Frankfurter Allgemeine Zeitung - 06.04.2020

(WallPaper) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft MONTAG, 6.APRIL 2020·NR.82·SEITE 19


N


ein, eine Rückmeldung aus
dem Bundeskanzleramt oder
vonFrau Dr.Merkelpersönlich
habe er bisher nochnicht, sagt
UlrichWessels, Präsident der Bundes-
rech tsanwaltskammer (Brak). Das jetzt
schon zu erwarten wäre auchvermessen
und zu früh, meint derRechtsanwalt und
Notar aus MünsterimGesprächmit der
F.A.Z. „Die Bundesregierung arbeitet der-
zeit mit Hochdruckander Lösung zahlrei-
cherProbleme.EinkleinwenigGeduld
müssen wirwohl haben.“
VorwenigenTagenhat Wessels, seit
September2018Präsident der Dachorgani-
sation aller AnwaltskammerninDeutsch-
land und damit auchderen höchsterInte-
ressensvertreter,zueinem ungewöhnli-
chen Mittelgegriffen. In einem Brief an
die Bundeskanzlerin, dervonjedem im In-
ternet gelesenwerden kann, warb er für
die Funktion der Anwälteinder Corona-
Krise undforderte schnelle Hilfefür Kolle-
geninwirtschaftlicherNotlage.
Damit willWessels abermals ins Be-
wusstsein rufen, dassauchdie Anwältein
die Gruppe der systemrelevantenBerufe
gehören sollten. Letztlichsei das aber Sa-
cheder Bundesländer.Ihm sei klar,dass
dazu BerufeimGesundheitswesen, der
Energie- und Wasserversorgung oder
auchPolizei undFeuerwehr zählten. Dass
aber dieVerwaltungsjuristen, Richter,vor
allem aber nachgeordnete Behördenvon
Anfang an als syste mrelevant galten, nicht
aber Anwälte, irritiertihn. „Ohne die An-
waltschaftfunktioniertdieJustiznicht“,
sagt Wessels. „Wir sind die Ansprechpart-
ner für die Bürgerinnen und Bürgerund
verschaffenihnen durchunsereBeratung
Zugang zumRecht.“ Daher hält er es für
„notwendig undgeboten“, den Anwalt als
systemrelevanten Beruf anzuerkennen.
Justiz funktionierenur im Zusammen-
spiel der einzelnenKomponenten, sagt
Wessels. Würdeinder Corona-Krise nur
ein Glied in derKette wegfallen, würde
das dieFunktionsfähigkeit dergesamten
Justiz inFragestellen. Daherforderterfür
Anwälteund deren Mitarbeiter nachdrück-
licheine Öffnung derNotbetreuungvon
Kindern, die seinerAuffassung nachzwin-
gend notwendig ist.
Wieschon in seinem Brief an Merkel be-
tont Wessels auchimGesprächmit der
F.A.Z. dieRolle derStrafverteidiger.Für
ihn istesein anschauliches Beispiel dafür,
dassinZeiten sozialer Distanz eben nicht
alles aus dem Homeoffice möglichsei. „In
Haftsachen muss der Pflichtverteidiger je-
derzeit in die Haftanstalt, um mit dem
Mandanten zu sprechen. Daskönnen die
Kolleginnen undKollegenvonzuHause

aus nicht. Auch in Zivilverfahren gibt es
Verfahren mit Anwaltszwang. Auch das
geht nichtvomHomeoffice aus.Viele Kol-
leginnen undKollegen haben zu Hause
auchnicht die erforderliche technische In-
frastruktur wie in ihrerKanzlei.“
Der persönlicheKontakt des Anwalts
zum Mandanten und zur Justiz sei–gera-
de, aber nicht nur inStrafsachen–zwin-
gend erforderlich. In der Krise müssten
sichdie Bürgerauf den funktionierenden
Rechtsstaat verlassenkönnen.„Wir müs-
sen für die Bürgerinnen und Bürgerer-

reichbar sein,wenn wir einrechtsstaatli-
ches Chaosvermeidenwollen.“
Hinsichtlichder Maßnahmepaketezur
Soforthilfesieht Wessels sowohl auf Bun-
desebene als auchbei den Programmen
der Länder einendringenden Anpassungs-
bedarf. Anwältewürden im Ergebnis
nicht berücksichtigt, heißt es in dem Brief
an Merkel, entwederweil dieFreiberufler
praktischdie Voraussetzungen nicht erfüll-
tenoder wie in Thüringenexplizitvonden
Regeln ausgenommen würden.Wessels
differenziert: Durch die Schließungenvon

Geschäften undRestaurants seien die Ein-
nahmen im Einzelhandel und in der Gas-
tronomie abruptund unmittelbarwegge-
fallen. Dortgebeeseinensofortigen Liqui-
ditätsengpass, der entsprechendgeltend
gemachtwerden könne. „Bei Anwälten
gibt es eherkeinen unmittelbaren Eng-
pass, er entwickelt sichimLauf derZeit
und damit außerhalb desZeitrahmens,
den die Maßnahmepaketevorgeben“, kriti-
siertWessels. Dies liegedaran, dassnoch
Einnahmen aus abgeschlossenen Manda-
tenfließen oder bereits angeforderte Vor-

schüsse eingingen. Gleichwohl würden
teilweise erheblichweniger neue Mandate
generiert. Der diesbezüglicheAusfall zei-
ge sichaber erst später.Die genaueZeit-
verzögerung sei nicht absehbar.Gerade
jetzt hätten viele Menschen, die eigentlich
Ratbrauchten, Angst,vordie Haustüre zu
gehen. Hinzukomme derteilweisefakti-
scheStillstand beiden Gerichten. Prozes-
se können nicht beendet, dementspre-
chend nochnicht abgeschlossene Manda-
te nicht abgerechnetwerden.
„Warum in Thüringen Anwältezu-
nächstkomplettvonden Soforthilfen der
Aufbaubank ausgenommen wurden,kann
ichmit rationalen Gründen nicht erklä-
ren“, sagtWessels. Ob man ausrech tli-
chen oder faktischen Gründen ausge-
schlossen sei, mache im Ergebnis aberkei-
nen Unterschied. „Dievonder Brak und
auchvon derRechtsanwaltskammer Thü-
ringen dringend geford erte Nachbesse-
rung in Thüringen gibt es nunerfreulicher-
weise seit dem 1. April. Dierein prakti-
schen Probleme bei der Darlegungder An-
tragsvoraussetzungen, die wir bundeslän-
derübergreifend beanstandethaben, beste-
hen aber nochimmer.“ Man müsseverhin-
dern, dassdurchEntscheidungen, die aus
Anlassder Krisegetrof fenwerden,vollen-
deteTatsachen für dieZeit nachder Krise
geschaffenwerden.
VorwenigenTagenforderte dieRechts-
anwaltskammer in Thüringen den dorti-
genWirtschaftsministerWolfgang Tiefen-
see (SPD) sogar zur Erhöhung der niedri-
gengesetzlichen Anwaltsgebühren auf.
Voneiner „endgültigen Existenzvernich-
tung“ für Einzelanwälteist gardie Rede.
Auch Wessels sagt, eine Anpassung der
Gebührensei in ganz Deutschlandüberfäl-
lig. Die Gespräche mit dem Bundesjustiz-
ministerium hätten längereZeit in An-
spruchgenommen. Die ausste hendeNo-
velle verschärfe den wirtschaftlichen Eng-
passzusätzlich.
„Die Anpassung der Gebühren istganz
unabhängigvonder Krisensituation not-
wendig, denn seit der letzten Erhöhung,
die nun schon Jahrezurückliegt, sind die
Kosten für Miete, Mitarbeiter, Technik
und externeDienstleisterstetig gestie-
gen“, erklärt Wessels. EntscheidenderFak-
torfür kommende Liquiditätsengpässe sei
nachseiner Meinung aber,dassdie Men-
schen aktuellwegendes hohen Infektions-
risikos undteilweise aufgrund derKon-
taktverbote nicht mehr in dieKanzleien
kämen–dabei hält er den Gang zum An-
walt grundsätzlichnachwie vorfür er-
laubt.Darüber hinaus sei auchtelefoni-
sche Beratung durchaus eine Option.

SindAnwälte


systemrelevant?


Unter Partnerschaftlichkeitverstehen wir,


gemeinsam an einemgroßenZiel zu


arbeiten.


Kennen Sie Michael Collins?Die we nigstens tundas.Erh at alsPilot der
Apollo-11-KapselBuzzAldrin undNeilArmstrong 1969 zurersten Mond-
landunggeflogen –und wieder zurück.Für un sist Collins eine Inspiration.
Denn alsSpitzeninstitut derrund850 Ge nossenschaftsbankeninD eutsch-
land glaubenwir an Partnerschaften,bei denenjeder sichind en Dienst
einer großen Sachestellt, damit dasgemeinsame Ziel erreicht wi rd.
Mehr üb er Partnerschaftlichkeit erfahren Sie unter: dzbank.de/haltung

rit. ZÜRICH.Die Corona-Krise zieht
auchinder Schweiz immergrößereKreise.
Bisher wurde für 1,3 Millionen Angestellte
Kurzarbeit angemeldet. Das entspricht ei-
nemViertelaller Beschäftigten.„Wir müs-
sen denUnternehmen einePerspektivebie-
ten“, sagteWirtschaftsstaatssekretärin Ma-
rie-Gabrielle Ineichen-FleischamWochen-
ende mit Blickauf das erweiter te Rettungs-
prog ramm.Abgesehenvonder milliarden-
schwerenFinanzierung desKurzarbeiter-
geldes umfasst diesesvor allemÜberbrü-
ckungskredite, die ganz oder teilweise
durch Bürgschaftendes Bundesabgesi-
chertsind und über die Schweizer Banken
ausgezahltwerden. DieNachfrag enach

diesenKrediten, dievorallem für kleine
und mittelständischeUnternehmen ge-
dacht sind, istgroß: Bisher sind mehr als
14 MilliardenFranken an 76 000Unterneh-
mengeflossen.Nach Aussagevon Finanz-
ministerUeli Maurergibt esrund 500 000
solcherUnternehmen in der Schweiz.Da-
vondürften nachseiner Schätzungetwa
430 000 direkt oder indirektvonder Coro-
na-Krise betroffensein. Damitzeichnet
sichab, dassder Bürgschaftsrahmenvon
20 MilliardenFranken in Kürzeausge-
schöpftist.Die Regierung hat deshalbdas
Volumen jetzt auf 40 MilliardenFranken
verdoppelt.Für Kredite bis 500 000Fran-
kenbürgt derStaat zu 100 Prozent.

itz./loe.BERLIN.Sie sind zu einem Sym-
bol dieser Krisegeworden: die Schutzmas-
ken, die Europa über viele Jahrehinweg
wie selbstverständlichaus Ländernwie
China bezog und um die es nunregelrech-
te Bietergefechtegibt. Angesichts der
knappen und mittlerweile teuer geworde-
nen Masken spitzt sichinDeutschland
die Diskussion darüberzu, woher die Bun-
desrepublik künftig Schutzausrüstung
und Medikamentebeziehen sollte. Bay-
erns Ministerpräsident MarkusSöder
(CSU) sagteamWochenende, sein Land
beginne jetzt mit der Eigenproduktion
vonAtemschutzmasken. „Das sollteüber-
all alsStandardinDeutschland anlaufen.
Wirwerden nochunzähligeMasken brau-
chen, daher bedarfeseiner nationalen
Notfallproduktion“, sagteerder „Bild am
Sonntag“. Es seiauf Dauer „nicht akzepta-
bel, dasswir uns auf demWeltmarktge-
gendie Wildwest-Methoden einiger Län-
der beimAufkaufenvonSchutzausrüs-
tung zurWehr setzen müssen.“ Damit
dürften vorallem dieVereinigtenStaaten
gemeint sein, die laut Berichten französi-
scherPolitiker,aber auchder Berliner
Landesregierung zuletzt ingroßem Stil
Masken aufkauften, die eigentlichfür an-
dereLänder bestimmtwaren.
Auch CDU-Generalsekretär Paul Zie-
miak sprachsichamWochenende dafür
aus, „dasswir nachder Krisegenau über-
legen,waswir selbstherstellen müssen,
um im Ernstfall nochhandlungsfähiger
zu sein“. Es sei nötig, „dasswir an der ein
oder anderen Stelle industriepolitisch
nocheinmalgrundsätzlich neu nachden-
ken“. Die Grünen-Vorsitzende Annalena
Baerbockkritisierte Wirtschaftsminister
PeterAltmaier (CDU): „Eswäre eigent-
lichder Job des Bundeswirtschaftsminis-
ters,die Akteurezusammenzutrommeln,
ihreInitiative zu unterstützen und mitAb-

nahmegarantien auchfür dieZukunftfür
Investitionssicherheit zu sorgen.“ Altmai-
ersHaus wies die Kritik zurück, die auch
vonder FDPkam. Für dieseFragen seien
das Gesundheits- und das Innenministe-
rium zuständig.
GesundheitsministerJens Spahn
(CDU) hat schon angekündigt, Schutzklei-
dungverstärktaus deutscher Herstellung
beziehen zuwollen. In einem Brief an po-
tentielle Lieferanten heißt es,Vorausset-
zung für denZuschlag sei, dassbestimmte
wöchentliche Mindestmengen eingehal-
tenwürden und die ersteLieferung bis
zum 15.August2020 erfolgenkönne. Als
Ziel gabdas Ministerium aus, „dieVersor-
gung mit Schutzmasken und Schutzklei-
dung in Deutschland unabhängigervom
Weltmarkt zu machen“.
Dochesgibt auchKritik amwachsen-
den Staatseinfluss. Der Gesundheitsöko-
nomWolfgang Greinervonder Universi-
tät Bielefeld sagteder F.A.Z., es sei zwar
richtig, sichnicht vonwenigen ausländi-
schen Handelspartnernabhängigzuma-
chen, etwa vonChina. Die bisher prakti-
zierte internationale Arbeitsteilung biete
aberVorteile,weil sie Spezialisierung, In-
novationenund internationale Risikover-
teilungfördere. „EinestaatlicheReserve-
haltungwäre dagegen für ein 80-Millio-
nen-Volk nur mit unverhältnismäßig ho-
hem laufenden Aufwand umsetzbar.“
Um die Liefersicherheit zuverbessern,
arbeitet die Bundesregierung derzeit
auchmit Unternehmen wie VW oder
BMW zusammen, die über guteVerbin-
dungen nachChina verfügen, wo das
Gros der Schutzausrüstung hergestellt
wird.Zumindestfür dieStadt Berlinkonn-
te der Regierende BürgermeisterMichael
Müller amWochenende Entwarnungge-
ben: Zwei Millionen Schutzmasken und
300 000 Kittel habe die Landesregierung
über andereWegebeschaffenkönnen.

Präsident der
Bundesrechtsanwaltskammer:
UlrichWesselsaus Münster
Fotosdpa, Photothek

SchweizstocktHilfen auf


14 MilliardenFranken schongeflossen


Deutsche Masken


Politik willweniger abhängigvonChina sein


DerPräsident derAnwaltskammer hatdaraufeine klare Antwort.


Er bemängelt, dass bislangnur dieJuri sten anden Geri chten


undinden Behördenunter dieDefinition dersystemrelevantenBerufe


fallen. Dasmüsse sichdringendändern. VonMarcus Jung,Köln


sibi.FRANKFURT. Die Organisa-
tion erdölexportierenderLänder und
ihreVerbündeten(Opec plus) haben
ihrefür diesen Montag geplante
Dringlichkeitssitzung verschoben.
Man habe zunächstweiteren Diskussi-
onsbedarf,voraussichtlichwolle man
jetzt am Gründonnerstag eineVideo-
konferenz abhalten, drang ausTeil-
nehmerkreisen nachaußen. Die Öl-
staatenringen um einegemeinsame
Linie zurKürzung derFördermengen,
um demextremen Preisverfall durch
die Corona-Krise zu begegnen. Der
amerikanische Präsident Donald
TrumphatteamDonnerstag den Öl-
preis um zeitweise 40 Prozentstei gen
lassen, als er behauptete, Saudi-Ara-
bien undRussland hättengeredetund
könnten die Ölförderung um 10 bis 15
MillionenFass am Tagsenken.
Umgekehrthat jetztRusslandver-
breiten lassen, mankönne sicheine
Verringerung der eigenenFörderung
um 10 Prozentvorstellen,wenn Ame-
rika mitmache. Er glaube, „dasses
notwendig ist, die Anstrengungen zu
vereinen, um den Markt auszuglei-
chen und die Produktion zuverrin-
gern“, sagtePutin laut einer vom
Kremlveröffentlichten Mitschriftei-
nes Gesprächs mit seinem Energiemi-
nisterAlexanderNowak. Saudi-Ara-
bien und Russland wiederum atta-
ckierten sichamWochenendegegen-
seitig. In denVereinigten Staaten hat-
te TrumpamFreitag mitVertretern
der Ölindustriegeredet, vondenen ei-
nigewohl für und einigegegen eine
Mengenbegrenzungwären. In der an-
schließenden Pressekonferenz hatte
Trumpaber kein Angebotder Ameri-
kaner für mögliche Verhandlungen
mit Saudi-Arabien undRusslandvor-
gelegt, daswegen der privatwirtschaft-
lichen Organisation der amerikani-
schen Ölbranche wohl auchallein
rech tlichnicht einfachwäre–son-
dernhatteumgekehrtmit Zöllen auf
Öleinfuhrengedroht.Inden Vereinig-
tenStaatenstünden viele Arbeitsplät-
ze auf dem Spiel: „Ichwerde tun,was
auchimmer nötig ist“, sagteTrump.
Geht es jetzt also wieder abwärts
mit dem Ölpreis? „Es wirdnächste
Wochewieder viel Theatergeben“,
prognostizierte EugenWeinberg, Öl-
fachmann der Commerzbank.„Russ-
land und Saudi-Arabienwerden ir-
gendwelcheÄußerungenvonsichge-
ben, dieVereinigtenStaatenwerden
teilweise unterschiedliche Sichtenver-
treten, Trumpwirdwieder über Öl
twittern.“ Eswerdealles dafürge-
macht, um die Spannung aufrechtzuer-
halten, meinteWeinberg.Aber das sei
„viel Lärmumnichts“: Die Opec und
ihreVerbündeten seiengarnicht in
der Lage, dieseKürzungen umzuset-
zen, meinteWeinberg: „Nochschlim-
mer–sollteesihnen dennochgelin-
gen, wirdesrecht wenig bringen,
denn das Lochauf derNachfrageseite
istsounglaublichgroß, dassman es
unmöglichschnell stopfenkann.“


loe. BERLIN.InbestimmtenFällen
könnenUnternehmen, die unter dem
Corona-Stillstand leiden, künftig
auchKredite mit hundertprozentiger
Haftung des Staates erhalten. Die
EU-Kommission gabamFreitag-
abendgrünes Licht, bei bestimmten
Krediten aucheine komplett eStaats-
haftung zu akzeptieren. Auchzinslose
Darlehen sollenkünftig möglichsein,
ebenso eine Eigenkapitalspritzevon
bis zu 800 000 EurojeUnternehmen.
Die Ausnahmeregelgeltezunächstbis
zum Jahresende, so dieKommission.
In Deutschland hat der Bund zu-
letzt bei denÜberbrückungskrediten
der staatlichen KfW-Bankengruppe
bis zu 90 Prozent des Risikos über-
nommen. Etliche Mittelständler be-
richteten jedoch, dasssichihreHaus-
bankenwegender restlichen 10 Pro-
zentquerstellten. DasvonPeter Alt-
maier (CDU)geführte Bundeswirt-
schaftsministerium hattedeshalb in
Brüssel dafürgeworben, in bestimm-
tenFällen auchdie komplett eHaf-
tung zu übernehmen.Nach derFreiga-
be aus Brüssel sollen nun die Program-
me der KfW entsprechend angepasst
werden. Die 100-prozentige Staatshaf-
tung soll jedochnur für eine begrenz-
te Zeit gelten. DerStaat könntedafür
Garantien in einem Gesamtvolumen
vonbis zu 300 Milliarden Euroüber-
nehmen.
Auch bei den Laufzeiten dürftees
nochNachbesserungengeben.Viele
Mittelständlerhatten beklagt, dieFris-
tenfür das Zurückzahlen der Kredite
–meistbis zu fünf Jahre–seien zu
kurz.Laut einerUmfrag edes Deut-
schen Industrie- und Handelskammer-
tages(DIHK) sieht sichfastjeder fünf-
te Betriebvoneiner Insolvenz be-
droht.„Darunter sindZehntausende
bislangkerngesunde mittelständische
Unternehmen“, sagteDIHK-Präsi-
dent Eric Schweitzer. („Hilfskredite
laufenins Leere“, Seite26.)


EU erlaubt


100 Prozent


Staatshaftung


Neuer Konflikt


der Ölstaaten

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