Die Welt Kompakt - 05.11.2019

(Steven Felgate) #1
Nuray Sahin

PRIVAT

F


ast fünf Jahre lang war
Makboule Gefangene
der Terroristen des Isla-
mischen Staates. Wie
ihre Mutter und ihre Schwester,
wie Tausende andere jesidische
Frauen im Nordirak, wurde sie
als Gefangene des IS erniedrigt,
vergewaltigt und geschlagen. Der
Völkermord an den Jesiden im
Nordirak im August 2014 hat sei-
ne Spuren bei den Überlebenden
der religiösen Minderheit hinter-
lassen. Makboule kam im Febru-
ar dieses Jahres zwar frei, ist aber
schwer traumatisiert. „Die haben
alles mit uns gemacht“, sagt sie
vor der Kamera.
Die Filmemacherin Nuray Sa-
hin erzählt in ihrem Dokumen-
tarfilm „Ich will Gerechtigkeit!“
die Geschichte der Schwestern
Makboule und Ekhlas Bajoo. Die
Regisseurin begleitete Ekhlas,
der die Flucht aus der IS-Gefan-
genschaft nach Deutschland ge-
lang, über viele Monate. Herz-
stück des Films ist die Begeg-
nung von Ekhlas mit ihrer
Schwester Makboule in ihrer
Heimat im Nordirak. Die
Deutschkurdin Nuray Sahin wur-
de in Ostanatolien geboren und

lebt seit ihrem 15. Lebensjahr in
Berlin. Das Schicksal der Frauen
zu verfilmen, brachte einige Ge-
fahren mit sich.

VON ANNA KRÖNING

WELT:Frau Sahin, Sie sind ei-
gentlich Spielfilmregisseurin,
dies ist ihr erster politischer
Dokumentarfilm. Was bewegte
Sie am Schicksal der jesidi-
schen Frauen?
NURAY SAHIN:Diese Frauen, die
so misshandelt wurden, sind un-
glaublich stark, sie leben bewusst
und viele sind politisch aktiv. Ich
habe im irakischen Kurdistan für
die Dreharbeiten mit so vielen
Frauen und Mädchen gespro-
chen, die alle in Gefangenschaft
waren. Ekhlas, die ich in
Deutschland kennengelernt ha-
be, konnte nach sechs Monaten
aus der Gefangenschaft des IS
fliehen. Sie hat Unfassbares er-
lebt, ihr Vater wurde vor ihren
Augen getötet, bevor sie selbst
mit ihrer Schwester verschleppt
wurde. Als ihr die Flucht gelang,
schwor sie, alle Frauen zu rä-
chen. Sie ist heute 19 Jahre alt,
doch sie ist so reif, fast weise. Es

ist, als würde man mit einer 40-
jährigen Frau sprechen. Nun hat
sie für ihre Schwester, die schwer
traumatisiert ist und ja gerade
erst nach fünf Jahren Gefangen-
schaft befreit wurde, die Rolle
des Familienoberhauptes über-
nommen. Ekhlas sagte: Sie haben
versucht, uns kaputtzumachen,
aber wir sind noch stärker gewor-
den. Sie war eine der Ersten, die
in der Öffentlichkeit darüber be-
richtet hat, wie die islamisti-
schen Terroristen die Jesiden
versklavt, gefoltert und hinge-
richtet haben, nur weil sie keine
Muslime sind. Ekhlas sagte, dass
sie für Gerechtigkeit kämpfen
werde. Darum habe ich sie für
den Film ausgewählt.

Sie sind Alevitin und Deutsch-
kurdin, aufgewachsen in Ost-
anatolien, als Teil einer Min-
derheit innerhalb der türkisch-
muslimischen Gemeinschaft.
Half Ihnen dies, einen Zugang
zu den Frauen zu bekommen?
Ja, ich denke schon. Ich war im
Mai 2014 noch vor dem Genozid
des IS in den kurdischen Gebie-
ten im Irak. Die Lebensweise der
Jesiden faszinierte mich, ihre

„In dem Moment


habe ich


verstanden, was


Krieg ist“


Tausende Jesidinnen wurden im Nordirak von Terroristen


verschleppt und gequält. Die Filmemacherin Nuray Sahin


hat zwei Schwestern begleitet, die Unfassbares erlebt haben


30 PANORAMA DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,5.NOVEMBER2019


DROGENSCHMUGGEL


Acht Jahre Haft


für Profi-Sprinterin


Die niederländische Profi-
Sprinterin Madiea Ghafoor ist
wegen Einfuhr von Drogen und
Beihilfe zum Drogenhandel zu
acht Jahren und sechs Monaten
Haft verurteilt worden. Die
27-Jährige habe im Juni wis-
sentlich rund 50 Kilogramm
Ecstasy und rund zwei Kilo-
gramm Crystal Meth im Auto
über die Grenze gebracht, stell-
ten die Richter am Landgericht
Kleve fest. Die Behauptung der
Angeklagten, sie habe nichts
von den Drogen gewusst, sei
unglaubwürdig. Niemand würde
einem Kurier Drogen im Stra-
ßenverkaufswert von 1,5 Millio-
nen Euro überlassen, wenn der
nichts davon wisse. Das Risiko
wäre viel zu hoch, so der Vor-
sitzende Richter Jürgen Ruby in
der Urteilsbegründung. Mit
dem Strafmaß lag das Gericht
über dem von der Anklage ge-
forderten. Die hatte auf sieben
Jahre und sechs Monate Haft
plädiert.


GRIECHENLAND


4 1 Menschen in


Kühl-Lkw entdeckt


Die Polizei in Griechenland hat
41 Menschen in einem Kühllast-
wagen entdeckt. Wie die Polizei
mitteilte, soll es sich bei den im
Lkw versteckten Migranten vor
allem um junge Männer aus
Afghanistan handeln. Die meis-
ten von ihnen seien wohlauf,
sieben seien mit Atemproble-
men in ein Krankenhaus ge-
bracht worden. Der Lkw-Fahrer,
ein Mann aus Georgien, wurde
festgenommen. Die Polizei
hatte das Fahrzeug am Morgen
im Norden des Landes auf einer


Autobahn in Richtung Thessalo-
niki in der Nähe der Stadt Xant-
hi aufgespürt. Ein zweiter Ver-
dächtiger türkischer Herkunft,
der sich in der Fahrerkabine
aufhielt, sei entkommen und
werde von der Polizei gesucht.

FLASCHENWURF

3 1-Jähriger räumt
die Tat ein

Nach den lebensgefährlichen
Verletzungen eines Kleinkindes
durch eine Glasflasche aus ei-
nem Partyzug in Kamen hat der
Verursacher eingeräumt, die
Flasche geworfen zu haben. Der
31-Jährige habe sich am Montag
erneut an die Polizei gewendet,
teilten die Beamten in Nord-
rhein-Westfalen mit. Er habe
angegeben, alkoholisiert gewe-
sen zu sein und die Flasche
unachtsam aus dem Fenster
geworfen zu haben. Dass der
zügig fahrende Zug sich in die-
sem Moment in Höhe eines
Bahnhofs befunden habe, sei
ihm nicht bewusst gewesen.

MTV AWARDS

Ariana Grande ist
die große Verliererin

Die mit sieben Nominierungen
als größte Favoritin der MTV
Europe Music Awards gehandel-
te US-Sängerin Ariana Grande
(26) ist bei der Vergabe der
Musiktrophäen komplett leer
ausgegangen. In der Sparte
„Bester Künstler“ musste sie
am Sonntagabend dem – im-
merhin sechsfach nominierten


  • kanadischen Popsänger
    Shawn Mendes den Vortritt
    lassen. Als „Bester Song“ wurde
    „Bad Guy“ von Shootingstar
    Billie Eilish ausgezeichnet. Fans
    konnten online über die Preis-
    träger abstimmen.


KOMPAKT


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