Süddeutsche Zeitung - 21.03.2020

(C. Jardin) #1

Es geht drunter und drüber, sagt Prof. Dr.
med. Martin Halle, „ich bin den ganzen
Tag nur am Telefon“, schließlich gilt es ei-
ne ganze Abteilung zu organisieren. Der
57-Jährige ist Direktor der Abteilung für
Präventive Sportmedizin und Sportkardio-
logie am Universitätsklinikum der TU
München rechts der Isar. In der Corona-
Pandemie wächst die Unsicherheit in der
Bevölkerung. Daher sei es besonders wich-
tig, die Menschen mit belastbaren Informa-
tionen aufzuklären, Fragen seriös zu beant-
worten, Ängste zu nehmen. „Das mache
ich gerne“, sagt Halle und nimmt sich trotz
allem Stress Zeit für ein Telefonat.


SZ: Herr Professor Halle, Ihr Kernthema
ist Prävention durch Sport. Ist Sporttrei-
ben überhaupt sinnvoll in diesen Zeiten?
Prof. Martin Halle: Absolut. Man muss na-
türlich die besonderen Umstände berück-
sichtigen. Wir haben nun mal die Situati-
on, dass die Menschen inzwischen auf das
häusliche Umfeld limitiert sind, also Haus,
Wohnung, Garten und vielleicht noch die
Straße. Wir bewegen uns in Deutschland
ohnehin schon wenig, das wird jetzt herun-
tergeschraubt auf fast gar nichts. Was die
Gesundheitsaspekte angeht, kann man vie-
les dazu sagen. Ich gebe mal ein drasti-
sches Beispiel, um die Problematik zu ver-
deutlichen: Wenn man körperlich inaktiv
ist, also im Bett liegt, dann funktioniert in-
nerhalb weniger Tage, spätestens inner-
halb von zwei Wochen, der Körper in unter-
schiedlichen Bereichen nicht mehr richtig.


Dann wird man krank?
Sozusagen. Das liegt einfach daran, dass
Bewegung die Gene in unseren Zellen akti-
viert, was wiederum dazu führt, dass die
Gesundheit des Menschen erhalten bleibt,
um nicht zu sehr in den medizinischen
Fachbereich zu gehen. Wir haben jetzt eine
Situation, die uns für Wochen und viel-
leicht Monate in ähnlicher Weise betreffen
wird. Umso wichtiger ist es, dem entgegen-
zutreten.
Mit Sport?
Neben den bekannten hygienischen Hand-
lungen ist das ist die beste Gegenmaßnah-
me. Bei den begrenzten räumlichen Ver-
hältnissen muss man sich Gedanken ma-
chen, wie man das umsetzt.
Welche Rolle spielt das Immunsystem?
Corona ist ja eine Infektion der Lunge und
die Eintrittspforte ist der Nasen- und Ra-
chenraum. Das ist wie bei allen anderen In-
fekten auch, der Influenza-Grippe oder ei-
nem normalen Schnupfen. Es kommt dar-
auf an, dass die Schleimhäute gut durch-
blutet und feucht sind. Viel Trinken ist da-
bei sicherlich nützlich. Bei Bewegung
führt die erhöhte Herz-Kreislauf-Zirkulati-


on eben dazu, dass die Schleimhäute gut
durchblutet sind. Immunzellen gibt es im
ganzen Körper, im Knochenmark, in der
Milz und vor allen Dingen auch in der Lun-
ge, und die müssen mobilisiert werden.
Vereinfacht gesagt, müssen die Immunzel-
len verstehen, dass da ein Erreger in den
Nasen-Rachenraum angeflogen kommt,
dass sie dahin müssen, denn das wissen sie
nur bedingt. Sie werden zwar durch die Re-
aktionen, die von den Viren in der Schleim-
haut ausgelöst werden, angelockt. Aber
wenn ich durch die sportliche Aktivität
noch eine höhere Herz-Kreislauf-Zirkulati-
on habe, dann kommen diese Zellen ein-
fach viel häufiger dort vorbei und können
damit auch ihre Funktion ausüben.
Das Virus kann die Lungenerkrankung Co-
vid-19 auslösen. Was kann ich für meine
Lunge tun?
So, wie wir beide jetzt gerade da sitzen und
miteinander telefonieren, werden unsere
Lungen nur zu zwei Dritteln belüftet, die
unteren Anteile nicht. Wenn die Lunge
nicht belüftet ist, wird sie auch nicht durch-
blutet. Kommen nun die Immunzellen da
nicht hin, kann sich Schleim in diesen
nicht belüfteten Partien der Lunge abset-
zen. Das erhöht die Infektionsgefahr.
Meist ist eine Infektion eine Kombination
aus Viren und Bakterien, die sich dann
nachfolgend auf die von den Viren geschä-
digten Stellen der Lunge draufsetzen, des-
halb ist es total wichtig, dass die Lunge im-
mer gut belüftet ist, weil sie dann auch gut
durchblutet ist. Das sind die wesentlichen
Faktoren, warum Bewegung und körperli-
che Aktivität so wichtig sind, medizinisch
möglichst einfach erklärt.
Und wenn ich mich infiziert habe, darf ich
dann noch Sport machen?
Wenn Sie Fieber haben, absolut nein! Fie-
ber ist definiert von 38,5 Grad Körpertem-
peratur an und mehr. Da darf man sich auf
keinen Fall körperlich betätigen, das ist
dann kontraproduktiv.
Und wenn man es nicht weiß?
Wenn man keine Temperatur hat und sich
kränklich fühlt, dann kann man schon be-
stimmte Übungen machen, aber Herz-
Kreislauf-Belastungen sollten nicht sein.
Atemübungen oder Gymnastik kann man
machen.
Bleiben wir bei den Gesunden: Wo und in
welcher Zahl sollten die Sport treiben?
Normalerweise ist Sport in der Gruppe ja
das Richtige, weil es am meisten Spaß
macht. In der jetzigen Konstellation ist
man mindestens die nächsten 14 Tage auf
sich und sein engstes Umfeld beschränkt,
das ist die Familie. Es ist ja derzeit so, dass
man sich auf bestimmte Kleingruppen
konzentrieren sollte, die Familie oder den
Partner, mit denen man Kontakt hat. Die
darf man aber dann nicht wechseln.
Besser alleine oder in der Familie also?
In der derzeitigen Situation ist alleine
Sport machen wahrscheinlich das Beste,
dann hat man auch keine Ansteckungsge-
fahr. Und es gibt viele Übungen, die ich al-
leine machen kann.
Am besten an der frischen Luft?
Das ist auf jeden Fall zu begrüßen. Drau-

ßen ist die Luftfeuchtigkeit besser als in
den Räumen, in denen sich auch die Bakte-
rien fangen. Im Freien ist die Infektionsra-
te wesentlich geringer. Momentan spielt
auch das Wetter mit. Wir kommen jetzt in
den Frühling und wissen, dass zwischen
11und 13 Uhr die Sonne so hoch steht, dass
wahrscheinlich die UV-Strahlung auch die
Coronaviren reduziert.
Gilt auch im Freien die Abstandsregel?
Ja. Aber wenn ich jemandem draußen be-
gegne, stecke ich mich auf zwei Meter Ab-
stand sicher weniger an, als wenn ich in ei-
nem Raum diesen Kontakt hätte. Also ja,
gerne nach draußen gehen. Außerdem ist
es ja eine Sache, die uns die nächsten Wo-
chen begleitet. Sport allein in der Woh-
nung zu machen, da fällt uns allen die De-
cke auf den Kopf.
Die sozialen Kontakte werden zwangsläu-
fig leiden.
Das kann man auch als Chance begreifen:
Gibt es, bei allem was uns jetzt aufgezwun-

gen wird, nicht auch etwas Gutes? Man
konzentriert sich wieder mehr auf die Fa-
milie, also die sportliche Aktivität mit den
Kindern oder mit den Großeltern, oder die
der Enkel mit den Großeltern. Das ist viel-
leicht ein bisschen zu kurz gekommen und
stellt jetzt eine Option dar, die man umset-
zen könnte oder sogar sollte.
Was macht derjenige, der kein Ergometer
im Keller stehen hat?
Ich kann Übungen auf einer Turnmatte ma-
chen, es geht auch auf dem Teppich, da fin-
det sich immer eine Möglichkeit.
Und was kann ich machen?
Am besten eine Kombination aus Ausdau-
er, Kraft und Koordination. Ich habe ein
Sieben-Minuten-Workout-Programm er-
stellt, mit drei Übungen zur Ausdauer,
zwei zur Kräftigung und zwei zur Koordina-
tion, das ist das, was ich auch in der jetzi-
gen Situation empfehle. Eigentlich habe
ich es für das Büro ausgearbeitet, aber es
ist jetzt für zu Hause genauso ideal.

Erklären sie bitte eine einfache Übung.
Zum Beispiel Seilspringen, das kann der
Großvater wie das Enkelkind machen,
man muss nicht einmal ein Seil haben. Ein-
fach so tun als ob man eins in der Hand hat
und eine Minute Seilspringen. Das bringt
den Kreislauf in Schwung, die Beinmusku-
latur wird aktiviert, und ich habe noch eine
Armrotationsbewegung. Das ist total an-
strengend. Wenn ich eine Minute lang seil-
springe, kommt man ganz schön aus der
Puste. Dreimal am Tag, das genügt.
Und die Sieben-Minuten-Übungen?
Die kann man alternativ machen, die ha-
ben dann auch eine Kraftkomponente. Ein-
fach einen Stuhl nehmen, sich fast hinset-
zen und vorher wieder aufstehen. Oder
sich hinstellen und über Kreuz das rechte
Knie zum linken Ellenbogen heben. Oder
im Sessel sitzend mit den Beinen in der
Luft Radfahren. Einfache Übungen, drei-
mal sieben Minuten am Tag, ein kleines
Programm, das jeder umsetzen kann, das
ist meine Empfehlung. Die Ausdauer ist
aber die wichtigste Komponente, weil sie
den Puls hochtreibt und schon durch die
schnellere Atmung die Lungenbelüftung
begünstigt.

Welche Belastung ist für wen vernünftig?
Allgemein sagen wir, dass man in leichtes
Schwitzen kommen sollte. Es geht nicht
um Extrembelastung, zumal man weiß,
dass das Immunsystem dadurch nicht opti-
mal beeinflusst wird. Dann können auch
Stresshormone ausgeschüttet werden.
Aber aus der Puste darf man schon kom-
men, beim Walken etwa, im moderaten Be-
reich.
Und Sportler?
Da ist das natürlich etwas anderes. Auch
Kinder oder Jugendliche sollen sich ruhig
mal auspowern. Aber wer keinen Sport
macht, für den sind moderate Belastungen
das Richtige, was die Aktivierung des Im-
munsystems angeht.
Alles altersangepasst?
Natürlich. Kinder sind von Natur aus mehr
als Erwachsene auf Bewegung fixiert, sie
wollen raus, was machen. Es ist dabei
durchaus sinnvoll, auch Kindern einen
Plan an die Hand zu geben. Vielleicht einen
Trainingsplan, in den man eintragen
kann, was man gemacht hat, vielleicht mit
einem Smiley für Kinder. Auch Erwachse-
ne können durchaus in den nächsten Wo-
chen dokumentieren, was sie gemacht ha-
ben. Das ist gleichzeitig eine Motivation.
Ist das auch für Menschen im Homeoffice
geeignet?
Natürlich, dreimal ein paar Minuten für
die Gesundheit sind nicht viel. Man kann
das natürlich auch auf ein Mal machen, da-
für länger. Eine halbe Stunde zügig spazie-

ren oder 20 Minuten joggen.
Gleich in der Früh, besser am Abend?
Dafür gibt es keine Präferenzen. Hauptsa-
che, man bewegt sich.
Muss man auf Risikofaktoren achten?
Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Lun-
genkrankheiten und Krebspatienten sind
ja gerade auch bei der Corona-Pandemie
besonders gefährdet. Es ist sehr wichtig, ih-
nen zu vermitteln: Ja, auch ihr sollt sportli-
che Aktivitäten durchführen, in ähnlicher
Weise. Es ist sogar besonders wichtig, weil
das Lungensystem und das Herz gefährdet
sind. Vor allem Herzkranke haben beim Co-
ronavirus eine besonders hohe Sterblich-
keit, da ist es besonders wichtig, sich auch
in diesem Fall fit zu halten. Je fitter ich kör-
perlich bin, desto besser kann ich eine Er-
krankung überstehen.
Wie kann das aussehen?
Einmal pro Stunde aufstehen, die Arme
nach oben nehmen und fünfmal kräftig
ein- und ausatmen, dass die Lunge schön
belüftet wird. Klingt banal, ist aber total
wichtig und gerade für diese Risikogrup-
pen einfach durchzuführen.
Sollte man die Ernährung umstellen?
Man weiß, dass die Ernährung Einfluss auf
das Immunsystem hat, über die Darmflora
oder das Mikrobiom, also die Darmbakteri-
enbesiedlung. Aber das ist nur in kleinen
Teilen möglich. Aber bestimmte Faktoren
sind sicher schädlich.
Zum Beispiel?
Eine hohe Zuckerbelastung, also schnell
einfallende Einfachzucker, wie zum Bei-
spiel in Cola oder Apfelsaft. Es ist ja be-
kannt, dass Diabetiker, die permanent er-
höhte Blutzuckerwerte haben, kein gutes
Immunsystem haben. Neben Herzerkrank-
ten schneiden sie besonders schlecht ab.
Also wenig Zucker. Was noch?
Einfach auf eine gesunde Ernährung ach-
ten, viel Gemüse, Hülsenfrüchte, ungesät-
tigte Fettsäuren, das sollte man sowieso
machen. Auch wenn der direkte Einfluss
auf das Immunsystem nicht groß ist.
Übergewicht ist sicher auch bei Corona
nicht dienlich?
Wenn man fett isst, in diesen Zeiten auch
weniger aktiv ist, nimmt man an Gewicht
zu. Wenn ich die aktuellen Zahlen interpre-
tiere, werden uns die Einschränkungen
auf jeden Fall bis Juli in gravierendem Um-
fang begleiten. Manche sagen, dass das
sehr viel länger geht.
Es war zu lesen, dass Alkohol Viren abtö-
tet, was sagen Sie dazu?
Natürlich tötet Alkohol Viren ab. Aber jetzt
zu sagen, dass man mehr Bier und Wein
trinken sollte, halte ich für die falsche Emp-
fehlung. Es ist sicher wichtig, viel zu trin-
ken, weil man dadurch die Viren aus dem
Rachenraum in den Magen-Darm-Trakt
transportiert. Aber der Alkohol gehört in
diesem Fall auf die Hände und nicht in den
Hals.
Besser Wasser als Bier zum Virenwegspü-
len?
Vielleicht ist ja ein Ingwertee mit Kurkuma
das Richtige.

interview: ralf tögel

von andreas glas
und kassian stroh

München– Von diesem Samstag an dür-
fen die Menschen in Bayern nur noch in
wenigen Fällen aus dem Haus. Die Staats-
regierung hat am Freitag weitreichende
Ausgangsbeschränkungen verhängt. „Wir
sperren Bayern nicht zu, wir sperren Bay-
ern nicht ein, aber wir fahren das öffentli-
che Leben in Bayern nahezu vollständig
herunter“, sagte Ministerpräsident Mar-
kus Söder (CSU) in einer Pressekonferenz.
Die neuen Regeln habe das Kabinett in ei-
ner Telefonschalte einstimmig beschlos-
sen. Die Beschränkungen sollen vorerst
für 14 Tage gelten.


Was ist noch erlaubt?


Was bisher ein dringender Appell war, hat
die Staatsregierung nun zur Vorschrift ge-
macht: Wer das Haus verlassen will, darf
dies nur noch tun, wenn „triftige Gründe“
vorliegen. Dazu gehört weiterhin der Weg
zum Arbeitsplatz und zurück nach Hause.
Besuche beim Arzt und Tierarzt sind aus-
drücklich erlaubt, Besuche beim Psycho-
oder Physiotherapeuten laut Allgemein-
verfügung nur in Fällen, in denen „dies
medizinisch dringend erforderlich ist“.
Ebenfalls erlaubt bleibt das Einkaufen, so-
fern es „Gegenstände des täglichen Be-
darfs“ betrifft. Weiterhin öffnen dürfen et-
wa: Supermärkte, Getränkemärkte, Apo-
theken, Drogerien, Banken, Post, Reini-
gungen, Tankstellen, Kfz-Werkstätten
und Märkte für Tierbedarf. Bewohner in
Alten- und Pflegeheimen dürfen nur noch
besucht werden, wenn sie im Sterben lie-
gen. Besuche im Krankenhaus sind nur
noch in drei Fällen erlaubt: bei Sterbefäl-
len; für Eltern, die ihr krankes Kind sehen
wollen; und für Väter, die ihr neugebore-
nes Kind und die Mutter besuchen. „Natür-
lich ist Sport möglich oder Spazierenge-
hen“, sagte Söder. Er schränkte aber ein:
„Entweder allein oder mit der Familie
oder mit dem Hund.“ Geschiedene oder ge-
trennt lebende Eltern dürften weiterhin ih-


re Kinder besuchen. Es gibt auch kein Spa-
ziergangs- oder Besuchsverbot für Paare,
die in getrennten Wohnungen leben. Laut
Allgemeinverfügung soll aber jeder seine
sozialen Kontakte „auf ein absolut nötiges
Minimum“ reduzieren. „Bleiben Sie zu
Hause, gehen Sie nur in Ausnahmefällen
raus. Machen Sie bitte zuhause auch keine
Partys, laden Sie nicht die Nachbarkinder
ein“, sagte Söder.

Was ist jetzt verboten?


Bisher galten eingeschränkte Öffnungszei-
ten für Restaurants – nun werden sie kom-
plett geschlossen. Ausgenommen sind le-
diglich die Ausgabe von To-go-Gerichten,
Lieferdienste und Drive-in-Schalter. Auch
Friseursalons sowie Bau- und Garten-
märkte, die bislang noch öffnen durften,
müssen von Samstag an zusperren. Wie
sich aus den Regeln für den sozialen Um-
gang ergibt, ist nun jede „Gruppenbil-
dung“ verboten. Wo immer es möglich sei,
müsse ein Mindestabstand von einein-
halb Metern zur nächsten Person eingehal-
ten werden. „Für die Vernünftigen“ ände-
re sich gar nicht so viel, sagte Söder, „aber
für die Unvernünftigen gibt es jetzt ein kla-
res Regelwerk.“
Das Ziel der bayerischen Staatsregie-
rung sei, die rapide Zunahme der Corona-
virus-Infektionen, soweit es nur gehe, zu
verlangsamen. Die Verlangsamung funkti-
oniert nach Meinung der meisten Exper-
ten aber nur, wenn sich möglichst wenige
Menschen begegnen. „Wir müssen versu-
chen, die Welle der sprunghaften Infektio-
nen zu brechen“, sagte Ministerpräsident
Söder. „Wir bekommen, wenn wir nicht
aufpassen, eine ähnliche Tendenz wie in
Italien oder Frankreich.“

Werden die neuen
Regeln kontrolliert?

Ja, „die Polizei wird das massiv kontrollie-
ren“, sagte Söder in seiner Pressekonfe-
renz. Die Staatsregierung reagiert damit
auf die Szenen, die in den vergangenen Ta-

gen in vielen Städten und Gemeinden zu
beobachten waren: Menschen, die sich bei
frühlingshaftem Wetter vor Eisdielen set-
zen oder in Gruppen in Parks oder an Flüs-
sen trafen – trotz aller gegenteiligen Ap-
pelle von Regierung und Experten. „Wir
können das nicht mehr akzeptieren, wir
müssen etwas tun“, sagte Söder. Wer sich
nicht an die neuen Regeln halte, „wer
nicht einsichtig ist, der muss mit hohen
Bußgeldern rechnen“ Nach dem Infekti-
onsschutzgesetz sind Strafen von bis zu
25000 Euro möglich. Wer auf dem Weg
zur Arbeit von der Polizei oder vom Ord-
nungsdienst kontrolliert wird, muss je-

doch keinen Passierschein vorlegen, wie
es etwa in Frankreich der Fall ist.

Könnten die Beschränkungen
noch verschärft werden?

Am Montag hatte Söder noch gesagt: „Es
gibt keine Ausgangssperre.“ Am Mittwoch
schloss er eine Ausgangssperre nicht
mehr aus. Am Donnerstag sagte er im
Landtag deutlich, dass er entschlossen
sei, eine Ausgangssperre zu verhängen,
sollten die bereits beschlossenen Maßnah-
men nicht greifen. Und auch jetzt, nach-
dem die Staatsregierung die Regeln ver-

schärft hat, sagte Söder: „Weitergehende
Maßnahmen sind denkbar.“
So könnten Kommunen ganz oder teil-
weise abriegeln – so wie es seit Mittwoch
etwa im oberpfälzischen Mitterteich
(Landkreis Tirschenreuth) der Fall ist und
in zwei Gemeinden im benachbarten Land-
kreis Wunsiedel in Oberfranken: im Stadt-
gebiet von Hohenberg an der Eger und im
Ortsteil Fischern (Gemeinde Schirding).
Im übrigen Freistaat gilt vorerst aber nur
eine Ausgangsbeschränkung – keine Aus-
gangssperre. Letzteres würde bedeuten,
dass niemand mehr die eigene Wohnung
verlassen dürfte. Zu diesem Mittel hat im

Kampf gegen die Corona-Krise etwa Chi-
na gegriffen. Ob weitere Maßnahmen
kommen, knüpfte Söder an das Verhalten
jedes Einzelnen. „Es verhalten sich zwar
unglaublich viele Menschen vorbildlich“,
doch gebe es nach wie vor viele, die „im-
mer noch nicht den Ernst der Lage verstan-
den haben“, sagte Söder. Er bat darum, je-
manden, der die neuen Regeln nicht be-
folgt, „anzusprechen, dass er sich danach
halten soll“. Und er sagte: „Je entschlosse-
ner alle mitmachen, umso eher besteht
die Chance, dass wir keine Situationen be-
kommen wie wir sie in China oder anders-
wo erlebt haben.“

„Es ist wichtig, viel zu trinken,
weil man dadurch die Viren
aus dem Rachenraum in den
Magen-Darm-Trakt spült.“

„Ich habe ein Sieben-Minuten-
Workout erstellt.
Eigentlich für das Büro, aber
es ist auch für zu Hause ideal.“

Dass Sport der Gesundheit dienlich ist,
weiß man spätestens seit der Antike. Pro-
fessor Dr. med. Martin Halle ist Direktor
der Abteilung für Präventive Sportmedizin
und Sportkardiologie am Universitätsklini-
kum rechts der Isar der TU München und
ein glühender Verfechter dieser Kenntnis.
Ein paar Übungen täglich genügen, kombi-
niert mit ein paar einfachen Regeln der Er-
nährung, um das körperliche Befinden si-
gnifikant zu verbessern – auch in der Coro-
na-Krise. Wie das gelingen kann, steht auf
der Homepage für Präventive Medizin des
Klinikums rechts der Isar.
Unterwww.sport.mri.tum.deden Me-
nüpunkt Downloads wählen, dort stehen
die Programme „7 Minuten-Workout“ und
„7 Minuten-Workout für Senioren“ bereit.
Informationen gibt es auch unter

http://www.facebook.com/sportmritum. Der
Bayerische Rundfunkbietet gemeinsam
mit dem ehemaligen Skirennfahrer Felix
Neureuther ein einfaches Bewegungspro-
gramm an: „Fit mit Felix“. Das Konzept um-
fasst spielerische Bewegungsübungen,
die Kopf und Körper gleichzeitig aktivie-
ren. Die kurzweiligen Übungen und Tipps
sind für die ganze Familie einfach von zu
Hause aus nachzumachen. Der Bayerische
Landessportverband (BLSV) wird die Bei-
träge in seinen sozialen Medien regelmä-
ßig einbinden und damit eine Möglichkeit
schaffen, täglich Sport treiben zu können


  • insbesondere auch für Kinder und Ältere.
    Der Link zur BR-Sendung:
    https://www.br.de/mediathek/sen-
    dung/fit-mit-felix-beweg-dich-schlau-
    av:5e286ab2f995ef001abed11d TOE


Der Corona-Knigge


Die bayerische Staatsregierung
verhängt weitreichende Ausgangsbeschränkungen.
Einkaufen und Arztbesuche sind erlaubt,
Restaurants und Baumärkte müssen schließen

Schon durch leichte sportliche Betätigung werden die Schleimhäute besser durch-
blutet. Das hilft der Virenabwehr, sagt Prof. Martin Halle. FOTO: PETER VON FELBERT

Sport trotz Coronavirus


Letzte Gelegenheit: Etliche Baumärkte – wie dieser hier in Ingolstadt – wurden nach der Ankündigung am Freitag überrannt. FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA

„Die Lunge muss belüftet werden“


Wie viel Bewegung ist sinnvoll in Zeiten des Virus? Sportmediziner Martin Halle beantwortet die wichtigsten Fragen – auch, wie man zu Hause fit bleibt


40 MÜNCHEN · BAYERN Samstag/Sonntag, 21./22. März 2020, Nr. 68 DEFGH

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