Spektrum der Wissenschaft Spezial - Biologie Medizin Hirnforschung Nr3 2017

(Ann) #1
Pdx1-
Gen

Cas

CRISPR/Cas9-
Werkzeug

menschliche iPSC

Blastozyste


befruchtete
Eizelle

Vorderdarm
Mitteldarm
Hinterdarm

rückenseits
gelegene Anlage
der Bauch-
speicheldrüse

Magen

Leber

Gallenblase

Magen

Leber
Gallenblase

bauchwärts
gelegene Anlage
der Bauch-
speicheldrüse

menschliche
Bauchspeichel-
drüse

Umgebende Zellen
senden Signale an
die iPSC.

iPSC entwickeln sich
zu Zellen der
Bauchspeicheldrüse.

Mit verschiedenen Maß-
nahmen verhindern die
Forscher, dass humane
Zellen auch in andere
Bereiche des Tierembry-
os einwandern und dort
weitere Organe und Ge-
webe hervorbringen.

AMANDA MONTAÑEZ / SCIENTIFIC AMERICAN NOVEMBER 2016

angelegt werden, aus denen später die Organe hervorge­
hen – müssen wir die humanen Stammzellen injizieren.
Wenn wir länger warten, ignorieren die Stammzellen des
Wirtsembryos die Neuankömmlinge einfach, worauf diese
verkümmern und absterben.
Während der weiteren Embryonalentwicklung formen
sich aus einem Teil der Blastozyste drei Zellschichten: eine
äußere (Ektoderm), mittlere (Mesoderm) und innere (Ento­
derm). Jetzt wird der präzise Ort einer jeden einzelnen
Zelle wichtiger als je zuvor. Frühere Arbeiten haben bei­
spielsweise gezeigt, dass bestimmte Zellen des Entoderms
auf Proteinsignale in ihrer unmittelbaren Umgebung
reagieren, indem sie das Gen Pdx1 einschalten. Dies
aktiviert viele weitere Gene, was wiederum die Reifung der
Bauchspeicheldrüse einleitet. Zellen im Mesoderm hinge­
gen werfen als Antwort auf äußere Signale das Gen Six
an, welches das Nierenwachstumsprogramm startet.
Obwohl also alle Zellen des Embryos dieselben Erbanlagen

enthalten, legt ihre jeweilige Mikroumgebung fest, welche
Gene ein­ oder ausgeschaltet werden, und somit, welchen
Gewebetyp sie hervorbringen.
Die Tatsache, dass ein einzelnes Gen wie Pdx1 oder Six
einen kompletten Reaktionsweg initiiert, der zur Bildung
einer Bauchspeicheldrüse oder Niere führt, ist für unser Vor­
haben äußerst bedeutsam. Denn indem wir das eine Gen
stilllegen, das für die Entstehung der Bauchspeicheldrüse
erforderlich ist (ein Verfahren, das meine Kollegen und ich
als »Leeren der Nische« bezeichnen), bringen wir Schweine­
embryonen ohne dieses Organ hervor. Es sei denn, wir
geben menschliche Stammzellen hinzu, die jenes Gen in
aktiver Form enthalten. Falls sie sich richtig entwickeln,
formen sie innerhalb des Embryos eine Bauchspeicheldrü­
se, die ausschließlich aus menschlichen Zellen besteht. Der
Rest des Tieres setzt sich aus Schweinezellen zusammen.
Wie so oft in der Wissenschaft, erforderte es zahlreiche
Experimente, um herauszufinden, wie man eine embryo­

Entnehmen der
reifen menschlichen
Bauchspeicheldrüse
Nachdem die Leihmutter ihr Junges
zur Welt gebracht hat, können Chi­
rurgen ihm die menschliche Bauch­
speicheldrüse entnehmen.

Entwicklung zum Fötus
In der Leihmutter bilden sich die
Gewebe und Organe des Em­
bryos aus. Die normale Tragezeit
beträgt bei Säuen etwa vier
Monate.

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