Frankfurter Allgemeine Zeitung - 25.03.2020

(Joyce) #1

Fraternisierungsverbot


Der Vormarsc hamNiederrhein und
anderswostellt die alliiertenTrup-
pen vorneue Aufgaben. Sie begeg-
nen deutschen Zivilisten. Deshalb er-
lässt der britische Feldmarschall
Montgomery einen Befehl für seine
Truppen, der den alltäglichenUm-
gang mitDeutschenregelt.DieSolda-
tenseiner Armeegruppe hätten sich
aufStraßen,inHäusernoderöf fentli-
chen Einrichtungen wie Kinosvon
Deutschen fernzuhalten. Erwähnt
werden in diesem Zusammenhang
auchausdrücklichKinder.Gegensei-
tigeBesuche seien nicht erwünscht.
„Ein Kontakt mit der Bevölkerung ist
nur im dienstlichenVerkehr gestat-
tet. Jede Artdes persönlichenUm-
gangs hat zu unterbleiben.“ Begrün-
detwirddie strikteAnordnung da-
mit, dassdie Kapitulation vieler
DeutschernochnichtdenFriedenbe-
deute. Der „Einflussder Nazis“ habe
diedeutsche Gesellschaftdurchdrun-
gen. Ziel der militärischen Besetzung
DeutschlandsseidieVernichtungdes
Nazi-Systems. Racheallerdingswolle
man nicht üben. Eine „Neuerzie-
hung“der Deutschenkönne nurgelin-
gen, wenn die Schuldigen nicht nur
abgeurteilt würden, sondernauch
das Ausmaß ihrer Schuld begriffen.
Man dürfe nicht den Fehler von
1918/19 wiederholen. Im Gegensatz
zu damalsgelte: „Wir müssen den
Krieg und denFrieden gewinnen.“


JüdischeBrigade in Italien


General MarkClark, der amerikani-
sche Oberbefehls haber der alliierten
Armeegruppe in Italien, erlässt eine
Botschaft, in der er über den Einsatz
einer jüdischen Brigade in seiner
Truppe berichtet.Erfreue sic hsehr,
„dass das jüdischeVolk,das vonSei-
tender Nazis so Schreckliches erlit-
tenhat,jetzt unterunserenFronttrup-
pen vertretenist“. Er zweifle nicht
daran, dasssichdie Männer der jüdi-
schen Brigadevorbildlichverhalten
würden. Sie seien einwertvoller Bei-
trag zumZuwachsder Kampfkraft
der alliiertenStreitkräfte.Diese sei-
enjetztbereit, „demFeind denTodes-
stoß zu versetzen“.


ErsteZahlenvom


Niederrhein


NachalliiertenAngabengehtder Vor-
marsc hder eigenenTruppengegen
sichversteifenden deutschenWider-
stand weiter .Aneinigen Punkten
stünden die Einheiten schon acht Ki-
lometeröstlichdes Rheins. Die im
Rück en der Deutschen aus mehr als
3100Lastenseglernabges etztenLuft-
landetruppen hätten ihreavisierten
Ziele gesicher tund Kontakt mit den
über Land anrückenden Kräftenauf-
genommen. DieFallschirmjäger hät-
tensechs Ijssel-Brücken unversehrt
eingenommen. Die deutsche Seite
meldetdemgegenüber einigelokale
Abwehrer folgegerade gege ndieLu ft-
landeeinheiten. pes.


S


oüberwältigend die Corona-Her-
ausforderung auchist,Armin La-
sche tverzichtet dochauf jeden
nochsokleinen AnflugvonPa-
thos,alseram Dienstagmorgendemnord-
rhein-westfälischen Landtag Bericht er-
stattet. Stattdessen umschreibt der Minis-
terpräsident mit derkalten Wuchtder er-
schrec kenden Fakten den Ernstder Lage
für die (sicherheitshalber nur zu gut ei-
nem Drittel anwesenden)Abgeordne ten
und für dieZuschauer,die die Debatteim
Fernsehen und im Livestreamverfolgen.
Der Kampfgegen das Coronavirus sei die
schwerste Bewährungsprobe in der Ge-
schichtedes Landes, eine Entspannung
seivorer stnichtinSicht .DieZahlde rInfi-
ziertenwerde weiter zunehmen, auchdie
Zahl derToten, prophezeit der Minister-
präsident.
Umso wichtiger sei, dassdie Bürger
weiterhin diestrengen Kontaktverbotsre-
gelneinhielten,nursolasse sichdiedyna-
mischeAusbreitung desVirusbremsen,
die Kurveder Neuinfektionen abflachen,
nur so werdedas Gesundheitssystem
auchinden kommendenWochen nicht
überfordert. Es gehe darum, so viele Le-
ben wie möglichzuretten. „Esgeht um
Lebenund Tod.“
In diesemKampfseien ganz erheblich
Grundrechteeingeschränktworden: Ver-
sammlungsfreiheit, freie Berufsaus-
übung, Gewerbefreiheit, Schulpflicht,Re-
ligionsfreiheit.Die Entscheidungen für
all diesegravierenden Einschränkungen
seien nicht einfachgewesen. „Der libera-
le Rechtsstaat mussinder Krise schnell
handeln, aber er musssichauchdie Zeit
zum Nach denken nehmen, zumAbwägen
eines jeden Eingriff s. Auch in dergröß-
tenKrise gilt dieVerfassung.“
Die meistenBürgerhielten sichandie
strikten Regeln, verhielten sichsolida-
risch, lobt Laschet. „Wir müssen nicht die
Vernünftigen überwach en, sonderndie
Unvernünftigen bestrafen.Undzwarkon-
sequent und hart, die Signale müssen an-
kommen.“ Deshalb hat NRWnun als ers-
tesBundeslandeinen Bußgeldkatalog für
Verstöße gegendie Corona-Regeln erlas-
sen. BeiZusammenkünftenvon mehr als
zwei Personen in der Öffentlichkeit, die
nicht direktverwandt sind,werden ab so-
fort 200 Eurofällig. Dieselbe Summe gilt

bei Verstößen gegendas Altenheim- und
Krankenhausbesuchsverbot. Hartnäckige
Wiederholungsregelbrecher müssen mit
bis zu 25 000 EuroBußgeldrechnen.
Schon jetztgelteesaber auch, amWeg
ausderKrisezuarbeiten,sagtLaschet.
„Wir müssen dieFolgen derPandemie für
unser Land, für unsereWirtschaftund für
jeden Einzelnen jetzt schon abfedern.
Nurdannhabenwir eineChance, dassAr-
beitsplätze, sozialerZusammenhalt auch
nachder Krise nochvorhandensind.“
DasViruswerde „massive“Folgen haben.
„Wir stehen am Beginn einergroßen und
wahrscheinlichweltweiten Wirtschafts-
krise.“Esgehe umweggebrocheneUmsät-
ze, unterbrochene Lieferketten, abgesag-
teVeranstaltungen,ausbleibendeZahlun-
gen. „Das isteinevielfache Dimensionim
Vergleichzur Weltfinanzkrise 2008. Die
Situation istvom Freiberufler über den
Handwerker, den Gastronomen, die mit-
telständischenUnternehmen bis hin zum
Großkonzernexistenzbedrohend.“ Es
gehe um nichtweniger ,als den „Kollaps
der Volkswirtschaft“ zuverhindern.
Deshalb hat Laschets schwarz-gelbe
Landesregierung ein Maßnahmenpaket
zum SchutzvonUnternehmen und Ar-
beitsplätzen geschnürt, das möglichst
passgenau die ebenfalls enormen Hilfszu-
sagen des Bundes ergänzen soll.Kern-
stückist die Er richtung eines Sonderver-
mögens in Höhevonbis zu 25 Milliarden
Euro, dessenAusmaß Laschetals „his to-
risch“ beschreibt –und dafür bittet
Schwarz-Gelb den Landtag um eine nicht
minder historische Kreditermächtigung
in derselben Höhe. Es istdie mit Abstand
höchs te Neuverschuldung,diejemalseine
Landesregierung in NRWgeplant hat.
Angesichts des Ernstesder Lagewird
derRekordhaushaltin einemnochnie da-

gewesenen Schnelldurchlauf durch das
Parlamentgebracht.Alle drei Lesungen
findenamDienstagingroßemEinverneh-
menzwischendenRegierungs-undOppo-
sitionsfraktionenstatt.Oppositionsfüh-
rerThomasKutschaty (SPD) sagt nach-
denklich, der mögliche Erfolg derPande-
mie-Bekämpfungwerdemiteinemökono-
mischenAbsturzerkauft. „Eine schwere
Rezession lässt sichnicht mehrvermei-
den.“ Nungeltees, mit den Milliardenpa-
ketenvon Bund und Land eine „Depressi-
on“mit MassenarbeitslosigkeitundPleite-
wellen zuverhindern.Auch die Grünen
unter stützen „allevonder Landesregie-
rung beschlossenen Maßnahmen zur Li-
quiditätssicherung,Steuerstundung oder
die zum Bundesprogramm ergänzenden
Zuschussmöglichkeiten für kleinereBe-
trieb“ ,soihreFraktionsvorsitzende Moni-
ka Düker .„Aber wir sagen auchsehr klar:
DiesesParlament hat auchund besonders
in Krisenzeiten ein Mitspracherecht,
wennesdarumgeht,dieMittelzielgerich-
tetzu verwenden.“
Es is teine Mahnung,die Bodo Lött-
gen, derVorsitzende derregierungstra-
genden CDU-Fraktion, ausdrücklich
teilt.Das „Königsrecht“ desParlaments,
Haushaltezudebattieren, sei nachdem
Mott o„Zusammenarbeit inderKrise,kei-
ne parteipolitischen Spielchen“ imKon-
sens allerFraktionen auf einenTag ver-
kürztworden .Dochalles stehe auch wei-
terunter parlamentarischer Kontrolle.
An diewegender Corona-Gefahr eben-
fallsspärlichbesetzt eRegierungsbankge-
wandt, fügt Löttgen hinzu: „DasParla-
ment istnotwendig und handlungsfähig!
Wirberaten und treffenalle für die Ein-
dämmung der Epidemie und die Bewälti-
gungihrer Folgen notwendigen Entschei-
dungen.“

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kum. FRANKFURT. Nach nur weni-
genWochen der Ausbreitu ng des Coro-
navirus sieht die Bundesregierung er-
hebliche Mängel in der länderübergrei-
fenden Krisenbewältigung. Sie fürchtet
eine„DestabilisierungdesgesamtenGe-
sundheitssystems“, wie es in einem Ge-
setzentwurf„zum Schutz der Bevölke-
rung“ heißt.Mit dem Entwurfwill Bun-
desgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) zahlreiche Änderungen des In-
fektionsschutzgesetzes durchsetzen, die
an diesemDienstagvom Bundestag und
am Freitag vomBundesrat beschlossen
werdensollen. DerzentraleSatzdesGe-
setzentwurfs lautet:„Die Bundesregie-
rung wirdzur Feststellung einer epide-
mischen Lagevon nationalerTragweite
ermächtigt.“ Der Bund rückt damit auf
ein Gebietvor,das bislangvondenLän-
dernineigenerRegie geregelt wurde.
Ursprünglichlas sic hder Gesetzent-
wurfwie eine Selbstermächtigung,ge-
knüpftann ur zwei Bedingungen: dass
die Weltgesundheitsorganisation WHO
eine Notlagevon internationalerTrag-
weite –eine Pandemiewirdnicht aus-
drücklicherwähnt –festgestellt hat;
oderaber, dasseineAusbreitungbedroh-
licher Krankheiten über die Grenzen
mehrerer Bundesländerhinwegdroht,
ohne dassdie WHO eine internationale
Notlagefestgestellt hätte.Auffällig an
dieser Ermächtigungwar, dasssie ohne
Zustimmung des Bundestags oder des
Bundesrats erfolgen sollte.
Noch auffälliger waraber am ur-
sprünglichenEntwurf,dassauchdieBe-
endigung dieses Ausnahmezustands al-
lein vonder Bundesregierung erklärt
werden konnte–„unverzüglich“, wie es
heißt,wenndieVoraussetzungen fürdie
Notlagenicht mehrgegeben seien. Es
warkaum anzunehmen, dassdie Bun-
destagsfraktionen und die Länder einer
solchen Machtfülle der Exekutivezuge-
stimmt hätten. Deshalbfindetsichjetzt
derSatzimGesetzentwurf:„AufVerlan-
gendesBundestagesoderdesBundesra-
tesist die Feststellung aufzuheben.“ Mit
anderenWorten: DieRegierungkann
die nationaleNotlagezwarallein fest-
stellen,musssichaber nachdem Bun-
destag oder Bundesratrichten, wenn
diese eineFeststellung für überflüssig
halten.
Tundie Länder das nicht, sichertsich
der Bund durchdas Gesetz eineReihe
vonErmächtigungen, die Kompetenzen
vonden Ländernauf den Bundverla-
gern –meist„ohne Zustimmung des
Bundesrats“. Das betrifft die Verkehrs-
und Personenkontrollen imgrenzüber-
schreitendenVerkehr sowievorallem
die Versorgung mit Arzneimitteln oder
Schutzausrüstung.Wiedie Länder im
Einzelnenden Vollzug regeln, wirdih-
nen nicht freigestellt.Der Bund schreibt
vor, waszut un ist:wasEinreisende zu
tunhaben, wiekontrolliertwird, welche
Untersuchungenstattfinden müssen, ob

Einreisen überhauptmöglic hsind. Das
gilt auchfür die Ermächtigung, per
Rechtsverordnung „Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung der Gesundheitsver-
sorgung“vorzusehen. Im Blicksind da-
bei so wohl die personellenRessourcen
wie die sonstigeAusstattungvonKran-
kenhäusern, Apotheken und Pflegeein-
richtungen. Besondersdieser Abschnitt
des Gesetzentwurfs erregt den Arg-
wohn vonLändernund Kommunen.
Um nicht den massivenWiderstand
vonandererStelle zuwecken, verzichte-
te Spahn auf die Möglichkeit, per
Handy-Ortung eine bessereErmittlung
vonKontaktpersonen vonInfizierten
und damit eine effektiver eUnterbre-
chung der Infektionskettenzuerreichen
–eine Methode, die in Südkorea zu ei-
ner erheblichen Eindämmung der Epi-
demie beigetragenhat.
EinGroßteildes Gesetzesbeschäftigt
sichaußerdem damit, auf welcher
Grundlagedie Entscheidungen im Ein-
zelnen zu treffen sind. Dadurch wird
das Robert-Koch-Institut nocheinmal
starkaufgewertet. Das Institut war
durch das ersteInfektionsschutzgesetz
von2001 aus dem Bundesgesundheits-
amt geschaffenund dortals Or tdefi-
niertworden,wo „Konzeptionen“ zur
VorbeugungvonInfektionen entwickelt
werden sollen. Jetzt wirdesals „die“ na-
tionale Behörde zur Vorbeugung be-
zeichnet, dieweit stärkerind as Gesche-
hen eingreifenkann. Dem Institut soll
ganz allgemein dieAufgabe übertragen
werden, „dieZusammenarbeitzwischen
den Ländernund zwischen den Län-
dernund dem Bund sowieweiteren be-
teiligtenBehördenundStellen“zukoor-
dinieren.Wiedas genau geschehen soll,
könntedie Bundesregierung künftig
durch allgemeineVerwaltungsvorschrif-
tenbestimmen,ausnahmsweise„mitZu-
stimmung des Bundesrates“.
Der Kern des Infektionsschutzgeset-
zes,Paragra ph28,indemdieEinschrän-
kung vonGrundrechten (Freiheit der
Person, Versammlungsfreiheit,Freizü-
gigkeit, Unverletzlichkeit der Woh-
nung )geregeltwird,bleibtdurch dasGe-
setz unberührt–mit einerAusnahme.
Bislangwarnicht klar,obdurch deners-
tenAbsatz desParagr aphen auchAus-
gangssperren(im Unte rschied zu Aus-
gangsbeschränkungen und Quarantäne,
wie sie jetztverfügt wurden) zulässig
wären. Das soll durch die neueFormu-
lierung sichergestellt werden, wonach
die zuständigeBehörde (in derRegel
das Gesundheitsamt) Personen ver-
pflichtenkann, „den Ort, an dem sie
sichbefinden, nicht oder nur unter be-
stimmten Bedingungen zu verlassen“
oder „bestimmteOrteoder öf fentliche
Orte nicht oder nur unter bestimmten
Bedingungen zubetreten“.Insofernent-
hält das Gesetz aucheine Bestimmung,
die den Ländernund Kommunen ihre
Kompetenzen nichtetwa beschneidet,
sondernnochausweitet.

Selbstermächtigung?


ImInfektionsschutzgesetzverschafftsichJens Spahn


weitreichendeKompetenzen für den Krisenfall


Alle für Schulden


Fluchund Segen:LeeresRestaurant an der Rheinpromenade in Düsseldorf FotoEPA

1945


Auch unter den Kultusministernist ein
Überbietungswettbewerbbei de rAbiturre-
gelung ausgebrochen. Am Dienstagnach-
mittag hat Schleswig-Holsteins Kultusmi-
nisterin KarinPrien (CDU) angekündigt,
wegender gege nwärtigen Corona-Pande-
mieallePrüfungen abzusagen.Sie will am
MittwochimKabinett in Kieleinen ent-
sprechenden Beschlussvorschlag einbrin-
gen. Statt eigenerAbschlussprüfungen sol-
len die Schüler in ihrem BundeslandAb-
schlusszeugnisse aufder Basis bisheriger
Noten erhal ten. Nachdemsie vorgeprescht
war, wollte Prie nsichmitanderenLändern
abstimmen, dassüberall soverfahrenwird.
Ein einheitliches Verfahren istjedoch
schon deshalb nicht mehr möglich,weil
die Prüfungenetwa in Rheinland-Pfalz
schongeschrieben sind. Hessen hat am
Dienstag den viertenTagder schriftlichen
Prüfungen nachAngaben des hessischen
Kultusministeriumsmiteinerleichterhöh-
tenFehlquote absolviert. In einer Online-
Petition zweier HamburgerSchüler mit
rund 76 000Unte rstützernwar gefordert
worden,allen SchülerneineAbiturno te zu
geben, die sichaus den bisher erbrachten
Leistungen der Oberstufeergibt.

Wenn die Kultusministerkonferenz
schon vorBeginn der Prüfungen in Rhein-
land-Pfalz und Hessen entschieden hätte,
wäre es nochmöglic hgewesen, sichauf
ein Ersatzverfahren zu einigen. Etwaigen
KlagenwegenUngleichbehandlung sind
jetzt Türund Torgeöffnet, auchwenn
zwei Drittel derAbiturnoten bereits durch
die Oberstufensemester in denKursen er-
brachtworden sind. Die baden-württem-
bergischeKultusministerinSusanneEisen-
mann (CDU)verweistgegenüber dieser
Zeitungdarauf,dassdiegege nseitigeAner-
kennung derAbiturleistungen schon jetzt
gesicher tsei. Unabhängig davonbereite
sichjedes Land nachseinen Ferientermi-
nen auf unterschiedliche Szenarienvor
und entwerfe Lösungsmodelle. Schließ-
lichgehe es nicht nur umAbiturprüfun-
gen,sondernauch umde nmittlere nSchul-
abschlussund um Hauptschulabschlüsse.
Denn die Sommerferien beginnen un-
terschiedlichfrüh, Baden-Württemb erg
undBayernsind mit ihrem spätenTermin
eindeutig imVorteil, weil sie mehr Spiel-
raum fürVerschiebungen haben und der
Nachschreibetermin ohnehinimMaistatt-
gefunden hätte. Solltesichdie Corona-

Pandemie danngerade auf dem Höhe-
punkt befinden und viele Schüler und
Lehrer infiziertsein, ließe sichdie Pla-
nung nicht halten. Alles hängt davonab,
wie sichdie Infektionszahlen entwickeln,
wie langedie Schulschließungen dauern
undaufwelche Weisesi eaufgehobenwer-
den. Es istjedenfalls unwahrscheinlich,
dassder Schulbetrieb sofortwieder über-
all vollständig aufgenommen wird,realis-
tischererscheint,dassdieKlassenzeitver-
setzt an bestimmtenTagenunter richtet
werden.
Bayern,Berlin, Baden-Württemberg,
Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen,
Sachsen-Anhalt, das Saarland haben ihre
Abschlussprüfungenverschoben,Branden-
burgüberläs stdie VerlegungderPrüfungs-
termine auf denNachschreibetermin den
Schulleitern, und Bremen hat den Prü-
fungszeitraumverlängert.Hamburg,Sach-
sen,NiedersachsenundNordrhein-Westf a-
len wollen vorerstbei den bishervorgese-
henen Prüfungsterminen bleiben, so ist
auchHessen verfahren, dessen Schüler in
diesenTagenihrschriftlichesAbiturin völ-
lig leeren Schulen schreiben. In Rhein-
land-Pfalzstehen ohnehin nur nochdie

mündlichen Prüfungen an. In den Län-
dern, die nochnicht entschieden haben
oder ihrePrüfungstermine aufrechterhal-
tenwollen,wächst derDruckdurchdieEl-
tern,Klarheit zu schaffen. Dochwer ver-
mag zu sagen, wie sichdie Pandemie ent-
wickelt? Das trauen sichderzeit nicht ein-
mal dieVirologen zu.
In einigenLänder nverb esse rnsichdie
Schüler durch die Prüfungen,inanderen
gibtesi mmer eine leichteVerschlechte-
rung(so in Hamburg).DerStadtstaat hät-
te ohnehin Schwierigkeiten, dasAbitur
zu verschieben, die Sommerferien begin-
nendortschonam25. Juni.Nebendenre-
gulärenTerminennachdem 16.April
sollesdortNachschreibetermine und
eineweiter eTerminschienegeben,umje-
dem dieTeilnahme zu ermöglichen, selbst
wenn er in Quarantäne oder im Kranken-
standis t. Abstands-undHygienevorschrif-
tenwürdenaufjedenFalleingehalten,ver-
sicher tdie Schulbehörde. Hamburghat
sichauchklargegendenErsatzderAbitur-
leistungen durch andere,vorher erbrachte
Punkteausgesprochen. Esgebe ein deutli-
ches Be wertungsgefälle zwischen dezen-
tralenAbiturleistungen (schuleigene Be-

wertungen) und zentralen Prüfungen
(schriftlichesAbitur). „Fielen dieseweg,
könntedies imVergleichzufrüherenAbi-
turjahrgängen zu besseren, allerdings
künstlic herhöhtenAbiturno tenführen“,
so die Schulbehörde.
Das ganze Schuljahr zu annullieren,
schließen dieKultusminister aus. Die der-
zeitig ePräsidentinderKultusministerkon-
ferenz, dierheinland-pfälzischeKultusmi-
nisterinStefanie Hubig (SPD)versichert,
dassdas Schuljahr in jedemFall gewertet
wird .DerPräsidentdesDeutschenLehrer-
verbandesHeinz-PeterMeidingerkritisier-
te:„DieAbiturientenwollen vorallem Ver-
lässlichkeit.Verschiebungenkönnen im
Einzelfall sinnvoll sei.Aber die Länder
sollte nsichbesser abstimmen“, sagteMei-
dinger .Auchwenn die Schulenweiter ge-
schlo ssenbleibensollten,könntendiePrü-
fungen beigrößtmöglichem Infektions-
schutzgeordne tstattfinden. An diesem
Donnerstag tagt der Schulausschussder
Kultusministerkonferenz. Gesichertsein
muss nur,dassdie Hochschulen undUni-
versitäten sowie die Ausbildungsbetriebe
Zulassungen undAusbildungsbeginn ent-
sprechend anpassen.

oll.BERLIN.Bundesbildungsministe-
rinAnja Karliczek (CDU) hat Bafög-
Geförderten, die sichjetzt in derPan-
demie-Bekämpfungengagieren,versi-
chert, ihrenFörderanspruchzubehal-
ten, auc hwenn sie für einigeMonate
ein höheres Einkommen erzielen.
AufdasBafögangerechnetwerdedies
nur während dieserZeit. „Wir unter-
stützen den Einsatz für die Gesell-
schaft, für die Kranken und Alten“,
schreibtKarliczek in einem Brief an
die Landesminister für Kultus und
Wissenschaft. Die Regelung werde
rückwirkend zum 1. MärzinKrafttre-
ten, wenn Bundestag und Bundesrat
zustimmen,wassogut wie sicher ist.


Bislang wenig abgestimmt


In Hessen und Rheinland-Pfalz laufen dieAbiturprüfungen bereits–inS chleswig-Holstein sollensie ausfallen /VonHeikeSchmoll, Berlin


DIE LETZTEN
KRIEGSWOCHEN


  1. MÄRZ


„Bafög-Anspruch


bleibt erhalten“


DieCorona-Krise führt


zu er staunli cher


Einig keit:InNRW wird


mitgroßerMehrheit ein


riesiges Hilfspaket


beschlossen.


VonReiner Burger,


Düsseldorf


Für die Herstellung derFrankfurterAllgemeinen Zeitung wirdausschließlichRecycling-Papierverwendet.

SEITE 4·MITTWOCH, 25.MÄRZ2020·NR. 72 Politik FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

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