Modell Aviator August 2017

(sharon) #1
Wissen | http://www.modell-aviator.de
Grundlagenserie Teil 104

||||||||||||||||||||


62 08/2017


glatter Bespannung angebracht wäre, durch geeig-
nete Maßnahmen die eigentlich laminare Strömung
schon an der Nasenleiste in eine turbulentere und
viel unkritischere Strömung zu verwandeln. Leider
haben wir schon gesehen, dass turbulente Strömun-
gen einen deutlich höheren Widerstand besitzen
als laminare. Man verschenkt also den Vorteil einer
laminaren Strömung vollständig. Schließlich kann
man nicht beides haben – oder doch?

Veraltet
Tatsächlich ist eine Papierbespannung aus aerody-
namischer Sicht heute nicht mehr empfehlenswert.
Zwar erzeugt sie tatsächlich ein weniger kritisches
Verhalten im kritischen Re-Zahl-Bereich. Gleich-
zeitig sinkt jedoch die Gleit- und Sinkleistung des
Modells, denn die Strömung wird von Beginn an tur-
bulent sein, obwohl das Ablösungs-Problem erst im
weiteren Verlauf der Profiltiefe auftritt. Die laminare
Ablösung, die das ungemütliche Flugverhalten her-
vorruft, beginnt also nicht an der Nasenleiste, son-
dern im Bereich der größten Wölbung eines Profils.
Es würde also genügen, kurz vor der Entstehung ei-
ner Ablöseblase die Grenzschicht turbulent werden
zu lassen. Damit läuft die Strömung eine gewisse
Strecke noch laminar und somit widerstandsärmer.
Da dieser Punkt jedoch weiter hinten liegt, muss
das Störelement entsprechend der Grenzschichtdi-
cke deutlich höher sein Abbildung 4.

Konsequenz
Eine glatte Oberfläche zu erzeugen, ist also eher
ratsam. Ob man dies durch eine Folienbespannung,
durch Schleifen und Lackierung mit einem Hoch-
glanzlack oder durch Kunststoff-Schalenbauweise
erreicht, ist im Grunde egal. Ebenso empfehlenswert
ist jedoch auch das Aufbringen eines Turbulators.
Natürlich kostet dieser auch etwas Widerstand,
doch der wird geringer ausfallen im Vergleich zu
einer laminaren Ablösungsblase. Nur wenn zum
Beispiel bei höheren Geschwindigkeiten diese Ab-
lösungsblase verschwinden sollte und ein Turbula-
tor dann unnötig wäre, verliert man etwas Gleitleis-
tung. Der Unterschied ist jedoch kaum merklich. Der
Gewinn an gutmütigem Flugverhalten wiegt den
Nachteil auf, vor allem wenn der Pilot noch nicht
allzu viel Erfahrung besitzt.

Doch wo sollte man den Turbulator aufbringen?
Die Position hängt leider stark von der jeweiligen
Profilkonstruktion ab. Man kann es berechnen
mit dem Programm XFoil, zum Beispiel Profili
(www.profili2.com) von Stefano Duranti. Lässt man
den Druckverlauf bei einem maximalen Anström-
winkel berechnen, so findet sich bei kritischen
Profilen auf der Oberseite ein Druckanstieg. Der
Turbulator sollte dann kurz davor positioniert
werden; siehe Abbildung 5.

Möchte man sich die Mühe der Berechnung nicht
machen, so kann man eine Position von zirka
15 Prozent der Profiltiefe wählen. Für die meisten
Profile ist dies ein annehmbarer Wert. Die Dicke des
Turbulators sollte nicht größer als 0,3 Millimeter
sein. Turbulatoren aus dem manntragenden Flug
sind mit ihren Dicken von 0,5 bis 1 Millimeter viel zu
dick und Widerstandsbehaftet. Sie sind im Modell-
flug untauglich.

Komposit-Materialien
Das Aufbringen von Beschichtungen auf Unter-
konstruktionen birgt eine Gefahr! Kombiniert man

Bild 5: Die Stelle der Strömungsablösung zeigt sich durch einen Druckanstieg
(links). Ein Turbulator vor dieser Position löst das Problem (rechts) – hier am
Profil HQ 2,5-9 bei 7 Grad Anströmwinkel

Abbildung 4: Ein Turbulator liegt vor der laminaren
Ablöse-Blase und muss die Grenzschicht durchdringen
Free download pdf