Fliegermagazin Juli 2017

(avery) #1
1 | Verbrannt: Das Wrack gerät nach dem Unfall in
Brand. Dem Piloten gelingt es nicht mehr, seinen
vorn sitzenden Mitflieger zu befreien
2 | Unfallstrecke: Nach dem Start von der Hahn-
weide dreht die Maschine nach rechts ab, kurz
darauf stürzt sie in den angrenzenden Wald
3 | Sportgerät: Die Extra 300L (hier ein bauglei-
ches Muster) ist ein Hochleistungs-Kunstflugzeug
4 | Unlösbar: Ein Versuch soll zeigen, ob es mög-
lich ist, vom hinteren Sitz der Extra einen vorn
sitzenden Passagier zu evakuieren. Es geht nicht

merkt, dass die Maschine in einer extrem
steilen Rechtskurve flog und in einen spi-
ralartigen Sturz überging. Er habe sich noch
über die ausbleibende Reaktion des vorn
sitzenden Piloten gewundert und das Steu-
er übernommen. Durch heftiges Ziehen am
Höhenruder habe er versucht, den nun un-
vermeidlichen Aufprall auf die Baumkro-
nen »so energieraubend wie möglich« zu
gestalten.


Das Feuer breitet sich rasch aus
Den Aufschlag selbst habe er nicht genau
mitbekommen und die Augen erst wieder
geöffnet, als die Maschine zum Stillstand
gekommen war. Dann merkte er, dass das
Flugzeug zu brennen begann, und schnall-
te sich los. Er habe »die Systeme ausge-
macht«, den Brandhahn geschlossen und
anschließend versucht, seinen bewusstlo-


sen Mitflieger aus dem Wrack zu ziehen,
in dem er ihn vom hinteren Sitz aus unter
den Achseln fasste. Doch der Rettungsver-
such misslang. Als es überall brannte, habe
er es nur noch geschafft, den anderen Pilo-
ten mit dem Oberkörper auf der Tragfläche
abzulegen, bevor er sich selbst in Sicherheit
brachte.
Die Äußerungen des Überlebenden
zeigen den enormen Stress, unter dem er
gestanden hat, denn die von der BFU er-
mittelten Befunde zum Unfallgeschehen
stimmen in wesentlichen Teilen nicht mit
seinen Darstellungen überein. So weisen
gleich mehrere Indizien an der Unfallstel-
le sowie Bruchspuren des Propellers darauf
hin, dass das Triebwerk bis zuletzt unter
Last gelaufen sein muss. Da der Pilot eine
mögliche Fehlbedienung von Triebwerk,
Prop oder Benzinhahn während des Flugs

ausdrücklich ausschließt, lässt die BFU
den Motor durch einen Fachbetrieb auf
eine mechanische Störung untersuchen –
doch es findet sich keine; technische Män-
gel sind am Triebwerk nicht nachweisbar.
Auch wurde die Leiche des anderen Piloten
außerhalb des Cockpits vorgefunden – was
nach Ansicht der Ermittler nur den Schluss
zulässt, dass der 57-Jährige das Wrack aus ei-
gener Kraft verlassen haben muss.
Am Ende bleiben viele Fragen offen, un-
ter anderem auch, ob es zwischen beiden
Piloten vor dem Start Absprachen zur Auf-
gabenverteilung bei einer möglichen Stö-
rung gegeben hat. Mit hoher Wahrschein-
lichkeit, so die BFU, sei es kurz nach dem
Start zu einem Leistungsverlust gekom-
men, in dessen Folge die Maschine mit den
Baumkronen kollidiert sei. Der Grund für
die Triebwerksstörung bleibt unklar.

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