbvertiefung
wenig. Containerriesen der
neuesten Generation könnten
Hamburg auch künftig nur
dann anlaufen, wenn keine
ausreichende Ladungsmenge
vorhanden sei. Setze sich
die Entwicklung fort, würden
Hamburg, Bremer haven
und Wilhelmshaven »zu
einer Art Ergänzungshäfen«
degradiert. AJU, KIG
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