Der Spiegel - ALE (2022-01-08)

(EriveltonMoraes) #1
138 DER SPIEGELNr. 2 / 8.1.2022

KULTUR

dessen Ausstattung sie zuständig ist. Zugleich
trauert sie um ihren toten Bruder, mit dem sie
im Jenseits Kontakt aufzunehmen versucht.
Es ist eine extrem knifflige Rolle, denn Ste-
wart muss jemanden verkörpern, der eigent-
lich gar nicht da ist, sondern nur ein Medium
für andere darstellt. Es gelingt ihr brillant.
»Ich hatte das Gefühl, dass ich bei dem Film
von außen Regie führte und sie von innen«,
hat Assayas über die Zusammenarbeit gesagt.
»Personal Shopper« ist auch der Film, der
Pablo Larraín davon überzeugt hat, dass
Stewart »Spencer« würde tragen können. Er
verlangt ihr aber etwas völlig anderes ab, als
sie bisher geleistet hat: nämlich unnatürlich
zu spielen. In Larraíns Interpretation ist Dia-
na ihre eigene Kunstfigur, und diese Arbeit
an sich selbst muss durchscheinen.
Mit Stewarts langjähriger Methode, Texte
erst kurz vor der betreffenden Szene zu ler-
nen, um sie so spontan wie möglich klingen
zu lassen, ist damit endgültig Schluss. Sie liest
Diana-Biografien und arbeitet vier Monate
lang mit einem Dialekttrainer. Perücken, die
Dianas seltsame Föhnfrisuren als unzerstör-
bar erscheinen lassen, und Kostüme, die im
Gegensatz zu »The Crown« nicht exakte
Kopien von Originaloutfits sind, sondern sie
interpretieren, vervollständigen den leicht
manischen Eindruck, auf den Larraín und
Stewart aus sind. 1989 schubste die echte Dia-
na ihre Stiefmutter Raine Spencer nach einem
heftigen Streit eine Treppe hinunter. »Spen-
cer« zeigt zum ersten Mal eine Diana, der
man das auch zutraut. Paradoxerweise scheint
Stewart für diese Rolle nun so geschätzt
zu werden wie für keine zuvor. Der Film
hat nicht nur Fans, aber ihre Leistung zweifelt
kaum einer an. Bei den Oscars Ende März
gilt Stewart als Favoritin unter den Haupt-
darstellerinnen.
Es wäre ein Märchenende für einen Anti-
märchenfilm, denn »Spencer« nimmt Diana
den Pop-Appeal, den ihr so viele zuschreiben.
Hier ist sie nicht die moderne Frau, die Duran
Duran und Karottenjeans liebt und – wie ihre
Schwiegertochter Meghan Markle fast 30 Jah-
re später – an den starren Windsor-Tradi-
tionen scheitert. Sie ist, ihr Mädchenname als
Filmtitel nimmt es vorweg, vielmehr der Ver-
gangenheit verfallen und tut während des
Wochenendes auf Sandringham alles, um zu
dem mittlerweile baufälligen Anwesen zu ge-
langen, in dem sie einst aufwuchs.
Dort, im Dunkeln zwischen Spinnweben,
gibt sie sich den Träumen hin, die sie als klei-
nes Mädchen hatte: einfach jemand Wichtiges
zu werden, durch die Heirat mit einem wich-
tigen Mann. In einer Montage aus Szenen, in
denen Stewart euphorisch durch das leere
Schloss tanzt, zeigt Larraín, wie sich Diana
womöglich ihr Leben nach der Heirat mit
Charles vorgestellt hat: als eine Abfolge von
Tänzen und Outfits, von Hochzeitskleid zu
Ballkleid zu Ballkleid und immer neuem Ball-
kleid. Es wäre ein wunderschönes, heillos
frivoles Leben gewesen.
Hannah Pilarczyk n

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MONTAG, 10. 1., 23.35 – 0.10 Uhr, RTL

Ausgebrannte Helden
der Pandemie
Warum Pflegekräfte keine Kraft
mehr haben

Wütende Spaziergänger
Anti-Corona-Märsche nehmen an
Fahrt auf

PS-Protze mit frisierten
Friesen-Flitzern
Autoposer-Kontrolle in Oldenburg

ARTE Re:
DONNERSTAG, 13. 1., 19.40 – 20.15, ARTE

Süchtig nach Muskeln –
Männer und ihr Körperkult
Bislang waren es vor allem Frauen, die
mit ihrer Figur haderten. Nun geraten
auch Männer unter Schönheitsdruck,
wollen aussehen wie Profisportler oder
Bodybuilder. Sie martern sich in Fitness-
klubs, um mit schweren Gewichten
schnell möglichst üppige Muskelberge
aufzubauen. Denn ein durchtrainierter

RTLZWEI
DONNERSTAG, 13.01., 20.15 – 22.10, RTLZWEI

Tierische Helden –
Mein Partner auf 4 Pfoten,
Teil 2

Richtig ausgebildet, sind manche Hunde
zu unglaublichen Leistungen fähig, aber
nur im Tandem mit ihren Haltern. In
»Tierische Helden – Mein Partner auf 4
Pfoten« übernehmen diese Arbeitshunde
Aufgaben, an denen Menschen scheitern
würden. Sie erschnüffeln Sprengstoff,
retten Leben, finden Vermisste. Das
Format thematisiert die beeindruckende
Zusammenarbeit von Hund und Mensch
in Ausnahmesituationen.

Oberkörper signalisiert Kraft und
Fitness – im Gegensatz zum schmäch-
tigen »Lauch«. Wissenschaftler sprechen
vom Adonis-Komplex, einer krankhaften
Sucht, durch ständiges Training ein
physisches Ideal zu erreichen. Der Film
zeigt, warum sich Männer mit sehr
viel Sport und Proteinen kasteien und
wie es andere leidvoll geschafft haben,
mit ihrem Erscheinungsbild Frieden
zu schließen.

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