Die australische Datenschutzbehörde hat
denSocial-Media-Riesen Facebook wegen
des Datenskandals um die Analysefirma
Cambridge Analytica verklagt. Daten von
mehr als 300 000 Personen seien über
Facebooks Umfrageplattform gesammelt
und an Cambridge Analytica weitergeleitet
worden, heißt es in der Anklageschrift. Je-
der einzelne Verstoß gegen das Gesetz zum
Schutz der Privatsphäre könnte eine
Höchststrafe von 1,7 Millionen Australi-
schen Dollar nach sich ziehen. Das ent-
spricht rund einer Million Euro. Würde je-
der Einzelfalls so geahndet, würde das zu
einer Gesamtstrafe von rund 530 Milliar-
den Australischer Dollar führen.
Ein Sprecher von Facebook in Australi-
en war zunächst nicht für eine Stellungnah-
me erreichbar. Im Juli 2019 hatten die US-
Behörden eine Rekordstrafe von fünf Milli-
arden Dollar gegen Facebook wegen des
Datenskandals verhängt. Die Datenfirma
hatte 2018 Insolvenz angemeldet. Face-
book-Chef Mark Zuckerberg sprach wegen
des Falls unter anderem vor dem US-Kon-
gress vor und entschuldigte sich für Feh-
ler. reuters
Auf Konfrontation: Vorstandschef Max
Conze (links) und sein Stellverteter Con-
rad Albert. FOTO: ROBERT BREMBECK, OH
Die Stimmung ist ganz unten, auch an den
Börsen: Die Aktie von Pro Sieben Sat 1 no-
tierte am Montag bei nur noch knapp 9,40
Euro, so tief wie seit zehn Jahren nicht
mehr. Am Dienstag legte sie zu, blieb aber
unter zehn Euro. Als Max Conze im Juni
2018 als Vorstandsvorsitzender anfing, lag
das Papier noch bei 25 Euro, seitdem geht
es bergab. Nicht nur, weil die Aussichten
für den Fernsehwerbemarkt nicht gut
sind. Ende vergangenen Woche verkünde-
te Conze die Übernahme des US-App-Ent-
wicklers Meet Group für 500 Millionen Dol-
lar, die das Geschäft in der Online-Partner-
vermittlung nach vorne bringen soll. Doch
selbst das sorgte nicht für Zuversicht. Und
auch innerhalb des Unternehmens sei die
Stimmung niedergeschlagen, berichten
Mitarbeiter. In dieser Gemengelage hat
Conrad Albert, Stellvertreter von Vor-
standschef Conze und seit 2005 im Kon-
zern, am Montag in der SZ seine verkün-
det, seinen Vertrag nicht zu verlängern –
und damit für Unruhe gesorgt.
Alberts Vertrag läuft noch bis April
- „Ich habe bereits im Juni des vergan-
genen Jahres den Aufsichtsratsvorsitzen-
den Werner Brandt informiert, dass ich in
der aktuellen Konstellation nicht für eine
Verlängerung zur Verfügung stehe“, sagte
Albert – und verband das mit Kritik an Con-
ze. Ob Albert seinen Vertrag noch bis zum
Ende erfüllt, ist nach der Ankündigung
aber fraglich. Es ist eine Art Showdown.
Das Verhältnis zwischen Conze und Al-
bert soll ohnehin nicht gut sein. Albert
sprach im SZ-Interview von einer „Vor-
stands-Soap-Opera“. Er habe bisher „un-
aufgeregt seine Pflicht erfüllt“ und das Un-
ternehmen in unruhigen Zeiten zusam-
mengehalten. „Die momentane Situation
macht dies zunehmend schwierig“, so Al-
bert, der das Unternehmen von Februar
bis Mai 2018 kommissarisch führte.
Er ist der letzte aus der alten Führungs-
riege und so etwas wie die Integrationsfi-
gur für viele der 7000 Mitarbeiter. Seit
dem Amtsantritt Conzes waren vier Vor-
standsmitglieder ausgeschieden. Zuletzt
hatten auch Michaela Tod und Nick Thex-
ton, die beide von Conze als Hoffnungsträ-
ger geholt wurden, schon wieder ihren Ab-
gang verkündet.
Nun ist es wohl Sache des Aufsichtsrats,
für Klarheit zu sorgen. Denn auch der Ver-
trag von Max Conze steht zur Verlänge-
rung an. Bleibt der 50-Jährige? Chefaufse-
her Brandt, der lange SAP-Finanzvorstand
war und auch bei RWE und Siemens im Auf-
sichtsrat ist, hatte Conze selbst geholt. Der
war bis dahin nicht in der Medienbranche
aktiv, sondern führte lange den britischen
Staubsaugerhersteller Dyson. Erfolge blie-
ben bislang aus, und der Ausblick, den Con-
ze gerade für 2020 präsentierte, ist auch
nicht sehr positiv. Gleichzeitig ist Mediaset
bei Pro Sieben Sat 1 eingestiegen. Das italie-
nische Medienunternehmen, das von Pier
Silvio Berlusconi, dem Sohn des früheren
italienischen Ministerpräsidenten, ge-
führt wird, hat bereits 15 Prozent der Ak-
tien gekauft. Spekuliert wird darüber, dass
die Italiener den niedrigen Aktienkurs von
Pro Sieben Sat 1 nutzen und weiter aufsto-
cken. Conze hatte sich zuletzt sehr skep-
tisch gegenüber Mediaset geäußert, mögli-
che Synergien seien „überschaubar“, ein
Zusammengehen „komplex, langwierig
und teuer“. Sollte der Konzern also weiter
an Einfluss bei ProSieben Sat 1 gewinnen,
wären die Tage von Conze vielleicht ge-
zählt. Möglicherweise macht sich dann so-
gar Albert Hoffnung, wieder ins Spiel zu
kommen. caspar busse
In seiner SendungLateNight Berlinhat
Moderator Klaas Heufer-Umlauf seine Zu-
schauer „ernst gemeint und ohne jede Iro-
nie“ um Entschuldigung gebeten. Heufer-
Umlauf und seinem Showpartner Joko
Winterscheidt waren in einer Reportage
des NDR-FormatsStrg_FFälschungen vor-
geworfen worden: In vielen vermeintlich
ungestellten Szenen waren gecastete Lai-
enschauspieler aufgetreten, spektakuläre
und oft „überraschende“ Aktionen oftmals
gescriptet gewesen.
Nach ein paar Gags (man habe immer-
hin „das Coronavirus von derBild.de-Start-
seite bekommen!“) gab Heufer-Umlauf
nun zu Beginn seiner Sendung am Montag-
abend im pflichtschuldigen Ton zunächst
zu, dass „manche Sachen nicht so stattge-
funden“ hätten, wie sie in den Sendungen
dargestellt worden waren.
Heufer-Umlauf betonte allerdings auch
den Showaspekt seiner Formate: Die dort
auftretenden Bands sängen ja auch
„manchmal Playback“. Übertreiben, zu-
spitzen und dramatisieren seien legitime
Mittel einer gelungenen Fernsehunterhal-
tung. In „einzelnen Fällen“ sei man aller-
dings „über das Ziel hinausgeschossen“,
man habe nicht einsehen wollen, dass „die
Realität nicht so spannend“ sei, wie etwa
im Fall einer gestellten Konfrontation ei-
nes Fahrraddiebes in Berlin. Danach ver-
lief die Sendung wie gewohnt, auf spekta-
kuläre Einspieler hat man, abgesehen von
einer Neuinterpretation von Rolf-Zuckow-
ski-Songs, verzichtet. Im Gespräch mit
Studiogast Teddy Teclebrhan kam dieser
noch einmal kurz auf Heuer-Umlaufs Ent-
schuldigung zurück: „Schönes Stand-up,
fand ich toll.“ quentin lichtblau
Klage gegen Facebook
wegen Datenskandal
von florian hassel
E
s war eine ungewöhnliche Einla-
dung zu einer intimen Siegesfeier.
Ungewöhnlich für einen Fernseh-
chef, der theoretisch der Neutralität ver-
pflichtet ist: Jarosław Kaczyński, Chef der
polnischen Regierungspartei „Recht und
Gerechtigkeit“ (PiS), feierte am 13. Oktober
den Sieg bei der Parlamentswahl. Mit ei-
nem engen Kreis aus zehn Parteifreunden
und Vertrauten – und mit Jacek Kurski,
dem Direktor des öffentlich-rechtlichen
Fernsehens Telewizja Polska (TVP). Aus
der Sicht Kurskis war die Einladung wohl-
verdient. In der Vergangenheit bezeichne-
te er sich wegen seiner Loyalität zum PiS-
Chef und dessen 2010 verstorbenen Zwil-
lingsbruder Lech Kaczyński als „Bullterri-
er der Kaczyńskis“ und saß für die Partei
saß als Abgeordneter im Parlament. Seit
2016 ist er TVP-Direktor, und seitdem hat
er das öffentlich-rechtliche Fernsehen
zum schlagkräftigen Kampfsender der Par-
tei umgebaut.
Dutzende Moderatoren und Journalis-
ten wurden entlassen oder kündigten. Die
Abendnachrichten Wiadomości wurden
zum Mitteilungsbulletin von Partei und Re-
gierung – und zum Kampforgan gegen al-
le, die sich der PiS entgegenstellten. Oppo-
sitionsabgeordnete, kritische Wissen-
schaftler oder Journalisten wurden inoffi-
ziell auf eine „Schwarze Liste“ gesetzt und
waren fortan als Interviewpartner oder Stu-
diogäste verboten, wie im Januar ein Ex-
TVP-Journalist enthüllte.
Zensur ist freilich nicht genug: Oft über
Monate hinweg werden Oppositionspoliti-
ker, protestierende Lehrer, Ärzte und Rich-
ter mit Diffamierungskampagnen atta-
ckiert. Auch Danzigs Bürgermeister Paweł
Adamowicz, der gegen die PiS auftrat, war
Zielscheibe von TVP. 2019 wurde Adamo-
wicz ermordet, Polens Bürgerrechtskom-
missar sah Anzeichen dafür, dass die von
TVP verwendete „Sprache des Hasses“ den
Boden für den Mord bereitete.
Der Umbau zum Propagandasender
wirkt sich auch auf die Quote aus. Die
Abendnachrichten etwa verloren dem
Marktforschungsunternehmen Nielsen
Polska zufolge seit der Übernahme durch
die PiS mehr als 800 000 ihrer zuvor 3,5
Millionen Zuschauer. Eine Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Ibris ergab,
dass nur noch 34,4 Prozent der Befragten
TVP und anderen Staatsmedien vertrauen.
Viele Polen schalten heute lieber den un-
politischen Polsat-Sender des Milliardärs
Zygmunt Solorz ein oder wechseln auf den
von US-Investoren kontrollierten Fernseh-
sender TVN. Der pflegt bis heute kritische
Berichte und Enthüllungen über PiS-Skan-
dale. Den privaten Medien vertraut der
Ibris-Umfrage zufolge immerhin die Hälf-
te der Befragten.
TVP dient der PiS vor allem, um die eige-
nen Stammwähler in Dörfern und Klein-
städten bei der Stange zu halten – dort
läuft oft kein anderer Sender. So scharf die
Attacken gegen die Gegner, so groß ist auf
TVP das Lob für die Partei. Im Wahlkampf
für die Parlamentswahl lobte der Sender
die Versprechen der PiS über mehr Kinder-
geld oder Sonderrentenzahlungen. Und
meldete, die Opposition plane die Abschaf-
fung von der PiS eingeführter Wohltaten –
obwohl das nicht stimmte. Derlei fällt
selbst bei vielen sonst regierungskriti-
schen Polen auf fruchtbaren Boden: Bei
der Wahl vom 13. Oktober bekannten viele
Polen, sie glaubten zwar der PiS-Propagan-
da nicht immer, wählten sie aber wegen
der neuen sozialen Wohltaten. Nach der
Parlamentswahl ging es weiter wie zuvor:
Bei TVP bereiteten die SerieDie Kasteund
tendenziöse Berichte über Versäumnisse
der Justiz den Boden, im Anschluss wurde
das sogenannte „Maulkorbgesetz ange-
nommen, das die Reste richterlicher Unab-
hängigkeit abschaffen sollte. In den Abend-
nachrichten bekam Präsident Andrzej Du-
da zum Wahlkampfbeginn für die anste-
hende Präsidentschaftswahl gut zehn Mi-
nuten Sendezeit – seine Hauptkonkurren-
tin nur 20 Sekunden.
Ohne die Nachrichtensendung
Wiadomości, ohne häufige Lobberichte in
Programmen wie Panorama oder dem
NachmittagsmagazinTeleexpress„hätten
viele Polen Probleme mit der Wahrneh-
mung der Aktivität des Herrn Präsiden-
ten“, so TVP-Chef Kurski. Das Ergebnis, so
der Fernsehdirektor weiter, seien Umfrage-
werte, denen zufolge Präsident Duda die
Wahl im Mai gewinne – tatsächlich geht
das aus den Umfragen allerdings nicht ein-
deutig hervor.
Kurskis Eigenlob, das er vergangene Wo-
che live in den Hauptnachrichten ausstrah-
len ließ, war indes ein verzweifelter Ver-
such, seinen Kopf zu retten. Denn am
Abend zuvor hatte er einen Machtkampf
verloren. Präsident Duda hatte darauf be-
standen, dass Kurski gefeuert werde. Erst
dann würde er ein Gesetz zur Finanzierung
von TVP unterschreiben. Duda will so im
Wahlkampf offenbar vor allem bei libera-
len Polen Punkte sammeln, zu verhasst
scheint Kurski vielen inzwischen eben we-
gen seiner Propaganda.
Nach dem Rauswurf Kurskis ist unklar,
wie es bei TVP weitergeht. Berichten zufol-
ge soll der Posten des Fernsehdirektors öf-
fentlich ausgeschrieben werden. Hoffnun-
gen auf eine Rückkehr zu traditionellen
journalistischen Maßstäben bei TVP dürf-
ten indes verfrüht sein. Drei von fünf Mit-
glieder des über den neuen Direktor for-
mell entscheidenden Nationalen Medien-
rats gehören zur regierenden PiS. Und der
Ratsvorsitzende ist ein enger Vertrauter
von Parteichef Kaczyński.
„Ernst gemeint“
EntertainerKlaas Heufer-Umlauf
entschuldigt sich für Fälschungen
DEFGH Nr. 59, Mittwoch, 11. März 2020 (^) MEDIEN HF2 31
Einst nannte Fernsehdirektor Kurski sich selbst den „Bullterrier der Kaczyńskis“.
Nach seinem Rauswurf ist unklar, wie es weitergeht. FOTO: REUTERS
Hoffnungen auf eine Rückkehr zu
traditionellen journalistischen
Maßstäben dürften verfrüht sein
Showdown
Unruhe bei Pro Sieben Sat 1:
Bleibt Konzernchef Max Conze?
Zum Propaganda-Organ umgebaut: der Hauptsitz von Polens öffentlich-rechtlichem Sender TVP. FOTO: MAURITIUS IMAGES / KPZFOTO / ALA
Machtspiel
Polens Regierungspartei nutzt das öffentlich-rechtliche Fernsehen zur Verbreitung der eigenen
Linie – treu unterstützt von Senderchef Jacek Kurski. Warum der nun überraschend gehen muss
In „einzelnen Fällen“ sei man „über das
Ziel hinausgeschossen“: Klaas Heufer-
Umlauf. FOTO: ROBERT HAAS
Heiße Zeiten, wenn Männer altern. Der Geist träge, der Leib
teigig – Blutverdünner, Antidepressiva, Lesebrille. Jung sind
nur die anderen. Und diese Selbsterniedrigung mit Momenten
tragikomischer Schönheit! Männer ab 50 ziehen den Bauch
ein, testen in Funktionswäsche den verwegenen Blick.
Aber auch Frauen machen sich gerne zum Horst. Wollen begehrt
werden, nutzen betrügerische Textilien, entdecken die „neue
Fruchtbarkeit“ und verarbeiten alles Obst, das nicht bei drei auf
dem Baum ist. Gegen dieses Unbehagen helfen auch Jakobsweg
und E-Mail-Detox nicht. Dabei geht es mit Ende 40 aufwärts:
Termin: Mittwoch, 15. April 2020
Uhrzeit: 20.00 Uhr
Ort: Münchner Kammerspiele,
Kammer 1, Maximilianstr. 26-28
Tickets: 22 €
erhältlich unter: kammerspiele.de
Mehr Informationen finden Sie unter:
sz-veranstaltungen.de/dialog
© Mirjam Knickriem © Markus Röleke
SZ im Dialog:
Werner Bartens im Gespräch mit Maren Kroymann
über die Wechseljahre des Mannes und andere Mythen
des mittleren Alters
Man kann sich mit 60 fühlen, wie man mit 25 gern gewesen wäre.
Darüber reden Maren Kroymann und Werner Bartens. Ein Abend voller
Hormone, Hitzewallungen und heilsamer Heiterkeit.
In Kooperation mit