Der Spiegel - 07.03.2020

(Ben Green) #1
Wirtschaft

Källenius, 1969 in Schweden geboren, führt
seit Mai 2019 den Daimler-Konzern. Seine
gesamte Laufbahn hat er bei dem Stutt -
garter Autohersteller verbracht.


SPIEGEL: Herr Källenius, in den ersten
neun Monaten als Daimler-Chef haben Sie
gleich dreimal Ihre Gewinnprognosen kas-
siert und die Investoren schockiert. Der
Aktienkurs schmierte um mehr als 20 Pro-
zent ab. Im Motorsport würde man wohl
von einem Fehlstart sprechen, oder?
Källenius: Ich würde eher sagen, wir wur-
den von der Vergangenheit ausgebremst.
Die Gewinnwarnungen hingen in erster
Linie mit den Dieselverfahren zusammen.


Der Jahresgewinn 2019 wurde so von mil-
liardenschweren Sondereffekten belastet.
SPIEGEL:Ihr Vorgänger Dieter Zetsche
hatte noch Anfang 2016 erklärt, »bei uns
wird nicht betrogen, bei uns wurden keine
Abgaswerte manipuliert.« Wie würden Sie
Daimlers Rolle in der Dieselaffäre heute
beschreiben?
Källenius: Wir haben zu jedem Zeitpunkt
das kommuniziert, was die Informations-
lage hergab. Punkt.
SPIEGEL: Der Gewinn ist 2019 um fast
zwei Drittel eingebrochen. An der Diesel-
affäre allein kann das nicht liegen.
Källenius: Wenn man die Sondereffekte
durch die Dieselverfahren herausrechnet,

haben wir ein robustes Ergebnis erzielt.
Aber ich räume ein: Zufrieden sind wir da-
mit nicht. Wir haben deshalb Maßnahmen
ergriffen, um unsere Kosten zu senken.
Das gesparte Geld investieren wir in die
Zukunft, denn der technologische Wandel
erfordert gewaltige Investitionen in Elek-
troantriebe und Software.
SPIEGEL: VW hat schon 2016 Sparmaßnah-
men eingeleitet. Ist Daimler zu spät dran?
Källenius: Kosteneffizienz ist eine Aufga-
be für die Ewigkeit. Wir haben im Sommer
entschieden, dass wir unsere Sparpläne für
die nächsten zwei, drei Jahre erheblich ver-
schärfen müssen. Wir sind wählerischer
bei Investitionen geworden und geben nur

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