Der Spiegel - ALE (2022-04-30)

(EriveltonMoraes) #1
Nr. 18 / 30.4.2022DER SPIEGEL 57

Steuerbefreiung


für Solarstrom?


ABGABEN Die Grünen in
Schleswig-Holstein fordern von
der Bundesregierung, private
Fotovoltaik (PV)-Anlagen für
den Eigenverbrauch von Steu-
ern zu befreien. »Der Ausbau
der erneuerbaren Energien
muss noch schneller vorange-
hen«, sagt Tobias Goldschmidt,
Staatssekretär und womöglich
kommender Minister für Um-
welt in Kiel. »Oft ist es den Bür-
gerinnen und Bürgern zu kom-
pliziert, Steuern für ihre private
PV-Anlage abzurechnen.« Ein
Abbau dieser bürokratischen
Hürden erhöhe die Anreize zur


Installation. Den Plänen zufolge
würden für PV-Anlagen bis zu
einer Leistung von 30 Kilowatt
weder Einkommen- noch Um-
satzsteuer anfallen. In der Regel
würden private PV-Anlagen
unter dem Strich ohnehin kei-
nen Gewinn abwerfen, so Gold-
schmidt. Die Angaben für das
Finanzamt seien umständlich
und mit unnötigen Kosten ver-
bunden, etwa für Steuer berater.
Ein Sprecher von Bundeswirt-
schaftsminister Robert Habeck
(Grüne) wies auf ein eigenes
Reformvorhaben zum schnelle-
ren Ausbau der Solarenergie
hin. Dieses setze etwa auf eine
teilweise höhere Einspeisever-
gütung. SMS

Kürzere Züge wegen
Ukrainekrieg
BAHN Der Ukrainekrieg führt
zu Problemen im Regional-
verkehr der Deutschen Bahn.
Wichtige Radscheiben können
nicht geliefert werden, weil die
Fabrik des Herstellers Interpipe
in der Ukraine derzeit geschlos-
sen ist. Interpipe ist der Mutter-
konzern des Eisenbahnhändlers
KLW Wheelco mit Sitz im
schweizerischen Ort Paradiso.
Auf einzelnen Verbindungen
der Deutschen Bahn, auf denen
Doppelstockwagen fahren,
kämen wegen des Mangels
vorübergehend kürzere Züge
zum Einsatz, bestätigt ein
Bahn-Sprecher auf Anfrage.

Zugräder sind Verschleißteile,
sie müssen regelmäßig aus-
getauscht werden, bei normalen
Wagen etwa alle ein bis drei
Millionen Kilometer. Inzwi-
schen habe die Bahn einen
neuen Hersteller aus Spanien
gefunden. Dieser habe zuge-
sagt, so der Sprecher, »bereits
in diesem Monat die Produk-
tion der Räder aufzunehmen«.
Komplette Fahrten fallen nach
Angaben der Bahn nicht aus,
man offeriere weiterhin das
volle Fahrplanangebot. Neben
Spanien, der Ukraine und
weiteren osteuropäischen Län-
dern werden Räder für Eisen-
bahnen auch in Deutschland
am Standort Oberhausen her-
gestellt. GT, MUM

Ladesäulenmangel


gefährdet E-Boom


MOBILITÄT Entgegen den Ver-
sprechen der Bundesregierung
kommt der Ausbau der Lade -
infrastruktur in Deutschland
immer noch nicht schnell genug
voran. Dem Bestand von ak-
tuell 1,3 Millionen E-Autos und
Plug-in-Hybriden standen
Anfang April lediglich knapp


59 000 öffentliche Ladepunkte
gegenüber. Das ergibt eine Quo-
te von 22 elektrifizierten Fahr-
zeugen pro Lademöglichkeit.
Noch Ende 2020 kamen auf
eine Säule nur 13 Stromer. Der
Verband der Automobilindus-
trie (VDA) spricht von einer
»bescheidenen Geschwindig-
keit« des Ausbaus, der mit dem
aktuellen Boom der E-Mobilität
nicht mithalten könne: Im
Schnitt der vergangenen 12 Mo-
nate seien pro Woche nur
330 Lademöglichkeiten aufge-
stellt worden – ein Sechstel
dessen, was eigentlich nötig sei,
um das Ziel der Bundesregie-
rung zu erreichen, eine Million
Ladepunkte bis 2030 aufzustel-
len. Bleibt das Ausbautempo
derart gemächlich, befürchtet
der Verband, könnte dies die
geplanten E-Offensiven der
Autokonzerne empfindlich ge-
fährden: Eine flächendeckende
Ladeinfrastruktur sei »der
Schlüssel für den Erfolg der
E-Mobilität«, sagt VDA-Präsi-
dentin Hildegard Müller. SH

Berlusconi gegen
ProSiebenSat.1
MEDIEN Bei der anstehenden
Hauptversammlung von Pro-
SiebenSat.1 könnte es erneut zu
Streitigkeiten mit dem größten
Aktionär, der Berlusconi-Firma
MFE, kommen. Das früher
unter dem Namen Mediaset
bekannte italienische Unterneh-
men hatte Anfang April nach
eigener Darstellung schriftlich
beantragt, Vorstand und Auf-
sichtsrat einzeln zu entlasten –
offenbar, um seinen Unmut
gegenüber einzelnen Managern
auszudrücken. ProSiebenSat.1
weigert sich im Vorfeld der
Hauptversammlung, den An-
trag zu akzeptieren. Eine Ent-
lastung einzelner Führungskräf-
te sei in Deutschland unüblich,
heißt es aus dem Konzern, nur
14 der 90 Dax- und MDax-
Unternehmen würden ein
derartiges Prozedere vorsehen.
Außerdem verweist man auf
formale Kriterien: MFE habe

keinen Gegenantrag einge-
bracht, sondern lediglich einen
schriftlichen Vorschlag gemacht.
»Wir behalten die Gesamtent-
lastung von Aufsichtsrat und
Vorstand entsprechend der gän-
gigen Marktpraxis in Deutsch-
land bei«, heißt es bei Pro-
SiebenSat.1. Der Streit ist Teil
eines größeren Konflikts, den
der Medienkonzern seit Jahren
mit seinem größten Aktionär
austrägt. Das Berlusconi-Unter-
nehmen hält mehr als 25 Pro-
zent an ProSiebenSat.1 und
reibt sich vor allem an Vor-
standschef Rainer Beaujean.
Der hält nichts von den Plänen
der Italiener, eine paneuropäi-
sche Sendergruppe aufzubauen.
Dennoch hatte MFE darauf ver-
zichtet, eigene Kandidaten für
die Besetzung des Aufsichtsrats
zu benennen und Unterstüt-
zung für den früheren Axel-
Springer-Vorstand Andreas
Wiele als Vorsitzenden signali-
siert. Ob diese Ankündigung
weiterhin gilt, ist unklar. RAI

Regionalzug

Fotovoltaikdächer

SQuellen: BNetzA, VDA; Stand: 1. April

Nov.
2020

13

Apr.
2022

22


  • geschätzter Bestand, inkl. Plug-in-Hybride


E-Pkw* je
Ladepunkt

8723 Schnell-
ladepunkte


58.926
Ladepunkte
für 1,3 Mio.
E-Pkw*

Öffentliche
Ladepunkte in
Deutschland


Werner Dieterich / Westend61 / picture alliance

Markus Mainka / ddp
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