DerNachwuchs
alsJobkiller?
MüttermüssenihreStärkenlebenundsieauchmitÜberzeugungnachaußen
tragen–dannklapptesauchmitderKarrierenebendemKind.
ExpertinDr.StefanieGundelverrät,wiedasgeht
E
sgibtFrauen,dieverheim-
lichenihreKinderbeider
Bewerbungumdenneuen
Job–nurumkeineNach-
teiledurchsMutterseinzuhaben.
Traurig, aber wahr:Dass Mütter die
vermeintliche schlechteren Arbeit-
nehmer sind, ist im vielen Köpfen
noch festverankert. VonChancen-
gleichheit kann hier kaum dieRede
sein–seiesim HinblickaufdasZu-
trauen vonChefsoderbeimBlickauf
die Gehaltszettel. Doch das muss
nicht sein.Coach Dr.Stefanie Gun-
delweiß,wieMüttervonihreneige-
nenKompetenzenprofitieren,diese
richtig einsetzen und damit einen
Mehrwert für das Unternehmen
bringen.
Welche Rahmenbedingungen müs-
sen geschaffenwerden, um auch als
Mutter Erfolg im Jobzuhaben? So-
wohlaufderSeitedesArbeitgebersals
auch der Arbeit-
nehmerin?
Ichdenke nicht,
dass es die Rah-
menbedingun-
gen gibt, die
Mütternden Er-
folg im Jobga-
rantieren–sowie
auch keinem an-
derem Arbeit-
nehmer.Grund-
sätzlich ist es auch nicht erstrebens-
wert,dass Mütter eine Sonderrolle
durchRahmenbedingungenbekom-
men.SchlimmistdernegativeStem-
pel,denvieleFrauenimBerufsleben
alsMuttermitsichherumtragen.Sie
müssenan sich glaubenund das
Selbstbewusstsein haben, Anforde-
rungenundAnsprüchezustellenwie
jederandereArbeitnehmerauch.
Wieso werden MütternwenigerEr-
folgschancenim Jobgegeben, sobald
Sieein Kind haben? Profitieren die
Arbeitgebernicht vonden neu ge-
wonnenSkillsalsMutter?
IchbinderabsolutenÜberzeugung,
dasssichMütterdurchihrLebenmit
Kindernneue Skills aneignenoder
bereits bestehende Skills stärken.
AberderMythos,dassMütterWissen
mit der Geburtihres Kindes verlie-
ren,lebtinvielenKöpfenweiter.Lei-
der.Undeigentlichauchabsurd.
Aufwelche Hilfsmittelkönnen Müt-
ter zurückgreifen, um den Berufsall-
Das eigene Kind gelegentlich mit zur Arbeit nehmen? Gute Arbeitgeber bieten Mütterndiese Möglichkeit, um sie zu unterstützen. IMAGO/WESTEND61tagunddenFamilienalltagunterei-
nenHutzub ekommen?
OrganisationistaufjedenFallwich-
tigunddieBasis.Mütterneigenhäu-
figdazu,immerallesalleineschaffen
zu wollen.Ichappellieredann im-
mer:Helft euch untereinander undVonMarieWachsmuthDr.Stefanie
GundelPRnehmtHilfean.Organisationistaber
nicht alles.Jeder der Kinder hat,
weiß, dass jeder gutePlan auch
gerneschnellobsoletwird.Hieristes
wichtigaucheinfachmalrichtigun-
vorteilhafteSituationenzuakzeptie-
ren.Wenn die Situation dann über-standen ist, hilft es,sich zu überle-
gen, was schief lief und was man in
Zukunft ändernkann, um ähnliche
Situationenabzufedern.Arbeitgeber wünschen sichFlexibili-
tät vonberufstätigen Müttern, aberwie können Mütter diese überhaupt
inden Alltageinbringen?
EsistauchhiereinGebenundNeh-
men. AlsMutter kann ich flexibel
sein und superErgebnisse liefern,
wenn mein Chef mirvertraut und
den möglichen realistischen Rah-menundFreiheitendafürgibt.Oftist
es doch so,dass die Rahmenbedin-
gungeneinfachnicht passen.Ich
kanndochkeinenTerminum 16 Uhr
einberufen,derauchum 10 Uhrpas-
senwürdeundsagen,Mütterseien
nichtflexibel.DieArbeitszeitgehtbis
14Uhrunddas Kindwir dum15Uhr
vonderKitaabgeholt.Wiefindet man die individuellen
Stärken heraus und wie kommen
dieseMütternzuGute?
EsistwichtigbeiderSuchenachsei-
nen eigenen Stärken einmal zu
schauen, was macht mir bewusst
Spaß, was hat mir früher in meiner
Kindheitoderinmeinerberuflichen
LaufbahnFreude bereitet. Schön ist
es auch, seinUmfeld einmal zu fra-
gen,wassieaneinemschätzenund
wo sie meine Stärken sehen. Häufig
sehenwirunsereTalenteundFertig-
keitenselbergarnicht.WiewichtigistdieWeiterentwicklung
der eigenenStärken und wie gelingt
es?
Eingroßer erster Schritt ist es,sich
seiner Stärken bewusst zu sein.
Dann kann ich diese auchweiter
ausbauen,siegestaltenundaktivle-
ben.Natürlichhilfthierbeiauchdas
Ausleben und Anwenden derStär-
ken im Alltag,Weiterbildungsmaß-
nahmenoderaucheinNetzwer kmit
„Gleichgesinnten“ zumregelmäßi-
genAustausch.WelcheTippskönnenSieMütternge-
ben, um dasFamilienleben und den
Berufsalltag weniger stressig zu ge-
stalten bis gar stressfrei zu bewerk-
stelligen?
Ichbin ein Realist. Vollständig
stressfrei mitKinderngibt es nicht.
DasLeben mitKindernsteckt im-
mer voller Überraschungen.Aber
ichkannunterschiedlichmitStress
umgehen.Sicher hat es auch viel
damitzutun,welcheAr tvonStress
ich mir selber mache–Stichwort
Perfektionismus.Zudemnehmeich
denDruckweg,wennichmirselbst
bewusst mache,dass es auch im
HinblickaufdieKindergarnichter-
strebenswertist, perfekt sein zu
müssen.Ansonstenhabenauchdie
Kinder dasGefühl perfekt sein zu
müssen.Darüber hinaus empfehle
ichauch,sichZeitfürsichselbstzu
nehmen, um die Energie wieder
aufzutanken.CoronaundKurzarbeit
DasVirushatharteAuswirkungenaufdieWirtschaft.VieleBetriebeverringerndieArbeitszeiten.WasmüssenArbeitnehmerdazuwissen?
VonAmelie BreitenhuberD
ie Auswirkungen derCorona-
krise bringen zahlreiche
Branchen zumStillstand.Um die
Situationen aufzufangen, melden
vieleUnternehmenKurzarbeitan.
Wasfür Arbeitnehmer jetzt wich-
tigist:
WerkannKurzarbeit beantragen?
Kurzarbeit beantragt der Arbeit-
geber.DerBundestaghatdazukurz-
fristigeinneuesGesetzaufdenWeg
gebracht.Rückwirkendzum1.März
können Betriebe Kurzarbeitergeld
nun bereits nutzen,wenn nur zehn
Proz ent derBeschäftigtenvomAr-
beitsausfall betroffen sind.Bislang
musstedaseinDrittelderArbeitneh-
mersein.
Wasbedeutet das für mein Gehalt?
Arbeitnehmer erhalten 60Pro-
zent ihresNettolohns für die aus-
fallendeArbeitszeit,wennsie Kurz-
arbeit machen müssen, erklärtJo-
hannes Schipp,Fachanwalt für Ar-
beitsrecht in Gütersloh.Weralso
beispielsweise statt wie üblicher-
weise fünf Tage nur noch vierTage
proWochearbeitenwürde,bekäme
80Proz ent des Lohnsweiter vom
Arbeitgeber.Für die übrigen
20Proz ent erhaltenBeschäftigte
die Kompensationszahlung von
derArbeitsagentur.
„BeiArbeitnehmernmitKindern
sind es 67 Proz ent“, erläutert
Schipp.Allerdings sind diesePro-
zentzahlendemFachanwaltzufolge
auf die Beitragsbemessungsgrund-
lage in der Arbeitslosenversiche-
rung begrenzt. Dassei aber für
„Normalverdiener“ eher ohneBe-
deutung.ImExtremfallkanndieAr-
beitszeit sogar aufNull reduziert
werden.Kann der Arbeitgeber mich zwingen,
erstmal Urlaub abzubauen?
DieVoraussetzungenfürKurzar-
beitergeld sind im Sozialgesetz-
buchIIIgenaugeregelt.Kurzarbeit
kannderArbeitgeberdemnachan-
melden,wenn der Arbeitsausfallunvermeidbar ist und derBetrieb
bereits alles getan hat, um ihn zu
vermindernoderzubeheben.
„Das bedeutet, dass zunächst
auch Zeitguthaben, Überstunden
oder Ähnliches „abgefeiert“wer-
den müssen“, erklärtSchipp.Zu-Im Rahmen der Coronakrise melden viele BetriebeKurzarbeit an. DPAdem sei es möglich,Urlaub anzu-
ordnen, soweit die betreffenden
Urlaubstage nicht schon geneh-
migt sind.Urlaub,der schon ge-
nehmigt ist, könnevomArbeitge-
bernichtohneweitereswiederge-
strichenwerden.ZurFrage,inw elchem Rahmen
Urlaub angeordnet werden kann,
gibteslautSchippkeineeindeutigen
Regeln. Seiner Einschätzung nach
kann es aber in einerPandemie-Si-
tuationdurchausmöglichsein,dass
Arbeitnehmer die Hälfte oder zwei
Drittel ihresUrlaubsanspruchs erst
einmal einsetzen müssen. Drin-
gende betrieblicheGründe stehen
danndenUrlaubswünschenderAr-
beitnehmerentgegen.Kann mein Arbeitgeber auswählen,
wenerinKurzarbeit oder Zwangsur-
laub schickt?
„Bei derAuswahl der Arbeitneh-
merwir dese ntscheidenddaraufan-
kommen, inwelchen Bereichen der
Arbeitsausfall eintritt“, so derFach-
anwalt. Wenn dann noch eineAus-
wahlmöglichkeitfürdenArbeitgeber
verbleibt,wirddieAuswahlnachbil-
ligem Ermessen erfolgen müssen.
DerArbeitgeberkannalsonichtwill-
kürlichverfahren.
In Betrieben mitBetriebsräten
unterliegen die Einführung der
KurzarbeitunddieRegelungderEin-
zelheiten zudem der Mitbestim-
mung desBetriebsrats.Hier kann
der Arbeitgeber also nicht einseitig
dieDingefestlegen.Wasgilt für Selbstständige?
Selbstständige können nicht in
den Genuss vonKurzarbeitergeld
kommen,weil sie nicht in der Ar-
beitslosenversicherung pflichtversi-
chertsind,erklärtderFachanwalt.
(dpa)Karriere
B4 Berliner Zeitung·Nummer 69·21./22. März 2020 ·························································································································································································································································································