Flugrevue Oktober 2017

(Tuis.) #1
Fotos: NASA

Parallel dazu vergab die Space Sys-
tems Division der USAF 1960 einen
Forschungsauftrag für flügellose Auf-
triebskörper an Martin. An den Studien
war auch Hans Multhopp beteiligt, der
im Zweiten Weltkrieg bei Focke-Wulf
gearbeitet hatte. Untersuchungsergeb-
nis war das sogenannte Space Vehicle
No. 5 (SV-5). Es ähnelte einer Kartoffel
mit Leitwerken, bot aber gegenüber den
NASA-Konstruktionen ein größeres in-
ternes Volumen, bessere Pilotensicht
und eine höhere Manövrierfähigkeit.
Nachdem das ehrgeizige Dyna-Soar-
Programm von Boeing 1963 vorzeitig
eingestellt worden war, benötigte die
Air Force ein neues Vehikel für ihre
START-Forschung (Spacecraft Techno-
logy and Advanced Re-entry Test). Ge-
nau genommen wurden nun zwei Flug-
geräte bei Martin Marietta bestellt. Das
erste war die kleine, unbemannte SV-
5D (X-23), die nach dem Start mit
einer Atlas-Rakete den Wiedereintritt in


die Atmosphäre bei hohen Geschwin-
digkeiten durchführte und dafür mit
einem Hitzeschutzmaterial überzogen
war. Im sogenannten PRIME-Programm
(Precision Recovery Including Maneuv-
ring Entry) fanden zwischen Dezember
1966 und April 1967 drei Flüge statt.
Eine ähnliche Flugkörperform wurde
für die bemannte SV-5P (X-24A) ver-
wendet, die die Untersuchung des Flug-
bereichs in der Atmosphäre bis hin zur
horizontalen Landung übernehmen soll-
te (Programm PILOT = Piloted Low-
Speed Tests). Die Gelder für eine SV-5P
wurden im März 1966 freigegeben, der
Bau begann im Mai. Aufgrund der
Erfahrungen mit den Auftriebskörpern
der NASA erhielt die X-24A eine dritte
Finne für bessere Flugstabilität. Neben
den Seitenrudern und den unteren Klap-
pen an der Hinterkante (Höhen- und
Querruderfunktion) wurdengekoppelte
obere Klappen eingeführt, die eine bes-
sere Steuerbarkeit ermöglichten.

Als Antrieb verwendete Martin Ma-
rietta den bekannten Raketenmotor
XLR-11, wie er auch in der X-15 einge-
baut war. Er hatte vier Brennkammern.
Der Pilot saß auf einem Schleudersitz in
einem druckbelüfteten Cockpit. Das
elektrische System wurde von Batterien
gespeist. Für die Fahrwerksbetätigung
wurde ein Druckluftspeicher eingesetzt.
Zur Testausrüstung gehörte ein Teleme-
triesystem mit 80 Kanälen.
Die X-24A, die die Air-Force-Ken-
nung 66-13551 erhalten hatte, wurde
am 3. August 1967 von Martin Marietta
erstmals präsentiert und per Frachter
zur Edwards AFB geflogen. Ende Febru-
ar 1968 folgten Windkanalversuche
beim Forschungszentrum Ames nahe
San Francisco. Nach Rolltests wurde am


  1. April 1969 der erste Flug unter der
    als Träger dienenden Boeing NB-52B
    der NASA durchgeführt. Jerauld Gentry
    saß beim ersten Gleitflug am 17. April
    im Cockpit; der Flug endete mit einer


Die plumpe Form der X-24A bot Platz
fürTreibstofftanksundBatterien.

Kurzinfo


Baujahr: 1967
Stückzahl: 1
Herstellungsland: USA

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