Der Spiegel - 29.02.2020

(Jeff_L) #1
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BKA
Rechte Ausfälle

 Das Bundeskriminalamt (BKA) hat
drei Kommissaranwärter wegen rechts -
extremer Entgleisungen suspendiert.
Hintergrund ist ein WhatsApp-Chat.
Darin hätten die Anwärter im Oktober
2019 über Kostüme für Halloween disku-
tiert, so eine Sprecherin des BKA. Einer
aus dem Trio habe vorgeschlagen, sich
als Attentäter von Halle zu verkleiden.
Dort hatte ein Rechtsextremer eine Sy -
nagoge angegriffen und zwei Menschen
erschossen. Zur Idee, Wehrmachts uni -
formen zu tragen, soll ein Anwärter
gemeint haben: »Nur wenn wir original
Armbinden benutzen.« Der Hauptbe-

schuldigte habe ein Bild von Adolf Hitler
gepostet, der mit den Händen ein Herz
formt, so die BKA-Sprecherin. Gegen
ihn habe man ein Entlassungsverfahren
eingeleitet. Die beiden anderen hätten
sich reumütig gezeigt. Deren »Fehlver-
halten« werde das BKA nur disziplina-
risch ahnden. Bereits im Sommer vori-
gen Jahres gab es einen vergleichbaren
Vorfall. Damals waren zwei Kommissar-
anwärter gemaßregelt worden. Sie hat-
ten sich bei einer Übung am Computer
die Namen »Holocaust=fake« und
»H1tler« gegeben. Einer der beiden sei
inzwischen entlassen worden, so die
Sprecherin. »Das Bundeskriminalamt
wird weiterhin konsequent gegen derar -
tiges Fehlverhalten vorgehen.« JDL, SMS

Chappattes Welt

MICHAEL TEWELDE / AFP

Faki Mahamat, von der
Leyen in Addis Abeba

EU-Außenpolitik
Neustart mit Afrika

 Die EU will ihre Zusammenarbeit mit
Afrika deutlich ausbauen, etwa in der
Umweltpolitik oder bei der Migration.
Zur Digitalisierung heißt es im 16-sei -
tigen Entwurf für eine neue Afrikastra -
tegie, den die EU-Kommission kom-
mende Woche vorstellen will: »Es wird
geschätzt, dass eine zehnprozentige
Steigerung der digitalen Abdeckung zu
einer Steigerung von rund einem Pro-
zent des afrikanischen Bruttoinlands-
produkts führen würde.« Die EU will
laut Entwurf von 2021 bis 2027 60 Mil -
liarden Euro an Garantien für nachhal -
tige Investitionen vor allem in Afrika be -
reitstellen. Die Migration nach Eu ropa
werde weiterhin bedeutsam sein, heißt
es im Papier. Ziel sei, »eine gut organi-
sierte, reguläre und sichere Migration«
zu ermöglichen und dabei das Schmugg-
lerwesen »zu bekämpfen«. Die EU ver-
spricht zudem, »Menschen, die interna-
tionalen Schutz benötigen, in Europa
anzusiedeln«. Die Afrikanische Union
(AU) und die EU sollten gemeinsam für
Multilateralismus eintreten; vereint sei-
en sie der größte Stimmenblock in der
Uno. Am Donnerstag traf sich EU-Kom-
missionschefin Ursula von der Leyen im
äthiopischen Addis Abeba mit dem Vor-
sitzenden der AU-Kommission, Moussa
Faki Mahamat. Während der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft im Oktober ist
ein EU-Afrika-Gipfel geplant.
Europaparlamentarier wollen genau
hinsehen, ob der neuen Strategie auch
Taten folgen. Seit Jahren verspreche die
EU Afrikapartnerschaft auf Augenhöhe,
sagt der grüne Entwicklungspolitiker
Erik Marquardt, »doch am Ende setzen
sich vor allem die europäischen Inte -
ressen durch«. Grünenaußenpolitikerin
Hannah Neumann fordert, die Men-
schenrechtslage in Afrika nicht aus den
Augen zu verlieren. MP

Pkw-Maut
Teures Nachspiel

 Das Bundesverkehrsministerium bezif-
fert die Kosten für die gescheiterte Pkw-
Maut auf bislang mehr als 72 Millionen
Euro. Das geht aus einer Aufstellung
des Ministeriums von Andreas Scheuer
(CSU) auf eine Anfrage der Grünen her-
vor. Größter Kostenpunkt sind externe
Berater, diese schlagen mit fast 49 Millio-
nen Euro zu Buche. Darin nicht einge-
schlossen sind Kosten für das anlaufende
Schiedsverfahren, bei dem es um die
Schadensersatzansprüche der Mautbetrei-
berfirmen Eventim und Kapsch geht. Sie
fordern 560 Millionen Euro vom Bund.
Das Verkehrsministerium hat dazu eine


Düsseldorfer Anwaltskanzlei mit Exper -
tise zu vergaberechtlichen Fragen beauf-
tragt. Zusätzlich beschäftigt das Ministe -
rium als externe Sachverständige die Ber -
liner Anwaltskanzlei Greenberg Traurig
weiter, die den Vertrag mit den Mautbe-
treibern ausgehandelt hatte. Der Europäi-
sche Gerichtshof hatte im Juni die Pkw-
Maut als europarechtswidrig verboten.
Daraufhin hatte Scheuers Ministerium
den Vertrag mit dem Konsortium ge -
kündigt. »Es ist einfach unglaublich, wie
für ein leeres CSU-Wahlversprechen
Steuergeld verpulvert wurde«, sagt
Verkehrs experte Stephan Kühn von den
Grünen, der seine Partei im Parlamen -
tarischen Untersuchungsausschuss zur
Maut vertritt. GT, SVE
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