Flugrevue April 2017

(Barré) #1

D


er American-Airlines-
Flug 587 hebt um
9.14 Uhr vom New
Yorker JFK-Airport ab. 251 Passagiere
sind an Bord des Airbus A300-600, das
Ziel an diesem 12. November 2001 ist
Santo Domingo in der Dominikanischen
Republik. Gerade einmal eine Minute
nach dem Start gerät das Flugzeug über
dem Stadtteil Queens in eine Wirbel-
schleppe einer Boeing 747-400 von Japan
Airlines, die kurz vor der A300 abgeho-
ben ist. Der Erste Offizier von Flug 587,
der an diesem Tag das Kommando hat,
tritt mehrmals heftig in die Seitenruder-
pedale, um die Turbulenzen zu kompen-
sieren. Die Begegnung mit den Luftwir-
beln des Jumbos endet tödlich: Das Sei-
tenleitwerk der A300 bricht unter der
starken Belastung der Ruderausschläge,
das Flugzeug stürzt ab. Alle 260 Insassen
und fünf Menschen am Boden sterben.
Solche verheerenden Unfälle durch
Wirbelschleppen sind zwar in der Ver-
kehrsluftfahrt äußerst selten, denn es gel-
ten recht konservative Regeln für Sicher-

Die gegenläufig drehenden Luftverwirbelungen hinter einem Flugzeug bilden sich an Flügelenden
und Klappen, aber auch an den Rotorblättern von Hubschraubern und in geringerer Intensität an
Luftschrauben von Motorflugzeugen und Bläsern von Mantelstromtriebwerken. Wirbelschleppen ent-
stehen immer dort, wo dynamischer Auftrieb erzeugt wird. Auf die Flügel bezogen bedeutet das: An
den Spitzen kommt es zu einem Druckausgleich, bei dem die Luft von der Flügelunterseite Richtung
Unterdruck auf der Oberseite strömt. Die Lebensdauer von Wirbelschleppen kann mehrere Minuten
betragen, in turbulenzarmen Luftschichten auf Reiseflughöhe sogar bis zu zehn Minuten. Die Wirbel
sinken langsam ab und zerfallen, in Bodennähe können sie wieder aufsteigen. Sie sind nicht nur ge-
fährlich für andere Flugzeuge, in der Nähe von Flughäfen können sie sogar Ziegel von Häusern lösen.

Wie Wirbelschleppen entstehen


Große Flugzeuge wie die Boeing 747 (hier im Windkanal der NASA) oder der
Airbus A380 ziehen besonders starke Verwirbelungen hinter sich her.

Wirbelschleppen-Warnsystem des DLR: In der linken Darstellung ist das gelbe
Kreuz in der Mitte das eigene Flugzeug, das weiße Kästchen ein anderer Flieger
und die pinkfarbene Linie der Bereich der Wirbelschleppen.

Fotos: Airbus / Goussé, AirTeamImages / Hamalainen; DLR, NASA


20 FLUG REVUE A pr i l 2017

Take-Off


Wirbelschleppen

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