Süddeutsche Zeitung - 17.02.2020

(Marcin) #1
von thomas kistner

I

n den Achtzigern war „Kir Royal“ sehr
beliebt, eine TV-Satire zur Münchner
Schickeria. Da versucht ein neurei-
cher Provinzfabrikant, sich in die Bussi-
Gesellschaft einzukaufen, er pappt Leu-
ten Geldscheine an die Stirn und erklärt
dem Klatschreporter, den er als Türöffner
benötigt: „Isch scheiß dich sowat von zu
mit meinem Geld, dass de keine ruhige Mi-
nute mehr hast! Dann biste mein Knecht!“
Der Fußball dominiert die Geldschei-
ßer-Kultur der Gegenwart – aber nicht in
Paderborn, Brescia oder Burnley. Das gro-
ße Geschäft dreht sich nur um ein Dut-
zend Superklubs: Barcelona und Real Ma-
drid, Bayern und Juventus Turin, Paris so-
wie die Big Six der Premier League: Liver-
pool, Tottenham, Chelsea, Arsenal und die
Manchester-Klubs United und City. Sie do-
minieren seit einer Dekade einen Sport,
der bis dahin, fast vergessen, von der Un-
vorhersehbarkeit lebte. Heute sind Dou-
ble- und Triple-Gewinne in diesen Topli-
gen die Norm, international schaffte Real
von 2016 bis 2018 sogar das Champions-
Triple. Meister in Spanien, England, Itali-
en durchbrachen die 100-Punkte-Mauer.


Geld schießt keine Tore? Ist Geschichte.
Endlos viel Geld erlegt jeden Klub, das ist
die Realität. Den Fußball regiert ein Milli-
ardärszirkel, für den es immer so weiterge-
hen soll. Und nun passiert etwas, das in die-
ser neuen Ordnung nicht vorgesehen ist:
dass die Regeln, die man halt so hat, wirk-
lich angewendet werden! Dass also, wie im
Fall Manchester City, ein Superklub für
Verstöße sanktioniert und ihm der Cham-
pions-League-Zugang verwehrt wird.
In den Citizens trifft es den prolligen
Provinzfabrikanten. Als Einzige verfügen
die Nordengländer im Glitzerklüngel der
Superklubs über keine engen, gewachse-
nen Verbindungen, umso brachialer wer-
fen sie mit Geld um sich. Das ist der Unter-
schied zum ähnlich gelagerten Sündenfall
Paris St.-Germain, wo wie bei City ein Emi-
rat Regie führt. Aber Katar hat sich raffi-
niert vernetzt. Es pflegt eine Langzeitstra-
tegie, die in der WM 2022 gipfelt, das Emi-
rat ist mit dem Sender BeIn Sports Groß-
abnehmer von Uefa-TV-Rechten und mit
vielen anderen Tentakeln im Wurzelwerk
des Milliardengeschäfts verankert; PSG-
Boss Nasser al-Khelaifi sitzt gar im Vor-
stand der Uefa. Als die Fahnder des Finan-
cial Fairplay anklopften, stritt PSG das Of-
fenkundige nicht einfach ab, der Klub
wich zurück und strickte smarte Storys da-
für, warum Katars Tourismus-Staatsbe-
hörde Riesenbeträge in den Etat pumpte.


ManCity fuhr die harte Tour. Der Klub
der Herrscherfamilie in Abu Dhabi be-
stritt, dass nur ein Bruchteil der Geldflüs-
se tatsächlich vom Sponsor kam, der Flug-
linie Etihad, der große Rest aber aus In-
vestments des Scheichs Mansour. So wie
es den Anschein hatte – und im klubinter-
nen E-Mailverkehr beschrieben wird. Des-
sen Ruchbarwerden führte zu der Strafver-
schärfung, das Vergehen selbst war ja be-
kannt und per Geldstrafe sanktioniert
worden. Aber nun sahen sich die Ermittler
von City absichtlich irregeführt.
Die Mails verrieten auch, wie unantast-
bar sie sich bei City fühlten, dank der Geld-
speicher am Golf: Es hieß, die arabischen
Eigner würden die Millionenstrafe lieber
in die weltbesten Anwälte stecken als in
Strafzahlungen an die Uefa. Schießt viel
Geld also nicht nur Tore, sondern auch kla-
re Reglements zusammen? City zieht vor
den Cas, es wird die Strafe als unverhält-
nismäßig und als Benachteiligung gegen-
über PSG beklagen. Das wird eine Ant-
wort auf die Kernfrage liefern: Welche Rol-
le spielt der schiere Mammon im sich
selbst organisierenden Sport?
Der Gegner, die Uefa, macht bisher kei-
ne schlechte Figur. Dabei spielte in den
ersten FFP-Verfahren gegen PSG und die
Citizens der damalige Uefa-General eine
sehr zwielichtige Rolle, er half den Klubs,
allzu harte Sanktionen zu umgehen. 2016
wechselte der Funktionär mit dem ambi-
guen Verhältnis zu Finanzregeln an die
Spitze des Weltverbandes Fifa, wo er nun
weiter eine Finanzaffäre an die nächste
reiht. Erst wollte Gianni Infantino klamm-
heimlich fast alle Fifa-Rechte an arabi-
sche Investoren verhökern, jetzt versucht
er, die Superklubs in eine Weltliga unterm
Fifa-Dach zu locken. Und gerade flog auf,
dass in Afrika, wo er seinen größten Rück-
halt hatte, Dutzende Millionen an Fifa-
Fördergeldern spurlos versickert sind.
Die Uefa führt heute Infantinos Erz-
widersacher: Aleksander Ceferin. Der Slo-
wene ist Quereinsteiger, kein Geschöpf al-
ter Seilschaften. Wurde deshalb erstmals
in der kumpelhaften Fußballwelt ein so
hartes Verdikt unabhängiger Prüfer nicht
torpediert? Die neue Uefa zeigt, dass sie
nicht vor der Macht des Geldes einknickt
oder mit dieser Macht gemeinsam immer
absurdere Finanzquellen ausheckt. Aber
jetzt muss sich weisen, welche Rolle sie
wirklich innehat in der Manege der Super-
klubs: Zuchtmeister oder Zirkuspferd?
Für den Fußball wäre eine klare Verur-
teilung ein Gewinn. Sie zöge die rote Linie
für alle, deren Eigner in sportfernen Roh-
stoffländern sitzen und Regeln für Dekor
halten. Geht die Sache aber schief, wird
bald der glühendste Fan feststellen, dass
das Spiel verloren ist. Und es nur noch um
die nächste goldene Ananas geht.

von javier cáceres

K

aum, dass die Nachricht vom Bann
des europäischen Fußballverban-
des Uefa gegen Manchester City die
Runde gemacht hatte, war die Branche von
einer Frage elektrisiert, die der italieni-
schenGazzetta dello Sportam Samstag
zum Aufmacher gereichte: „Pep, che fai?“


  • „Was machst du jetzt, Pep?“
    Pep, das ist Josep Guardiola, einst Trai-
    ner des FC Barcelona und des FC Bayern.
    Seit 2016 ist der 49 Jahre alte Katalane bei
    Manchester City beschäftigt. Er hat seit-
    dem jeweils zweimal die englische Liga,
    den Ligacup und den Supercup gewonnen
    sowie einmal den FA-Pokal. Doch den wich-
    tigsten Auftrag des Eigners Scheich Man-
    sour bin Zayed Al Nahyan aus Abu Dhabi –
    die Champions-League-Trophäe nach
    Manchester zu holen – hat er in bislang
    drei Anläufen mit den Himmelblauen, den
    Skyblues, nicht erfüllen können. Guardio-
    las Vertrag läuft bis 2021. Aber wenn die
    von der Uefa wegen „schwerwiegenden
    Verstößen“ gegen das Financial Fair Play
    verhängte Sperre wirklich von 2020/21 an
    greifen sollte – würde Guardiola dann sei-
    nen Vertrag erfüllen? Jetzt, nachdem die
    Uefa die „Atombombe“ gezündet hatte,
    wie es der englischeIndependentin martia-
    lischer Sprache erklärte? „Che fai, Pep?“
    Gute Frage.


Öffentlich hat sich Guardiola noch nicht
geäußert. Am Wochenende hatte City spiel-
frei, seine Mannschaft muss erst am Mitt-
woch wieder antreten, um das wegen des
Sturmtiefs Sabine abgesagte Spiel gegen
West Ham nachzuholen. Personen, die Zu-
gang zu Guardiola hatten, nachdem die
Uefa am Freitagnachmittag den City-Ver-
antwortlichen informell angekündigt hat-
te, die Strafe öffentlich zu machen, versi-
chern zweierlei: dass Guardiolas Hals ex-
trem angeschwollen sei – und dass er ge-
willt ist, sich demonstrativ zu ManCity zu
bekennen. Man könne sogar darüber spe-
kulieren, ob Guardiola seinen Vertrag ver-
längert, heißt es – unabhängig davon, dass
er unlängst mit der ironischen Bemerkung
aufhorchen ließ, dass die Klubbesitzer ihn
wohl entlassen müssten, wenn er in die-
sem Mai nicht das Champions-League-Fi-
nale von Istanbul gewinnt. Ein erneuertes
und belastbares Commitment Guardiolas
wäre für Manchester City jedenfalls Gold
wert – aus kurz- und mittelfristigen, aus
sportlichen und politischen Gründen.
Zum einen gäbe dies der mutmaßlich
arg verdutzten Mannschaft aktuell Sicher-
heit. Kommende Woche steht das Hinspiel
im Achtelfinal-Schlager der Champions
League gegen Real Madrid an. Zum ande-
ren könnte ein Verbleib des Trainers ver-
hindern, dass der Kader auseinanderfällt.
Ob Guardiola eine Vertragsverlängerung,
wenn es sie denn geben sollte, wirklich er-
füllen würde, sei dahingestellt. Aber den
handelnden Personen bei ManCity – dem
Vorstandsvorsitzenden Ferran Soriano
und dem Manager Txiki Begiristain – ist er
persönlich so sehr verbunden, dass er sie
wohl nicht im Stich lassen würde. Guardio-
la ist zudem ein Faktor für die Karrierepla-
nung einiger seiner Profis, denn er gilt als
inspirierender Coach, der Spieler besser
machen kann. Nur: Reicht das?
Bei den Fußballmillionären von City
dürfte allein der Gedanke, dass sie sich
zwei Jahre lang die Champions-League-

Hymne nur auf der Fernsehcouch anhören
dürfen, körperliche Schmerzen verursa-
chen. Dabei wird just diese Melodie von
den Fans im Etihad-Stadion seit Jahren
ausgepfiffen, aus Protest dagegen, dass
die Uefa schon einmal eine Strafe gegen Ci-
ty ausgesprochen hatte. Dies ist – zusam-
men mit den umstrittenen Videoschieds-
richterentscheidungen aus dem verlore-
nen Viertelfinale der Vorsaison gegen Tot-
tenham Hotspur – der beste Humus für
Verschwörungstheorien, die in Manches-
ter grassieren. Dort vermutet man, dass
der Uefa ein Champions-League-Sieger
Manchester City nicht gelegen käme.
Unabhängig davon wissen wertvolle Pro-
fis des Klubs wie die deutschen National-
spieler Ilkay Gündogan (Vertrag bis 2023)
und Leroy Sané (2021), dass sie auch an-

derswo sehr viel Geld verdienenundum
die funkelndsten Trophäen des Fußballs
mitspielen könnten. Gleiches gilt für den
Argentinier Sergio Aguero (bis 2021), den
Brasilianer Gabriel Jesus (2023), den Eng-
länder Raheem Sterling (2022), den Portu-
giesen Bernardo Silva (2022) und erst recht
für den Belgier Kevin De Bruyne (2023).
Gut möglich also, dass Leroy Sané nicht
der einzige abwanderungswillige City-Ak-
teur bleibt. Der DFB-Stürmer war im Som-
mer 2019 vom FC Bayern angebaggert wor-
den und blieb womöglich nur wegen seiner
schweren Knieverletzung in Manchester.
Gewiss ist, dass nun eine ganze Armada an
Agenten ausschwärmen wird, um Topspie-
ler von City anderswo unterzubringen – zu-
mal diese nun vergleichsweise billig, unter
Umständen sogar ablösefrei zu haben wä-

ren. Das jedenfalls erklärte der Sportrecht-
ler John Mehrzad von der Londoner Kanz-
lei Littleton Chamber. Seiner Ansicht nach
könnten die Spieler wegen der Uefa-Sper-
re eine entschädigungslose Auflösung ih-
rer Arbeitsverträge erreichen, wenn sich
nachweisen ließe, dass City durch unredli-
ches Verhalten eine Vertragsgrundlage na-
mens „Treu und Glauben“ verletzt hat.
Umgekehrt wird es für City nun schwie-
riger, neue Stars anzulocken, das zeigt sich
auch am besten Spieler der Welt: Erst vor
wenigen Tagen wurde Guardiola auf das
gerne kolportierte Gerücht angesprochen,
der beim FC Barcelona zunehmend generv-
te Lionel Messi könnte bei City auf dem Ein-
kaufszettel stehen. Das galt schon immer
eher als Fantasie-Szenario. Doch nun ist so
etwas sogar als Denkmodell vom Tisch.

FINANCIAL FAIRPLAY

Zuchtmeister oder Zirkuspferd


Mirror(England): „Massaker am Valen-
tinstag! Guardiolas Traum liegt in Trüm-
mern. City hat die Uefa in die Irre geführt,
sie haben Zahlen aufgeblasen, bei den Ein-
nahmequellen betrogen. Das Strafmaß
macht die Schwere der Straftat deutlich.“
Telegraph(England): „Die Bestrafung
von City durch ist ein Wendepunkt – das
Zeitalter der uneingeschränkten Macht
für milliardenschwere Besitzer ist vorbei.
Die drastische Sanktion wird in der Bran-
che nachhallen. Das weltweite Publikum
war es gewohnt, dass Geld und Macht maß-
geblicher sind als die Verbände. “
Corriere della Sera(Italien): „Manches-
ter City, mit einem geschätzten Wert von
fünf Milliarden Euro der reichste Klubs
des Weltfußballs, wird ausgeschlossen.
Doch das Erdbeben im europäischen Fuß-
ball hat damit erst begonnen.“ sid

Der europäische Fußballverband Uefa hat
Englands Meister Manchester City wegen
Verstößen gegen die Regeln des Financial-
Fairplay-Programms für zwei Jahre – be-
ginnend zur Saison 2020/21 – aus der
Champions League ausgeschlossen. Die
zentralen Fragen und Antworten zum Fall:


Wie funktioniert das „Financial Fair-
play“ (FFP) der Uefa?
Die Regeln sollen Vereine an Überschul-
dung und zügellosem Geldausgeben hin-
dern und die Zuschüsse von privaten Inves-
toren bzw. Klubbesitzern begrenzen. Das
FFP gilt seit 2011 und schreibt vor, dass
Klubs nicht mehr Geld ausgeben dürfen
als sie einnehmen, gerechnet wird über ei-
nen Zeitraum von drei Jahren. Ein Inves-
tor/Mäzen – wie zum Beispiel bei Manches-
ter City der Scheich Mansour bin Zayed Al
Nahyan aus Abu Dhabi – darf innerhalb die-
ses Zeitraums lediglich Verluste von maxi-
mal 30 Millionen Euro ausgleichen. Zu ho-
he Transferdefizite in einer Saison können
innerhalb der zwei folgenden Jahre aufge-
fangen werden. Zudem sind Zuwendungen
von Sponsoren nur in „verhältnismäßiger“
und marktgerechter Höhe erlaubt. Ausga-
ben für Infrastruktur, Jugend- und Frauen-
fußball können Klubs ohne Auswirkungen
auf das FFP vornehmen.


Warum wurde Man City verurteilt?
Formal zuständig für die Prüfung ist eine
unabhängige Kommission namens CFCB,
die in eine ermittelnde und eine rechtspre-
chende Kammer geteilt ist. Diese erklärte
am Freitagabend, dass gemäß der ihr vor-
liegenden Beweise Manchester City im


Zeitraum zwischen 2012 und 2016 Sponso-
reneinnahmen in der Bilanz überbewertet
habe. Zudem habe es der Klub versäumt,
bei den Ermittlungen zu kooperieren. Ge-
nauere Angaben zu den Argumenten für
den Ausschluss will das Gremium erst ma-
chen, wenn der Internationale Sportge-
richtshof (Cas) den Fall geprüft hat.
Laut der FFP-Bestimmungen kann zum
Beispiel ein Trikotsponsoring nicht ein-
fach auf eine x-beliebig hohe Summer ta-
xiert werden, die weit über die branchenüb-
lichen Tarife hinausgeht. Und es ist eben-
falls ein verbotener Umgehungs-Trick,
wenn hohe Summen angeblich von Sponso-
ren kommen, die in Wahrheit eng mit dem
Klubbesitzer verflochten sind. Denn da-
durch kann dieser viel mehr Geld in seinen
Verein pumpen, als es ihm das FFP in sei-
ner Rolle als Investor gestattet.
Eine solche Konstellation soll bei Man-
chester City etwa beim Deal mit der Flug-
linie Etihad vorgelegen haben, wie 2018
veröffentlichte Dokumente aus dem Foot-
ball-Leaks-Projekt nahelegten. Von 80 Mil-
lionen Euro für den Klub sollen nur zehn
Prozent tatsächlich von der Fluglinie stam-
men, die genau wie der Klub der Herrscher-
familie aus Abu Dhabi gehört. Via Sponso-
renvertrag sollen die Scheichs dem Klub
unzulässig viel Geld zugeschossen haben.
City bestritt Fehlverhalten stets und beteu-
erte, die Informationen seien falsch und
aus dem Kontext gerissen.

Kommt das Urteil überraschend?
Viele Jahre führte das Financial Fairplay
nur für kleinere und mittlere Vereine zu
harten Konsequenzen wie dem Ausschluss

aus den Wettbewerben. Bei richtig großen
Klubs wie Manchester City oder dem aus
Katar alimentierten Paris Saint-Germain
griff es hingegen kaum. Beide Vereine er-
hielten 2014 lediglich Geldstrafen in Höhe
von 60 Millionen Euro, die später zudem
noch reduziert wurden.
Kritiker monierten daher stets, dass das
FFP keinen Sinn ergebe, wenn die Regeln
nicht konsequent angewendet würden.
Und dass die Uefa es sich nicht wagen wür-

de, auch mal ein lukratives und einflussrei-
ches Zugpferd der Champions League aus
dem Wettbewerb zu werfen. Doch seit eini-
ger Zeit wird anders mit Verstößen umge-
gangen. Kürzlich war bereits der ruhmrei-
che AC Mailand für ein Jahr für die zweit-
klassige Europa League gesperrt worden.

Bleibt es bei der Zwei-Jahres-Sperre?
Das ist die große Frage. ManchesterCity
hat angekündigt, unverzüglich vors Inter-

nationale Sportgericht Cas in Lausanne zu
ziehen. Neben den inhaltlichen Fragen
dürfte es dabei eine Strategie von ManCity
werden, der Uefa und den zuständigen Gre-
mien Voreingenommenheit vorzuwerfen.
Dies ergab sich aus einem ersten State-
ment des Klubs, in dem er darauf verwies,
dass der belgische Chefermittler einen Aus-
schluss schon früh als Option bezeichnete.
Es ist allerdings fraglich, ob das als Argu-
ment zieht, denn den Ausschluss als mögli-
che Sanktion zu nennen, ist ja lediglich ei-
ne Wiedergabe der Regularien. Jedoch ist
es aufgrund der üblichen Verfahrensdauer
kaum vorstellbar, dass das Sportgericht
bis zum Start der nächsten Champions-
League-Saison zu einem Urteil kommt; al-
so könnte es noch weitere juristische Wen-
dungen oder Eilverfahren geben.
Manchester City hatte bereits im No-
vember den Cas angerufen, um die laufen-
den Ermittlungen zu stoppen – ohne Er-
folg. Paris Saint-Germain dagegen, dem
aufgrund der Zuwendungen aus Katar ähn-
lich konstruierte Verstöße gegen das FFP
vorgeworfen werden, war mit einer Klage
beim Sportgerichtshof erfolgreich: Wegen
eines Formfehlers musste die Uefa Ermitt-
lungen im März 2019 einstellen.

Droht City weiterer Ärger?
Ja. Auch der englische Verband FA ermit-
telt gegen den Klub und steht angesichts
des Uefa-Urteils unter Druck. Verschiede-
ne englische Medien berichteten bereits
von der Möglichkeit, dass sogar der Entzug
des Meistertitels von 2014 drohe. Doch das
gilt aus sportjuristischer Perspektive als
quasi unvorstellbar. Unabhängig von der

unklaren sportlichen Perspektive würden
City durch das doppelte Verpassen der
Champions League Einnahmen von ge-
schätzt 180 Millionen Euro entgehen. Hin-
zu kommen zu erwartende Ausfälle von
Sponsoreinnahmen aufgrund des Image-
verlusts des Vereins.

Was passiert mit Manchester Citys Cham-
pions-League-Startplatz?
Da die Strafe nicht die Premier League
trifft und City die Saison sehr wahrschein-
lich auf einem der vorderen vier Plätze ab-
schließt, würde wohl bei einer Bestätigung
des Urteils der Tabellenfünfte in die Kö-
nigsklasse nachrücken.

Was bedeutet das Urteil für die Zukunft
des FFP?
Die Uefa und die zuständige Prüfkommissi-
on wollen offenkundig beweisen, dass sie
gewillt sind, das gültige Regelwerk wirk-
lich konsequent umzusetzen – auch gegen
Großklubs. Allerdings gibt es unabhängig
von diesem Verfahren und der Strafe ge-
gen Manchester City auch generelle Kritik
an der Konstruktion des FFP. Nach Ansicht
mancher Juristen verstößt es gegen euro-
päisches Recht; zudem beinhaltet es bei sei-
nem Versuch, den Wettbewerb gerechter
zu gestalten, auch eine Wettbewerbsverzer-
rung. Denn es bevorzugt Klub wie zum Bei-
spiel Real Madrid oder den FC Barcelona,
die ihre gigantischen Investitionen in den
Zeiten tätigten, in denen noch keine Ein-
nahmen-Ausgaben-Regeln gültig waren –
und zementiert somit auch die bestehen-
den Verhältnisse im internationalen Fuß-
ball. j. aumüller, m. schneider

„Erdbeben“
Pressestimmenzum City-Ausschluss

ManCity bei Real Madrid
Das Achtelfinaleder Champions League

Mit neuer Härte gegen die Millionen-Tricksereien


Erster Ausschluss eines reichen Klubs, angekündigter Einspruch vor dem Sportgerichtshof in Lausanne, weitere drohende Strafen – die zentralen Fragen und Antworten zum Fall Manchester City


Flucht vor der Fernsehcouch


Wasnun, Pep Guardiola? Nach der Champions-League-Sperre für zwei Jahre droht Manchester City ein Exodus
der besten Spieler – zumindest der Trainer erwägt, sich demonstrativ zum taumelnden Verein zu bekennen

Der Sündenfall PSG ist etwas


anders gelagert als ManCity


DEFGH Nr. 39, Montag, 17. Februar 2020 (^) SPORT HMG 25
Dienstag, 18. Februar (Rückspiele: 11. März)
Borussia Dortmund – Paris St. Germain 21.00
Atlético Madrid – FC Liverpool 21.00
Mittwoch, 19. Februar (Rückspiele: 10. März)
Atalanta Bergamo – FC Valencia 21.00
Tottenham Hotspur – RB Leipzig 21.00
Dienstag, 25. Februar (Rückspiele: 18. März)
FC Chelsea – FC Bayern München 21.00
SSC Neapel – FC Barcelona 21.00
Mittwoch, 26. Februar (Rückspiele: 17. März)
Real Madrid – Manchester City 21.00
Olympique Lyon – Juventus Turin 21.00
Viertelfinale: 7./8. April bzw. 14./15. April.
Halbfinale: 28./29. April bzw. 5./6. Mai.
Finale: 30. Mai 2020 (in Istanbul).
Juwelen des Man-City-Kaders: der deutsche Nationalspieler Leroy Sané (links)
und der frühere Wolfsburger Kevin De Bruyne. FOTO: DAVID BLUNSDEN / IMAGO
Die Summe seiner Denksportaufgaben nimmt drastisch zu – Pep Guardiola, seit 2016 in Manchester. FOTO: PIXSELL/IMAGO
Jürgen Klopp, Trainerdes englischen Titelrivalen
FC Liverpool, zum Uefa-Urteil gegen Manchester City
„Um ehrlich zu sein:
Es tutmir wirklich leid für
Pep und die Spieler.“

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