Frankfurter Allgemeine Zeitung - 25.03.2020

(Joyce) #1

W


as sind systemrelevanteBe-
rufe respektiveTätigkeiten?
Die Bestimmung istrelativ.
In der Krisevorzwölf Jah-
renging es um dieFinanzwirtschaft. Jetzt
aber stehenKrankenschwestern,Pfleger,
Ärzte,Kassiererinnen und Einräumerim
SupermarktzuRechtimMittelpunkt.Men-
schen,die,zumeist nichtbesondersgutbe-
zahlt, einenwichtigen Dienstfür das Ge-
meinwesen leisten. Die bisvorkurzem als
selbstverständlicheDienstleister wahrge-
nommenwurden, zunehmendohne Re-
spekt –wie Streifenpolizistenauch.
IndiesenZeiten gehören zudenWichti-
genauchFernsehmacher,die Unterhal-
tung mit hintersinnigem Humor,die Tief-
gang mit anderthalbvergnüglichenStun-
den vordem Schirmverbinden. Solche,
die denWitz als Erhellungsinstrument
und nicht als Eskapismusverstehen und
entsprechendeDialogeundSzenengestal-
ten. Wenn Schauspieler dazukommen,
die ihr Metier mit allerhand sorgfältig ge-
schlif fenen Werkzeugenvomkitzelnden
Florettbis zum rücksichtslosenFallbeil
betreiben, bleibenwenig Wünsche offen.
Wiebei „Das Gesetz sind wir“, dem
Preisträgerfilm des Deutschen Krimifesti-
vals, dasvorwenigenWochen nochvor
viel Publikum in Wiesbadenstattfand.
Wobeidie JuryumFelixKlare(Schauspie-
ler undKommissar imStuttgar ter„Tat-
ort“)undBelindeRuth Stieve (Schauspie-
lerin und Gründerin des paritätischen
Castingtools„Neropa“)nichtnurdenPoli-
zeifilm selbst, sondernauchHeiner Sta-
delmannals bestenDarstellerausgezeich-
nethaben. Eine bessereWahl hättees
nicht geben können. Holger Karsten

Schmidt (Drehbuch) und MarkusImbo-
den (Regie), einem krimimäßig einge-
spieltenTeam, gelingt mit „Das Gesetz
sind wir“ ein Blickindie Abgründe deut-
schen Streifenpolizistenalltags jenseits
vonKommissarsherrlichkeit und Vor-
abendseriendümmlichkeit (Kamera Mi-
chael Wiesweg). Bei „Mörder auf Am-
rum“, in den „Finn-Zehender“-Filmen
(2011–2014)undderHarzkrimi-Western-
reihe „HarterBrocken“ haben die Betei-
ligtenvorgelegt, nun wirdesin ihrer
jüngstenFernseharbeit umKorruption,
Gesetz und Gerechtigkeit, umVorteilsan-
nahme undStandhaftigkeit witzig ernst.
Endlichmal Butter bei dieFische: Hier
in Bremenwerden Fälle nic ht gelöst ,son-
derninEndlosschleifeauf Wiedervorlage
bugsiert.Als Ordnungshüterschlepptman

seinen Diensteher,als man ihnschiebt;
Runde umRunde ,Schicht für Schicht, Jahr
um Jahr. Der Drogenhändler („lauf, Bul-
le“), den KlausBurc k(AljoschaStadel-
mann)undMajaWitt(JuliaKoschitz)nach
dem Sprint um die Blöcke stellen undver-
haften,steht morgen wieder an derselben
Stelle („festerWohnsitz“).Neuer Tag, neue
Hatz, neueVergeblichkeit.Burck undWitt
sind zwar das Gesetz–aber nur proforma.
In Wahrheit sindsie Sisyphos inUniform.
Die LKA-Mitarbeite rJulia Krohn (Berna-
dett eHeerwagen) und Jan Bender (Micha-
elWittenborn)habendas schon längerver-
standen,genau wie derRevierlei ter(Wer-
ner Wölbern). Das Sagen hat in Bremen
Araberclan-ChefDjamalIssa(MerabNinid-
ze), unterstütztvom kriminellenHaus an-
walt StefanMisovic (Marc Hosemann).
Pech,dassKlaussichmit Issas jüngstem
Sohn Ahmed (RauandTaleb) anlegt. Ah-
med spuckt ihm bei derVerhaftung ins Ge-
sicht, Klaus’reflexhafterFaustschlag setzt
den Clan-Rachefeldzugin Gang–und bei
denPolizistenListundTückefrei.Issafährt
die Geschütze auf: Klaus’dementerVater
(HeinerStadelmann,Vatervon Aljoscha
Stadelmann),vonihm und einerunterbe-
zahlten Pflegekraftzärtlic hbetreut, wird
brutal überfallen. Majas Hund, ihr einziger
privater Ansprechpartner,bleibt spurlos
verschwunden. DenStreifenpolizistenist
klar: Das Problem mussaus derWelt, die
Ordnung wiederhergestellt werden. Egal
wie.Fürimmer.ZweigegeneineStadt,bald
istwieder„ZwölfUhrmittags“,undauchin
Bremenkann manWesterndramatik.
Schmidt,ImbodenundWieswegbleiben
im schwarzenHumorwie im Ernstimmer
verspielt.Hieris tnichtsthesenhaft,aberal-
les bildlich.Wenn AljoschaStadelmannin
der Wohnung desAnwaltsselbstvergessen
Luftgitarrespielt, nachdem er beschlag-
nahmteDrogenineiner Matrjoschka pla-
zierthatund sobeinahe der Putzfrauindie
Arme läuft;wenn JuliaKoschit zund er als
Verfassungsschutz-Geheimnisträger ein
Auto entführen oder zu TomWaits
„DowntownTrain“intrauter Rundeinder
SonneKäsebr ötchen essen, dann möchte
man auchdas Etikett„Krimi komödie“ in
die Marketingsprech-Tonne werfen.„Das
Gesetzsind wir“ ist„Comédie humaine“,
ein Lebensmittel. HEIKE HUPERTZ

Das Gesetz sindwir,um20.15 Uhr im ZDF.

Hanami
DiesmalnurfürAnwohner:
DasKirschblütenfestinBonn

Hinundweg
Unterwegsmit der Maus:
WasWebcamsderzeitzeigen

D


as Ordnungsamt Leipzig hat
am Montagverfügt, dassdie
BahnhofsbuchhandlungLud-
wigschließenmusste. Mehrals sieben-
tausen dTitel an nationalenund in ter-
nationalenZeitungenund Zeitschrif-
tenkonnteninderBuchhandlung,wel-
chedie größteihrer ArtinDeuts ch-
land sein dürfte, nicht mehrverkauft
werden.Sie wurdegeschlossen, ob-
wohl de rVerkauf vonZeitungen und
Zeitschriftenauch inderCorona-Krise
weiterhin erlaubt ist. Vierundzwanzig
Stunden später zog das Ordnungsamt
das Verbotteilweise zurück. Nundür-
fenPressetitel verkauftwerden, Bü-
cher abe rnicht .Sohat das Leipziger
Ordnungsamtgerade nocheinmal
halbwegs die Kurvegekriegt.Für vier-
undzwanzigStunden aber hatteesdie
PressefreiheitnachArtikel 5Grundge-
setz ausgesetzt .Dennzudieser zählt
auch,dassman Presseerzeugnissekau-
fenkann. Ausgutem Grund:Die
„Grundversorgung“mit unabhängiger
InformationistfürdieDemokratiekon-
stitutiv.Siewir dnichtnuraufelektroni-
schen und digitalenWegengeleis tet
undnicht nurvom öf fentlich-rechtli-
chen Rundfunk. Sie entsteht aus der
Vielfalt der Darstellungsweisen und
Meinungen,und diesewiederumfußt
auf der Gesamtheit der Medien in die-
sem Land. DiezeitweiligeSchließung
der BuchhandlungLudwig istein fata-
les Signal. Sie wirft ein Schlaglicht auf
eineEntwicklung ,diesi chgeradein ra-
sender Geschwindigkeit in vielen Le-
bensbereichenvollziehtundfürdiePo-
litik neben der alles überformenden
Gesundheitsvorsorge eine vorrangige
Aufgab edarstellt:Freiheitsrechtewer-
den ohnegroßes Federlesen suspen-
diert. Zahllose Existenzen, die darauf
gründen, Leistungenden Menschen
imfreien Wettbewerb und selbständig
anzubieten, auchsolche, die man heu-
te„systemkritisch“nennt,kommenun-
terdie Räder.Wer sic haußerhalbgesi-
cherterPfade be wegt und nichtvom
Staat und nichtvonöffentlichem Geld
bezahlt wird,ist draußen. Es droht
eine „Bereinigung“ fundamentalen
Ausmaßes, die nicht nur „Märkte“ be-
trif ft,sonder ndieKoordinatenderfrei-
heitlichen Grundordnungunserer Ge-
sellschaft.Gestärktwerden transnatio-
nale Megakonzerne, die nochnie aus-
reichendSteuern bezahlthabenund
erstinAnsätzenden Anforderungen
genügen, die in unseremRechtsstaat
alle anderen zu erfüllen haben. Ge-
stärkt werden aberauch all jene, die
ihr Geldnich tselbst verdienen müs-
sen. DiePolitik steht vorder großen
Aufgab eder Umverteilung.Sie mu ss
die vonder Corona-Pandemie ausge-
lösten Einschränkungen der Lebens-
chancen vieler Menschen er kennen
undihnenentgegentreten. Besserge-
stellteaufdemSonnendeckmögendas
Homeoffice für willkommene Ab-
wechslung halten, für viele Menschen
geht es um die nackte Existenz. Es
wird nicht nur nichts mehr sein, wie es
war, es hat sich schon allesveränd ert.
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk
stünde beialldemetwasDemut gutan.
FünfzigProzent der zusätzlichenKos-
ten, diewegender Corona-Krise auf
freie Produzentenzukommen, zuüber-
nehmen istnur scheinbargroßzügig,
bedenkt man, dassdie vielenTochter-
gesellschaftenzuhundertProzentab-
gesicher tsind.DieindennächstenWo-
chen in den Bundesländern anstehen-
deErhöhung desRundfunkbeitrags sei
indiesemZusammenhangnuramRan-
de er wähnt.

MORGEN


IM REISEBLATT


Zeitenändern dich
DieRückkehrde rZimmerreise:
WillyPuchnerauf Expedition

Freiheitsrechte


VonMichael Hanfeld

Kostenloses Probeabo:
0697591-3359; http://www.faz.net/probeabo

Was ist für Sie in der aktuellen Situati-
on diewichtigsteFunktion desöffent-
lich-rechtlichen Rundfunks?
Unserewichtigste Funktion istindie-
senTagendefinitiv,Orientierungzu bie-
ten. Das bedeutet,Hinter gründe zu er-
läutern, Informationen zu prüfen und
sie verständlichweiterzugeben.Darum
gehtesimWesentlichen,undderöffent-
lich-rechtlicheRundfunkkann das leis-
ten:Dafürsind wireinstgeschaf fenwor-
den –als wesentliche Institutionfür das
Funktionieren unserer Demokratie.


Wirdder rbb zum „Corona-TV“?
Nein,wir können undwollen ni chtrund
um die Uhr nurüber das Virus, seinege-
sundheitlichenAuswirkungenunddieda-
mit verbundenenKonsequenzen für un-
ser Leben berichten –auchwenndiese
BerichterstattungzurzeiteinenGroßteil
unseres aktuellen Programms ausmacht.
Die Menschen suchen Familienprogram-
me, Kultur- und Bildungsangebote.Zu-
dem bekommensie zusätzlicheSendun-
genfür Kinder und Schüler,die zu Hause
sind. Auchdiese Erwartungen undBe-
dürfni sseinh oher Qualität abzudecken
istgegen wärtigeineganzwichtige Aufga-
befüruns.WirkönnendamitZusammen-
haltstiften, quer dur ch alle Altersgrup-
pen, gesellschaftlicheMilieus undReli-
gionen, dennder öf fentlich-rechtliche
Rundfunkist in dieser Krise füralle da,
mussfür alle da sein.Wirwollengerade
jetzt ein„guter Freund“ für unsereZu-
schauerinnen, Hörer,Nutzer sein, je-
mand, denich gernzu mir hole,wenn es
schwierig wird,wenn ic hTrost benötige,
aberauch, wenn ic heine guteZeit oder
einengutenAbendhaben,michzerstreu-
en oder unterhalten möchte.


Ein sinnvollesVerhältnis zwischenIn-
formation und Unterhaltung.
Natürlic hist dasCoronavirusgegenwär-
tig das beherrschendeThema in unserer
Gesellschaft.Gleichzeitig beschäftigen
wir uns selbstver-
ständlic hauch mit
anderenThemen.
DieterNuhr steht für
sein „Nuhr im Ers-
ten“ nichtmehrvor
Publi kumimSääl-
chen, sondernsitzt
allein zu Hause und
schalt et zu seinen
Gästen.Mit unserer
Aktio n„Derrbb
macht’s“ schließen
wir Lücken, die imgesells chaftli chen
und kulturellen Leben entstehen, weil
Kultur stätten wieMuseen,Konzerthäu-
ser,Theaterund Kinosgeschlosse nsind.
WirhabenamSonntag einenökumeni-
sche nGottesdiens tmit evangelischen,
katholischen,jüdischen undmuslimi-
sche nMitwir kenden ausder Gedächtnis-
kircheübertragen,Lutz Seiler liest bei
rbbKulturimRadio seinen neuen Ro-
man „Stern 111“vor,seit Montag gibt es
zweimalamTag Sportzum Mitmachen,
zusammen mitVereinen. Geradewenn
das Publikum nicht mehr zu denAusstel-
lungen,Au fführungenoderLesun genge-
hen kann, bringen wir diesegroßartigen
Angebote zu den Menschen.Wenn es zu
Hause engwird, weil die Menschen
kaum mehrvordie Türgehen,können
wir so wieder mehrWeiteschaffen. Der
Auftakt waram12. Mä rz dieÜbert ra-
gungvon „Carmen“ aus einem leeren
Saalder Deutschen Staatsoper.Dieser
Livestream hatimNetzweltweit 160 000
Menschen erreicht–die Reaktionender
Zuschauerwarenüberwältigend.Wir ha-
ben einKonzertder Berliner Philharmo-
niker gestreamt und ein„Extrakonzert“
unter anderemmit Lang Lang ausdem
Konzerthaus Berlin.Weitere sist in Vor-
bereitung.


Sie kümmern sich also um die Grund-
versorgung bei Hochkultur.
Wirdenkenauchandie jün gerenZu-
schauer.RadioeinsundArteConcertun-
terstütze neine Aktionder Berliner
Clubs:Täglichwirdabends ein Video-
streamliv eauseinemBerlinerClubüber-
tragen–das volle Programm mitDJu nd
Licht, nur ohneTänzer.Nebensolchen
DJ-Sets, Live-Musik undPerformances
biete tdie Plattform auchGesprächsrun-
den,Vorträg eund Filme rund um club-
kulturelle Themen. So schaffenwir hof-
fentlich für alle Bevölkerungsgruppen
eineVielfalt vonAngeboten. Dazugehö-
renzumBeispielauchvirtuelleRundgän-
ge durchMuseen derRegion.Der rbb
nimmt dieNutzerinnen undNutzerauf
360-Grad-Touren in dasPotsdamer Bar-
berini-Museum,dasAlteMuseuminBer-
linund weiter eSammlungen mit.


VergütenSie di eÜbertragungen den
Häusern auch wie üblich?
Wirvergüten Aufwände, aberwir sind
weitvondenkompliziertenLizenzverein-
barungenundauchLizenzzahlungenent-
fernt, die solchenÜbertragungen sonst
vorausgehenmüssten. Di eHäuser treten
als großzügigePartner auf,die da sInter-
esse des Publikumsinden Mittelpunkt
stellen. Diegleiche Großzügigkeitzeigen
Künstle rinnen undKünstle r, bei unse-
remjüngste nProjektmit demKonzert-
haus am Gendarmenmarkttratendie
Weltklasse-Musikerohne Honorar auf.


Wiesehen Sie IhreVerantwortung gegen-
über Produzenten undKünstlern? Spielt
der„Solidaritätsgedanke“, den Angela
Merkelfordert, eine Rolle?
Das spieltfür un seinegroße Rolle. Wir
sind in Gesprächenmit de njeweiligen
Verbänden, um den Produktionsunter-
nehmen undKünstlernzuhelfen.Ande-
rerseits müssen wir mit demRundfunk-
beitrag verantwortungsbewusst umge-
henund genau abwägen, wofür wi rdie-
sesGeldausgeben.Wirwerdendiebeste-
hende nVerträg eerfüllen. Die ARD und
die Degetosind zusätzlichbereit, 50 Pro-
zentdernochverbleibendenMehrkosten
zutragen,fallstr otzNutzungallerstaatli-
chen undkommunalen Hilfenweiterhin
finanzielleAusfälle entstehen. Wirsind
da in derVerantwortung.

Reicht dasfür kleinereProduzenten?
Der Produzentenverbandhat einen
Notfallfonds gefordert, der sichetwa
aus ungenutzten Kef-Mittelnspeist.
Washalten Sie davon?
Wirkönnen zurzeitnur vonTag zu Tag
reagieren. Die „ungenutztenKef-Mittel“
hat der rbb nicht.Und das Geld,das wir
derzeit nicht fürRegelprog ramm oder
Events nutzen,fließt unmittelbar in ak-
tuelleBerichterstattungoderSonderpro-
jekte. Die Produktionsfirmenstehen für
viele auchkleiner eUnternehmen, de-
nen durch unser eMaßnahmen massive
Ausfälle entstehen, dasreicht vomKan-
tinenpächter bis zu den Lieferanten für
Verbrauchsmittel. Ichsehe deutlichdie
GefährdungenfürdieKreativwirtschaft;
siewerdeninzwischen ja auchvon staat-
licher Seite erkannt.Die ARD hat be-
reits ihr eBereitschaftzur Unterstützung
signalisiert. Wirtun, waswir können.

WelcheKonsequenzenhat di eEpide-
mie für dieArbeitsabläufeimrbb?
Beiuns arbeiten viele Mitarbeitende
nichtimS ender ,sondern zu Hause.Da-
mithaben sich die Arbeitsabläufedeut-
lich verändert.KurzeAbsprachenvon
Büro zu Bürooder über denFlur sind
nichtmehr mögli ch,wir nutzenTelefon
oder Videokonferenzen.Das funktio-
nier tauchdeshalb,weil wir Prioritäten
setzen, sowohl bei den Sendungenals
auch bei den Mitarbeitern.Die Mehrzahl
derKollegen ausder Verwaltungarbeitet
inzwischenimHomeoffice.

Der Bayerische Rundfunk hat–weil vie-
le Kollegen erkrankt sind–zweiRadio-
programme zusammenlegen müssen.
Wirmüssen mit unseren personellen
Ressourcen haushalten,dennwir wissen
nicht, wie sichdie Pandemieentwickelt.
Um für solche Entwicklungenvorberei-
tetzusein, haben wir „A“- und
„B“-Teamsgebildet, und wir haben die
Standor te Berlin undPotsdamgetrennt,
obwohl son st zahlreiche Mitarbeiter in
beidenStädten arbeiten. Es existie rt
jetzt also einTeam fürPotsdam und ei-
nes für Berlin,ebenso halten wi resmit
unserenStudios. Falls die Infektionsfälle
starkzunehmen,können wir an dem ei-
nen Ortnoch sendefähig sein,falls der
anderenicht mehrgenutztwerden darf.
Ähnliches gilt für dieTechnik.Esist al-
les eingeschränkt, aber es funktioniert.

Im Netz verbreitensich Falschinforma-
tionen über dasVirus. Wassetzen Öf-
fentlich-Rechtliche dagegen?
Glaubwürdigkeit und Kompet enz.Die
Menschenkönnenunsvertrauenundtun
esauch. Deshalb erreichtgegenwärtig
die „Tagessc hau “zum BeispielJahres-
höchstwerte. Amvergangenen Sonntag
sahen18,8 Millionen Menschen diese
Hauptnachrichtensendung.ImNormal-
faller reichtdie„Tagesschau“andiez ehn
MillionenZuschauer.Wir bemühen uns,
durchSachlichkeit undwissenschaftlich
begründeteInfor mationen der Hysterie
im Netz Fakten entgegenzusetzen.Das
leiste nwirmi tgutenJournalistinnenund
Journalistenundin Kooperationmitwis-
senschaftlichenEinrichtungenunserer
Region.So, un ddas registrieren ja auch
einige ande re Medien, leistendie öffent-
lich-rechtlichen Sender insgesamt eine
überzeugendeArbeit.

ChristianDrosten, Leiter der Virolo-
gie in der Berliner Charité, sagte kürz-
lich, der politische Journalismusmüs-
se den Wissenschaftsjournalismusvor-
treten lassen–inallen Medien.
Ichverstehe dasgrundsätzliche Anlie-
gen. Andererseits istpolitischer,einord-
nende rJournalismus mindestens ebenso
gefragt wieWiss enschaftsjournalismus,
weil die Politik herausgefordertist und in
kurzer Zeit Entscheidungenvongroßer
Tragweitetreffen mu ss.Das sollten Jour-
nali stenweiterhi nhinterfragenund er-
läutern. Es gibtbei un skeine Vorschrif-
tenfür die Berichterstattung oderderen
Schwerpunkte. Ichweiß,dassunsere
Journalistinnen und Journalisten die
Lag eund dieProblemeprofessionell ge-
wichtenund ihr eArbeit danachausrich-
ten.InderSenderealitäterlebenwirjage-
naudie Verschiebung, dieHerr Drosten
erwartet,eskommen immer häufiger
WissenschaftlerzuWort .Das politische
Leben wirdindiesen Zeiten vonder Co-
ronavi rus-Epidemiebestimmt.

Das GesprächführteHelmut Hartung.Erist
Chefredakteurvonmedienpolitik.net.

Die Corona-Pandemie bringtUnterneh-
men weltweit in Schwierigkeiten, doch
der NetzwerkkonzernFacebook hat ein
Problem, dasvorallem seineNutzer zu
spüren bekommenkönnten. Laut einem
Bericht der„WashingtonPost“musste
der Konzerndie Arbeitsplätzevon
Moderatoren an zwanzig Ortenschlie-
ßen, nachdem sichöffentlichProtest ge-
regt hatteund behördliche Maßnahmen
zur Eindämmungdes Virusangeordnet
worden waren.
Einen Plan, wie sicheine der wichtigs-
tenQualitätsmaßnahmendes Netzwer ks
–das Löschenterroristischer,gefährden-
der und desinformativer Inhalte–von zu
Hause aus bewerkst elligen ließe,gabes
nicht .Arbeitervonnicht zertifizierten
Subunternehmerndaheimarbeitenzu las-
sen is tfür denKonzernkeine Lösung,
weil persönlicheAccounts derNutzer un-
tersucht werden. Dies wirdvon Facebook
in Callcenter-artigenStrukturen scharf
überwacht. NureinBruchteildieserMitar-

beiterwerdemit reduziertenMöglichkei-
tenvon zu Hause wirken,heißt es in ei-
nem offiziellen Blog-Eintrag. Deshalb
steht derKonzernvor derAufgabe, sei-
nen Stall weitgehend ohne menschliches
Zutun säubernzumüssen.
Seit langem wirdpostuliert,künstliche
Intelligenz seidieZukunftderartiger Qua-
litätssicherung, erfahrungsgemäß sind
Menschen beimAuffinden und Löschen
sensiblerInhalte immer am zuverlässigs-
ten. StattjedochaneinerLösung zuarbei-
ten, die unterbezahltenTeilzeitarbeiter
weiterhin zu beschäftigen, sagteUnter-
nehmenschef Mark Zuckerberglaut
„Post“, man müsse sichnun zunehmend
aufkünstliche Intelligenzverlassen,wolle
aberVollzeitbeschäftigteabstellen,um In-
halten mit Bezug zu „Selbstmord, Kindes-
misshandlung undTerrorismus“ ein „Ex-
tra anAufmerksamkeit“ zu widmen. Er
räumteein, eswerdezueiner höheren
Fehlerquotekommen,wenn etwa Beiträ-
ge zu Unrechtentfernt würden. wei.

Eigentlich solltedieser Tage alles klarsein.
Ansammlungenvonmehrals zwei Men-
sche ngilt es zuvermeiden.FürFilmteams
und Produzentenist dasallerdings gar
nicht klar,weil es anverbindlichenrechtli-
chen Vorgaben für ihreBerufsausübung
mangelt.Sie fordernumgehend Klarheit.
„Die Rege lungen hinsichtlich der Durch-
führung,Verschiebung unddes Abbruchs
vonDreharbeiten fürfiktionale Kino- und
Fernsehproduktionen“seien „bundesweit
lückenhaft“, heißtesine iner Mitteilung
des Produzentenverbandese.V.und Film-
undMedienverbandesNRWe.V.DieCoro-
na-Pandemie macheDreharbeiten „aus
Gründen des Schutzes der Gesundheit,
nicht nur der unmittelbar Beteiligten“, un-
möglich. Es seifahrlässig, dass„bundes-
weit alleKultureinrichtungen, einschließ-
lichder Kinos,geschlossen wurden,Dreh-
arbeiten aberfortgeführtwerden können“.
Das unterwanderealle An strengungen zur
Eindämmung des Corona-Virus.Die Ver-
bändeforderneine „sofortige, bundesweit

gültigeRegelung,diedenAbbruchallerlau-
fendenunddieVerschiebungallerbe vorste-
henden Dreharbeiten ermöglicht, ohn edie
VerantwortungfürdiesenSchritt allein auf
die einzelnen Produktionsunternehmen
abzuwälzen“. DieEntscheidungdarüber
oblieg tden Kommunen. DieVerbände
forderndaherdie Länder,Kommunen,
Arbeitsschutz- undGesundheitsbehörden
auf,„vonden ihnengesetzlic hzustehenden
Möglichkeiten Gebrauchzumache nund
interpretationsfreieVerord nungenoderAll-
gemein verfügungen zu erlassen und einen
einheitlichenrechts verbindlichenRahmen
für denAbbruc hbeziehungsweise dieVer-
schiebungvonDreharbeitenzuschaffen“.
DiessolleauchfürsolcheProduktionengel-
ten, diepandemiebedingt bereits Drehar-
beiten au feigenes Risikounterbrochen
oderverschobenhaben.Essei,sodieForde-
rung, ein klarer Schritt der Behördenge-
fragt, um rechtliche Sicherheit zu schaffen.
Dies sei ebenso wichtig wi edie Solidarität
der Fernsehsender als Auftraggeber. wei.

Foto epd

AljoschaStadelmann und JuliaKoschitz spielen dieStreifenbeamten, die mit List und Tücke den Kampf aufnehmen. FotoZDF

Wirtun,


waswir können


rbb-IntendantinPatricia Schlesinger über


die Herausforderungender Corona-Pandemie


Maschinenführe nAufsicht


Facebookstellt BekämpfungvonDesinformationum


Werist hierwirklic hsystemrelevant?


Dreharbeitenabbre chen!


ProduzentenfordernLänderund Gemeinden auf


Patricia Schlesinger


In „Das Gesetz sind wir“


müssen zweiPolizisten


die Herrschafteines


kriminellen Clans in


ihrer Stadt brechen.


Haben die beiden eine


Chance?Wirsehen es.


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Medien MITTWOCH, 25.MÄRZ 2020·NR.72·SEITE 13

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