Die Welt Kompakt - 05.11.2019

(Steven Felgate) #1

POLITIK DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,5.NOVEMBER2019 SEITE 4


D


ie Sätze hatten es in
sich. „Eigentlich un-
fffassbar!“, twitterte derassbar!“, twitterte der
Thüringer CDU-Bun-
destagsabgeordnete Tankred Schi-
panski am Donnerstag vergange-
ner Woche. „Keine Aufarbeitung
des katastrophalen Wahlergebnis-
ses ... aber Zeit für den Besuch von
Talkshows. Keine Demut und Ver-
antwortung für fast zwölf Prozent
Stimmenverlust. Eine bittere
Show.“

VON CLAUS CHRISTIAN MALZAHN
AUS ERFURT

Die ungewöhnlich scharfe Atta-
cke, die Schipanski wenig später
wieder löschte, galt seinem Partei-
fffreund Mike Mohring. Der Thürin-reund Mike Mohring. Der Thürin-
ger CDU-Landesvorsitzende hatte
am Abend zuvor in der ZDF-Sen-
dung „Markus Lanz“ einen küh-
nen Plan vorgestellt. Nach der
Landtagswahl gehe es um die Fra-
ge, wer „eine stabile Regierung“
bilden könne. Er denke da an eine
„Minderheit der Mitte“, eine Ko-
alition aus CDU, SPD, Grünen und
FDP, mit ihm als Ministerpräsi-
denten.
ZZZwei Tage zuvor hatte Mohringwei Tage zuvor hatte Mohring
in einem Interview mit dem ARD-
„Morgenmagazin“ noch ganz an-
dere Überlegungen angestellt. Auf
die Frage, ob er bereit sei, auch
mit der Linken über eine Regie-
rung zu verhandeln, antwortete
Mohring: „Wir sind bereit für so
eine Verantwortung.“ Ihm seien
„stabile Verhältnisse wichtiger für
das Land, als dass es nur um par-
teipolitische Interessen geht“.
Man könne sich angesichts der
schwierigen Lage in Thüringen
nicht „in eine Ecke stellen“, son-
dern müsse „Verantwortung über-
nehmen, damit das Land weiter
vorankommt“.
Mohrings Annäherung an die
Linke überdauerte nicht einmal
den Montag nach der Wahl. So-
wohl im Präsidium der Bundes-
CDU wie auch im Thüringer Lan-
desvorstand, der am Montagabend
in Erfurt tagte, wurde dem vom
WWWähler gerupften Spitzenkandida-ähler gerupften Spitzenkandida-
ten in teilweise sehr hitzigen De-
batten klargemacht: Mit der Lin-
ken regieren Christdemokraten
auf keinen Fall.
Doch auch Mohrings Vorstoß
bei Lanz endete schnell im Nirwa-
na. SPD und Grüne, die der CDU-
Chef für sein „breites bürgerliches
Bündnis“ bräuchte, lehnten die
Offerte ebenso schnell wie kühl
aaab. Ein „billiges Ablenken“ seib. Ein „billiges Ablenken“ sei
Mohrings Manöver, sagte der Bun-
desgeschäftsführer der Grünen,
Michael Kellner. Dass die CDU aus
dem Wahlergebnis einen Regie-
rungsauftrag für sich ableite, be-
zeichnete er als „ziemliche Chuz-
pe“. Der Wahlsieger heiße Bodo
Ramelow, man wolle die rot-rot-
grüne Koalition auch mit einer
Minderheitsregierung unter dem
Linke-Ministerpräsidenten fort-
setzen.
AAAuch bei der Thüringer SPD istuch bei der Thüringer SPD ist
keine Bereitschaft zu erkennen,
sich auf ein sogenanntes Simbab-
we-Bündnis unter Mohrings Füh-
rung einzulassen. Die bisherige

Mike Mohring bei seiner Wahlkampftour durch die Kleinstadt Apolda

THOMAS MÜLLER

/ WELT

Verlaufen auf der


Suche nach der Mitte


Erst Planspiele für eine Kooperation mit der Linken, dann Entwürfe einer


bürgerlichen Koalition ohne Mehrheit: Thüringens CDU-Chef Mike Mohring


irritiert seine Parteifreunde – mit Folgen für die Union

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