Der Spiegel (2022-02-26)

(EriveltonMoraes) #1
120 DER SPIEGELNr. 9 / 26.2.2022

Der Westen sollte
endlich aufwachen
Nr. 8/2022 Titel: Keine falsche Bewegung!

Die vielen diplomatischen An-
strengungen einerseits und die
Verbalattacken andererseits zei-
gen nur allzu gut, wie fragil der
Frieden in Europa gerade ist.
Auch wenn es kein echter Frieden
ist, denn seit 2014 sind mehr als
13 000 Tote im Donbass zu be-
klagen. Die Truppenbewegungen
und -verlegungen wirken wie ein
Schachgefecht, mit allen Mitteln
von Taktik und Strategie. Umso
wichtiger ist es für Europa, Ab-
hängigkeiten, gerade auch im
Energiebereich, abzubauen und
auf eigenen Füßen zu stehen.
Wenn Europa im Innern stark
und selbstbewusst ist, dann ist das
die beste Gegenwehr nach außen,
auch ohne militärische Muskel-
spiele.
Rainer Szymanski, Grünheide (Brandenb.)

Sehr bemerkenswert finde ich,
dass die zahlreichen Journalisten,
die sich in dieser SPIEGEL-Aus-
gabe mit Putin und der Ukraine-
krise befasst haben, alle in West-
deutschland geboren und sozia-
lisiert worden sind. Nicht ein
einziger aus Ostdeutschland ist
beteiligt. Könnte es sein, dass
man im Westen Deutschlands
verlernt hat, Fehler zuzugeben?
Und es war ein Fehler, in den
Neunzigerjahren auf Konfronta-
tion zu Russland zu setzen und

sich der Meinung der Amerikaner
anzuschließen. Gorbatschow
wollte zusammen mit Deutsch-
land und den anderen europäi-
schen Staaten das »Europäische
Haus« aufbauen. Die Russen –
nicht nur Gorbatschow, auch
Putin – wollten, wie viele Ukrai-
ner auch, zu Europa gehören. Das
wurde leider im Westen ignoriert.
Dr. Klaus Haase, Malchow
(Meckl.-Vorp.)

Der Artikel ist an sich recht aus-
gewogen, finde ich. Erstaunt hat
mich allerdings, dass ein Detail
der Forderungshintergründe Pu-
tins erst auf Seite 25 unter der
Kleinmitteilung »Archivfund
stützt russische Version« so
nebenbei unter kleiner Über-
schrift mitgeteilt wurde. Die
Amerikaner haben also Verrat
begangen, indem sie die Nato-
Osterweiterung trotz anderwei-
tiger Zusagen betrieben. Hätte
diese Tatsache nicht im Haupt-
artikel ausführlich beleuchtet
werden müssen?
Bodo Lehmann, Rosenthal (Brandenb.)

Unter Putin hat sich Russland zu
einer Diktatur und einem Paria-
staat entwickelt. Wenn uns die
Geschichte etwas lehrt und wenn
uns Europa und unser demokra-
tischer Way of Life etwas bedeu-
ten, kann es nicht die geringsten
Zugeständnisse gegenüber einem
derart korrupten und kriminellen
Regime geben.
Nedju Buchlev, Berlin

Die diplomatischen Bemühungen
Europas und der USA sind ge-
scheitert, weil man den politi-
schen Machtpoker des russischen
Präsidenten Putin von vornhe-
rein falsch eingeschätzt hat. Auch
haben vor allen Dingen Deutsch-
land und die EU sich mit ihrer
Taktik des Herumlavierens einen
Bärendienst erwiesen, weil sie
Putin nicht gleich von Anfang an
mit einer einschneidenden Sank-
tionsliste in seine Schranken
verwiesen haben. Die nunmehr
vor genommene Anerkennung
von Donezk und Luhansk als un-
abhängige Staaten durch Russ-

land und die gleichzeitige Entsen-
dung von sogenannten russischen
Friedenstruppen in die Ostukrai-
ne kommen einer Kriegserklä-
rung gleich. Nun sollte die west-
liche Welt endlich aufwachen
und den ukrainischen Präsiden-
ten Selenskyj nicht im Stich las-
sen, denn das ukrainische Volk
hat es verdient, dass man seinen
demokratischen Weg und seine
Souveränität mit allen Mitteln
unterstützt und verteidigt.
Thomas Henschke, Berlin

Wozu noch die Nato?
Nr. 7/2022 Hat der Westen mit der Nato-
Osterweiterung Russland betrogen?
Ein sehr zutreffender Artikel, der
es wagt, der vorherrschenden
Meinung zu widersprechen. Ich
kann mich genau erinnern, was
damals erzählt wurde. Interessant
wäre aber noch: wozu noch die
Nato? Weder der Kommunismus
noch eine expandierende UdSSR
sind mehr da. Nur noch ein stark
geschrumpftes Russland.
Prof. Dr. Dimitrios Kolymbas, Innsbruck
(Österreich)

Die perfide Argumentation des
Westens: Eine Ausweitung der
Nato näher an die Grenzen der
Sowjetunion wird es nicht geben,
die Sowjetunion existiert aber
nicht mehr, und Russland haben
wir die Zusage nicht gemacht.
Michael Schade, Wolfsburg

Der Unsozial-
demokrat
Nr. 7/2022 Die SPD sucht einen Weg,
sich von Altkanzler und Putin-Freund
Gerhard Schröder abzusetzen

Die weichgespülte Kritik des
SPIEGEL an Gerhard Schröder
kann über eins nicht hinweg-
täuschen: Mit seinen geldgierigen
Aktivitäten für den Diktator Pu-
tin ruiniert er das Ansehen der
SPD als demokratische Rechts-
staatspartei. Und die SPD ruiniert
ohne seinen Parteiausschluss
das internationale Ansehen der

BRIEFE


Bundesrepublik Deutschland als
Bünd nispartner und demokrati-
scher Rechtsstaat.
Dr. Thomas Stehl, Potsdam

Mit dem ersten Schuss in der ak-
tuellen Ukrainekrise muss die
SPD Gerhard Schröder aus der
Partei werfen.
Manfred Müller, Ulm

Schröder ist für die SPD, was Max
Otte für die CDU ist: Ein Mensch,
der eine unerfüllte Erwartung
an die eigene Partei hat, dessen
Selbstwahrnehmung und einge-
forderte Wertschätzung Wunsch,
nicht Wirklichkeit widerspiegelt.
Reicht der eigene Garten nicht
aus als Beschäftigung? Anschei-
nend nicht, solange es immer
noch Menschen wie Putin, oder
im Falle Ottes die AfD, gibt, die
den Geltungsdrang bedienen und
ihn sich zunutze machen. Das
Abgleiten in die Lächerlichkeit
spiegelt die Gesellschaft beiden
zurück. Doch das scheint nicht zu
interessieren. Schröder befindet
sich in einem Tunnel. Die Zeit, in
der die eigene Partei für ihn einen
Ausgang schaffen konnte, ist vor-
bei. Jetzt heißt es für die SPD, das
Dilemma auszusitzen.
Marie Weydmann-Kühn, Kriftel (Hessen)

Es ist bemerkenswert, wie wenig
Selbstbewusstsein die SPD-Spit-
ze – allen voran Olaf Scholz –
trotz gewonnener Bundestags-
wahl hat, dass sie Altkanzler
Schröder aus seiner hannover-
schen Altbauwohnung weiterhin
Ton und Kurs einer sogenannten
Volkspartei vorgeben lässt, selbst
wenn dies gar nicht sein Anliegen
zu sein scheint und er viel lieber
charmante Filmchen über seinen
oftmals drolligen Zeitvertreib auf
Instagram posten lässt.
Sönke Weiss, Dortmund

Gerhard Schröder ist so wenig ein
Sozialdemokrat wie sein Freund
Putin ein Demokrat ist. Mit seiner
»Agenda 2010«, deren logische
Folge die immense Ausweitung
des Niedriglohnsektors war, hat
der Basta-Kanzler die Partei auf
den Hund gebracht. Jetzt, da sie
sich wieder einigermaßen berap-
pelt hat, wirft er den Genoss:in-
nen von der Seitenlinie aus Stö-
cke zwischen die Beine. Warum
lässt eigentlich der SPIEGEL die-
sen Unsozialdemokraten regel-
mäßig zu Wort kommen?
Uwe Tünnermann, Lemgo (NRW)

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