Die Welt - 18.03.2020

(Jeff_L) #1

BEI DER POLIZEI


ERKLÄRTE DER


ANGEKLAGTE,


VERDECKTE


ERMITTLER HÄTTEN


IHN „REINGELEGT“


F


ast 14 Jahre nach dem spurlosen
Verschwinden der Schülerin Ge-
orgine Krüger hat das Berliner
Landgericht einen 44-jährigen Mann
des Mordes und der Vergewaltigung
schuldig gesprochen. Der Familienvater
wurde am Dienstag zu einer lebenslan-
gen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Ver-
schwinden des 14-jährigen Mädchens
war über Jahre einer der bekanntesten
Vermisstenfälle in Deutschland. Die
Leiche Georgines wurde bis heute nicht
gefunden.
Mit dem Urteil entsprach das Gericht
im Wesentlichen der Forderung der
Staatsanwaltschaft. Demnach hatte der
Deutsche mit türkischen Wurzeln Ge-
orgine am Nachmittag des 25. Septem-
ber 2006 unter einem Vorwand in sei-
nen Keller in einem Mietshaus im Stadt-
teil Moabit gelockt. Dort schlug er sie
bewusstlos, vergewaltigte sie und er-
würgte sie zur Verdeckung der Tat.
Der Angeklagte, der in derselben
Straße wie Georgine wohnte, geriet erst
2016 unter Verdacht. Auslöser war ein
Verfahren gegen ihn wegen sexueller
Nötigung einer anderen Jugendlichen
in seinem Keller. Funkzellenauswertun-
gen und Angaben des Mannes gegen-

über einem verdeckten Ermittler der
Kriminalpolizei führten im Dezember
2018 zur Festnahme. Die Staatsanwalt-
schaft war überzeugt, der Verdächtige
habe dem verdeckten Polizeiermittler
klassisches Täterwissen erzählt.
Bei der Polizei hatte der heute 44 Jah-
re alte Mann die Vorwürfe zurückgewie-
sen und erklärt, verdeckte Polizeier-
mittler hätten ihn „reingelegt“. Einer
von ihnen habe von einer „nervenden
Freundin“ gesprochen und ihn gefragt,
ob er die Frau für viel Geld verschwin-
den lassen könne. Er habe eine „Ge-
schichte erfunden“, um an das Geld zu
kommen. Im Prozess schwieg der Ange-
klagte. Seine Verteidiger hatten Frei-
spruch gefordert. Sie sprachen im Pro-
zess von einer „provozierten falschen
Selbstbelastung“. dpa

Fall Georgine:


Lebenslange Haft


fffür Angeklagtenür Angeklagten


Schülerin verschwand vor


fast 14 Jahren spurlos


Der Angeklagte vor Beginn der Ver-
handlung in einem Gerichtssaal

DPA

/ PAUL ZINKEN

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18.03.20 Mittwoch,18.März2020DWBE-HP


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STIL


PERSONALITIES


K


urz nach halb acht hat
Frank Conrad seinen Klein-
bus voll. Acht Patienten hat
der Chef einer Berliner
Pflegeeinrichtung für Se-
nioren zu Hause abgeholt. Jetzt fährt er
sie in seine Tagesstätte im Berliner Sü-
den. Zwei weitere Busse sind unter-
wegs, 18 Gäste werden Conrad und sei-
ne Mitarbeiter heute begrüßen. Es gab
sechs Absagen, einige Angehörige sind
besorgt und möchten ihre Lieben we-
gen des Coronavirus besser zu Hause
behalten.

VON STEFAN FROMMANN

Normal sind 24 Patienten in zwei
Gruppen à zwölf in der Britzer Einrich-
tung, die direkt an das ehemalige Gelän-
de der Bundesgartenschau grenzt. Etwa
zwei Drittel von ihnen sind Alzheimer-
oder Demenzkranke. Frank Conrad
wird sie abends wieder nach Hause
bringen. Dazwischen gibt er ihnen vier
Mahlzeiten, schenkt ihnen Unterhal-
tung und ein wenig Lebensfreude. Von
der Schwere ihrer Krankheit hängt ab,
wie viel sie davon tatsächlich mitbe-
kommen. Das Schönste aber ist: Sie dür-
fen die Nacht wieder in ihren vier Wän-
den verbringen, zu Hause in ihrem Bett
und nicht in einem Heim. Aber gerade
das macht es in diesen Tagen so gefähr-
lich. Die wenigsten von ihnen wissen
von Corona, von einem Virus, der für

ihre Altersgruppe so schnell tödlich
werden kann, dabei liest ihnen eine
Pflegerin jeden Tag mehrere Zeitungen
vor. Das mögen sie sehr, doch die meis-
ten haben gleich wieder alles vergessen,
auch den Corona-Schrecken.
Ihre Unwissenheit ist verheerend.
Gerade Demente verspüren häufig ei-
nen Bewegungsdrang und fühlen sich
im Freien am wohlsten. Was sie außer-
halb der Aufenthaltszeiten in seiner Ta-
gesstätte tun, weiß Frank Conrad nicht.
Was er sicher weiß: Täglich mischen
sich bei ihm die Gruppen neu, insge-
samt kommen so pro Woche 50 unter-
schiedliche Personen in die Tagesstätte.
Plus Personal, also 64.
„Ehrlich gesagt würde ich am liebsten
schließen. Das wäre besser für alle. Un-
sere Gäste wären zu Hause isolierter

und damit sicherer und mein Personal
geschützt“, sagt Frank Conrad. Allein
die Kostenfrage hält ihn davon ab, seine
Tagesstätte auf eigene Faust zuzuma-
chen. Wie der Kindergarten gleich ge-
genüber: Dort wurden alle nach Hause
geschickt, lediglich das Kind zweier
Pfleger ist mit einer eigenen Erzieherin
noch da. Sie erzählt stolz wie großzügig
sich der Berliner Senat zeigt und sämtli-
che ausfallenden Kosten für die Kita
übernimmt. Von einer solchen Rege-
lung sind Seniorentagestätten ausge-
schlossen.
Nach einem Norovirus-Befall, der ihn
schon einmal nah an die Insolvenz
brachte, schloss Conrad vor Jahren ex-
tra eine Versicherung ab. Im Falle des
Norovirus hätte sie jetzt längst gegrif-
fen. Weil Standards und Personal-
schlüssel nicht eingehalten werden
könnten, würde das Gesundheitsamt
die Tagesstätte vorübergehend dicht
machen. Bei Corona ducken sich alle
weg, wie der Fall in einem Hamburger
Altenheim zeigt.
Dort starb ein 76-jähriger Mann an
den Folgen von Covid-19. Von den 14
Pflegekräften auf seiner Station melde-
ten sich daraufhin zwölf mit grippeähn-
lichen Symptomen krank. Jetzt küm-
mern sich zwei Pfleger um 53 Patienten.
Normal gilt ein Personalschlüssel von
eins zu vier, hier aktuell von eins zu
26,5. Doch die sonst so strenge Heim-
aufsicht schaut in diesen Tagen großzü-

gig weg. Sie verschickt aus dem Home-
office Mails mit dem Hinweis, man mö-
ge die persönlichen Kontakte doch bitte
reduzieren. Wie das gehen soll, fragt
sich auch die Geschäftsführerin einer
hessischen Tagesstätte, die namentlich
nicht genannt werden möchte, weil sie
sonst Repressalien der Heimaufsicht
fürchtet.
„Zwei Meter Abstand einzuhalten ist
völlig utopisch“, sagt sie. „Üblicherwei-
se haken sich Patienten bei ihren Pfle-
gern unter, sie werden zur Toilette be-
gleitet und zum Teil sogar gewaschen.
Wir hören nur viele gute Ratschläge,
werden aber eigentlich total allein ge-
lassen.“
Frank Conrads Berliner Pflegedienst-
leiterin hat einige Neuerungen einge-
führt, mehr sei nicht drin, sagt sie. Alle
messen seit ein paar Tagen Fieber, so-
bald sie die Tagesstätte betreten. Da-
nach müssen sie sich erst mal sehr lange
die Hände waschen. „Warum wir das so
machen, das verstehen sie überhaupt
nicht“, sagt Pflegedienstleiterin Car-
men Eberhard.
Sobald jemand auch nur grippeähnli-
che Symptome zeigt, fährt ihn Conrad
nach Hause. In Hessen dürfen Tages-
pflegestätten in Krankheitsfällen im-
merhin drei Tage abrechnen, in Berlin
ist das nicht gestattet. Wer erst beim
Abholen erfährt, dass sein Patient sich
nicht so fühlt oder aus irgendeinem an-
deren Grund nicht kommen mag, der

geht finanziell leer aus und bleibt auch
auf den Kosten für die Leerfahrt, Lohn
und Benzin, sitzen.
Die Versicherung teilte Frank Conrad
inzwischen mit, sie werde erst für aus-
fallende Kosten einspringen, wenn von
staatlicher Seite die Notwendigkeit ei-
ner Schließung begründet wird. Auf An-
frage der WELT schreibt das Bundesge-
sundheitsministerium dazu: „Die Ver-
ordnungen der Länder zum Verbot bzw.
Begrenzung öffentlicher Veranstaltun-
gen betreffen ggf. auch spezielle Ange-
bote für Senioren wie Altentagesstät-
ten. Bei Einrichtungen der Tagespflege,
deren Angebote ggf. auch zur Sicher-
stellung der pflegerischen Versorgung
notwendig sein können, ist auf Einhal-
tung aller notwendigen Maßnahmen
zum Infektionsschutz zu achten. Dazu
kann insbesondere zur Kontaktreduzie-
rung in Gebieten, in denen vermehrt
Fälle bekannt wurden, auch die präven-
tive Schließung von Tagespflegeeinrich-
tungen gehören.“
Doch die Gesundheitsämter in Ber-
lin, Hessen und anderen Bundesländern
wollen davon bislang nichts wissen.
Bayern ist vorgeprescht und hat auch
Seniorentagestätten in sein umfassen-
des Corona-Bekämpfungskonzept inte-
griert. Bei Facebook macht unterdessen
ein Post die Runde: Jetzt rufen und be-
ten alle, damit die Pflegekräfte durch-
halten. Als die Pflegekräfte gerufen ha-
ben, hat keiner zugehört!

Zeit des Vergessens: Es gibt Senioren, die gar nicht wissen, wie gefährdet sie derzeit durch das Virus sind. Und es gibt Bundesländer, die offensichtlich nicht an ihre Senioren denken


PICTURE ALLIANCE/ DPA

/ FRANK MAY

Alt und VERGESSEN


Corona-Irrsinn:


Während


Kindergärten sofort


schließen, bleiben


Tagesstätten für


Senioren in manchen


Bundesländern


geöffnet


A N Z E I G E


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