Spektrum der Wissenschaft Spezial - Biologie Medizin Hirnforschung Nr3 2017

(Ann) #1
Pdx1-
Gen

Cas

CRISPR/Cas9-
Werkzeug

menschliche iPSC

Blastozyste

befruchtete
Eizelle

Vorderdarm
Mitteldarm
Hinterdarm

rückenseits
gelegene Anlage
der Bauch-
speicheldrüse

Magen

Leber

Gallenblase

Magen

Leber
Gallenblase

bauchwärts
gelegene Anlage
der Bauch-
speicheldrüse

menschliche
Bauchspeichel-
drüse

Umgebende Zellen
senden Signale an
die iPSC.

iPSC entwickeln sich
zu Zellen der
Bauchspeicheldrüse.

Mit verschiedenen Maß-
nahmen verhindern die
Forscher, dass humane
Zellen auch in andere
Bereiche des Tierembry-
os einwandern und dort
weitere Organe und Ge-
webe hervorbringen.

heit angehören, da man mit Körperteilen aus Nutztieren
potenziell zehntausende Patienten auf der ganzen Welt
versorgen kann.

Die Position innerhalb des Embryos entscheidet
In den zurückliegenden Jahren haben Biologen so viel
über Embryonalentwicklung gelernt, dass es allmählich
möglich ist, diesen Prozess zu unseren Gunsten zu beein­
flussen. Wir wissen inzwischen: Das Wachstum wird
dadurch bestimmt, welche Orte verschiedene Zellen zu
bestimmten Zeiten innerhalb des sich entwickelnden
Organismus einnehmen. Die Zellen geben spezialisierte
Proteine ab, so genannte Wachstumsfaktoren, die je nach
ihrer lokalen Konzentration eine Reihe genetischer Pro­
gramme aktivieren beziehungsweise stilllegen. Gestützt
auf dieses Wissen sowie auf empirische Erfahrungen kann
man Schweineembryonen so verändern, dass diese Gewe­
be hervorbringen, welche sich am Ende in menschliche

Nieren, Bauchspeicheldrüsen oder andere Organe ausdif­
ferenzieren.
Als Ausgangsmaterial nutzen wir Ei­ und Spermienzel­
len aus Schweinen sowie kultivierte menschliche Stamm­
zellen. Wir verschmelzen die Geschlechtszellen, so dass
eine Zygote entsteht, die sich einige Stunden später in
zwei und dann vier identisch wirkende Zellen teilt. Jede
davon aktiviert dieselben Gruppen von Genen auf der DNA
und stellt infolgedessen Proteine her, die unter anderem
zu weiteren Teilungen anregen.
Wegen des komplexen Zusammenspiels von Erbanla­
gen und Proteinen beginnen die einst identischen Zellen
bald damit, sich unterschiedlich zu verhalten und ihre
Positionen zu ändern, während sie sich teilen. Nach weni­
gen Tagen sind mehrere hundert Zellen entstanden, die so
etwas wie eine Kugel in einer Kugel bilden, ein Gebilde
namens Blastozyste. Spätestens in diesem Entwicklungs­
stadium – dem letzten, bevor die spezialisierten Gewebe

AMANDA MONTAÑEZ / SCIENTIFIC AMERICAN NOVEMBER 2016


Menschliche Organe aus Schweinen


Die Fortschritte in der Stammzelltechnologie könnten
es Wissenschaftlern in absehbarer Zeit ermöglichen,
menschliche Organe in Schweinen oder anderen Tieren
zu züchten – beispielsweise Bauchspeicheldrüsen oder
Nieren. Möglich wird das, indem man humane Stamm­
zellen in speziell präparierte Schweineembryonen ein­
setzt. Die entstehenden chimären Embryonen wachsen
in tierischen Leihmüttern zu Föten heran, denen man
schließlich Organe aus menschlichen Zellen entneh­
men kann. Momentan steckt dieser Ansatz noch in den
Kinderschuhen, aber die weitere Vorgehens­
weise ist klar vorgezeichnet.

Gentechnische Veränderung
einer befruchteten tierischen Eizelle
Mit Hilfe der CRISPR/Cas­Genschere entfernen
Wissen schaftler das Gen Pdx1 aus dem Erb­
gut einer befruchteten Eizelle (Zygote), beispiels­
weise von Schweinen. So erreichen sie, dass
der Tierembryo, der aus der Zygote hervorgeht,
keine eigene Bauchspeicheldrüse ausprägt.

Weiterentwicklung zur Blastozyste
Umgeben von einer schützenden Membran,
teilt sich die genmanipulierte Tierzygote
erst in zwei, dann in vier und mehr Zellen,
bis sie das Entwicklungsstadium der
Blastozyste erreicht hat.

Einbringen
menschlicher Stammzellen
Durch Verpflanzen so genannter indu­
zierter pluripotenter Stammzellen (iPSC)
des Menschen in den sich entwickeln­
den Tierembryo entsteht eine Chimäre.
Die iPSC enthalten intakte Pdx1­Gene,
weshalb sie innerhalb des Embryos eine
Bauchspeicheldrüse hervorbringen –
die aus menschlichen Zellen besteht.

Einsetzen
des chimären
Embryos
in eine
Leihmutter
Der Embryo wird
einer tierischen
Leihmutter ein­
gepflanzt, etwa
einer Sau.

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