Frankfurter Allgemeine Zeitung - 06.04.2020

(WallPaper) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Unternehmen MONTAG, 6.APRIL 2020·NR.82·SEITE 25


R


ainer Döringbeschreibtsich
als einen umtriebigen Men-
schen.„Das Ziel warklar“, sagt
der niedersächsischeUnterneh-
mer.„Aber derWegwar unklar.“Nunbe-
kommt er mit fast59Jahre ndas erste
Malgroße Aufmerksamkeit, derUmsatz
wirdindiesem Jahr aufeinenzweistelli-
genEurobetrag steigen. SeineTreox
GmbHetabliertsichamMarkt,kann Vor-
teile gegenübergroßenWettbewerbern
ausspielen, mit seinem Investor und Ge-
schäftspartnerRalf Heinekingsind die
Aufgaben klarverteilt, die Söhne beider
Unternehmer sindschon imUnterneh-
menaktiv oder habenkünftigeRollen zu-
gewiesenbekommen.Undwas sagtDö-
ring: „Ich habeimmer nochdas Gefühl,
ich bin nochnicht angekommen.“
DerNiedersachse hat offenbarein Un-
ternehmer-Gen.Seine Söhne wuchsen
auf einerReiterei aufund spielten viel
draußen. Häufigerverletzten sie sich an
Stacheldrahtzäunen.Wenn Döring und
seineFrau dieWunden desinfizierten, er-
schraken sieüber dieWarnhinweise.„Ät-
zend“ und „umweltschädlich“stand auf
den Flaschen, undsie dachten sich: Das
haben wirgerade Kindern verabreicht.
Schon baldrichtete sich sein Ehrgeiz dar-
auf,ein Desinfektionsmittelzuschaffen,
das umweltfreundlichund nicht schäd-
lichfür denKörper seinsollte.
So setzte er sichmit Chemikernund In-
genieurenaus demFreundeskreis zusam-
men.Sie stießen aufein altesVerfahren,
in dem ausWasser und Salzchlorhaltige
Verbindungenentstehen. Mehr alsfünf
Jahre experimentiertensie anMaschi-
nen undverfeinerten dasVerfahren. „In
diesen Jahren habe ichvom Erspartenge-
lebt“, sagt Döring, derzuvor alsVer-
triebsleiter undGeschäftsführer in der
Autozulieferindustrie undinder Immobi-
lienwirtschaftgearbeitet hat. Aber sein
Planwarklar:„Ichwollteein Mittel schaf-
fen, dasdie AnforderungeneinesDesin-
fektionsmittels ohneWarnhinweise er-
füllt.“Füreinenneuen Akteur in einem
solchen Markt bauen sichnatürlichstän-
digWiderständeauf.Aber Döring haben
die Hürden eher nochangespornt.„Ich
kann im Geschäftlichenschlecht ein

Nein akzeptieren“, sagter. Döring setzte
aufden Nachhaltigkeitstrend: Zuneh-
mendsetz tsichauchunterKonsumenten
die Sicht durch,dassProduktekeine nega-
tivenFolgenfür dieUmwelt haben sol-
len.
SeinMittel Treoxbeschreibt derUnter-
nehmensgründer als ein oxidierendes
Mittel, daseinenKeim zerstört,indem
die Zellhaut aufgelöstwird. Nach seinen
Worten können sichkeine Multiresisten-
zenbilden,weil dieKeimedurch das Mit-
telvollständig abgebautwerden.„Nach
derDesinfektion zerfällt esin seine Be-
standteile.“Als er es erstmals in der In-
dustrieanwendete, habeerdie Rückmel-
dung erhalten,dassder Markt auf ein sol-
ches Mittel seit zehn Jahrengewartet
habe.
Doch in einemreguliertenMarkt ist
ein fertigestechnischesVerfahrennoch
nichtgleichbedeutend mit dem Marktein-
tritt .Auf Jahre der Entwicklungfolgte
die nichtweniger aufwendigeZulassung.
Dasseresdurch diewirtschaftliche
Durstst reckehindurch schaffte, hängt da-
mitzusammen, dassDöring einestabile
Beziehungzuprivate nGeldgebernauf-
bauen konnte.Ralf Heinekingwurde
vomInvestorzum Geschäftspartner,
nachdem er dieWirkungvon Treoxan
sich selbsterlebt hatte.Mit einerEntzün-
dung an der Schulter–dort, wo derTrage-
gurtdes Rucksackseine Druckstellever-
ursacht–war erzum Arztgegangen, der
ihm untersagte, seinenbaldanstehenden
Wanderurlaubanzutreten. Die Geschich-
te lässt sichwohlnicht nachprüfen, aber
Döring erzählt sie so, dass er Treoxauf
die Entzündunggab, diese nachdrei Ta-
genverheiltgewesen sei, eineOperation
unnötigwurde und derWanderurlaub
stattfand–unddassHeinekingdanach
ins Geschäfteinstieg und auchals
Freund blieb.
Dochesgab auchWiderständeaus der
Branche.Wettbewerberredeten das Mit-
telschlecht.Trotzdemließ sichein Groß-
konzerndarauf ein, das Mittel auszupro-
bieren–ineinerPhase,inder es darum
ging, dasUnternehmen an allenmögli-
chen Stellenauf Nachhaltigkeitzutrim-
men.„Wir warenzum richtigen Zeit-
punkt amrichtige nOrt“, sagtDöring.
„Ein Quentchen Glückgehörtdazu.“ An-
dere Konzerne wurdenebenfalls aufTre-
ox aufmerksam. Döringgründete eine
Vertriebsgesellschaftund Gemeinschafts-
unternehmen imNahen Osten.
Der niedersächsischeMinisterpräsi-
dentStephanWeil besuchtedasUnter-
nehmen und zeigtesichbeeindruckt
vomKonzept derNachhaltigkeit.Inder
Corona-Krise ordertedie Landesregie-
rung dasMittel. „Corona istfür uns
Fluch undSegen zugleich“,sagtDöring.
Im Umsatzhat dasVirus einenSchub ge-
bracht. Produzierte dasUnternehmenzu-
vorsoviel davon, dass alle Gebäudein
Hannoverkomplettvonaußen desinfi-
zier twerde nkönnten, hatsichdie Ferti-
gung nunverdreifacht. „Es istschade,
dasswir unserenNamen mit der Krise be-

kannt machen.Aber es istschön, dass
wir effektiv beiCorona helfenkönnen“,
sagt Döring.WährendKonkurrenten die
Preise erhöhthätten,verzi chtete Treox
darauf, berichtetder Unternehmer. Für
Arztpraxen in derGegend, diewegenfeh-
lenderDesinfektionsmittelgeschlossen
bleiben mussten,habeersogar Sonder-
preiseeingeführ t.
DieserAbsatzschub durch die Corona-
Krisefestigedie Position desUnterneh-
mens.„Das isteine ArtAnschubfinanzie-
rung, die so einUnternehmenbraucht“,
sagt Döring. Dochauchstrategisch sehe
er sichineiner komfortablenLage. Denn
durch dieverschärfteeuropäischeChemi-
kalienverord nungsind Herstellerdazu ge-

zwungen, in ausführlichen Wirkstoff-
Dossiersdarzulegen,wie sichihreFabri-
kate zusammensetzen. „Beiuns istdas
Dossier einfach“, sagt er.ImFebruar
habe er die Zulassung durch die Europe-
an ChemicalsAgency erhalten.Fürande-
re Anbieterwerde es deutlichkostspieli-
ger, das Dossier zu erstellen.
Wiebei jeder Unternehmensgrün-
dung habeaucherFehler begangen und
andere Dingebesse rgemacht. „Mitder
Markteinführung habeich mich um vier
Jahre verschätzt“,sagt er.Richtig seies
gewesen, sich nieindie Abhängigkeiten
vonKreditinstituten zu begeben, „Ich
muss nichtdanke zu Bankern sagen.“
Auch um dieZukunftmacht er sichkei-

ne Sorgen. DieSöhneHeinekings sind
schon in derVertriebsgesellschaftinstal-
liert,seine beideneigenen Söhne sollen
baldineigen eRollenimUnternehmen
hineinwachsen.Schon jetzt seiTreoxein
Zwei-FamilienUnternehmen. Unddie
Belegschaftsei sehrkompetent.„Ohne
Mitarbeitergeht garnichts.Immer frage
ichmich, wieich sie halten undzufrie-
denstellenkann.“
FürDöring hatsichaus seiner Sicht
wenig geändert,seit er vomanges tellten
Manager zumUnternehmer wurde. „Ich
habenicht das Gefühl,mehr Verantwor-
tungzutragen, weil ic hauchfrüher für al-
les,was ichgemacht habe,Verantwor-
tung übernommen habe“, sagter. Ständi-

ge Erreichbarkeit –auchimUrlaub–be-
deut efür ihnkeinen Stress,sondern
gebe ihm die Gewissheit,dassersich
vonüberallumalles kümmern könne. So-
gardie Produktion lassesichvon unter-
wegs steuern. Habeerauf Reisen für
einehalbeStundeE-Mails beantwortet,
verschaffe ihm das ein Gefühlder Befrei-
ung:„Weil ic hweiß,dassesläuft.“ Und
wastreibtihn alsUnternehmer an?Das
StrebennachReichtum?Dörin gantwor-
tetmit einerGegenfrage:„Ab wann ist
manreich?Für mich bedeutet das, dass
ichmeineRechnungen bezahlen kann.“
Ein Unternehmen,das nicht in Schiefla-
ge gerätund gesundwächs t–das sei sein
Ziel.

Nachder mittlerenReifeinIsernhagen bei Hannoverund einerAusbildung zum
Industriekaufmann holte Rainer Döring seinAbitur nachund studierte in
Bielefeld Betriebswirtschaftslehre. Er arbeiteteals Vertriebsleiter und
Geschäftsführer in der Immobilien- undAutozulieferbranche, bevorerauf die Idee
seines schadstofffreien Desinfektionsmittelskam. Mit seinem Geschäftspartner
Ralf Heineking bauteerohne Bankkreditesein eigenesUnternehmenTreox
auf. Beide haben Söhne, die sie in dasUnternehmen integrieren.

FIRMENINDEX Seite
Airbus .................................................................... 24

Creditreform .................................................... 26
CTSEventim ..................................................... 23

DB Cargo .............................................................. 23
DeutscheLufthansa .................................... 24

FlughafenKöln/Bonn ............................... 23
Ingpuls ................................................................. 24

LSG ........................................................................... 24
ProSieben Sat 1 ............................................ 24

Sport1-Mediengruppe .............................. 22
Telefónica ............................................................ 21

Toyota ................................................................... 22
Treox ...................................................................... 25

Foto Daniel Pilar

DerUnternehmer

Dass es die TreoxGmbH gibt, liegtanden vielenWundender KindervonGründer
Rainer Döring, die sie sichanStacheldrähtenrund um den Bauernhof zuzogen,
auf dem sie aufwuchsen. Oftmusstensie desinfiziertwerden, dochesgab keine
Mittel ohneWarnhinweise. In vielenJahren Entwicklungszeit ließ Döring ein
Desinfektionsmittel aus natürlichenZutatenkreieren. AmStandortLandesbergen
zwischenHannoverund Bremen beschäftigt er 25 Mitarbeiter und erwirtschaftet
durch die Corona-Krise 2020erstmalseinen zweistelligen Millionenumsatz.

DASUNTERNEHMERGESPRÄCH:


„Corona istfür uns Fluchund Segen zugleich“


DasUnternehmen


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Auspersönlichem


Ehrgeiz ließRainer


Döring ein nachhaltiges


Desinfektionsmittel


entwickeln.Inder Krise


istesinArztpraxenund


derIndustriegefragt.


VonPhilipp Krohn,


Frankfurt

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