14 WIRTSCHAFT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,27.NOVEMBER
rungskosten für die Konzerne.
Seit 2016 hat die EZB Firmen-
bonds im Volumen von mehr
als 180 Milliarden Euro gekauft.
Allein seit dem Neustart des
Anleihekaufprogramms Anfang
November kamen noch mal Pa-
piere im Wert von vier Milliar-
den Euro dazu.
Mit ihren Anleihekäufen hat
die EZB damit indirekt die
Übernahme von Tiffany durch
LVMH begünstigt. Im EZB-
Portfolio finden sich gleich
sechs unterschiedliche Firmen-
bonds von LVMH. Alle Schuld-
titel weisen Minuszinsen auf,
sprich: Der französische Luxus-
A
n keinem Tag gibt es
statistisch gesehen so
viele Herzinfarkte wie
an Montagen. Auch
bei vielen Bankern dürfte der
Puls zum Start der Woche be-
sonders hoch gewesen sein.
Denn weltweit wurden Über-
nahmen im Volumen von über
70 Milliarden Dollar angekün-
digt. Mit Fusionen und Über-
nahmen, im Englischen Mer-
gers & Acquisitions (kurz
M&A), machen Banker in der
Regel ein gutes Geschäft.
VON HOLGER ZSCHÄPITZ
In Übersee hat sich der Bro-
ker Charles Schwab den Kon-
kurrenten TD Ameritrade für
2 6 Milliarden Dollar ge-
schnappt. Es ist der größte
AAAufkauf in der Branche über-ufkauf in der Branche über-
haupt. Auch die Luxusgüterin-
dustrie wartet mit einem der
größten Deals in der Geschich-
te auf. Für 16,2 Milliarden Dol-
lar (umgerechnet 14,7 Milliar-
den Euro) will sich LVMH den
legendären New Yorker Juwe-
lier Tiffany einverleiben. Und
auch der Pharmariese Novartis
und der japanische Industriegi-
gant Mitsubishi sind auf milli-
ardenschwere Einkaufstour ge-
gangen.
Sollte die Kauflaune der Fir-
men anhalten, könnte 2019 zu
einem Rekordjahr für Fusionen
und Übernahmen werden, zu-
einem Rekordjahr für Fusionen
und Übernahmen werden, zu-
einem Rekordjahr für Fusionen
mindest in den USA. Seit Janu-
ar wurden 17.546 Deals ange-
kündigt; es fehlen nicht mehr
viele, um den Rekord aus dem
Vorjahr zu egalisieren, wie Da-
ten des Finanzdienstleisters
Bloomberg zeigen. Auch das
Volumen von 2,5 Billionen Dol-
lar ist nicht mehr weit vom All-
zeithoch entfernt, das 2015 mit
einem Wert von knapp drei Bil-
lionen Dollar markiert wurde.
Die M&A-Welle ist durchaus
bemerkenswert. Schließlich ist
die Welt so unvorhersehbar wie
selten zuvor. Die Globalisie-
rung befindet sich auf dem
Rückzug, die Weltkonjunktur
ist wackelig. Niemand weiß,
wie der Handelskrieg zwischen
den USA und China ausgehen
wird. In den USA wird im kom-
menden Jahr ein neuer Präsi-
dent gewählt: zwischen Sozia-
lismus und Unilateralismus ist
alles möglich.
Normalerweise scheuen Un-
ternehmenslenker in unsiche-
ren Zeiten weitere Risiken. Und
mit Übernahmen gehen Firmen
weitere Unwägbarkeiten ein.
Doch Börsen auf Rekordhoch
und Zinsen nahe Rekordtiefs
scheinen jegliche Bedenken der
Spitzenmanager zu zerschla-
gen. Auch die Notenbanken be-
feuern den Trend. Beiderseits
des Atlantiks haben die Wäh-
rungshüter ihre Anleihekäufe
wieder aufgenommen. Ziel ist
es, die Zinsen niedrig zu halten
und zusätzliche Liquidität ins
Finanzsystem zu bringen.
Die Europäische Zentral-
bank (EZB) kauft sogar aktiv
Unternehmensanleihen und
drückt damit die Finanzie-
güterkonzern bekommt fürs
Verschulden Geld geschenkt.
Und genau deshalb konnten die
Franzosen ein so generöses
Übernahmeangebot machen.
LVMH bietet den Aktionären
des US-Juweliers 135 Dollar pro
Anteilsschein, wie aus dem
„endgültigen Vertrag“ zwischen
den beiden Häusern hervor-
geht. Das ist ein Aufschlag von
gut einem Drittel gegenüber
dem Kurs vor Bekanntgabe der
Übernahmeverhandlungen.
Dank EZB kommt auch das
M&A-Geschäft in Europa lang-
sam in Schwung. In diesem Mo-
nat haben Unternehmen aus
der Region weltweit Übernah-
men in Wert von 58 Milliarden
Dollar angekündigt, wie von
Bloomberg zusammengestellte
Daten zeigen. Das ist mehr als
das Dreifache des Wertes im
Vorjahreszeitraum; der diesjäh-
rige November ist in Bezug auf
M&A der geschäftigste seit
- Mehr als die Hälfte der
Übernahmen zielten auf US-
Unternehmen ab.
„Wir befinden uns in einer
Phase des Zyklus, in der euro-
päische Unternehmen über
starke Bilanzen verfügen“, sag-
te Kyril Courboin, Vorstand des
französischen Geschäfts von
JPMorgan Chase. „Diese Feuer-
kraft wird zunehmend genutzt,
um Akquisitionen auf dem US-
Markt zu tätigen.“
Doch die Firmen gehen auch
zunehmend ins Risiko für ihre
Shopping-Tour. Die Verschul-
dung der Nicht-Finanzfirmen
hat weltweit neue Rekorde er-
reicht. Hierzulande haben die
Verbindlichkeiten rund 61 Pro-
zent der Wirtschaftsleistung
(BIP) erreicht, in den USA sind
es 75 Prozent. Besonders stark
verschuldet sind französische
Konzerne. Hier beträgt die
Schuldenquote 136 Prozent des
BIP. Noch höher stehen nur
chinesische Konzerne in der
Kreide. Hier sind die Verbind-
lichkeiten auf 165 Prozent der
Wirtschaftsleistung in die Hö-
he geschossen.
Experten sehen trotz der
Fusionen und Übernahmen,
die die Schulden weiter erhö-
hen, noch keine Übertreibung.
Angesichts der niedrigen Fi-
nanzierungskosten müsse man
sich fragen, warum die M&A-
AAAktivitäten noch nicht stärkerktivitäten noch nicht stärker
gestiegen sind, sagte Rhett
Kessler, Fondsmanager bei
Pengana Capital dem Finanz-
dienst Bloomberg.
Tatsächlich sind die M&A-
Zahlen noch weit von Rekorden
entfernt, wenn man das Volu-
men in Relation zum globalen
Börsenwert nimmt. Dann be-
trägt beispielsweise die ameri-
kanische Kaufsumme gerade
mal drei Prozent der Marktka-
pitalisierung der Wall Street.
Kurz vor der Finanzkrise im
Jahr 2007 lag der Wert bei mehr
als 4,5 Prozent.
Dass es sich nicht um einen
Überschwang handelt, machen
auch die Übernahmeprämien
deutlich, die die Firmen zahlen.
Abgesehen von LVMH, die sich
die Übernahme viel kosten las-
sen, zahlen andere wesentlich
weniger. Und bei vielen Fusio-
nen geht es auch nicht darum,
große Imperien zu bilden. Der
Börsenmakler Charles Schwab
steht unter enormen Druck
kostengünstiger Fintech-Fir-
men. Ein Zusammenschluss
soll helfen, Kosten zu sparen.
Und hinter dem Deal von Peu-
geot und Fiat Chrysler steht die
Idee, die Kosten der Transfor-
mation ins emissionsfreie Zeit-
alter auf mehr Schultern zu ver-
teilen. Bei näherem Hinschauen
gibt es also keinen Grund für
verstärkte Herzaktivitäten.
Kaufen
ohne
Kontrolle
Sollte die gute Laune der Unternehmen
anhalten, könnte 2019 ein Rekordjahr für
Fusionen und Übernahmen werden. Die
Strategie ist allerdings nicht ohne Risiko
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So stark engagiert sich die EZB in Unternehmen
Quelle: Bloomberg
Von der EZB gehaltene Unternehmensanleihen* in Mrd. Euro
*Im Rahmen des Corporate Sector Purchase Program
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Verschuldung von Unternehmen*
*ohne Finanzindustrie Quelle: IWF, eigene Berechnung
Angaben in Prozent des BIP
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Gesamtvolumen der Unternehmenskäufe und -fusionen
Quelle: Bloomberg
In Billionen Dollar
Nordamerika
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WesteuropaWesteuropa
AsienAsien
D
er SUV-Boom in
Deutschland beschleu-
nigt sich weiter: Schon
jetzt dürfte die Grenze von ei-
ner Million im Jahr 2019 neu
zugelassenen sportlichen Ge-
ländewagen übersprungen wor-
den sein. Ursprünglich hatten
Experten erst für das Jahres-
ende vorhergesagt, dass die
Million-Marke geknackt würde.
Doch angesichts des immer
größeren SUV-Anteils an den
Neuwagen, werden schon die in
wenigen Tagen veröffentlich-
ten November-Zahlen ausrei-
chen, um die Schwelle zu über-
springen. Das geht aus einer
Analyse des Center Automotive
Research (CAR) der Universität
Duisburg-Essen hervor, die
WELT vorliegt.
VON PHILIPP VETTER
Demnach erreichte die SUV-
Quote im Oktober mit 34,
Prozent einen neuen Höchst-
wert in Deutschland. Sie sind
damit die meistverkaufte Ka-
rosserievariante hierzulande.
Seit 2010 nahmen die SUV-Ver-
käufe laut CAR durchschnitt-
lich um elf Prozent zu. Allein
in diesem Monat wurden
98.708 sportliche Geländewa-
gen zugelassen. Damit kletter-
te die Gesamtzahl für dieses
Jahr bereits nach zehn Mona-
ten auf 974.501 Exemplare.Da-
mit wird zum Jahresende wo-
möglich die Marke von 1,1 Mil-
lionen neuen SUVs erreicht.
Die Experten des CAR-In-
stituts gehen davon aus, dass
das hohe Wachstumstempo
anhalten wird. Denn trotz der
Rekordwerte liegt der SUV-
Anteil noch unterhalb der
Quote anderer Länder. Pro-
zent der Neuwagenkäufe. Al-
lerdings gibt es keine allge-
mein gültige Definition für
SUVs. Das Kraftfahrtbundes-
amt unterscheidet beispiels-
weise noch einmal zwischen
SUVs und Geländewagen.
Für die Fahrzeughersteller
ist der SUV-Boom einerseits
erfreulich, weil sich mit diesen
Modellen deutlich höhere Ge-
winne erzielen lassen als mit
kleineren Autos. Andererseits
sorgt der höhere Kohlendi-
oxidausstoß aber auch dafür,
dass es den Autobauern noch
schwerer fällt, die Vorgaben
der EU einzuhalten, wie viele
Emissionen ihre Gesamtflot-
ten noch verursachen dürfen.
„Heute sind SUVs gefragt,
trotz Greta Thunberg“, sagt
CAR-Leiter Ferdinand Duden-
höffer. „Für die Autobauer ist
es daher wichtig, die Balance
zwischen SUV-Mehrverbrauch
und CO 2 -Emissionen der Neu-
wagen zu schultern.“
„SUVs
sind gefragt –
trotz Greta“
Bald eine Million
Neuzulassungen