Süddeutsche Zeitung - 27.03.2020

(ff) #1
interview: verena mayer
und hannah wilhelm

D


reißig Jahre lang hat die Altenpfle-
gerin Eva Ohlerth in verschiedenen
Heimen gearbeitet. Ende des ver-
gangenen Jahres ging sie an die Öffentlich-
keit, um über die Missstände zu erzählen.
Wenn man mit der 60-Jährigen am Tele-
fon spricht, fällt auf, was für eine warme,
angenehme Stimme sie hat – und wie sehr
sie für ihren Beruf brennt.


SZ: Frau Ohlerth, reden wir über Geld. Die
Altenpflege gilt als einer der anstren-
gendsten und am schlechtesten bezahlten
Berufe. Warum haben Sie ihn ergriffen?
Eva Ohlerth: Ganz einfach: Er ist wunder-
bar! Mit so vielen Facetten, medizinisch
und sozial. Ich habe mit Menschen zu tun,
die mir viel erzählen können.


Können Sie sich an Ihren ersten Arbeits-
tag erinnern?
Das war 1989 und einfach furchtbar. Ich
kam auf eine Station, die unterbesetzt war,
und musste, ohne mit den Leuten reden zu
können, von Zimmer zu Zimmer gehen
und mich um Fäkalien, Urin und Erbroche-
nes kümmern. Darauf war ich nicht vorbe-
reitet, das war erst einmal mehr Ekel als
Freude.
In wie vielen Altenheimen haben Sie seit-
her gearbeitet?
In etwa zehn. Private, kirchliche, öffentli-
che, städtische. In guter Erinnerung habe
ich nur ein Heim in München, in dem auf ei-
ne Pflegekraft nur sechs Patientinnen ka-
men. Aber das war Ordensschwestern vor-
behalten, die sorgen anders für ihre Leute.
Die Corona-Krise trifft gerade die Pflege-
heime besonders hart, weil die Bewohner
keinen Besuch mehr bekommen dürfen.
Ich verstehe, dass man jetzt sagt: Wir müs-
sen unsere Alten schützen. Allerdings sind
die Alten dadurch noch weiter unterver-
sorgt, denn oft sind es die Angehörigen, die
sich wirklich kümmern, die Essen anrei-
chen, Einlagen auswechseln, zu trinken ge-
ben. Alte Menschen haben oft kein Durstge-
fühl oder Schluckstörungen wegen Schlag-
anfällen, da muss man am Bett stehen und
sie ans Trinken erinnern. Weil wir Pflege-
rinnen dazu im Alltag keine Zeit haben,
sind viele Bewohner dehydriert.
Wie bitte?
Das traut sich keiner so auszusprechen,
aber es ist so: Ohne Angehörige schafft
man in vielen Altenheimen die Versorgung
gar nicht mehr.
Die Altenpflege gehört zu einer „system-
relevanten Tätigkeit“. Werden durch die
Krise die Pflegeberufe vielleicht endlich
mehr Anerkennung bekommen?
Wir sind in den Fokus gerückt, weil man
uns braucht. Die Menschen singen auf
dem Balkon oder klatschen für uns. Aber
ein Dankeschön, warme Worte und ein Lä-
cheln reichen nicht aus, um unsere Miete
zu bezahlen. In meinen besten Zeiten als Al-
tenpflegerin habe ich 1800 Euro netto ver-
dient. Damit kann eine Alleinerziehende in
der Großstadt nicht ihr Kind großziehen.


Sollte man die aktuelle Situation für politi-
sche Forderungen nutzen?
Auf jeden Fall. Deswegen habe ich mit
sechs Pflegekräften auch eine Online-Peti-
tion an den Gesundheitsminister gestar-
tet, dass seine Wertschätzung auch mone-
tär ausgedrückt wird. Wir wollen mindes-
tens 4000 Euro brutto als Einstiegsgehalt,
und das finde ich überhaupt nicht unver-
schämt. Bis jetzt sind 288 635 Unterschrif-
ten eingegangen, eine deutliche Ansage
von den Wählern.
Wenn es um alte Menschen geht, fällt in
Deutschlandimmer wieder ein Wort: Pfle-
genotstand. Können Sie uns in fünf Sätzen
erklären, was es damit auf sich hat?
Die Pflege wurde früher von Nonnen und
Ehefrauen übernommen, es ging darum,
dass man sie aufopfernd und mit gutem
Herzen tut und man sich schämen muss,
wenn man einen anständigen Lohn dafür
verlangt. Heute ist der Beruf in der Gesell-


schaft schlecht angesehen, nur wenige jun-
ge Menschen lassen sich darauf ein. Erzäh-
len Sie mal in der Disko, dass Sie Altenpfle-
gerin sind, das ist fast schon ein Schimpf-
wort. Das alles führt dazu, dass viele in
dem Beruf landen, die sonst nichts finden
würden, Leute ohne Sprachkenntnisse, oh-
ne Schulabschluss, ohne Führungszeug-
nis. Wer nichts wird, wird Altenpfleger.
Altenheime benötigen der Bundesagen-
tur für Arbeit zufolge 183 Tage, um eine
freie Stelle zu besetzen. Welche Auswir-
kungen hat das auf Ihre Arbeit?
Wir können nicht mehr das tun, was wir ge-
lernt haben. In meiner Ausbildung hieß es:
Eine gute Pflegekraft behält die Hände in
der Tasche und lässt die Menschen ma-
chen, greift nur ein, wenn es sein muss.
Heute wird in die Betten gepflegt, man legt
Leuten ohne Not Windeln, Katheter oder
Magensonden an, einfach, weil es schnel-
ler geht. Eine gute Pflegekraft ist heute,
wer schnell arbeitet und sein Pensum
schafft. Ich habe mal eine feine alte Dame
gepflegt, mit dicken weißen Zöpfen. Ein-
fach nur schön, ich habe sie immer gerne
gekämmt, und sie hat sich immer gefreut,
wenn ich gesagt habe, ich bin neidisch auf
ihre Haare. Das war das Letzte, was sie
noch hatte, ihre schönen Haare. Irgend-
wann schaute ich zu ihr ins Zimmer und ha-
be die Frau nicht wiedererkannt. Sie lag da
mit kurzen Pudellöckchen und erklärte
mir weinend, die anderen Schwestern hät-
ten ihr eine Kurzhaarfrisur verpasst, weil
das weniger Arbeit mache.
Wie traurig.
Die alten Menschen haben ein schlechtes
Gewissen und versuchen, uns nicht zur
Last zu fallen. Genau wie die Angehörigen
übrigens. Als mein Vater in einem Pflege-
heim war, das ein relativ gutes war, sagten
die Pflegerinnen immer „Schatzilein“ zu
ihm. Das fand ich übergriffig, aber ich

habe mich nicht getraut, mich zu beschwe-
ren, weil ich Angst hatte, dass er dann die
Konsequenzen zu spüren bekommt. Dazu
kommt, dass wir es mit der Kriegsgenerati-
on zu tun haben, die ihre eigenen Bedürf-
nisse hat.
Inwiefern?
Die Leute haben teilweise Schlimmes er-
lebt. Ich hatte eine Dame, die fing extrem
laut zu schreien an, wenn man ins Zimmer
kam. Irgendwann habe ich die Tochter ge-
fragt, und die sagte: Wussten Sie nicht, die
Mama ist nach dem Krieg vergewaltigt wor-
den. Stellen Sie sich vor, wie das für diese
Frau ist, wenn sie von männlichen und viel-
leicht auch noch ungelernten Pflegern im
Intimbereich gewaschen wird. Viele alte
Leute kennen zudem noch Hunger und ha-
ben einen anderen Bezug zum Essen. Ich er-
innere mich gut an die Dame, die immer
ihr Brot und Marmelade vom Frühstück
auf das Zimmer mitgenommen hat. Weil
die Pfleger ihr das aber ungefragt aus ih-
rem Nachtkästchen geräumt haben, weil
das unhygienisch sei, hat sie das Essen auf
der Fensterbank versteckt. Eines Tages
wollte sie dran, sie ist aus dem Fenster ge-
fallen und gestorben.

InIhrem Buch „Albtraum Pflegeheim“ be-
schreiben Sie, dass es in der Altenpflege
nicht selten zu Gewalt kommt.
Gewalt ist Alltag, physisch und psychisch.
Den Menschen wird das Essen in den
Mund reingerammt, sie werden be-
schimpft und bloßgestellt. Ich sehe noch
ein kleines altes Weiblein vor mir, die ihr
Bett nicht mehr verlassen konnte, zusam-
mengekrümmt wie ein Embryo lag sie da,
eine ganz liebe, die immer Bitte und Danke
gesagt hat. Und eine Schwester wollte Fei-
erabend haben und schrie sie an: „Du alte
Sau, hast du wieder ins Bett geschissen.“
Da bin ich dazwischengegangen und habe

die Schwester aus Reflex angebrüllt, was
natürlich auch nicht richtig war.
VieleAltenpflegerinnen gehen aus Idealis-
mus in den Beruf. Wie können Situationen
derart entgleisen?
Aus Überforderung. Die Nachtdienste etwa
sind ein einziges Gerenne. Da ist eine Fach-
kraft für das ganze Haus zuständig, muss
mindestens drei Durchgänge machen, also
die Menschen durchbetten, Blutzucker
messen, Medikamente verabreichen. Viele
Patienten rufen nachts um Hilfe, weil sie
Angst haben. Das Problem wird aus Zeit-
mangel aber nicht durch Ansprache gelöst,
sondern mit Medikamenten. Einmal sollte
ich einer Dame ihre Schlaftablette brin-
gen. Sie begann zu weinen und von ihrem
Sohn zu erzählen, der auf die schiefe Bahn
geraten war, und von ihrer Sorge, eine
schlechte Mutter zu sein. Sie hat erzählt
und erzählt, ich habe nur zugehört. Und
dann sagte sie: Schwester, die Schlaftablet-
te brauche ich jetzt nicht mehr.
Wie wird man bei einer solchen Personal-
decke mit einem Notfall fertig?
Besonders brutal ist es, wenn jemand
stirbt. Denn Sie haben keine Zeit, bei ihm
zu bleiben. Der Mensch muss alleine ster-
ben. Das ist ein Armutszeugnis für unsere
Gesellschaft.

Wie sind Sie zur Altenpflege gekommen?
Ich bin in der Eiffel in einem kleinen Dorf
aufgewachsen, mit vier Geschwistern. Als
Zweitälteste habe ich die Kleinen fast al-
lein großgezogen, ich war immer ein sozia-
ler Mensch. Meine Großmutter hat bei uns
gelebt, sie hat uns Märchen vorgelesen.
Und als sie schwer krank wurde, hat meine
Mutter sie gepflegt, und meine Schwester
kam regelmäßig vorbei. Sie war bis zu ih-
rem Tod in ihrem Bett, wurde gewaschen,
kriegte ihr Essen. Als Kind kannte ich das
Wort Altenheim gar nicht, es war klar: Die

Großmutter hat sich um uns gekümmert,
jetzt kümmern wir uns um sie.
Machtes einen Unterschied, ob man im Al-
ter arm oder reich ist? Kann man gute Pfle-
ge kaufen?
Ja, man kann, aber nur, solange es gute
Pflege auf dem Markt gibt. In den Heimen
ist es allerdings am wichtigsten, dass man
bei klarem Verstand ist. Wenn man de-
ment ist, nutzt einem auch Geld nichts. Ich
kenne Fälle, dass Bessersituierte vom Per-
sonal bestohlen wurden. Früher hätte man
die Polizei gerufen, heute ist man froh,
dass überhaupt noch ein Pfleger da ist.

Sie arbeiten heute in keinem Heim mehr,
sondern in der ambulanten Intensivpfle-
ge. Warum haben Sie aufgehört?
Oje. Ich bin über mich selbst erschrocken,
als ich Nachtdienst hatte. Es war eine
Schicht mit vielen Durchfällen, ich war ein-
fach fix und fertig. Und ich komme zu einer
lieben Dame ins Zimmer und überall ist ihr
Stuhl verschmiert, an der Bettdecke, dem
Bett, den Wänden. Und ich stehe da und
schreie nur noch Scheiße, Scheiße, Schei-
ße. Die alte Dame hat sich so erschrocken,
und ich habe gedacht: Ich muss aufhören.

Inzwischen sprechen Sie öffentlich über
die Missstände in der Altenpflege, gehen
in Talkshows. Was erhoffen Sie sich da-
von?
Ich will, dass die Leute wissen, was die Al-
ten erleiden müssen. Das Grundgesetz ist
außer Kraft gesetzt in Altersheimen. Wir
sagen immer, die Würde des Menschen ist
unantastbar, aber die Würde des Men-
schen ist altersabhängig. Und ich möchte,
dass die Menschen sich mit uns solidarisie-
ren und für uns auf die Straße gehen.

Wenn ich höre, dass nun im Ausland nach
Pflegekräften gesucht wird, dann muss ich
sagen: Wir sollten uns erst darum küm-
mern, durch bessere Arbeitsbedingungen
und eine faire Bezahlung wieder die eige-
nen Leute zurückzugewinnen, die aus der
Pflege in den Pflexit geflüchtet sind. Dies
sind etwa 200000 Fachkräfte, die dem
Markt unter den jetzigen Bedingungen
nicht mehr zur Verfügung stehen.
Gibt es Länder, die das besser machen?
Ja, die Schweiz, wo ich auch schon gearbei-
tet habe. Da bekommen die Pflegenden Per-
spektiven, Fortbildungen, Karrieregesprä-
che, in denen gefragt wird: Bist du überfor-
dert, unterfordert, wo willst du hin? Wenn
ich in der Schweiz sage, was ich von Beruf
bin, sagen die Leute: Klasse, Respekt.
Angenommen, man zahlt 3500 Euro im
Monat für einen Angehörigen im Pflege-
heim. Wofür wird das Geld verwendet,
und wie viel würde es kosten, dass jemand
richtig gut betreut wird?
Das meiste Geld geht für Personalkosten
drauf, für Pflege, Küche und Reinigung. An-
sonsten ist es nicht vom Preis abhängig, ob
man gute Pflege bekommt oder nicht. Es
kann auch sein, dass es in einem Heim, das
einen ganz miesen Ruf hat, eine Station, ei-
ne Schicht gibt, in der Idealisten arbeiten.
Oder die sogenannte Eden-Alternative
praktiziert wird.
Was ist das?
Das ist eine Bewegung aus den USA, die
aus der Geriatrie kommt und bei der es dar-
um geht, dass man Leute in Pflegeheimen
wertschätzt und beschäftigt. Die Leute wer-
den nach ihren Fähigkeiten in den Alltag
eingebunden, wie in einer Großfamilie.
Die eine kann noch einen Apfel schälen,
der andere ein Handtuch falten. Oder es
wird zusammen gebacken. So wie ich es in
meiner Anfangszeit tat. Da zog der Geruch
nach Waffeln durch die ganze Etage, und ei-
ne alte Dame, die dement war und kaum
mehr sprach, fing plötzlich an, ihr altes
Waffelrezept auswendig aufzusagen. Das
ist Pflege. Es gibt etwa ein Heim am Boden-
see, das so arbeitet. Die Bewohner und die
Angehörigen sind zufrieden, und die Ange-
stellten auch, weshalb es weniger Kranken-
stände gibt, was ja auch ein Kostenfaktor
ist. Und der Witz daran ist: Dieses Heim
kostet nicht mehr als andere.

Rom– Es sei keine leichte Entscheidung
gewesen, aber sie sei notwendig. Italiens
Regierungschef Giuseppe Conte wandte
sich am vergangenen Samstag mit einem
Facebook-Video an das Land. Es ist kurz
vor Mitternacht, die Stirn des Premiers in
tiefe Sorgenfalten gelegt. „Wir bremsen
den Wirtschaftsmotor, aber wir stellen ihn
nicht ab“, sagt Conte. Er verkündet so die
landesweite Schließung der Fabriken. Aus-
genommen von dem Produktionsstopp
sind nur Unternehmen, die für die Versor-
gung der Bevölkerung unverzichtbar sind.
„Die Maßnahmen sind drakonisch, aber
wir haben keine Wahl“, stellt der Premier
sein fünftes Regierungsdekret im Kampf


gegen die Covid-19-Epidemie vor. Es ist
die fünfte Verschärfung der Maßnahmen
zur Eindämmung der tödlichen Virusinfek-
tion in einem Monat. Seit Donnerstag steht
nun 70 Prozent der Wirtschaft still.
Die industrielle Blockade galt als äußers-
tes Mittel. Am 21. März, als sie beschlossen
wurde, starben in Italien 793 Menschen an
der Lungenkrankheit. Es war der schwär-
zeste Tag seit dem Ausbruch der Epidemie
vier Wochen zuvor. Conte hielt dem Druck
nicht länger stand. Die Gouverneure der
am schwersten betroffenen Regionen ent-
lang des Alpenrands und die Bürgermeis-
ter der Corona-Hauptstädte im Norden ver-
langten seit Tagen denShutdown. Schließ-

lich drängten auch die Gewerkschaften auf
eine landesweite Schließung der Betriebe.
Sie waren wiederum von ihren Mitgliedern
aus den Katastrophengebieten bestürmt
worden, der Gesundheit absoluten Vor-
rang vor dem Umsatz zu geben. Schon seit
Wochen kam es zu spontanen Arbeitsnie-
derlegungen in Fabriken, Büros und Call
Centern, mit denen die Beschäftigten ih-
ren Forderungen nach schärferen Sicher-
heitsbestimmungen Nachdruck verliehen.
Die Industriellen hatten hingegen ver-
sucht, die generelle Stilllegung der Produk-
tion zu verhindern. „Die Produktionsket-
ten sind so eng verwoben, dass Gefahr be-
steht, durch den Stillstand auch lebensnot-
wendige Branchen zu blockieren“, warnte
der Industrieverband Confindustria. Zu-
dem befürchten die Unternehmer, dass vie-
le Firmen die Zwangsschließung nicht
überstehen. Gewerkschaften und Indus-
trie rangen tagelang mit der Regierung dar-
um, welche Unternehmen von der Blocka-
de ausgeklammert werden dürfen. Sie gilt
nun zunächst bis zum 3. April. „Das Leben
ist unser höchstes Gut und wir können die

Unternehmen in ganz Italien schließen,
aber wir müssen uns klar darüber sein,
dass viele von ihnen nicht wieder aufma-
chen werden“, sagt Carlo Bonomi, Chef der
Mailänder Industriellen. „Wenn dieser Alb-
traum vorbei ist, werden wir uns in einer
Kriegswirtschaft befinden“, sagt er.
Der Shutdown wird das Land im Monat
100 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung
kosten. „Wir müssen nun alles daranset-
zen, dass die Schließung für die Firmen
nicht definitiv sein wird“, sagt Confindus-
tria-Chef Vincenzo Boccia.
Die Regierung hat ein erstes Hilfspro-
gramm über 25 Milliarden Euro beschlos-
sen. Finanzminister Roberto Gualtieri kün-
digte für Anfang April ein neues Paket in
gleicher Höhe an, um den wirtschaftlichen
Neustart zu unterstützen. Wie stark die
Wirtschaft 2020 abstürzen wird, vermag
niemand abzuschätzen. Der Rückgang wer-
de „handhabbar“ sein, versichert Gualtie-
ri. „Wesentlich ist, dass auf den unaus-
weichlichen und tiefen Sturz schnell ein
Aufschwung folgt“, sagt Vize-Finanzminis-
ter Antonio Misiani. ulrike sauer

„Erzählen Sie mal in
der Disko, dass Sie
Altenpflegerin sind.“

„Ich will, dass die Leute
wissen, was die Alten
erleiden müssen.“

Stuttgart/Köln– Europas größter Schuh-
händler Deichmann bittet die Vermieter
seiner 1200 Filialen in Deutschland um Zu-
geständnisse. Wegen der Corona-Pande-
mie sehe man sich „leider gezwungen, die
Miet- und Nebenkostenzahlung vorüberge-
hend ab dem Monat April“ auszusetzen,
heißt es in Schreiben der Deichmann-Zen-
trale. „Es handelt sich hier um eine präven-
tive Maßnahme, um die wirtschaftliche
Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu
erhalten“, heißt es. Deichmann sei ein ge-
sundes Familienunternehmen. Auch Adi-
das will für seine geschlossenen Shops von
April an keine Miete mehr zahlen. Eine
Sprecherin bestätigte einenBild-Bericht.
Man sei mit den Vermietern „in engem Aus-
tausch“. stma, ikt, reuters

Paris– Der notleidende Pariser Autoher-
steller Renault bekommt womöglich Hilfe
aus Japan. Das Industriekonglomerat Mit-
subishi, Großaktionär des gleichnamigen
Autobauers, prüft den Kauf von zehn Pro-
zent an Renault, schreibt die Wirtschafts-
zeitungLes Echosunter Berufung auf Kon-
zerninsider. Renault war kurz vor der Coro-
na-Krise in die Verluste gerutscht. Zurzeit
steht die Produktion in Europa still. Sogar
die Schließung von Fabriken im Stamm-
land Frankreich ist möglich. Der Einstieg
von Mitsubishi könnte Stabilität geben. Kä-
me es soweit, hielten japanische Aktionäre
ein Viertel an Renault, da Nissan bereits 15
Prozent besitzt. Die Japaner hätten damit
größeres Gewicht als der französische
Staat, heute der größte Renault-Aktionär.
Renault lehnte einen Kommentar ab. lkl

6 aus 49(25. März)
Lottozahlen: 6 -11-18-21-35-
Superzahl: 9


  1. Rang (6 Treffer und Superzahl) unbesetzt, im Jack-
    pot 9 347 708,10 Euro, 2. Rang (6 Treffer)
    764 836,80 Euro, 3. Rang (5 Treffer mit Superzahl)
    11 588,40 Euro, 4. Rang (5 Treffer) 3487,00 Euro, 5.
    Rang (4 Treffer mit Superzahl) 206,00 Euro, 6. Rang
    (4 Treffer) 42,90 Euro, 7. Rang (3 Treffer mit Super-
    zahl) 21,30 Euro, 8. Rang (3 Treffer) 10,20 Euro, 9.
    Rang (2 Treffer mit Superzahl) 5,00 Euro.
    Spiel 77: 9155590
    Gewinnklasse 1 (Super 7): 1 077 777,00 Euro, Ge-
    winnklasse 2: unbesetzt, im Jackpot 77 777,00 Euro,
    Gewinnklasse 3: 7777,00 Euro, Gewinnklasse 4:
    777,00 Euro, Gewinnklasse 5: 77,00 Euro, Gewinn-
    klasse 6: 17,00 Euro, Gewinnklasse 7: 5,00 Euro.
    Super 6:1 4 0 1 0 9 (Ohne Gewähr)


Die strengen Regeln zum
Schutz derBürger vor einer
Ansteckung mit dem Corona-
virus prägen die Arbeits-
gespräche in der Finanzme-
tropole. Ein Banker im Home-Office er-
zählt am Telefon, er empfinde es „als Stra-
fe“, manchmal ins Büro gehen zu müssen.
Die Kantine sei geschlossen, und jeder Hus-
ter sorge bei den wenigen anwesenden Kol-
legen für Unbehagen. Die Erinnerung an
die „normale“ Prä-Corona-Zeit mit einer le-
bendigen Stadt flammt auf bei der Heimar-
beit. Wie es in der 30 Kilometer entfernten
Mainmetropole jetzt wohl aussieht? Die Ka-
mera im Internet zeigt nahezu autofreie
Straßen, sogar in den engen und tiefen
Straßenschluchten im Bankenviertel ha-
ben die Fußgänger die Oberhand.
Gegenüber der Frankfurter SZ-Redak-
tion steht ein Bürohaus mit mehreren
Stockwerken und gläserner Fassade. Die
Szenerie erinnert an Hitchcocks Film „Das
Fenster zum Hof“, denn man kann dort
reinspicken und sehen, wie die Angestell-
ten in normalen Zeiten telefonieren,
manchmal mit den Beinen auf dem Tisch,
wie sie schreiben, wie sie sich mit Kollegen
unterhalten, wie sie gedankenverloren vor
sich hin dösen. Es sei fast niemand mehr
da, erfährt man. Das Goethe-Haus liegt di-
rekt um die Ecke. Ein Magnet für Touris-
ten gewöhnlicherweise. Und jetzt? Zu. Was
würde Johann Wolfgang von Goethe, der
dort im Großen Hirschgraben aufgewach-
sen ist, zur Corona-Krise sagen? Vielleicht
das: „Wenn du eine weise Antwort ver-
langst, musst du vernünftig fragen.“
Frankfurt lebt anders als früher. Der
Oberbürgermeister informiert nahezu täg-
lich darüber. Ein paar Auszüge: „Die Stadt
Frankfurt am Main will sogenannte Hams-
terkäufe unterbinden.“ Laut einer Allge-
meinverfügung dürften fortan in Geschäf-
ten nur noch haushaltsübliche Mengen ver-
kauft werden. Oder: „Die Stadt Frankfurt
am Main finanziert Corona-Test-Vollauto-
maten“. Und auch dies: „Aus Gründen der
Gesundheitsvorsorge sind seit Donners-
tag, 19. März, bis auf Weiteres keine Trauer-
feiern in den Trauerhallen der Frankfurter
Friedhöfe mehr möglich.“ Auf den 36 Fried-
höfen fänden die Beisetzungen mit bis zu
fünf Trauergästen am Grab statt. Es naht
der Frühling, die Temperaturen steigen
schon, und die Stadt Frankfurt muss zer-
knirscht mitteilen, dass die Eröffnung des
Hausener Freibades „nicht wie geplant am
Samstag, 28. März“ stattfinden werde.
Was tun? Frankfurts wohl berühmtester
Bürger, Goethe, dem zu manch trostloser
Lebenslage tröstende Worte eingefallen
sind, rät im zweiten Teil von Faust: „Der Le-
bende soll hoffen.“ markus zydra

„Die Würde des Menschen ist altersabhängig“


Eva Ohlerth wollte alten Menschen zuhören und helfen. Sie wurde Altenpflegerin und stellte fest: Das System funktioniert so nicht.
Ein Gespräch über falsche Anreize, schlechte Entlohnung und warum spätestens nach der Corona-Krise alles anders werden muss

Vollbremsung


Seit Donnerstag stehen 70 Prozent der italienischen Wirtschaft still. Damit verliert das Land jeden Monat 100 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung


Deichmann und Adidas


zahlen keine Miete mehr


Japaner haben


Interesse an Renault


Mittwoch-Lotto


20 HMG (^) WIRTSCHAFT Freitag,27. März 2020, Nr. 73 DEFGH
FOTO: STEPHAN RUMPF
Vergitterte Ladentüren. Ein Mann steht
vor einem Geschäft. FOTO: ROBERTO MONALDO/AP
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Alfter, den 25.3.2020, RA Engel-Flechs

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