Die Welt Kompakt - 05.11.2019

(Steven Felgate) #1

D


as neue Kapitel in
der Geschichte des
FC Bayern beginnt
am Dienstag um 11.00
Uhr. An der Säbener Straße wird
Hans-Dieter Flick dann sein ers-
tes Training leiten. Am Mittag
soll der Interimstrainer des Re-
kordmeisters dann auf einer
Pressekonferenz erklären, wie
er die Mannschaft stabilisieren
will.

VON JULIEN WOLFF
UND LARS GARTENSCHLÄGER

Der Klub erlebt eine schwere
Krise. Mittwoch (18.55 Uhr, Sky
und WELT-Liveticker) empfan-
gen die Bayern in der Champi-
ons League Olympiakos Piräus.
Es wird das erste Spiel nach der
Trennung von Trainer Niko Ko-
vac. Vollzogen wurden sie am
Sonntagabend. Montag dann tat
sich sportlich nichts, die Spieler
hatten frei. Dennoch ging es ge-
schäftig zu. Flick bereitetete
sich auf seinen großen Tag vor,
die Klubbosse Karl-Heinz Rum-
menigge und Uli Hoeneß ver-
suchten, Zuversicht zu verbrei-
ten. Hoeneß sagte, seine Laune
sei gut.
Flick ist voraussichtlich eine
Übergangslösung. Bei der Mann-
schaft ist der 54-Jährige beliebt,
zu den Nationalspielern wie Tho-
mas Müller, Kapitän Manuel
Neuer und Jérôme Boateng hat
er seit Jahren einen guten Draht.
Seine Erfahrungen als Cheftrai-
ner beschränken sich allerdings
auf die Stationen FC Victoria
Bammental und den damaligen
Regionalligaklub TSG Hoffen-

heim. Zuletzt war er vor elf Jah-
ren für ein Spiel Chef, als er im
EM-Viertelfinale gegen Portugal
(3:2) den gesperrten Bundestrai-
ner Joachim Löw vertrat.
Oliver Bierhoff kennt Flick aus
der Zeit beim Deutschen Fuß-
ball-Bund, wo dieser acht Jahre
lang Assistent Löws war und spä-
ter als Sportdirektor arbeitete.
Nationalelfdirektor Bierhoff sag-
te WELT: „Jetzt drücke ich dem
Hansi erst mal die Daumen. Ich
weiß, er ist ein loyaler und guter
Mann. Das ist gut für Bayern
München, dass sie ihn jetzt ha-
ben. Und dann haben sie auch
nicht ganz den Druck, morgen di-
rekt einen Neuen präsentieren
zu müssen.“
Samstag treffen die Bayern im
Topspiel der Bundesliga auf Bo-
russia Dortmund. Rummenigge
nannte es Montag „das deutsche
Clasico“, das es zu gewinnen
gelte. Danach ist zwei Wochen
Länderspielpause. Eine Option
scheint, dass Flick bis zur Win-
terpause für die Mannschaft
verantwortlich bleibt. Sofern
diese in den beiden kommenden
Spielen deutlich anders auftritt
als zuletzt. Rummenigge ließ
das Zeitfenster offen, sagte:
„Hansi Flick genießt unser Ver-
trauen, und ich denke, dass er
im Moment genau der richtige
Mann ist.“
Spannend ist nun, wer bei der
Suche nach einem Nachfolger für
Kovac die Entscheidung trifft.
Hoeneß tritt in gut einer Woche
auf der Jahreshauptversammlung
als Präsident und Vorsitzender
des Aufsichtsrats ab, bleibt aber
Mitglied des Kontrollgremiums.

Ein


letztes


Machtspiel


Hans-Dieter Flick


übernimmt vorerst


die Bayern. Doch


wer kommt dann?


Und wer


entscheidet das?


SPORT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,5.NOVEMBER2019 SEITE 28


FUSSBALL

Popp kann gegen
England doch spielen

Kapitänin Alexandra Popp
kann im Länderspiel der
deutschen Fußballerinnen in
England am Samstag (18.30
Uhr/Eurosport) vor 90000
Zuschauern doch mitwirken.
Bundestrainerin Martina
Voss-Tecklenburg berief die
Angreiferin des VfL Wolfs-
burg nachträglich in den
Kader. Popp hatte sich Mitte
Oktober einen Außenbandriss
im rechten Sprunggelenk
zugezogen, ihre Ausfallzeit
war ursprünglich auf sechs
Wochen beziffert worden.

HOCKEY

Al Saadi neuer
Bundestrainer

Einen Tag nach der gelun-
genen Qualifikation für die
Olympischen Spiele in Tokio
hat der Deutsche Hockey-
Bund (DHB) den neuen Bun-
destrainer der Männer-Na-
tionalmannschaft bekannt
gegeben. Der Hamburger Kais
al Saadi folgt auf Interims-
coach Markus Weise, der die
DHB-Auswahl am Wochen-
ende in Mönchengladbach
zum Tokio-Ticket führte. Der
42-jährige al Saadi, der bis
Sommer 2018 als Bundes-
ligatrainer des UHC Ham-
burg im Einsatz war, erhält
einen Vertrag bis nach den
Sommerspielen 2020.

BASKETBALL

Hamburg Towers
bessern nach

Aufsteiger Hamburg Towers
hat sich nach dem schwieri-
gen Start in die erste Bundes-
ligasaison mit dem früheren
NBA-Spieler Jorge Gutierrez
(30) verstärkt. Der Mexikaner
ersetzt Guard Kahlil Dukes
(USA), der zuletzt vom Ta-
bellen-16. wegen enttäu-
schenden Leistungen frei-
gestellt worden war.

BOXEN

Sturm schweigt
zu Vorwürfen

Weil er Steuern in Millionen-
höhe hinterzogen und gedopt
haben soll, steht Profiboxer
Felix Sturm seit Montag in
Köln vor Gericht. Beim Pro-
zessauftakt entschied sich
der Ex-Weltmeister, zu den
Vorwürfen zu schweigen. Die
Anklage wirft dem 40-Jäh-
rigen besonders schwere
Steuerhinterziehung in 16
Fällen vor, es geht um 5,8
Millionen Euro. Er sitzt seit
April in Untersuchungshaft.

KOMPAKT


Es gibt ja in solchen Fällen
keinen Königsweg. Wie man
es macht, macht man es bei
einer Entlassung verkehrt,
mehr oder weniger. Es ist, das
wird jeder Arbeitnehmer be-
stätigen können, am Ende
auch eine Frage des Stils,ob
man nicht vollends in den
Bodensatz der Bitterkeit ver-
sinkt. Man darf sich diesen
Sonntag beim FC Bayern so
vorstellen, dass ein paar Her-
ren im Spätherbst ihrer Klub-
führerkarriere ziemlich emsig
und persönlich angefasst
daran gearbeitet haben, dass
ihnen ihr Laden nicht noch
weiter auseinanderbricht.
Am Ende des Tages, um 20.58
Uhr, bestätigten sie per Pres-
semitteilung einen Bericht von
„Bild“, wonach Niko Kovac
dann doch noch entlassen
wurde. Vorstandschef Karl-
Heinz Rummenigge wird darin
zitiert: „Die Leistungen unse-
rer Mannschaft in den ver-
gangenen Wochen und auch
die Resultate haben uns ge-
zeigt, dass Handlungsbedarf
bestand.“
Sieben Minuten später ver-
schickte der Verein dann eine
zweite Mitteilung.Laut des
Klubs war der Grund für die
nachgereichte Mitteilung ein
„technisches Problem“. In der
zweiten Form kam Kovac nun
selbst zu Wort – und Hasan
Salihamidzic. Man hat beim
Sportdirektor des FC Bayern

ja immer den Eindruck, dass
die Bayern bemüht sind, dass
er ja auch noch irgendwie da
ist, und ihn deswegen doch
noch irgendwann auf die Büh-
ne zerren, nun eben auch bei
diesem Finale fatale. Jeden-
falls lässt der Klub ihn nun in
dieser Pressemitteilung Fol-
gendes sagen: „Ich erwarte
jetzt von unseren Spielern eine
positive Entwicklung und
absoluten Leistungswillen,
damit wir unsere Ziele für
diese Saison erreichen.“ Das
könnte man nun so stehen
lassen, vielleicht sogar aus
Bayern-Sicht unterstreichen,
wenn das einem nicht bekannt
vorkommen würde.
Und tatsächlich: Das konnte
man schon mal lesen. 28.
September 2017, die Münch-
ner verkünden per Presse-
mitteilung: „FC Bayern trennt
sich von Carlo Ancelotti.“ Da
sagt Rummenigge, was nun
Salihamidzic wortgleichzum
Besten gegeben hatte. Näm-
lich: „Ich erwarte jetzt von
unseren Spielern eine positive
Entwicklung und absoluten
Leistungswillen, damit wir
unsere Ziele für diese Saison
erreichen.“ Das fällt nun wohl
unter die Kategorien „dumm
gelaufen“oder „blöd ge-
macht“, je nach Sichtweise.
Jedenfalls kratzt es zweifels-
ohne noch weiter an der Repu-
tation des um Respekt ringen-
den Salihamidzic. pk

PR-GAU bei der Entlassung von Kovac
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