Frankfurter Allgemeine Zeitung - 08.04.2020

(Ann) #1
D

asis tjamaletwasNeues:Do-
nald Trump sagtNettigkei-
tenüber einen Demokraten;
über Joe Biden. Der istbekanntlich
nicht irgendein Demokrat, sondern
einer,der gut ebis sehr guteChancen
hat, der Herausforderer im Kampf
um dasWeiße Haus zuwerden. Wes-
wegender Amtsinhaber eine Ver-
leumdungskampagnegege nihnanzu-
zettelnversucht hatte;waswiederum
ein peinliches Amtsenthebungsver-
fahren zurFolgehatte. Nunhat Bi-
den,untätig undetwasorientierungs-
los zu Hause sitzend,Trumpangeru-
fenund mit ihm über die Corona-Kri-
se gesprochen. Wunderbar,warmher-
zig, wirklichgut sei das Gesprächge-
wesen, sagt der Präsident.Das ist
schön. Angesichtsweiter steigender
Infektions- undTodeszahlen ruhen
groß eErwartungenaufTrump, voral-
lemdie, das sersichderKrisegewach-
sen zeigt, dassernicht weiter Salz in
die Wunden dergroßen amerikani-
sche nSpaltungreibt, sondernmorali-
sche Größe undKompetenz zeigt.
Gerade wasdas Krisenmanage-
mentanbelangt,hat ersichbislangal-
lerdings nicht sonderlichhervorge-
tan. In derFrühphase der Krisegab
er meistdümmliche Kommentare
zum Besten–während seinen Bera-
tern die Dimension derPandemie
undderenpolitischeund wirtschaftli-
cheFolgenschonklarwar. Düsterwa-
renihrePrognosen. Mankann nur
hoffen,das ssie sic hgeirrthaben. An-
fang April spricht aber nichts dafür.
Am Ratwirdesnicht gelegen haben,
wenn dieVereinigtenStaaten einen
fürchterli chen Preis zahlenwerden,
und zwar auf Jahrehinaus.


Nur ein Telefonat


VonKlaus-DieterFrankenberger

I


naktuellenUmfragen erleben CDU
und CSU nachlangerTalfahr tein
Umfragehoch, das sie wieder deut-
lichüber denVolkspar teigrenzwert
von30Prozent bringt. Die für dieUnion
erfreulichenZahlen sind demVertrauen
geschuldet, das viele Bürgerdem Krisen-
management der Bundesregierung bei
der Bekämpfung der Corona-Pandemie
entgegenbringen. Dochdie schönenZah-
len verdeckenein strukturelles Problem,
das besondersder CDU schon seit Jahren
zu schaffenmacht, ohne dasssie darauf
bis jetzt eine Antwortgefunden hat.
Werder CDUvorwenigen Jahrenvor-
ausgesagthät te,dasssie in manchenTei-
len Deutschlands auf denStatus einer
Splitterparteiabstürzt,wäre ausgelacht
worden. Im Jahr 2013, als dieUnion mit
Angela Merkelbei der Bundestagswahl
41 Prozent holte, schien diechristlich-de-
mokratischeWelt noc hinOrdnung. Sie-
ben Jahrespäter erreicht die CDU bei der
HamburgerBürgerschaftswahl am 23.Fe-
bruar in manchenWahlbezirkenwie Bah-
renfeld oderWilhelmsburgnur noc hzwei
bisdreiProzentderStimmen.IhrGesamt-
ergebnis in der Hansestadt warimmerhin
mit 11,2 Prozent nochknapp zweistellig,
das reicht evor der Linken für Platz Drei.
Der Abstand zu den Grünen hingegen
betrug 13 Prozentpunkte, die damit nach
Baden-WürttemberginHamburgalszwei-
temBundesland die CDU deutlichüber-
holt haben.Unddas in einerStadt, in der
die Partei bis zur Jahrtausendwende meist
respektable Ergebnissevon30bis 43 Pro-
zenteinfuhr.Von2001anstelltesiemitih-
remSympathieträger OlevonBeustals
Zugpfer dfür elf Jahreden Er sten Bürger-
meister. Sie machte den über Jahrzehnte
sozialdemokratischwählenden Hambur-
gern mit einem liberalen undweltoffenen
Spitzenkandidaten einPersonalangebot,
das der CDU bei der Bürgerschaftswahl
2004 mit 47,2 Prozent sogar erstmals die
absoluteMehrheitverschaffte.
Der Verlustvon gut 36 Prozentpunkten
innerhalbvon16Jahrenin der zweitgröß-
tenStadt Deutschlands markiertauf be-
sondersdrastische Weise einechronische
Schwäche der CDU,die in derParteispit-
ze seit Jahrenverdrängt wird.Überlagert
wirddieser Befund zudem durch die De-

batteüber die Wählerverlus te an die
Rechtsaußenkonkurrenz AfD besonders
in Ostdeutschland.NurnochinEssen
stellt die CDU den Oberbürgermeisterin
einerGroßstadtmit mehrals500000Ein-
wohnern.VorelfJahrenregierte dieCDU
hingegen nochinsechs Städten dieser
Größenordnung. Insgesamt hat die CDU
derzeit in den 81 deutschenStädtenmit
mehr als 100 000 Einwohnernnur 22
Oberbürgermeister, während die bundes-
weit zwar deutlichschwä chereSPD mit
47 immerhin dortdie absoluteMehrheit
stellt.Die Grünenregieren in drei Groß-
städten, darunter die Landeshauptstädte
Hannoverund Stuttgar t.
Eine derwenigen Politiker in der CDU,
der das Problem in denParteigremien re-
gelmäßig zur Sprache bringt, istMatthias
Zimmer.„In den Großstädten machen

wir keinen Stichmehr.Wir verlieren völ-
lig den Anschlussandie jungeGenerati-
on, wie Hamburggezeigthat. Esreicht
nicht aus, dasswir auf dem Landstark
sind. Die Großstadt is tdas Labor desge-
sellschaftlichenWandels.Wassichhier
als Lebensstil manifestiert, prägt zehn
Jahrespäter dasganze Land“, sagt der
FrankfurterBundestagsabgeordnete.Es
sind Sätze, die der dem linken CDU-Flü-
gelangehörende Zimmer schonvoracht
Jahren zusammen mit dem glücklosen
Hamburger Spitzenkandidaten Marcus
Weinbergfür die Parteiführung unter An-
gela Merkelaufgeschrieben hat.Geän-
derthat sic handem Befund derchroni-
schen Schwäche der CDU seitdem nichts.
2012regierte dieCDUin Hamburgund
auchFrankfurt–wo Zimmervon2001 bis
2009alsReferent derdamaligenOberbür-

germeisterinPetra Roth arbeitete. Die li-
beraleCDU-Politikerinhatte1995überra-
schend die SPD-HochburgFrankfurter-
obertund 17 Jahreüber drei Amtszeiten
regiert. Als Hauptkonkurrenten um die
GunsturbanerWählerschichten in der
Mittesieht Zimmerwegenzentraler The-
men wie Klima,Umgang mit der Flücht-
lingskrise, Bekämpfung desRechtsextre-
mismusoderdiehorrendhohenMieten
in Großstädten andersals konservative
Parteifreundeanvorderster StelledieGrü-
nen: „Unser Problem liegt darin, dassfrü-
hereWähler zu den Grünengehen und
nicht, dassNichtwähler die AfDwählen.“
Die CDU müsse in Großstädten mitKan-
didaten „an denStartgehen, die nichts
mit der AfD am Hut haben.“ Die CDU sei
auchgut beraten,wennsiesichfürKandi-
datenstärkeröffne,die„miteinerande-
rernBerufserfahrung erst spätin diePoli-
tik einsteigen.“
Undbei den für Großstädterndrängen-
den Problemen wie Mobilität und bezahl-
bareWohnungen schlägt Zimmer Lö-
sungsangebote vor, die im klassischen
CDU-Programm mit dem Primat der
Marktwirtschaftbisher tabu sind:„Wen
lasse ichdenn bauen?Wirsollten durch-
aus den Immobilienmarkt begrenzen und
nicht alle Investoren zulassen.Unddie
SpekulationmitBaugrundstückenmuss
gestopptwerden.“ In denStädten müsse
die CDUKonzepte entwickeln, wieWoh-
nen und Mobilität bürgerfreundlichmit-
einanderverbundenwerde. Statt beim
Wohnungsbau Investoren die Schaffung
vonStellplätzenvorzuschreiben, sollten
den Mietern Elektroautosetwa für Ein-
käufezur Verfügunggestellt werden, die
sichteilen könnten.
Dochesgibt auchguteNachrichten für
die Union. Zumindest„die CSU kann
Großs tadt“, jubelteBayerns Ministerprä-
sident undParteichef MarkusSöder nach
der Eroberung der SPD-HochburgNürn-
bergbei denKommunalwahlen. Aller-
dings verlor die CSU im Gegenzug Ingol-
stadt an die Sozialdemokraten, die zudem
knappRegensburgverteidigenkonnten.
UndinDeutschlands drittgrößter Stadt
Münchenwurde dieCSUgeradezudeklas-
siertvon der SPD mit ihrem populären
Amtsinhaber DieterReiter ,der mitfast
Mit ihrwarendas nochZeiten:PetraRothimFebruar 2020 in Bremen FotoDaniel Pilar 70 Prozent derStimmen bestätigt wurde.

D

assdie Anklagegegen den
australischen Kardinal
George Pell wegensexueller
Gewalt gegenüber zwei Minderjähri-
genimJahr 1996 aufwackeligenFü-
ßen stand, warauchdessen Gegnern
bekannt.Tator tund -zeitpunkt, wie
er vondem noch lebenden Betroffe-
nen geschildertwurde, nährtenim-
mer wieder Zweifel an denVorwür-
fen. Dochnur für diese mutmaßli-
chen Straftatendurfteder Kardinal
vorGericht gestellt werden, und
nicht für zweifelsfrei begangeneVer-
säumnisse imUmgang mit Kinder-
schänderninden Reihen des Klerus.
Inder Verurteilungzu einerFreiheits-
strafe spieltedas aber mit.
Nunhat der ObersteGerichtshof
des Landes den 78 Jahrealten Kardi-
nal nachdem Grundsatz „in dubio
proreo“da vorbewahrt,zueinemJus-
tizo pfer zuwerden. ImFall Pell dürf-
te damit der Schlusspunkt gesetzt
sein –dochnur in diesem. Derkatho-
lischen KircheinAustraliensteht
eine eingehende Auseinanderset-
zung mit ihrer Missbrauchsgeschich-
te bevor. Ein Zurückgibt es nicht
mehr.AndersimVatikan. Der seit
mehr als einem Jahr überfälligeBe-
richtüber die sexuellenUmtriebe des
amerikanischenKardinals Theodore
E. McCarrick lässt weiterhin auf sich
warten. Dassist insofernkein Wun-
der,alsdessenungestörtes,vonerheb-
lichen Geldströmen begleitetes Trei-
ben einen langen Schatten auf das
PontifikatvonBenedikt XVI. und das
vonPapstFranziskus wirft.Sichaus
diesemzubefreien,hatkeinerderbei-
den Männer inWeiß die Kraft.


ErwerdedenPremierminister„vertre-
ten, wo nötig“, sagteDominicRaab,
alseramMontagabendsichtlichange-
spanntnebeneinemUnionJackindie
Kamerasprach. So habeihm das Bo-
risJohnson aufgetragen, be vorera uf
die Intensivstationverlegt wurde. Ob
der britischeAußenminister damitim
Vollbesitz derRegierungsmachtist,
istnicht ganz klar.Erb etontelieber
den „großen Teamgei st“imKabinett.
Premierministerist Raab damit nicht,
aber dochsoetwas wie der amtieren-
deRegierungschef.Damitfielihmun-
tertraurigenUmständendie Aufgabe
zu, die er imvergangenen Jahr aktiv
angestrebt hatte.Nach dem Rücktritt
Theresa Mays hatteers ichumden
Parteivorsitz bei denKonservativen
beworben,schiedaberindenVorwah-
lenaus.Daraufhin unterstützteerd ie
Kandidatur Johnsons, der ihn nach
seinem Sieg in derUrwahl mit dem
Amt des Außenministers belohnte.
Raab is tder Sohn eines tsche-
chisch-jüdischen Flüchtlings, der
1938 insVereinigteKönigreichge-
kommenwar. Er arbeitete nach dem
Jurastudium in Oxfordund Cam-
bridg ezunächstals An walt, be vorer
mit 26 Jahren in den diplomatischen
Diensteintrat .Erwar in der briti-
schen BotschaftinDen Haagstatio-
niertund später imForeign Office in
London,wo er unter anderem im EU-
Referatdiente. Sechs Jahrespäter
wechselt eeri ndiePolitikundarbeite-
te dorteinem Mannzu, den er viele
JahrespäterimBrexit-Ministeriumbe-
erben sollte: David Davis, damals
Schatteninnenminister.Nachder Par-
lamentswahl 2010 wurde Raab
schnell zudenNachwuchshoffnungen
bei denTories gezählt. 2015 wurde er
schließlichStaatssekretärimJustizmi-
nisterium unter Michael Gove,der
nun alsKabinettsbüroministerdar-
unter leidet, dassder jun ge Raab und
nicht er dieRegierung führen darf.
Mit dem 46 Jahre altenRaab, der
seitMontag die Corona-Sondersit-
zungendes Kabinetts leitet,zieht ein
andererFührungsstil ein.Wo John-
son mit fröhlichem Elan motivierte
und SpannungenimZweifel mit ei-
nemWitzauflös te,trittnuneineküh-
le Strengeinden Raum. EtwasStäh-
lernes, MaschinenhafteswirdRaab
vonfrüheren Mitarbeiternbeschei-
nigt.Dazu passen seine funktionalen
Essg ewohnheiten. Jeden Mittag be-
stellt er denselbenLunch: ein Ba-
guett emit Geflügel und Caesar-Sa-
lad,ein Obstsalat und ein Vitamin-
Smoothie.
Raab, de rmit einer brasilianischen
IT-Spezialistinverheiratetist undzwei
Kinder hat,wirdeher auf demrechten
Flügel derTories verortet.Das hat vor
allemmit seinemfrühenund leiden-
schaftlichen Eintreten für denBrexit
zutun. Als„neuer Konservativer“
sprachersichfür Deregulierungen
und niedrigereSteuernaus, allerdings
auchfür mehrsoziale Mobilität.Man-
chen is tauchnochinErinnerung,
dassergegen Quotenfür Frauenoder
ethnischeMinderheitenargumentiert
hat. JOCHEN BUCHSTEINER

Kein Weg zurück


VonDaniel Deckers

Manchenorts nur Kleinpartei


Dominic RAAB FotoAFP

Die katholischen BischöfeinDeutschland
haben sichbislang schwergetan mit dem
VerhaltenihrerVorgänger währendderna-
tionalsozialistischen Herrschaft. In den
vergangenen Jahrzehnten äußerte sichdie
Deutsche Bischofskonferenz anlässlich
vonJahrestagen zwar wiederholt zum
ZweitenWeltkrieg sowie zum Holocaust
undbekanntesichdazu,dassauchGlieder
derKircheindieser ZeitSchuldaufsichge-
ladenhätten. DocheineGruppeblieb dar-
in weitgehend ausgespart, oder wurde zu-
mindestkaum je ausdrücklichgenannt:
Die Bischöfeselbst. Das soll sichnun of-
fenbar ändern.Nach ihrer jüngstenFrüh-
jahrs- Vollversammlung hat die Bischofs-
konferenz Anfang Märzeine Erklärung
zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten
Weltkriegs angekündigt, die „schwer-
punktmäßig demVerhalten der deutschen
Bischöfeinder Zeit des ZweitenWelt-
kriegs“ nachgehen solle.
Noch in derimJanuarveröffentlichten
Gemeinsamen Erklärung der katholi-
schen und evangelischen Kirchein
Deutschland zum 75. Jahrestagder Befrei-
ung desKonzentrationslagersAuschwitz
wardie Haltung der Bischöfezum Holo-
caustkein Thema. Die Kirchen könnten
nicht darüber hinwegsehen, „dassviele
Christen mit dem nationalsozialistischen
Regime kollaboriert, zurVerfolgung der
Judengeschwiegen oder ihr sogarVor-
schubgeleiste thaben“, schrieben die Bi-
scho fskonferenzunddi eEvangelischeKir-
cheDeutschlands. Mit Blickauf die katho-
lischenBischöfeunddieleitendenevange-
lischen Kirchenmänner der damaligen
Zeit hieß es dagegen nur sehrvage:Auch

„Verantwortliche undRepräsentanten der
Kirchen“ hätten „mit demRücken zu den
Opfern“gestanden.
Dass nachderzeitigem Forschungs-
stand kein katholischer Bischof–außer
der kaum bekanntenAusnahme des Hil-
desheimerBischofsJosephGodehardMa-
chens, der in seiner Pfingstpredigt 1943
die Menschenrechtevon „Juden und Zi-
geunern“ einforderte –öffentlichgegen
die Judenvernichtung protestier that,

kommt in dem Schreiben nicht zur Spra-
che.Die katholischenBischöfe inDeutsch-
land hatten zwischen 1933 und 1945 aus
ihrer Ablehnung der nationalsozialisti-
schen Rassenlehrenie einen Hehlge-
macht .Aber der traditionellechristliche
Antijudaismus prägteauchdas Denken
vielerBischöfe. Einzelne habenöffentlich
gege nnationalsozialistischeVerbrechen
protestier t;diePredigtendesBischofsvon
Münster, ClemensAugustGrafvon Ga-
len, gege ndas nationalsozialistische Eut-
hanasieprogramm imAugust1941 sind
dasbekannteste Beispiel.Aberzueinerge-
meinsamenkonkretenVerurteilungnatio-
nalsozialistischer Verbrechen konnten
sichdie Bischöfenicht durchringen. Der
Vorsitzende derFuldaer Bischofskonfe-
renz, der Breslauer ErzbischofAdolf Kar-

dinal Bertram, sah allein in schriftlichen
Eingaben an Hitler eingeeignetesMittel
des Protests, und die Minderheit der Bi-
schöfe, die andererAuffassungwar, fügte
sich. Die meistenBischöf erangen mit der
Frage, vonwelchem Punkt anUngehor-
samgegenüberderStaatsgewaltauschrist-
licher Sicht legitim ist. In ihremHirten-
brief über dieZehn Gebote im Juni 1943,
dem einzigengemeinsamenWort wäh-
rend der Kriegsjahre, beschränkten sich
die Bischöfeauf dieFeststellung, dass
jede Tötung „in sichschlecht“ sei, „auch
wenn sie angeblichimInteresse des Ge-
meinwohls verübt wurde“. Dann folgt
eine Aufzählung, die mit „schuld- und
wehrlosen Geistesschwachen“ beginnt
und mit „Menschen fremderRassen und
Abstammung“ endet.
Nach Kriegsende äußertensichdie ka-
tholischen BischöfezweiMonatevor dem
weitaus bekannterenStuttgar terSchuld-
be kenntnis derevangelischen Kircheim
August1945 zurRolle derkatholischen
KircheimDritten Reich. IhreErklärung
warweniger eingängigformuliertals das
Stuttgar terSchuldbekenntnis mit seiner
vielzitiertenFormel„Aber wir klagen uns
an, dasswir nicht mutiger bekannt, nicht
treuergebetet, nicht fröhlichergeglaubt
und nicht brennender geliebt haben“.
Dochinder Sachewardas katholische
Schuldbekenntnis durchaus weitreichen-
der,auchwenn es nur individuelle Schuld
anerkannteund kein Versagen der Kirche
als Institution:„Viele Deutsche, auchaus
unserenReihen, haben sichvon denfal-
schen Lehrerndes Nationalsozialismus
betöre nlassen“, heißt es in ihrem Schrei-

ben. Sie seien angesichts derVerbrechen
gleichgültiggeblieben, hätten ihnen sogar
Vorschub geleistetoder seien selbstVer-
brechergeworden. Ein Archivfund offen-
barte im Jahr 2008, dassesdamals durch-
aus Bischöfegab, die sichgefragt haben,
ob ihr Schweigen nicht einFehler gewe-
sen sei, und nicht auchdies im Schuldbe-
kenntnis zur Sprachekommen müsste. In
einem Entwurffür eine nie abgeschickte
Eingabe an Pius XII. machten elfwest-
deutsche Bischöfedeutlich, dassaus ihrer
Sicht offener Protestfür die Kirche und
womöglichauf für die Opfer bessergewe-
sen wäre.Seitdem haben die Bischöfe
ihreeigene RollewährenddesNationalso-
zialismus nie mehr selbstkritischhinter-
fragt .Auch ihreNachfolger scheutenvor
diesem Thema zurück.
AlleininderErklärungderBischofskon-
ferenz zum 50. Jahrestagder November-
prog romevon1938wurdedieRollederBi-
schöf eansatzweise thematisiert.„Wäre
nicht öffentlicher Protest, eineweit sicht-
bareGestederMitmenschlichkeitundAn-
teilnahme dervomWächteramt der Kir-
chegeschuldeteDienstgewesen?“,hießes
in der Erklärung mit dem Titel „Die Last
derGeschichteannehmen“. Es sei schwer,
auf dieseFragen „eine klare, eindeutige
Antwortzufinden“, schrieben die Bischö-
fe damals. Sieverweisen darauf, dassman
das damaligeVerhalten nicht an heutigen
Maßstäben kirchlichen Handelns messen
dürfe.Man kenne nicht einmal die Beweg-
gründe des Episkopats. Eine „klare, ein-
deutige Antwort“ dürfteauchheute
schwerfallen. Aber mit einem unzurei-
chendenForschungsstand können sichdie
Bischöfenicht mehr herausreden.

Johnsons


Vertret er


Mit dem Rücken zu den Opfern


Die katholischen Bischöfewollen sichzur Rolle ihrerVorgänger in der NS-Zeitäußern/VonThomas Jansen


Die CDUverliertinStädten


immermehr an Boden


VonThomas Holl


Warumgab es kaum
öffentlichen Protestder
katholischen Kirchegegen
die Verbrechen derNazis?

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