Frankfurter Allgemeine Zeitung - 13.03.2020

(avery) #1

SEITE 8·FREITAG,13. MÄRZ2020·NR.62 Zeitgeschehen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


P

rinz mitNazivorfahren will
Tausende bedeutenderKunst-
gegenstände an sichraffen,
während die öffentliche Hand,
dem Gemeinwohl verpflicht et,die Mu-
seenvoreinemKahlschlag schützen
will. BeimStreit über dieRückgabefor-
derung des Hauses Hohenzollernkann
selbstmancher sonstseriöse Bericht-
erstatter einem solchen holzschnittarti-
genFeindbild nicht widerstehen.Nur
wirddiese Darstellung durch die stete
Wiederholung nichtrichtiger und der
Konfliktkeiner Klärung zugeführt.
Jede beteiligteSeitehat hier viel zu
verlieren.Undeine einvernehmliche
Lösung lägemit gutemWillen aller
Konfliktparteien nahe. Offiziell seit
2014, aber eigentlichschon sehr viel
länger,arbeiten der Bund, die Länder
Berlin und Brandenburg, dieStiftung
PreußischerKulturbesitz, dieStiftung
Preußische Schlösser und Gärtenund
das Deutsche Historische Museum an
einervertraglichen Lösung mit dem
Haus Hohenzollernüber dessenRück-
gabeforderung. Seitdem Inhaltedieser
Verhandlungen im Sommer 2019 an die
Öffentlichkeitgelangtsind,ist die Stim-
mung medial aufgeheizt undvergiftet.
Am 29. Januar hat derKulturaus-
schussdes Deutschen Bundestageseine
Anhörung zum Thema durchgeführt.
Die Anhörung hat dieganze Komplexi-
tätder Sachlagedeutlichgemacht.Eine
Schlussfolgerung drängt sichdem auf-
merksamen Beobachterfast zwingend
auf: Würdeder Streit vorGericht ausge-

tragen,wäre der Ausgangvöllig offen
und könntesichüber Jahrehinziehen.
Es stellt sich dieFrage, die auch aus per-
sönlichen Erfahrungen mit allen Betei-
ligten auf beiden Seitenresultiert, ob
nicht einkulturpolitischer Lösungs-
ansatzerfolgreicherseinkönnte.
EinigeStreitpunktesind, trotzsteti-
gergegenteiliger Medienberichterstat-
tung, zudem längstausgeräumt, allen
vorandie wohl aus prozesstaktischen
Gründen erhobeneForderung der Ho-
henzollernnacheinemWohnrecht auf
SchlossCecilienhof.Viele haben sich
darüber empört; man hätteesmindes-
tens alsZeichenfehlendenFingerspit-
zengefühls deuten müssen–aber,das
mussfairerweise auchgesagtwerden,
die Idee zumWohnrechtwarschon von
der DDR-Regierung entwickelt und
nach1990 auchvon anderenvertreten
worden, auchinder brandenburgischen
Landespolitik und imStiftungsbereich.
Auch anderes scheint sichgeklärtzu
haben, so derVorwurf, GeorgFriedrich
vonPreußenwolle mit seinerPosition
als größter privater Leihgeber in der
Stiftung Schlösser und GärtenEinfluss
nehmen. Dieses Ansinnen hat er inzwi-
schen klar dementiert. DasserinHin-
blickauf Leihgaben, die er zurVerfü-
gungstellt, dasselbe Mitspracherecht
hat, wie es alle anderen Leihgeber er-
warten, wäre allerdings nachvollzieh-
bar.Ein PrinzvonPreußen darf in unse-
remRechtsstaat weder privilegiert
nochschlechtergestellt werden.
Die Einrichtung eines Hohenzollern-

Museums im SchlossCharlottenburgist
eine mehr als zwanzig Jahrealteeigene
Idee derStiftung Preußischer Schlösser
und Gärten, auchwenn der heutigeStif-
tungsdirektor jetzt überraschend darauf
verzichten möchte. In einem solchen
MuseumkönnteaberderSchlüsselfür
die Lösung desKonfliktes liegen. Ein
solches Museumfehlt in Berlin bezie-
hungsweise Brandenburgseit langem.
An keinem Ortder Hauptstadt, auch
nicht im HumboldtForumimwieder-
aufgebauten Berliner Schloss, wirddie
wechselhafte 500 JahrealteGeschichte
der Herrschaftder Hohenzollernvon
1415 bis 1918 in Brandenburg-Preußen
und später in Deutschland erzählt.Der
MuseumsstandortCharlottenburgim
Westen derStadt schwächelt seit der
Wiedervereinigung enorm. Hier,im
SchlossCharlottenburg,könnteein sol-
ches Hohenzollernmuseum entstehen.
In diesem Museum soll dann nicht
etwazur Wiedererrichtung der Monar-
chie aufgerufenwerden, sondernvon
anerkannten nationalen wie internatio-
nalenKuratorender spannendeVerlauf
der deutsch-preußischen Geschichteer-
zähltwerden. DieWeimarerRepublik
warmit derAbfindung dervormals re-
gierenden Häuser im DeutschenReich
überausgroßzügig. In anderen Ländern
Europas istman damit andersverfah-
ren. Daskann einem heutegefallen
oder nicht.Tatsache bleibt aber,inei-
nemRecht sstaat hat man sichanent-
sprechenderechtsstaatlicheRegeln zu
halten, die für allegelten. Schon nach

1918 hat man sichdamit schwergetan,
herauszufinden,welche Schnupftabak-
doseFriederichs des Großen nun der
Familie oder demStaat gehöre.
ZumWohle der Allgemeinheit hat
man damals die salomonische Lösung
gefunden, ein SchlossMonbijou in Ber-
lin, welches es heutenicht mehr gibt, in
ein vomStaat finanziertesöffentliches
Museum zuverwandeln. Beide Seiten,
der Staat wie dasvormals regierende
Königshaus, haben es mit den Gegen-
ständen aus ihrem Besitz, oder Gegen-
ständen, bei denen die Besitzverhältnis-
se nicht mehr eindeutig zu klärenwa-
ren, bestückt.Diese Lösungkönnte für
das SchlossCharlottenburgdie Blau-
pause sein, nachder die beiden Seiten
sicheinigenkönnten, zumWohle der
Allgemeinheit.
Im Kulturausschussdes Deutschen
Bundestageshat sicheine deutliche
Mehrheit für dieFortführung derVer-
handlungen ausgesprochen.Warumbe-
trachtet maneigentlichdie Verhandlun-
genüber die Eigentumsansprüche nicht
auchals Chance, hier zumgroßen
Wurfauszuholen?Warumversucht
man nicht, die 1926vonder SPD-ge-
führtenpreußischenRegierunggefun-
dene Lösunggemeinsam zeitgemäß
fortzuschreiben?Deshalb ein Hohenzol-
lern-Museum jetzt!

Der Autorist Vorstandsvorsitzenderder
Schwarzkopf-Stiftung Junges Europaund war
von2006 bis 2014für die SPDStaatssekretär
für Kultur im Land Berlin.

D


as Einreiseverbotfür Europä-
er aus den Länderndes
Schengenraumshat Präsi-
dentTrumpmit dem SchutzvonGe-
sundheit undWohlergehen der Ameri-
kaner begründet.Dadie EU,kurzge-
sagt, beimKrisenmanagement ver-
sagt habe, habe er nun das Einreise-
verbotverfügt.Das sagt also der
Mann, der bisvorkurzem die Corona-
Krise nochbagatellisiertund mal dies
und mal dasgesagt hatte.Aber nun ist
es einePandemie, nun brechen die
Börsen auchinden Vereinigten Staa-
tenein, und da brauchtTrump–im
November will er wiedergewählt wer-
den –einen Sündenbock.Wer ist
Schuld daran, dassinAmerikaMen-
schen dem „ausländischen Virus“
zum Opferfallen?Natürlich, die Euro-
päer,dieseVersager .Man glaubt es
nicht.Kein Zweifel, oberstePriorität
eines Präsidenten haben Sicherheit
undWohlergehen der Amerikaner.
Absolut!Undinder Krise musser
sichals oberster Krisenmanager be-
währen,glaubhaftund glaubwürdig.
Aber das,wasTrump nun derNation
verkündete,ist weder glaubhaftnoch
glaubwürdig. Dutzende Millionen
Amerikanerwerden zudemganz ge-
wissnicht inTrumps Lobpreis des
amerikanischen Gesundheitssystems
einstimmen. Dochdas kennt man ja
vonihm: Amerikaüber alles! Die Eu-
ropäer sind zuRechtdarüber empört,
dasssie vorVerkünden des Einreise-
verbots nochnicht einmalkonsultiert
worden sind.Trump bleibt sichtreu:
SelbstinKrisenzeiten zieht er einsei-
tiges Handeln derZusammenarbeit
vor. Dabei isteseine –Pandemie!


Ausländisches Virus?


VonKlaus-DieterFrankenberger

I


nden erstenWochen des Auftretens
des Coronavirus in JapanwarMinis-
terpräsidentShinzoAbefastunsicht-
bar.Erüberließ die sichanbahnen-
de Epidemieund das Drama der Infizier-
tenauf dem KreuzfahrtschiffPrincess Dia-
mond seinenMinistern. Seine Auftritte
im Krisenstab dauerten oftnur wenigeMi-
nuten, bevorersichauf den Wegzu
Abendessen und anderenTerminen mach-
te.Den Eindruck, es handlesichumein
dringliches Thema,vermittelteAbe nicht.
Das hat sichgeändert.
Seit gut zwei Wochen präsentierter
sichals Japans oberster Virenbekämpfer.
Abeermahntedie Japaner,Großveranstal-
tungen abzusagen. Erforderte Schulen zur
Schließungauf. In einer liveübertragenen
Pressekonferenzwarb er um die Zustim-
mung der Bevölkerung. DieRegierungver-
schärftedie Einreiseregeln für Südkorea-
ner und Chinesen. DasKabinett beschloss
Finanzhilfen. An diesemFreitag soll das
Parlament ein Gesetz beschließen, das
Abedas Recht einräumt, zur Bekämpfung
der Epidemie denNotstand auszurufen.
Es warallerdingswohl nicht so sehr die
Zuspitzung der Krise als politischesKal-
kül, da sden Sinneswandeldes Regierungs-
chefsbewirkt hat.Denn die Infektionszah-
len im Landstiegen schon lange, bevor
Abeauf Aktivismus umschwenkte. Errea-
gierte angesichtswachsender Kritik an
mangelnderFührung. In manchenUmfra-
genfiel dieZustimmung aufweniger als
40 Prozent undwarerstmals seit langem
niedriger als dieAblehnungsquote. Dazu
trug ein Skandal um den Missbraucheiner
staatli chen Kirschblütenparty für parteipo-
litische Zwecke bei. Zudem steigt die
Wahrscheinlichkeit, dassdie Olympi-
schen Spiele im Sommer inTokio wegen
der Pandemie abgesagt oderverschoben
werden müssen.
EigentlichwollteAbe die Spielenutzen,
um denWiederaufstieg Japans nachJah-
render Deflation und nachder Tsunami-
Katastrophe von2011 zu zelebrieren.
Nach einem erfolgreichen Sportfesthät-
tenNeuwahlen seinen Liberaldemokraten
wohl einen Sieg und ihm selbstdie Chan-
ce auf eine vierte Amtszeit als LDP-Vorsit-
zender undRegierungschefgebracht. Also
musste er handeln. Eswäre nicht das erste

Mal, dassder 65 JahrealteAbe eine politi-
sche Krise zu seinem Vorteil wendet.
Dochzunächstzog er nur nochmehr Kri-
tik auf sich. DieAufforderung, Großveran-
staltungen abzusagen,kamaus heiterem
Himmel, nachdem die Regierung eine
weit mildereGrundlinie gesetzt hatte.
Dann erschreckteAbe Elternund Lehrer
mit der Bitte, die Schulen umgehend zu
schließen. Längstnicht alleFachleutein
Japan halten das für sinnvoll. DerUnmut
stieg, als klarwurde, dassAbe die Beschlüs-
se ohne Beratung durch seine Minister
oder Expertengefas st hatte.
Schon zuvor hatteesinternational Kri-
tik an der 14Tage währenden Quarantäne
gegeben, die das Land imFebruar denRei-
senden an Borddes Kreuzfahrtschiffs
PrincessDiamondverord nethatte.Rund
700 deretwa 3700Personen an Bordgin-

genletztlichinYokohama infiziertan
Land. Dabei istunklar,wie vielePassagie-
re sicherstwährend der Quarantäne ange-
steckt haben. In Japan selbstist die Zahl
der Infiziertenmit zuletzt 619 nochver-
gleichsweise moderat,steigt aberstetig.
Dochesgibt Zweifel an diesen Anga-
ben,weil Japan nuretwasmehr als zehn-
tausend Menschen auf dasVirusgetestet
hat.Südkoreaetwa testetjedenTagmehr
Menschen, als es Japan seit Januar insge-
samtgetan hat.Mit 235 000Testshat Süd-
koreafast7900 Infizierte gefunden. Die
Massentests erklären zumTeil, warumdie
Sterblichkeitsquote unter den Infizierten
in Südkorea mit 0,8 Prozent niedriger ist
als in Japan,wo sie 2,4 Prozent erreicht .In
Südkoreawerden mehr leichteFälle getes-
tet. Im Umkehrschlussbedeutetdas aller-
dings, dassinJapan eine hohe Dunkelzif-

fervermutet wird. Zuerst ga beszuwenige
Tests, dannkontrollierte dieRegierung
die Tests, um eineÜberflutung der Kran-
kenhäuser mit leichtenFällen zuverhin-
dern. DieTestkapazität wurdegesteigert,
wirdaber nichtvollständiggenutzt.InIn-
ternetforeninKoreakursiertdas Gerücht,
dassinJapan bewusst wenig getest et wer-
de, um die Olympischen Spiele nicht zuge-
fährden.
Dafür gibt eskeinen Beleg. Dochoffen-
sichtlichist,dassAbes Handeln auchin
dieser Krisevorallemvonpolitischen Er-
wägungen bestimmt wird. So widersetzte
er sichlangeder Forderung der Oppositi-
on, zum Schutzvordem VirusEinreisen
aus ganz China zu unterbinden,statt nur
aus den beiden amstärksten betroffenen
Regionen Chinas.Fürdas Frühjahrwar
der Staatsbesuchvon Präsident Xi Jinping
geplant,inden AbegroßeErwartungen
setzt .Ein generelles Einreiseverbothätte
nicht nur JapansWirtschaftweiter belas-
tet, sondern auchPekingverstimmt.Ge-
nau an demTag, an dem der Besuchvon
Xi aufgeschoben wurde, kündigte Abe
dann eine vierzehntägigeQuarantäne für
Reisende aus China und aus Südkorea an.
Mit demNotstandsgesetzgegendas Co-
ronavirusweiteternun seinen Handlungs-
spielraum. AlleAufruf ezur „sozialenDi-
stanz“beruhenbislang aufrechtlich unver-
bindlichen Bitten derRegierung, denen
die Japaner abergerneFolgeleisten. Im
Notstand aberkönnten die Präfekturen
die Bürgerauffordern, zu Hause zu blei-
ben, Schulschließungen anordnen und
Großveranstaltungen absagen. Siekönn-
tenGrundstücke für medizinischeNotsta-
tionen beschlagnahmen und im Extrem-
fall Lebensmittel oder Medikamentekon-
fiszieren.
Das Notstandsgesetz hält derPolitologe
KoiichiNakano vonder Sophie-Universi-
tät hingegen für politisches Theater:„Abe
kann denNotstand nicht ausrufen,weil er
dann die Olympischen Spiele inTokio auf-
gäbe“, sagtNakano. Ohne die Spiele 2020
aber drohe dem Ministerpräsidenten, dass
die Liberaldemokraten ihn unter dem
Druckder Bevölkerung aus dem Amt jag-
ten. „Vielleicht hielteersichnochbis zum
Ende derViruskrise, aber dannwäre er
Individuelle Schutzmaßnahmen:Berufsverkehr in Tokio am Mittwoch Fotodpa weg.“

Ü

berzeugen mussman immer.
Auch in einem zentralistisch
gelenkten, demokratischen
Gemeinwesen musseine Anordnung,
die alle befolgen sollen, gut begrün-
detwerden. Denn zur Demokratiege-
hörtTransparenz und Glaubwürdig-
keit.Umso mehr mussmiteinander
geredetund überzeugtwerden, wenn
die Akteurequa Verfassung mit eige-
nen Rechten ausgestattetund zurZu-
sammenarbeitverpflicht et sind. Klar
ist, dassdie Ausbreitung des Corona-
virus nur durch ein abgestimmtes
HandelnvonLändernund Bund ein-
gedämmtwerden kann.
Es istaber auchklar,dassman im-
mer über die Mittelstreitenkann.
Das zeigt sichetwabei derFrage, ob
Schulen und Kindergärten geschlos-
sen werden sollen. Hier gibt es nicht
nur zwischen Bund und Ländern, son-
dernauchinden verschiedenen euro-
päischen Staaten unterschiedliche
Sichtweisen, die freilichwiederum
mit der (tatsächlichen oderwahrge-
nommenen) Schwereder Betroffen-
heit zusammenhängen.Wenn Betreu-
ungseinrichtungengeschlossenwer-
den,wofür aus Gründen der Eindäm-
mungeiniges spricht, müssen die Kin-
der vorwiegendvonihren Elternbe-
treutwerden, die aber dannwoan-
ders fehlen–etwa im Gesundheitswe-
sen. Die Länder entscheiden. Allzu
oftentmachten sie sichselbstdort,
wo sie frei entscheidenkönnten. Sie
lassen sichauchmituntervomBund
kaufen.Vorallem inZeiten einerPan-
demie bedeutet Bundesstaatlichkeit
freilich, dasgroße Ganze nicht aus
dem Blickzuverlieren.


Als Thomas Haldenwang vorandert-
halb JahrenVerfassungsschutzpräsi-
dent wurde,konnteman in Sicher-
heitskreisen Lästereienhören: Er sei
„kein Krieger,sondern Verwalter“,
hieß es, trocken, „graue Eminenz“.
Diegeringen Erwartungen hat Hal-
denwang weit übertroffen. Er hat
nichtnurbewiesen,dasserdasnötige
Format hat, um die Behörde in diesen
herausforderndenZeiten zu führen.
Am Donnerstagzeigteereinmal
mehr,dasserdurchaus Farbe beken-
nen kann. Erverkündete,dassseine
Behörde den „Flügel“, eineTeilorgani-
sation der AfD,als rechtsextremisti-
sche Bestrebung eingestufthat.
Auch Haldenwangs Rhetorikist far-
biger,als man sievoneinem 59 Jahre
altenVerwaltungsbeamten mit Jura-
studium erwarten würde. Erkann die
Gefahren, dievonRechtsextremisten
drohen, sehranschaulichbeschrei-
ben. „Bevoreszuphysischer Gewalt
kommt, düngt sprachliche Gewalt
den Bodenfür Hass, Radikalismus
und Extremismus“, sagteeramDon-
nerstag. Seine Behörde sei der „Brand-
melder der Demokratie“und müsse
„nicht nur die Brandherde, sondern
auchalle relevanten Brandstifterund
Brandbeschleuniger im rech tsextre-
men Milieu erkennen und benennen“.
DergebürtigeWuppertaler,Jahr-
gang 1960, hat sichauchschon mal
vergaloppiert:Voreinem guten Jahr
gaberbekannt, dassdie Gesamtpar-
teiAfD ein „Prüffall“ für denVerfas-
sungsschutz sei, obwohl das Gesetz
dieseKategoriegarnicht kennt.Die
AfD klagteund gewann. Daswarun-
geschickt, abertaugt nichtetwa als
AusweisvonGeltungsdrang oderei-
ner eigenen politischen Agenda –
auchwenn AfD-Vertreterdies gern be-
haupten.
Damit unterscheidetsichHalden-
wang vonseinemVorgänger Hans-
GeorgMaaßen, als dessenVizepräsi-
dent er mehr als fünfJahrediente. Es
warein schwierigesErbe, das der
neue Präsident imNovember 2018an-
trat .Mit seinerIlloyalitätgegenüber
der Bundesregierung hatteMaaßen
dasVertraueninden Verfassungs-
schutz, das in Deutschland ohnehin
nicht besondersausgeprägt ist, er-
schüttert.Unterden Mitarbeitern war
die Unruhe groß. Zudem mussteHal-
denwang seine Behörde auf den er-
starkenden Rechtsextremismusaus-
richten, den er als die „größte Ge-
fahr“ für die Demokratie in Deutsch-
land beschreibt.Maaßen hatte sich
vorallem auf dieBekämpfung des isla-
mistischen Terrorsfokussiert.
Eine „neueDynamik“ imrechtsex-
tremen Milieu sah Haldenwang ausge-
rech netinden Ausschreitungen in
Chemnitz im Spätsommer 2018, in de-
nen Maaßen–andersals di eBundes-
regierung–keine„Hetzjagden“ erken-
nen wollte. Haldenwangs erste öf fent-
licheForderung zielteauf eineAufsto-
ckung derAbteilungRechtsextremis-
mus um fünfzig Prozent.Die etwa 300
neuenStellensind mittlerweile be-
setzt .Haldenwangs Leutewerdenwei-
tergut zu tun haben.
HELENE BUBROWSKI

Das große Ganze


VonReinhardMüller

Thomas HALDENWANG FotoAFP

Politische Virenbekämpfung


FremdeFedern:AndréSchmitz


Für eine Einigung mit den Hohenzollern


Bekennt


Farbe


JapansRegierung istwegen der


Corona-Krise in der Kritik


VonPatric kWelter ,Tokio


DiewichtigenThemen.Kompaktaufbereitetundeingeordnet.


Kürzer gefasst.Weitergedacht.



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