Handelsblatt - 11.03.2020

(singke) #1
Dirk Wohleb Düsseldorf

D


ie Deutschen gelten als
überversichert. Doch
das stimmt so nicht un-
bedingt: So besitzen 17
Prozent der Haushalte
laut einer Untersuchung des Gesamt-
verbands der Deutschen Versiche-
rungswirtschaft (GDV) keine Haft-
pflichtversicherung. „Ein erheblicher
Teil der Haushalte ist selbst gegen
existenzielle Risiken nicht ausrei-
chend geschützt“, sagt Klaus Wiener,
Chefvolkswirt des GDV. Nur 26 Pro-
zent der Menschen sind gegen Be-
rufsunfähigkeit versichert.
Doch nicht jeder Mensch braucht
den gleichen Schutz. Was der Einzel-
ne an Versicherungsschutz benötigt,
hängt von der individuellen Situation
ab: „Die finanzielle Bedeutung zu-
künftiger Einkommen ist für einen
jungen Menschen höher als der Wert
seines Hausrats, die Berufsunfähig-
keitsversicherung daher viel wichti-

ger als die Hausratversicherung“,
sagt Peter Grieble, Versicherungsex-
perte bei der Verbraucherzentrale
Baden-Württemberg. Ein älterer
Mensch, der kurz vor dem Eintritt in
die Rente steht, hat dagegen einen
anderen Bedarf. Daher sollten die
Menschen ihren Versicherungsschutz
an ihre Lebenssituation anpassen.
Eine wichtige Rolle im Versiche-
rungsportfolio spielen Sachversiche-
rungen. Dazu zählen die private Haft-
pflichtversicherung, die Rechts-
schutzversicherung, die Hausrat- und
die Wohngebäudeversicherung. Die
Ratingagentur Franke und Bornberg
hat für das Handelsblatt Sachversi-
cherungen bewertet. Alle Ergebnisse
sind auf http://www.handelsblatt.com
nachzulesen.
Unter den Sachversicherungen ist
die Haftpflicht zentral. „Sie kommt
für Schäden auf, die ein Mensch im
Alltag verursachen kann. Sie ist die

wichtigste Versicherung, denn hier
liegt das höchste finanzielle Risiko“,
sagt Michael Franke, Geschäftsführer
der Ratingagentur Franke und Born-
berg. Während eine Kfz-Haftpflicht-
versicherung vorgeschrieben ist, ist
das bei der privaten Haftpflichtversi-
cherung nicht der Fall. Dabei kann es
schnell um Millionen gehen.
Bei der Rechtsschutzversicherung
geht es meist um geringere Schäden.
Mit ihrer Hilfe lassen sich Rechte
durchsetzen. Ein Beispiel dafür ist
die Berufsunfähigkeitsversicherung.
Die Versicherungen lehnen ein Vier-
tel aller Anträge ab. „Eine Rechts-
schutzversicherung kann dann eine
wichtige Unterstützung sein, um ge-
gen finanzkräftige Versicherungen
vor Gericht bestehen zu können“, be-
tont Grieble.
Rund 76 Prozent der Deutschen
haben eine Hausratversicherung ab-
geschlossen. Damit lässt sich die Ein-

richtung versichern, sie kommt aber
auch für Schäden zum Beispiel durch
einen Wasserrohrbruch auf. Dabei
bekommen Versicherte immer den
Neuwert ersetzt. Eine Wohngebäude-
versicherung kommt für Immobilien-
besitzer infrage, die sich vor Schäden
an ihrer Immobilie schützen wollen.
In den vergangenen Jahren haben
sich die Konditionen für viele Sach-
versicherungen verbessert. Eine Fol-
ge des starken Wettbewerbs. „Es ist
sehr bedauerlich, dass Altverträge oft
nicht automatisch umgestellt wer-
den. Versicherte sollten daher bei ih-
rem Versicherer oder ihrem Vermitt-
ler regelmäßig nach verbesserten Ta-
rifen fragen“, empfiehlt Grieble. Sie
sind auf Anfrage verpflichtet, bessere
Angebote zu machen. So sind die De-
ckungssummen deutlich gestiegen.
Bei Altverträgen ist der Versiche-
rungsschutz geringer. Im Ernstfall ist
das ein großer Nachteil.

Sachversicherungen


Individuelle


Risiken im Blick


Eine Haftpflichtversicherung ist ein Muss. Auch für wertvollen Hausrat ist Schutz


ratsam. Welche Policen überzeugen und worauf bei der Auswahl zu achten ist.


Glasbruch: Im
Alltag ist schnell
ein Malheur
passiert. Dann
ist eine Versiche-
rung gefragt.

Moment Open/Getty Images

17


PROZENT
der deutschen Haus-
halte haben keine
Haftpflichtversiche-
rung abgeschlossen.

Quelle: GDV

Spezial
MITTWOCH, 11. MÄRZ 2020, NR. 50
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