SdWSBMH0217

(Martin Jones) #1
Protostomier /
»Urmünder«
Gliederfüßer /
Arthropoden

Deuterostomier / »Neumünder«


Stachelhäuter

Chordatiere

Wirbeltiere

Säugetiere

Primaten

Schädellose

Huntington-Gen

CAG-Sequenz

rote Punkte:
Anzahl an
CAG-Tripletts

Maus

Dictyostelium

Honigbiene Lanzettfischchen Mensch

A
e

Seeigel Zebrafisch

Taufliege

bis zu 35 CAG-
Wiederholungen
sind harmlos

Embryogenese, in der sich die Keimblase einstülpt – eine
wichtige Voraussetzung für die Entstehung der Hauptge-
webetypen. In einer späteren Phase reguliert es die Bil-
dung neuer Neurone und trägt dazu bei, dass sie Kontakt
miteinander aufnehmen.
Trotz der vielen wissenschaftlichen Erkenntnisse bleibt
Chorea Huntington für die Forscher ein Paradox. Auf der
einen Seite könnte im Zusammenhang mit unserer Hirnent-
wicklung die wichtigste evolutionäre Errungenschaft des
verantwortlichen Gens sein, dass es einen sich stetig
verlängernden CAG-Trakt erwarb. Auf der anderen Seite
drohen Betroffenen verheerende Auswirkungen, wenn die
Länge jener Tripletts eine Grenze überschreitet.
Die Triplett-Anhäufung wird die Forscher noch viele
Jahre beschäftigen. Warum zum Beispiel variiert ihre
Anzahl so stark – gerade auch bei Menschen, die nicht
krank werden? Wieso sind ausgerechnet 36 Wiederho-

lungen plötzlich gefährlich? Und was mag sich im Gehirn
verändern, wenn sich die Genlänge dieser Grenze von
unten her nähert?
Die Erkenntnis, dass dieses Gen sowohl Segen als auch
Fluch bedeutet, befreit die Huntington-Krankheit zumin-
dest vom Stigma klassischen genetischen Versagens. Hier
liegt kein Erbdefekt im üblichen Sinn vor. Vielmehr schießt
ein biologischer Vorgang übers Ziel hinaus, der letztlich zu
unserem Menschsein beitrug.

Genfunktion unklar;
vielleicht für
Stockbildung wichtig

Gen in nicht neuralen
Geweben aktiv

die CAG-Sequenz
kommt hinzu

CAG-Sequenz spielt in der Evolution
des Nervensystems eine Rolle

CAG-Sequenz vermutlich unverzichtbar für die Höher-
evolution des Gehirns und seine Funktionen

Gen fördert Bildung
eines Hirnbläschens

Gen sorgt für ein
Molekül, das
Hirnzellen schützt

Anzahl der Tripletts
variiert individuell

8 bis 35 CAG-Tripletts:
kein Chorea Huntington;
ab 36 Tripletts: Hunting-
ton tritt auf, bei hoher
Anzahl umso früher

Gen für Embryonal-
entwicklung und
Schutz von Hirnzellen
unverzichtbar

QUELLEN
Lo Sardo, V. et al.: An Evolutionary Recent Neuroepithelial Cell
Adhesion Function of Huntingtin Implicates ADAM10-Ncadherin.
In: Nature Neuroscience 15, S. 713–721, 2012
Zuccato, C. et al.: Molecular Mechanisms and Potential Therapeu-
tical Targets in Huntington’s Disease. In: Physiological Reviews 90,
S. 905–981, 2010

AMANDA MONTAÑEZ / SCIENTIFIC AMERICAN AUGUST 2016; BEARBEITUNG: SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT
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