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Verständigung: eins. Probleme: zu viele
Flugvorbereitung Als unterwegs das Funkgerät ausfällt, prüft der Pilot seine Optionen und stellt
dabei fest, dass er auch in anderer Hinsicht schlechte Karten hat. Der entspannte Rundflug wird kritisch
Zeichnung Helmut Mauch
e
s sollte ein entspannter Sonntagsflug
mit meiner Frau werden: mit der al-
ten, aber rüstigen Cessna 172 des Ver-
mieters meines Vertrauens von Augsburg
aus Richtung Süden zur Zugspitze und
wieder zurück. Sichten und Untergrenzen
an dem Tag – mehr als ausreichend.
Weil ich auf dieses Route schon oft
geflogen war, hatte ich auf eine Flugpla-
nung verzichtet. Mit der Anflugkarte von
Augsburg und der ICAO-Karte für den
Raum München am Kniebrett machten
wir uns also auf den Weg. Eine ausgefeilte
Notfallplanung hatte ich mir erst gar nicht
zurechtgelegt.
Als ich mich am Ausflugpunkt beim
Tower meldete, war es schon ungewöhn-
lich ruhig im Funk; auf meine Meldung
und Nachfrage zum Verlassen der Fre-
quenz kam keine Antwort. Auch die
Meldung bei FIS wurde mit Schweigen am
anderen Ende quittiert. War ich vielleicht
noch zu niedrig, um einen sauberen Emp-
fang zu haben?
Spannend wurde es jedoch, als ich nach
einer guten Stunde wieder in die Kontroll-
zone von Augsburg zur Landung einflie-
gen wollte. Nachdem mehrere Versuche,
Kontakt zu Augsburg Tower herzustellen,
ohne Antwort blieben und ich mittlerweile
südlich des Einflugpunkts kreisen musste,
kam vom Tower selbst ein Funkspruch:
»Station, welche Augsburg Tower ruft und
bei Sierra 1 kreist: Ich höre nur Trägerwelle.
Ohne Funk ist kein Einflug in die Kontroll-
zone möglich.«
Mein Puls stieg merklich an, und mir
gingen plötzlich hunderte Fragen durch
den Kopf: Ist das ein Funkausfall? Darf ich
Squawk 7600 rasten und dennoch in die
Kontrollzone einfliegen? Aber was dann?
Lichtzeichen hab ich nicht drauf! Wie viel
Sprit habe ich noch? Wo sind erreichbare
Ausweichplätze? Gedanken im Vorfeld hat-
te ich mir ja nicht gemacht!
Nachdem ich mich etwas beruhigt
hatte, entschied ich mich, Donauwörth
anzufliegen. Beim Anflug rastete ich die
Frequenz in der Hoffnung, aus den Funk-
sprüchen anderer Piloten die Bahnrich-
tung zu erfahren. Tatsächlich meldete sich
ein Pilot und erbat Landeinformationen.
Die Antwort des Flugleiters war jedoch
anders als erwartet: »Wir haben heute Mo-
dellflug, Landung nicht möglich, meiden
Sie den Platzbereich.« Auch diese Option
war damit weg.
Mittlerweile waren 30 Minuten vergan-
gen, und beide Tankanzeigen schwankten
zwischen leer und viertelvoll. Nach einem
Blick auf die Karte fiel meine Wahl auf den
einzigen noch sicher erreichbaren Platz:
Neuburg, nördlich von Ingolstadt. Wei-
terhin ohne Funk, flog ich dort zunächst
über der Platzrunde quer zur Bahn, um
aus dem Lande-T die Bahnrichtung zu
ermitteln. Danach flog ich in Ermangelung
eine Anflugkarte entlang einer gedachten
Platzrunde an und konnte hart, aber den-
noch sicher landen. Beide Tanks waren zu
dem Zeitpunkt schon fast leer.
Das habe ich gelernt:
> Jeder noch so kurze Flug braucht eine
saubere Planung: Ausweichplätze, Treib-
stoffberechnung und NOTAM-Abruf
gehören dazu. So hätte ich gewusst, dass
Donauwörth keine Option ist.
> Für alle Alternate-Plätze müssen Anflug-
karten vorhanden sein.
> Die Flugzeug-Systeme müssen bekannt
sein. In der Hektik der Situation hatte ich
mich nicht getraut, den Avionik-Schalter
ein- und wieder auszumachen. Vielleicht
hätte es geholfen.
Praxis | sicherheit
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