Frankfurter Allgemeine Zeitung - 18.02.2020

(Jacob Rumans) #1
NR.41·SEITE 7
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschland und die Welt DIENSTAG, 18.FEBRUAR

Die Aufnahmen inkenianischen Nach-
richtensendungengleiche nBildernaus
einemHorrorfilm. Sie zeigen Wolken
vonHeuschrecken, die sichüber das
Landhermachen;kahlgefressene Maisfel-
der;verzweifelteBauern, diesichmit
Spaten, Ha cken undTrillerpfeifen gegen
die Invasionder Insektenstemmen.„Wo
die Tiereaufgetauchtsind,gingen30 bis
70 Prozentder Ernteverloren“, sagt
Martin Schömburgvon de rHilfsorganisa-
tion Malteser International:„Auchdie
Viehhirten leiden,weil ihr eTierekein
Gras mehrfinden.“ Ostafrika drohe nun
eine Hungersnot.
Schömburghat sein BüroinNairobi.
Dochzurzeit pendelt er unaufhörlich
zwischen der kenianischen Hauptstadt
und Marsabit imNord en des Landes. Die
Menschen in der bitterarmen Gegend
nahe der äthiopischen Grenze leiden
nochunter denFolgen einer Dürre.Nun
sind sie der biblischen Plageausgesetzt –
und benötigen im Moment vorallem
Futtermittel und Saatgut.
Seit Wochen warnen Mitarbeiter der
Welternährungsorganisationder Verein-
tenNationen (FAO)vor derKatastrophe
in Os tafrika.Zunächs twaren dieWüsten-

heuschrecken (Schistocerca gregaria), die
aus dem Jemenkommen, inÄthiopien
aufgetaucht, danachinSomalia, das seit
Jahrenvonislamistischen Milizenterrori-
siertwird undwo Hunger und Anarchie
seit 1991 eherNormal- alsAusnahme-
zustand sind.Vondortbewegten sie sich
in RichtungKenia. Mittlerweile sind die
ersten Grillen in Uganda und imNord en
Tansanias gesicht et worden.Dasssie
irgendwann ihren Weginden kriegs-
versehrtenSüdsudanfinden, scheint nur
nocheine Frageder Zeit. Rund 13 Millio-
nen Menschen seienvonHunger bedroht,
schätzt dieFAO. Es handelesichbei der
derzeitigenPlageumdie schwersteseit
25 Jahren in Ostafrika, inKenia so garseit
70 Jahren.
„Wellen umWellen vonHeuschrecken“
seien inKenia eingefallen, sagt Keith
Cressman, der bei derFAOfür dieVorher-
sagevon Heuschreckenschwärmen zu-
ständig ist. ZumTeil hätten die Schwär-
me eine Größevon2500 Quadratkilome-
tern.Umdie Plagezubekämpfen, haben
die VereintenNationen um 76 Millionen
Dollar Soforthilfegebeten. Bisher seien
allerdings erst etwa smehr als 20 Millio-
nen zugesagt wurden, darunter zehn Mil-

lionen Dollar aus einem UN-Nothilfe-
budget,eine Millionvonder Europäi-
schenUnion und 800 000 Dollarvonden
VereinigtenStaaten.
Die kenianische Regierung hat vier
Leichtflugzeugeindie Krisengebietege-
schickt, sieversprühen Insektizide. In
Uganda,wo schon siebenBezirke betrof-
fensind, sollen Drohnen und Hubschrau-
ber zum Einsatzkommen–nochist da-
vondortallerdings nichts zu sehen.
Reporter der ugandi schen Tageszeitung
„Monitor“ entdecktenimAmudat-Be-
zirk, der direkt an derkenianischen Gren-
ze gelegen ist, nur ein paar Soldaten mit
Sprühdosen, die denKampfgegen die
Übermacht der Grillen aufgenommen
hatten. Ugandas Landwirtschaftsminis-
terAggreyBagiireversprach, Kampf-
hubschrauber in das Gebietzuentsen-
den. Zudemwürden Soldaten für den
Kampfgegen dieTiereausgebildet.
Die Vereinten Nationen sehen darin ei-
nen Wettlaufgegendie Zeit.Demnächst
beginnt die nächste Regenzeit, in der sich
die Nymphen, wie die Jungheuschrecken
genanntwerden, besondersleicht vermeh-
ren. „Dann“, sagt Martin Schömburg,
„geht es erst richtig los.“

Elton Johnenttäuscht
UnterTränen und ohneStimmemuss-
te Elton John am Sonntag einKon-
zertinAuckland abbrechen.Nurweni-
ge Stundenvor Beginn desKonzerts
wurde bei dem 72 Jahrealten briti-
schen Sänger einebeginnendeLun-
genentzündung diagnostiziert.Trotz
der DiagnosesagteJohn die Show
nicht ab, musstejedochwährend des
Auftr itts immer wieder pausieren.
Zwischendurch wurde er auf der Büh-
ne ärztlichversorgt.Nachetwader
Hälftedes Konzertsversagteseine
Stimme dannvollends. „Es tut mir
leid“, sagteerzuseinenFans, bevor
er,von einem Helfergestützt,die Büh-
ne verließ. Sir Elton John istderzeit
auf seinerWelttournee „Farewell Yel-
lowBrick Road“. AufInstagrament-
schuldigteersichbei seinenFans:
„Ichbin enttäuscht, aufgewühlt, und
es tut mir leid. Ichhabe allesgege-
ben.“ Zweiweiter eKonzerte in Auck-
land sollennach einem zusätzlichen
TagPause am Mittwochund Donners-
tagstattfinden. jsh.

Natali aWörne rverunsichert
Die SchauspielerinNatalia Wörner
erlebt die #MeToo-Debatte als befrei-
end. „Ichfinde es gut, dassdie Män-
ner verunsichertsind“, sagtesie den
Zeitungen „Münchner Merkur“ und
„tz“. „Die Gleichstellung,vonder wir
so gernereden, diegabesaus weib-
licherPerspektivedochnie.“Oftkom-
me das Argument, dasssichviele
Männer nicht mehr trauten, mit einer
Frau imFahrstuhl zufahren. „Das ist
läche rlich“ ,sagte die Zweiundfünfzig-
jährige. „Wie viele Frauen waren
beim Fahrstuhlfahren in derVergan-
genheit unfreiwillig anzüglichen Bli-
cken, Kommentaren und Berührun-
genausgesetzt?“ LangeZeit habe es
keine Sprache für ihreGefühlegege-
ben, kein Instrumentarium, das zu
verorten und sichabzugrenzen. „Das
hat sichzum Glückverändert.“ dpa

D


uweißtschon, dassman mit
dem Todkeine Scherze macht,
Junge“, sagten die Männer.Es
warJuni,Zeit der Europameis-
terschaft, und die MännerschautenFuß-
ball:ein Projektor,eine Hauswand–Pu-
blic Viewing selbstgemacht. Den töd-
lichen Unfall im TeichamDorfrand
bekam niemand mit. Undden Hilferuf des
Elfjährigen, der da mit seinemFahrrad
am Gartenzaun lehnte,hielten die Män-
ner zunächstfür einen Scherz.
Aber der Junge meint eesernst. Er such-
te seine drei Geschwister. Sein fünfjähriger
Brudertrieb leblos imTeich, die beidenan-
deren Kinderwaren verschwunden.Also
rannten die Männer los.ZumWasse rseien
esvomGartenaus keine 200 Meter, sagt ei-
nervon ihnen im JanuarvorGericht.Zu
zweit zogen sie denFünfjährigen an Land
und begannenmit de rReanimation.
Kaum jemandimDorfhätte es für mög-
lichgehalten,dassjemandimTeicher-
trinkenkönne, obwohl er sogroß is twie
ein halbes Fußballfeld. Für die Dorfbewoh-
ner is terfür dieFreizeit da: ImWinter fah-
rensie darauf Schlittschuh, im Sommer
sprin gensie zurAbkühlung hinein, und
abends wirdamUfergefeier t. Nie sei am
Teichetwas passiert, sagen dieBewohner
–bis am 18. Juni 2016 drei Kinder in ihm
ertranken.
Dreieinhalb Jahrespäter klagtedie
Staatsanwaltschaftden BürgermeisterKle-
mens Olbrich (CDU)wegenfahrlässiger
Tötung durch Unterlassun gan. „Er hätte
um die Gefahren wissen und denDorf-
teicheinzäunen müssen“, sagt Staatsan-
wältin Kerstin Brinkmeier.Das Verfahren
amAmtsgerichtSchwalmstadt könnteSig-
nalwirkung haben:WirdOlbric hverur-
teilt, müssten andereBürgermeister sich
ebenfallsfür Gewässer in ihren Gemein-
den verantwortlichfühlen.
Als derNotarzt an jenemUnglückstag
kam, reanimierte aucherden Jungen wei-
ter, obwohl die Chancen schlechtstanden:
Bei einemAchtzigjährigen hätteman es
nicht mehrversucht, sagt der Arzt später
vorGericht.Fürden Fünfjährigengaber
alles–vergeblich. Derweil ging im Dorf
die Suche nachder achtjährigen Schwes-
terund dem neunjährigen Bruderweiter:
Die DeutscheLebens-Rettungs-Gesell-
schaf t(DLRG) und diePolizei rückten an.
Die Einsatzkräfte stellten Scheinwerfer
auf, um in der Dunkelheit dieUfer-
böschungabsuchen zu können. InStr eifen
fuhren diePolizistendurchsDorf, um an
Ortenzusuchen, an denendie Geschwis-
tersonstspielten. Man hoffte, die Kinder
seienweggerannt, hättensichversteckt,
als der Bruder insWasser gefallen war.
„Auchdas halbe Dorfsuchte mit“, sagt
die Besitzerin des Gasthauses„Jägerhof“.
Seigertshausen mit seinen altenFachwerk-
häusernist ein Ortsteil derStadt Neukir-
chen im nordhessischen Schwalm-Eder-
Kreis.Wo der Dorfrand in dieFelder aus-
franst,stehen Neubauten inPastellfarben
und Einfamilienhäuser aus den siebziger
Jahren, aberauchvon Sträuchernüber-
wucherte Scheunen und Landwirtschafts-
geräte.Keine700 Menschen leben hier.
Gegen 23 Uhr schließlichbargenzwei
Taucher der DLRGdie Leichender beiden
Geschwisteraus demTeich. „Daswarder
schwersteEinsatz,den wir je hatten“, sagt
der Leiterder Einsatzgruppe. Auchder
Arzt sagt:„MeinTeam und ich, wir haben
alle geheult, wirklich.“ In Seigertshausen

wurde einFest am See abgesagt,stattdes-
sen gabesGedenkgottesdienste.
Das Dorfhabe zusammengehalten, sa-
gendie Menschen. Gemeinschaftist groß,
wo wenigAbwechslungherrscht,und in Sei-
gertshausengibt es außer der Grundschule
und der Kirchenur eine Metzgerei, einNa-
gelstudio und einen Gasthof. Viele Bewoh-
ner sindbei derFreiwilligenFeuerwehr,im
EvangelischenFrauenchor, im Trachtenver-
ein. Das Dorffeiertauf der Kirmes, für die
Jugend organisier tdie BurschenschaftAus-
fahrten in dieNachbardö rfer.
JanBujakowski is t39Jahrealt undlebt
in der Mittedes Dorfs.Ersagt, dasses
nachdem Todesfall „selbstverständlich“ge-
wesen sei, dassdie Ge meinschaft Geld für
dieBestattung derKinder sammelte.Und
das, obwohl die deutsch-syrischeFamilie
erst ein Jahr zuvorinsDorfgezogenwar.
DieMutte rhattesichgewünscht, das sihre
Kinder imGrünenaufwachsen undfrei
spielenkönnen–„vogelfrei“,sagt Jan Buja-
kowski. Fürdie Kinder derFamilie sei das
ganzeDorfein „Abenteuerspielplatz“ge-
wesen. Überal lseien siemit demFahrrad
herumgefahren, au ch mitten auf derStra-
ße.Die Dorfbewohner hättenden Vater
derKinder daraufhingewiesen, dasserauf-
passe nmüsse. Passiert sei nichts.Die Mut-
terstand wegendes Verdachts derVerlet-
zung derAufsichtspflicht sogar schonvor
Gericht, verurteilt wurde sieabernicht.
Leise erzähltdie kleineFrau im Gericht
vondem Tagdes Unfalls. Sie wirkt, als
würde sie sichunter ihrem hellenMantel
mit Kunstfellkragenverstecken, nur ein
schwarzergeflochtenerZopf schaut her-
vor, sie sprichtgebrochenes Deutsch. In
der Zeit, in der sie dasAbendessenvor-
bereitete,verlor sie drei ihrer sechs Kin-
der.Wie schwer das wiegt, istihremPart-
ner,einem kräftigen Bauarbeiter,anzuse-
hen. Er istVater der zwei jüngeren Kinder,
die ertrunken sind.Als er vondem Anruf
erzählt, der ihnwährend des Einkaufens
erreichte, beginnt er zu schluchzen. Das
Gericht unterbricht die Sitzung.
DieSeigertshäuserverstehen nicht, war-
um sichder BürgermeistervonNeukir-

chen vorGerichtverantwortenmuss. Der
Todder Kinderwar„ein blödesUnglück“,
sagt eineFrau, die mit ihrem Mopsvonei-
nem Spaziergang über dieFelderzurück-
kommt.Dafürdürfe nicht der Bürgermeis-
terverantwortlichgemachtwerden. Bis-
her sei an demTeichnie etwaspassiert,
weil die Kinder mit ihm aufgewachsen sei-
en und die Gefahr einschätzenkonnten.
Und: Die Dorfkinderkonnten schwim-
men. Daskonnteder Fünfjährigenicht,
und die zwei anderen nur „einbisschen“,
wie ihreMutter vorGericht sagt.

EinBewohner hatsogar eine Online-Pe-
titiongegendas Ge richtsverfahren gestar-
tet. Darinforderter, nicht denBürgermeis-
terverant wortlichzumachen: „Sobald
man Kinder alleinrausläs st,drohenimmer
Gefahren. “DieBür gerstünden hinterihm,
sagt BürgermeisterOlbrich.„Es herrscht
Unverständnis,dass es überhaupt zu die-
semVerfahren kommt, und man fragt sich:
Warumhat dieStaatsanwaltscha ft es nicht
scho neinges tellt?“ SeineUnterstützer sit-
zenauchimGericht ssaal: viele Bekannte,
die er mitHandschlag begrüßt,und sechs
Bürgermeister aus demUmkreis. „AusSoli-
darität“,sagt Olbrich. „Schließlichsteht
hier eineraus de rZunftvor Ge richt.“
Olbrich,gekleidetindunkleJeans,Ka-
rohemd und Jackett, hofft auf Freispruch.
Er siehtkeine Schuld bei sich: Erwäre nie
auf die Ideegekommen, denTeichals ge-

fährlic heinzuschätzen. „Niemand hat
michjemals darauf aufmerksam ge-
macht.“Wiezum Beweis zeigt er ein Pla-
katmit EinladungzueinerSchulabschluss-
feier,die 1997 amTeichstattfand, und
eine Postkarteaus den Siebzigernmit dem
Foto eines Paddelboots auf demTeich.
Unterstützt wirdOlbric hvon Rechts-
anwalt Karl-ChristianSchelzke, der alsge-
schäftsführender Direktor des Hessischen
Städte- und Gemeindebundesauchein
politisches Amt innehat.Für ihn gibt es
diesenGerichtsprozess nur,weil die
Machtlosigkeit angesichts eines tragi-
schenUnfalls nicht zu ertragen sei.In der
Verhandlunggeht es auchumBegrifflich-
keiten: Handelt es sichbei dem Gewässer
am Dorfrand um einen Löschwasserteich
oder ein Löschwasserreservoir? Ein
Löschwasserteichmüsst enacheiner Ver-
ordnung gemäß DIN-Normmit einem
1,25 Meterhohen Zaunumgeben sein.Ein
Löschwasserreservoir hingegen brauche
dies nicht, sagt derRechtsanwalt.
Tatsächli ch dientedas Gewässer nach
Abnahmedurch das Wasserwirtschafts-
amt Kassel Ende1976 als Löschwasser-
teich, wofür damals allerdingskeine Um-
zäunung notwendig war. Im Brandfall
wäre Wasser entnommen worden. Der
Vertragwar auf 20 Jahregeschlossenwor-
den. In der Zwischenzeit hat dieStadt Neu-
kirchen Löschwasserfahrzeugegekauft,
die im Brandfall anrücken. AmTeichwur-
de ein Beachvolleyballplatzgebaut,eine
Grill stelle und eineHütte, die fürFeste
gemietetwerdenkann. FürRechtsanwalt
Schelzkesind das Hinweise auf eine Ent-
widmung des Ortes:Aus dem Löschwas-
serteichsei einFreizeitortgeworden.
Selbstwenn es sichnicht um einen
Löschwasserteichhandle,für den ein
Zaun eindeutigvorgeschrieben ist, so sei
ein Zaun dennochwichtig, sagtStaats-
anwältinBrinkmeier in einerVerhand-
lungspause. „DerTeichist aufgrund seiner
baulichen Besonderheiten viel,viel gefähr-
lich er als dernormaleDurchschnitts-Dorf-
teich.“ Ursprünglichwurde erkünstlich
mit demWasser aus dem anliegenden
Grenzebachaufgestaut und seitdem im-

mer wieder ingemeinschaftlichen Dorf-
aktionen mitUnterstützung der Feuer-
wehr und Materialspenden örtlicher Fir-
men ausgebessert. Dabeiwurde einTeil
der Uferböschung neugepflas tert.Genau
dortzogen die Ersthelfe rund Rettungs-
kräf te die Kinder später aus demWasser.
Der neugepflas terteTeil der Böschung
sei seit dervergangenen Baumaßnahme
sehr steil undrutschig, sagtStaatsanwäl-
tin Brinkmeier.Essei schwer,ander Stel-
le aus demWasser zu kommen, sagen die
Einsatzkräfte vorGericht: Die DLRGhat-
te eine Leiter insWasser gelegt, damit die
Taucher ,die nach den zwei Kindernge-
sucht hatten, aus demWasser kamen.
Die Kinderschafften es wohl nicht, sich
aus demWasser zu retten. Spurenzeigen,
dasssie es versuchten: Die abgeschürften
Fingernägel an der Hand des Mädchens
zeugenvon„Kratzen über Beton“, sagt
der Rechtsmediziner vorGericht. Es
scheint, als hättedas Kindversucht, sich
an der abschüssigen Uferböschung oder
anderenBetonflächenfestzuhalten.Ver-
mutlichfiel eines der Kinder insWasser
undzog die anderen mit hinein, als siever-
suchten, es aus demWasser zu retten. So
sagt es einPolizistvor Gericht aus.
Neusei ihm dasrutschig eUfernicht,
sagt auchJan Bujakowski. Wenn derTeich
etwa alle zwei Jahreabgelassen undge-
putztwerd e, dann hätten auchdie freiwilli-
genHelfer Schwierigkeiten hinauszukom-
men. Die Forderung derStaatsanwalt-
schaf tnach einemZaun teilt er nicht. „Ein
Zaun bringtgarnichts“, sagt er.„Kinder
finden Wege,drüberzusteigen.“
In Seigertshausen setzt man auf Eigen-
verantwortung.Auch na ch dem Unfall hat
die Gemeinde denTeichnicht einzäunen
lassen.Stattdessenstehen nun Piktogram-
me am Ufer,damit selbstkleineKinder er-
kennen,dassder Teich gefährlic hist.Die
Stadt Neukirchen, zu der Seigertshausen
gehört, bietetseit November 2017 unent-
geltliche Schwimmkursean. Anstatt den
Kindernden Zuga ng zum See zuverweh-
ren, bringt man ihnen das Schwimmen
bei. Ob dasreicht, entscheidetsichvermut-
lichamDonnerstagbei derUrteilsverkün-
dung vorGericht.

KurzeMeldungen


Der DorfteichinSeigertshausen:In derNähe desStegs hintenrechts zogen Einsatzkräfte die drei ertrunkenen Kinder aus demWasser. FotoSophieRebmann

Ostafrik adroht eine Hungersnot


Soldaten sollen Heuschreckenschwärmestoppen.VonThilo Thielke,Kapstadt


reb. DÜSSELDORF.Nacheinem
illegalenAutorennen in Moersmit
einemTodesopfer mussein 22 Jahre
alter Kosovare wegenMordes lebens-
lang ins Gefängnis. Einen gleichaltri-
gendeutschenStaatsbürger, der das
zweit eAuto bei demRennengesteu-
erthatte, verurteiltedas Landgericht
Kleve am MontagwegenTeilnahme
an einemverbotenenKraftfahrzeug-
rennen mitTodesfolgezueiner Frei-
heitsstrafevon drei Jahren und neun
Monaten. Er hattenochrechtzeitig
abgebremst.
Nach Erkenntnisder Ermittler hat-
tensichdie beiden jungen Männer im
vergangenen April auf demParkplatz
eines Supermarkts in Moersgetrof-
fen. Aufeiner zweispurigenWohn-
straßebeschleunigten sie ihrejeweils
mehr als 500 PSstarkenFahrzeuge
dann rücksichtslos. Schließlichzog
der Kosovare,der keine Fahrerlaubnis
besitzt, seinen Mercedes AMG auf die
linkeSpur,umseinenKontrahenten
zu überholen. Dabei erreichte sein
Auto eine Spitzengeschwindigkeit
vonmehr als 160 Kilometern in der
Stunde und prallte auf einer Kreu-
zung mitvoller Wucht in den Kleinwa-
geneiner 43 Jahrealten Frau, di egera-
de in die Straße einbiegenwollte.
Statt sichumdie schwerverletzte
Frau zukümmern, entferntesichder
Verursacher humpelndvomUnfall-
ort, seinRenn-Kontrahentfloh in sei-
nem geliehenenRangeRover.Die
zweifache Mutterstarb dreiTage spä-
teranihren schwerenVerletzungen.
Der MoerserFall zählt zu einergan-
zen Reihe vonillegalenAutorennen in
Städten wieFrankfurt,Köln, Hagen,
Mönchengladbachoder Berlin,bei de-
nen in denvergangenen Jahren unbe-
teiligteFußgänger,Rad- undAuto fah-
rerverletzt odergargetöt et wurden.
Nach einer längeren politischen Debat-
te verschärfteder Gesetzgeber im
Herbst2017 den Sanktionsrahmen für
verbotene Rennen erheblich. Seither
sieht Paragr aph 315d desStraf-
gesetzbuchs fürRaser,die Verkehrsteil-
nehmer schwerverletzen odertöte n,
bis zu zehn Jahren Haftvor.
Verurteilungen wegenMordes wie
nun in Moerssind bisher sehr selten;
der Bundesgerichtshofhat dafürstren-
ge Voraussetzungen definiert. Diese
sah das Landgericht Kleve am Mon-
tag als erfüllt an.„Wenn jemand es
für möglichhält, dassein anderer um-
kommt und er dann trotzdem handelt
und sichdamit abfindet, dassdies ein-
tritt, istdas Tötungsvorsatz“, sagte
der Vorsitzende Richter in seiner
mündlichenUrteilsbegründung. Der
Angeklagtehabe gewusst,„wasfür
eine Waffe“ er mit dem hochmotori-
siertenLeasingfahrzeug seines Va-
ters bediente. AlsAutomonteur habe
der jungeMann genaue Kenntnis da-
vongehabt, wiestarkdas Fahrzeugge-
wesen sei. Das Mordmerkmal desge-
meingefährlichen Mittels liegeauf
der Hand.

Muss es einen Schuldigen geben?


Kampfgegen Heuschrecken:DieserRanger imNorden Kenias gibtKoordinaten an
Flugzeugeweiter ,die dannPestizideversprühen. FotoAP

Lebenslang


nachtödlichem


In He ssen ertranken Raserunfall


2016 dreiKinderin


eine mDorfteich.Nun


stehtder Bü rgermeis ter


desOrtes vorGeri cht.


VonSophieRebmann


WolleneinenFreispruch:Bürgermeister
Klemens Olbrich(links) und sein Anwalt
Karl-Christian Schelzke Fotodpa
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